Dienstag, 1. Juli 2025

Impudenz des Monats Juni 2025

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Er ist ein junger frommer Katholik, 30, studierte katholische Religion auf Lehramt, spielt leidenschaftlich Fußball und wurde 2021 und 2025 für die SPD in den Bundestag gewählt: Daniel Baldy aus Mainz.

Er sieht sich selbst insbesondere als Mann der Sicherheit.

 [….] Kinderschutz geht uns alle an. Deshalb setze ich mich für mehr Sicherheit beim Aufwachsen unserer Kinder ein: Insbesondere beim Schutz vor sexueller Gewalt.

Die Bekämpfung von Missbrauch müssen wir vom Neugeborenen bis zur Jugendlichen denken. Wir alle sind gefragt in der digitalen und analogen Welt – jederzeit und überall. [….] Miteinander sicher leben – das wollen wir alle.
Hierzu müssen wir unsere Demokratie stärken, die politische Bildung und die Prävention vor Extremismus und Menschenfeindlichkeit in den Vordergrund stellen. Verfassungs­feinde dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben! 
[…]

(Danielbaldy.de)

Daher setzte er sich am Freitag für mehr Unsicherheit ein, stimmte im Bundestag für das Ende des Familiennachzugs.

Dieses Votum ist moralisch, sozial und ökonomisch falsch, es behindert die Integration und führt zu mehr Unsicherheit.

[….] Prof. Dr. Magdalena Nowicka, Leiterin der Abteilung Integration beim Deutschen Zentrum für Integration- und Migrationsforschung (DeZIM): „Geflüchtete, die von ihren Partner*innen und minderjährigen Kindern getrennt sind, arbeiten und verdienen kurzfristig mehr, um die Familien aus der Ferne zu unterstützen. Langfristig jedoch hindert die Trennung ihre gute Integration auf dem Arbeitsmarkt und trägt zum erhöhten Armutsrisiko bei.
Dr. David Schiefer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Integration deim DeZIM: „Die Aussetzung des Familiennachzugs ist kontraproduktiv. Die Trennung von Partner*innen und minderjährigen Kindern belastet die hier lebenden Geflüchteten mental und erschwert damit auch ihren Integrationsprozess. Wer also Integration fördern und psychischen Stress unter Geflüchteten vermeiden will, muss Familiennachzug fördern statt verhindern.“

Was bedeutet die Trennung von der Familie für irreguläre Migration?

„Wenn Familienmitglieder nicht regulär nachziehen dürfen, dann sehen sich viele gezwungen, irreguläre Wege zu nutzen“, erklärt Dr. Benjamin Etzold vom Bonner International Center for Conflict Studies. Er forscht seit Jahren zu Familien, die durch Flucht getrennt wurden, und hat zahlreiche Interviews mit Geflüchteten zum Thema Familiennachzug geführt. „Die Logik lässt sich leicht verstehen, wenn man auf die menschliche Dimension dieses Themas blickt: Familien wollen beisammen sein, eine Trennung von Kind, Eltern oder dem Partner ist schwer zu ertragen, für junge Menschen sogar traumatisch. Wenn es keine legalen Möglichkeiten gibt, ihnen nachzureisen, dann sucht man andere Wege“, so Etzold.

Was bedeutet die Trennung von der Familie für Integration und Kriminalität?

Zahlreiche Studien betonen die psychische Belastung, die die Trennung von der Familie für Menschen darstellt. Wenn Flüchtlinge ihre Familienangehörigen nicht nachholen können, erschwere das ihre Integration im neuen Land. "Der Familiennachzug ist integrationspolitisch sinnvoll, da die Sorge um Angehörige es erschwert, innerlich anzukommen und sich etwa um Spracherwerb und Arbeit zu bemühen“, sagt Prof. Winfried Kluth, Vorsitzender des Sachverständigen für Integration und Migration.

2018 erfuhr eine Studie viel Aufmerksamkeit, nach der Familiennachzug die Kriminalität von Flüchtlingen senken könnte: Mit Blick auf die Straftaten von jungen männlichen Flüchtlingen verwies Studienleiter Christian Pfeiffer auf das Fehlen von Partnerinnen oder Müttern. Die Kriminologin Prof. Gina Wollinger arbeitet zu Ausländerkriminalität sowie Zusammenhängen zwischen Migration und Kriminalität. Sie sagt, dass sich aus der Studie nicht unmittelbar ergebe, dass Familiennachzug die Kriminalität senke, sondern dies eher eine Hypothese basierend auf den Studienergebnissen sei. Allerdings zeige die kriminologische Forschung generell, dass familiäre Einbindung ein kriminalitätshemmender Faktor sei: „Hier ist sich die Forschung einig: Personen, die einsam, sozial schlecht eingebunden oder frustriert sind, begehen wahrscheinlicher eine Straftat als Personen, die familiär und sozial  gut eingebunden sind. Elterliche Erziehung zu erfahren oder selbst erzieherische Verantwortung zu übernehmen, senkt die Wahrscheinlichkeit für Kriminalität. Familien zu trennen, steigert daher tendenziell das Risiko für Straffälligkeit“, so Wollinger.  [….]

(Mediendienst Integration)

Nur zwei SPD-Abgeordnete, Hakan Demir und Maja Wallstein, stimmten gegen die Aussetzung. Weswegen greife ich also Baldy heraus?

Weil er ausdrücklich auf christlichem Ticket läuft und sich nach der Abstimmung einen besonders peinlichen Social-Media-FauxPas leistete. Er, der sich auch als Experte für den „digitalen Raum“ ansieht.

Er stöhnte nämlich, wie anstrengend die Sitzung gewesen sei und freue sich daher jetzt besonders auf seine Familie. 

Was für eine Fettnapftreffer – Familiennachzug abschaffen, Familien trennen, Leid über Eltern und Kinder bringen und sich dann zur Belohnung Zeit bei seiner Familie gönnen. Kann man sich nicht ausdenken.

Natürlich wurde das von den Linken als besonders schändlich und empathielos aufgegriffen und ausgeschlachtet. Kein Wunder bei der Vorlage.

Die von mir hochgeschätzten Marc Raschke, Gila Sahebi oder beispielsweise Sebastian 23 waren rechtschaffend empört.

Dennoch möchte ich diese linken Influencer zur Impudenz des Monats küren.

Das mag überraschend sein, da ich mich selbst bekanntlich links der SPD-Parteilinie verorte. Sahebi und Raschke zitiere ich regelmäßig voller Zustimmung.

Aber in diesem Fall argumentieren sie unterkomplex; aus dem luftleeren Raum der Verantwortungslosigkeit.

Baldys blamables Posting läßt sich zwar nicht schönreden; die grundsätzliche Zustimmung zur Aussetzung des Familiennachzugs kann man politisch rechtfertigen und nachvollziehen, auch wenn sie sachlich eindeutig falsch ist.

Es ist nicht angebracht, sich voller Häme über die Tränen der SPD-Abgeordneten mit migrantischen Wurzeln zu erheben, die hart mit sich rangen und schließlich gegen ihre persönlichen Überzeugungen zustimmten; teilweise persönlich Erklärungen abgaben.

Sanae Abdi, Adis Ahmetovic, Reem Alabali Radovan und insbesondere die junge Sächsin Rasha Nasr, wurden von Links hart attackiert. Gilda Sahebi nennt zwar keine Namen, empört sich aber enorm über die SPDler. Nasr wurde daraufhin physisch bedroht.

Rasha Nasr Instagram

[….]  Die Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf fällt mir nicht leicht, um genauer zu sein: Sie fällt mir unendlich schwer. Und ich schäme mich für dieses Gesetz. Die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte ist ein Kernanliegen der Unionsparteien, mit denen sie zentrale Fragen der Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland lösen möchten. Ich halte das grundsätzliche Anliegen, sich aktiv als Gesetzgeber mit den aktuellen Herausforderungen auseinanderzusetzen und zeitnah Lösungsvorschläge zu erarbeiten für richtig, den politischen Schritt mit diesem Gesetz aber für nicht zielführend. Dies hat für mich auch die öffentliche Anhörung zum Gesetz am 23.06.2025 gezeigt. Weitere Verhandlungsrunden mit der Union und mehr Zeit für konkrete Verbesserungen und Konkretisierungen hätten für die betroffenen Ämter, Behörden und Ministerien mehr Klarheit bringen können und wäre auch für die betroffenen Familien im Verfahren besser gewesen.

Für mich bleibt eine Familie, die zusammen in Sicherheit leben kann, ein wesentlicher Grundbaustein für eine gelungene und gelingende Integration von Menschen in unserem Land. Daher ist es aus meiner Sicht sinnvoll, die Aussetzung des Nachzugs auf zwei Jahre zu begrenzen und dann zu prüfen, ob eine weitere Aussetzung im Rahmen der Migrationslage überhaupt notwendig und juristisch möglich ist. Dazu gehört eine rechtzeitige, wissenschaftliche und faktenbasierte Einschätzung über die Auswirkung des Gesetzes.

Das Gesetz ist ein Ausdruck dessen, was unter den gegebenen politischen Umständen möglich war. Daher habe ich diesem Gesetz zugestimmt. [….]

(Rasha Nasr, 27.06.2025)

Insbesondere ihre, inzwischen gelöschte, Instastory, in der sie bekennt, sich anschließend weinend mit anderen SPDlern in den Armen gelegen zu haben, ließ die Gemüter hochkochen.

Rasha Nasr, 27.06.2025

Die linke Social-Media-Blase bebt nun vor Empörung, unterstellt der SPD, sie liefe der AfD nach, sei von Feigheit gezeichnet und habe kein Rückgrat. Es wäre viel mehr an der Zeit Haltung zu zeigen.

Ich behaupte, das Gegenteil ist wahr: Es wäre feige und verantwortungslos gewesen, einfach Nein zu sagen und die Koalition zu riskieren.

Niemand muss mir Nachhilfe bei der Verachtung für Merz, Reiche und Dobrindt geben. Ich werde auch weiterhin jeden Tag dafür kämpfen, daß die C-Parteien weniger Stimmen bekommen. Aber eine CDU-geführte Koalition mit sieben Sozi-Ministern ist besser als alle Alternativen. Die Kleiko ist und bleibt angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse und den bei Neuwahlen zu erwartenden Ergebnissen eindeutig das kleinste Übel.

Als SPD-Mitglied schäme ich mich auch und habe schwere Bauchschmerzen, weil Dobrindt und Merz ermächtigt werden, menschenfeindlich zu agieren. Aber wenn die SPD nicht mit der rechtsautoritären Union koaliert, käme es entweder zu einer schwarzbraunen Koalition, bzw Kooperation. Oder zu Neuwahlen mit einer garantiert noch stärkeren AfD. Dh, für Migranten würde es in jedem Fall noch schlimmer. Es ist ein elendes Dilemma! Was Raschke propagiert, ist eine „Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass“-Haltung. Reines Gewissen behalten und dann machtlos zusehen, wie es Minderheiten – insbesondere Queeren und Migranten - noch wesentlich mehr an den Kragen ginge.

Man muss schon die Konsequenzen bedenken. Was wäre passiert, wenn sich Rasha Nasr anders entschieden hätte, wenn alle SPDler wie Hakan Demir und Maja Wallstein gehandelt hätten? Damit hätten die Migranten gar nichts gewonnen; im Gegenteil. Ich erwarte von Volksvertretern mit Gewissen, daß sie genau das tun: Weiter als bis zur Nasenspitze denken, langfristige Folgen abwägen, nicht den leichtesten Weg suchen, mit dem sie persönlich gut leben können.

Auch die beiden Abweichler bestätigen dies:


[….] Die SPD tat sich sichtlich schwerer mit der Zustimmung. Natalie Pawlik (SPD), die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sprach von einem Kompromiss, den ihre Fraktion mittragen werde. Sie verwies darauf, dass diese Maßnahme zeitlich begrenzt sei und es Ausnahmen für Härtefälle gäbe. Am Ende stimmten alle anwesenden Abgeordneten der SPD dafür, mit Ausnahme von Hakan Demir und Maja Wallstein. Wallstein bezeichnete das Gesetz als „grausame Symbolpolitik“. „Hakan Demir und ich wollten damit klar machen, wo wir und der Rest der Fraktion stehen“, sagte sie der taz. Sie sei den anderen dankbar, dass diese über ihren Schatten gesprungen seien, „um die Koalition zu retten.“ Nur so könne die SPD Verantwortung übernehmen und andere Dinge vorantreiben. „Das Ganze zeigt, wie anstrengend Demokratie ist und wie weh es manchmal tut.“  […]

(taz, 27.06.2025)

Grüne und Linke haben es in der Opposition leicht. Sie können rechnerisch ohnehin keine Alternative zur habituellen schwarzbraunen Mehrheit bilden. Daher sind sie frei, ohne Konsequenzen zu fordern, was sie wollen.

Die SPD hingegen trägt den Schwarzen Peter.

Ein weiterer billiger Vorwurf von Links an die SPD lautet, sie verzwerge sich selbst und schrumpfe daher die Chancen auf Rotrotgrün bei der Bundestagswahl 2029.

Das schmerzt mich, weil die Gefahr einer weiteren SPD-Schrumpfung tatsächlich offensichtlich ist. Eine Koalition mit Merz einzugehen, muss eigentlich schiefgehen. Wie viel bequemer wäre es gewesen, sich zu verweigern und in der Opposition aufzudrehen! Die Frage ist nur, ob es dann noch Wahlen 2029 gegeben hätte, nachdem vier Jahre Merz und Höcke regiert hätten. Der Schaden für die Menschen in Deutschland wäre in inakzeptabel hoher Preis gewesen. Wir wissen doch alle, wie Merz über Schwule, das Selbstbestimmungsgesetz, Transsexuelle, Migranten, Umweltschutz, Geringverdiener, Multikulti, Windkraft, Verbrennungsmotoren, Wärmepumpen, AKWs etc denkt. Was er täte, wenn er Mehrheiten mit der AfD hätte, die ihn noch mehr in die Richtung triebe. Diese Auswüchse verhindert die SPD in der Regierung und schützt damit Millionen betroffene Menschen.

Zudem glauben Linke seit den Tagen von Schröders Agenda 2010, es gäbe eine breite gesellschaftliche Mehrheit für linke Positionen. Die SPD gewänne, wenn sie sich wieder linker positioniere. Schön wäre es! Das ist aber leider Wunschdenken. Erhebliche Teile der ehemaligen SPD-Wähler von 1998, sogar eine Mehrheit der Arbeiter, wählt inzwischen AfD. Also ausdrücklich wider ihre eigenen Interessen, denn keine Partei ist so antisozial und einseitig zu Gunsten der Superreichen aufgestellt, wie die AfD.

Die verlorenen SPD-Wähler wandern also gerade nicht zu Parteien mit linker Programmatik. Die Linke erlebt zwar gegenwärtig einen Reichinnek-Aufschwung, den ich sehr begrüße, ist aber in allen Bundesländern vollkommen außer Reichweite von eigenen Mehrheiten. Wir müssen akzeptieren: Der Urnenpöbel tickt in Deutschland rechts. RRG versuchen für ihre Positionen zu werben; allerdings völlig erfolglos.

Seit über 20 Jahren gibt es offensiv vertretene politische Angebote für Reichensteuer, höhere Erbschaftssteuer, oder auch ein Ende der Zweiklassenmedizin zu Gunsten der Bürgerversicherung. Ur-sozialdemokratische Grundsatzfragen, die sofort umgesetzt würden bei entsprechenden parlamentarischen Mehrheiten.

Allein, der Urnenpöbel will das nicht und wählt stets dagegen.

Auch beim Thema Migration versuchte die Schröder/Fischer-Regierung ab 1998 sofort ihre Bundestagsmehrheit für ein liberales Staatsbürgerschaftsrecht zu nutzen.

Darauf zog Merkel in Hessen mit einer „Wo kann man hier gegen Ausländer unterschreiben“-Kampagne über die Märkte und kippte bereits im Januar 1999 wieder die rotgrüne Bundesratsmehrheit ins Schwarze. Deutsche sind rechts und wollen keine linke Politik.

Montag, 30. Juni 2025

Was macht Prevost eigentlich?

Wie ich ihn denn inzwischen finde, fragte mich meine streng katholische Tante aus New York. Ein US-amerikanischer Papst sei doch schließlich etwas ganz besonderes. Gab es noch nie seit Petrus. Nun ja, so eine große Rolle spielt er nicht in der deutschen Presse. Bergoglio war präsenter. Ratzinger sowieso. Ich folge zwar zahlreichen dunkelkatholischen Social Media-Accounts, wie beispielsweise EWTN, aber da sieht man Prevost lediglich beim gewöhnlichen abpapsten: Singen, beten, segnen. Hier beschäftigt man sich mit seinem merkwürdigen Lächeln, welches man erst als warm und sympathisch deutete, nach einigen Wochen aber für zu unausgeprägt hielt. Er lache auch gar nicht richtig.

„Kann er auch gar nicht“, konterten seine Fans, er leide schließlich gar fürchterliche Schmerzen beim Lachen, weil er einst wie Supermann heldenhaft ein unschuldiges Mädchen vor dem sicheren Verkehrstod rettete und sich dabei einen Kieferbruch zuzog.


Außerdem lässt uns die katholische Nachrichtenagentur wissen, der Papst verspäte sich leider häufig, weil er so ungeheuer viel arbeite und daher einfach zu viele Termine am Tag habe.

„Wir haben hier drüben gar nichts mehr von ihm gehört seit seiner Wahl“ bedauerte meine Tante. Aber das weiß ich schon seit Jahrzehnten. Die Ortskirchen sind weit weg. Was die frommen einfachen Katholiken in den USA treiben, weiß der Vatikan nicht und umgekehrt weiß meine gläubige US-Familie, die mehrmals die Woche in die Kirchen geht und unablässig Bibelstunden abhält, rein gar nichts über den Katechismus, über die Kurie, die Vatikanpolitik oder gar Kirchengeschichte.

Die offizielle katholische Kirche in Deutschland hatte Papst Leo XIV am 08.Mai 2025 und den folgenden Tagen pflichtschuldig gelobt und gepriesen, wartet aber seither ab, wie Prevost sich eingroovt. Bisher kamen für die DBK keine wesentlichen Entscheidungen aus Rom.

Das Kinderfick*n, die Strukturen, die das ermöglichen, geradezu erzwingen; sowie die Lügenprälaten, die Kinderfi**er-Pfaffen schützen und die Opfer drangsalieren, indem sie die Aufklärung behindern; scheinen Prevost nicht weiter zu stören. Diese Themen können ihm nicht neu sein; schließlich ist er seit zweieinhalb Jahren im Vatikan und war genau damit beschäftigt.

Er verhandelte 2023 auf vatikanischer Seite mit den deutschen Bischöfen über den synodalen Weg. Frauenordination, Abschaffung des Pflichtzölibats, Akzeptanz homosexueller Priester? Nicht mit ihm, stellte Kardinal Kieferbruch schon vor Jahren ultimativ fest. Lieber weiter Triebunterdrückung, Misogynie und Heuchelei, um die idealen Brutbedingungen für pädokriminelle Umtriebe im Priesterseminar zu erhalten.

[….] Kardinal Robert Francis Prevost, der an der sich dem Ende zuneigenden Weltsynode zur Synodalität im Vatikan teilnimmt, hat in dieser Woche gesagt, eine "Klerikalisierung der Frauen" würde die Probleme in der katholischen Kirche nicht lösen. Auf einer Synoden-Pressekonferenz am 25. Oktober betonte der amerikanische Kardinal, dass "die apostolische Tradition etwas ist, das sehr klar dargelegt wurde, besonders wenn es um die Frage der Priesterweihe von Frauen geht".

"Etwas, das auch gesagt werden muss, ist, dass die Weihe von Frauen – und es gab einige Frauen, die das interessanterweise gesagt haben: 'Klerikalisierung von Frauen' – nicht unbedingt ein Problem löst, sondern vielleicht ein neues Problem schafft", sagte Prevost vor Journalisten. "Und vielleicht müssen wir ein neues Verständnis oder ein anderes Verständnis von Führung, Macht, Autorität und Dienst – vor allem Dienst – in der Kirche aus den verschiedenen Perspektiven betrachten, die, wenn Sie so wollen, von Frauen und Männern in das Leben der Kirche eingebracht werden können."

Der Kardinal, der als Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für die Bischöfe fungiert, merkte an, dass die Kirche kein Spiegelbild der Gesellschaft sei, sondern "anders sein muss".[….]

(CNA, 27.10.23)

Gute Nachrichten also für den sympathischen Helden-Kardinal Woelki, der sich die lästigen, von seinen Priestern gequälten, vergewaltigten und gefolterten Kinder-Opfer vom Leib halten kann.

[….] Hans-Bernhard U. ließ es wie ein Spiel aussehen: „Wetten, dass du es nicht schaffst, eine ganze Flasche Cointreau auszutrinken?“ Das sagte der damals 28-jährige Pflegevater an einem Abend im Jahr 1979 zu seiner 13-jährigen Pflegetochter. Immer wieder flößte er ihr Alkohol ein, immer wieder sei er danach zu ihr ins Schlafzimmer gekommen, erzählte die heute 58 Jahre alte Frau viele Jahre später.

Hans-Bernhard U. führte ihr den Glaszylinder einer Lampe ein und eine Banane. Er wettete mit ihr: Wenn sie ihn in der Badewanne zehnmal manuell zum Höhepunkt bringe, dann bekomme sie Geld von ihm. Zweimal wurde das Mädchen von U. schwanger, zweimal organisierte U. eine Abtreibung. Doch erst beim zweiten Mal war der Pflegetochter auch bewusst, was da mit ihr geschah. Die erste Abtreibung hatte der Mann ihr noch als gynäkologische Untersuchung verkauft.

Nachzulesen sind viele dieser grausigen Details im Urteil des Landgerichts Köln von Februar 2022. Als Zeugin hatte die langjährige Pflegetochter im Prozess gegen ihren früheren Pflegevater ausgesagt. Nebenklägerinnen waren seine drei Nichten, die U. – neben vielen weiteren Mädchen – ebenfalls missbraucht hatte. 110 Taten sah das Gericht als erwiesen an, es verurteilte ihn wegen des sexuellen Missbrauchs von insgesamt neun Mädchen zu zwölf Jahren Haft.

Hans-Bernhard U. war nicht irgendjemand: Er war katholischer Priester im Erzbistum Köln. [….] Sein unheilvolles Wirken füllte viele Jahre später rund 20 Seiten im Kölner Missbrauchsgutachten, auch der Vatikan beschäftigte sich mit seinem Fall. [….] Strafrechtlich ist das, was U. seiner damaligen Pflegetochter angetan hat, allerdings längst verjährt. Deshalb versucht die heute 58-Jährige nun, auf zivilrechtlichem Wege vom Erzbistum Köln Schmerzensgeld zu erstreiten. Sie fordert 850 000 Euro. Für diesen Dienstag wird vom Landgericht Köln ein Urteil erwartet. [….] Bei der ehemaligen Pflegetochter des Priesters [….] argumentierte die Kirche [….]: Man sehe keine Ansprüche, schließlich habe der Priester die Kinder doch als Privatperson aufgenommen. [….] Die Anwälte der Klägerin berufen sich dabei auf Dokumente aus der Personalakte von U., die nach ihrer Ansicht belegten, dass das Erzbistum sehr wohl in die Entscheidung, Pflegekinder aufzunehmen, eingebunden war. 

 [….] Das Erzbistum Köln nannte die Anzeige „völlig haltlos“. [….] Woelki selbst war zuletzt in ein Meineid-Verfahren verwickelt. Im Prozess um die Berichterstattung der Bild-Zeitung über einen weiteren Missbrauchsfall in Köln und die Frage, wann Woelki davon wusste, hatte der Kardinal in einer eidesstattlichen Versicherung und unter Eid vor Gericht angegeben, er habe erst in der vierten Juni-Woche 2022 von dem Fall erfahren. Dann war aber ein Protokoll aus dem Jahr 2018 aufgetaucht, in dem bereits von dem Täter die Rede war. [….]

(SZ, 30.06.2025)

Prevost interessiert das offenkundig nicht. Lieber geht er auf die Hardcore-Fraktion zu, die entsprechend der Tradition US-amerikanischer Erzkonservativer, Myriaden Kinderfic**r in ihren Reihen schützt.

[….] Wohlhabende US-Konservative deuten an, dass sie bereit sind, die Katholische Kirche vor dem Bankrott zu retten – aber nur, wenn sie sich traditionalistischer ausrichtet.

[….] Papst Leo setzt auf amerikanische Spender zur Sanierung der Vatikan-Finanzen. Der neue amerikanische Papst will eine Liquiditätskrise des Heiligen Stuhls mit Hilfe traditionalistischer US-Katholiken überwinden. Er hofft auf dabei auch auf die MAGA-Bewegung von US-Präsident Donald Trump, die Finanzen des Vatikans nach Jahrzehnten der Skandale und Misswirtschaft zu sanieren. [….] Das Konklave wählte Leo auch wegen seiner amerikanischen Herkunft und erwarteten Fähigkeit, verlorene Spendengelder zurückzugewinnen. Konservative katholische Führer in den USA zeigen sich begeistert von seiner Wahl. „Ich habe mit einigen der größten Spender des Landes gesprochen und sie sind absolut begeistert“, sagte ein anonymer katholischer Führer dem US-Magazin Politico. [….]

Leo sicherte sich über 100 Stimmen im Konklave, auch von Franziskus-Kritikern wie Kardinal Raymond Burke. Seine Bereitschaft, traditionalistischen Prioritäten zu entsprechen, wurde gelobt – etwa durch den Umzug in die ursprüngliche päpstliche Residenz und lateinische Gesänge. [….]

(FR, 30.06.2025)

Sonntag, 29. Juni 2025

Das Ding muss einen Namen haben

Ob bei der Zeitungslektüre, im privaten Smalltalk oder auf Social Media; täglich muss man Donald Trump irgendwie benennen und findet keine passenden Termini, die hinreichend die eigene Abscheu und die Gefährlichkeit des Subjekts treffen.

Ich erinnere mich noch an einen Termin, den ich mittags am 09.11.2016 hatte. Natürlich war ich völlig übernächtigt, weil ich 14 Stunden lang nonstop an der CNN-Wahlberichterstattung geklebt hatte. Dann trafen wir auf einen Hamburger Bilderbuch-Notar; schlank, sonor, zurückhaltend, weiße Haare, Nadelstreifen-Maßanzug, der berichtete, am Abend zuvor um Mitternacht, im sicheren Glauben, Hillary Clinton werde nächste US-Präsidentin, ins Bett gegangen zu sein und morgens mit „this orange monster“ aufgewacht sei. Eine drastische Ausdrucksweise! Im Wahlkampf hatte man allerlei Ungeheuerlichkeiten gehört, aber so über einen „president elect“ zu sprechen? Monster? Ich war geschockt.

Seither sind bekanntlich in den USA alle jemals geltenden Grenzen des Geschmacks und Anstands gefallen. „Oranges Monster“ gilt im Jahr 2025 eher als euphemistische Beschreibung. Das politische US-Koordinatensystem aus zwei Parteien, die sich in „checks and ballances“ üben, kollabierte ebenso, wie die Gewaltenteilung. Judikative und Legislative haben sich devot der kriminellen Exekutive unterworfen.

Pressefreiheit wird abgewickelt; die US-Verfassung vom obersten Verfassungshüter niedergetrampelt. Die altehrwürdige Republikanische Partei existiert nicht mehr; sie wurde durch eine zentralistischen MAGA-Kult substituiert, der Nepotismus und Korruption frenetisch bejubelt.

Wie soll man also den Mann im Zentrum des Bösen nennen? Felon? Rapist? Pumpkin-tits? Taco? Inzwischen erscheint alles als viel zu lau.

Taco-Tits ist immerhin der mächtigste Mann der Welt, der auf anderen Kontinenten Bomben regnen lässt, den Klimaschutz zu Nichte macht und eine globale Rezession einläutet.

Im Land, das zwei Weltkriege anzettelte und mit Adolf Hitler das böseste Individuum der Welt zum Führer erkor, gilt „Faschist“ als böseste Beschimpfung.

Man nennt einen Regierungschef nicht leichtfertig „Faschist“ und bemüht dazu vorher Experten. Deren Urteil ist allerdings mittlerweile eindeutig, wie der renommierte australische Historiker Christopher Clark in einem Essay für die Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung rekapituliert.

[….]  Um darauf zurückzukommen, wie man Trump einordnet: Die Kategorie, die von kritischen Kommentatoren am häufigsten gezogen wird, ist die des Faschismus. Der Yale-Philosoph Jason Stanley, der kürzlich aus den USA nach Toronto gezogen ist, sagt: „Ja, natürlich. Trump ist ein Faschist, seine Bewegung ist faschistisch.“ Marci Shore, Historikerin für politische Ideengeschichte, die mit ihrem Mann Timothy Snyder ebenfalls die USA verlassen hat, um eine Professur in Toronto anzutreten, meint: „Die Lehre aus 1933 ist, dass man lieber früher als später aussteigt.“

Robert Paxton, Koryphäe der Faschismus-Forscher der älteren Generation, war anfangs skeptisch, aber nach reiflicher Überlegung kommt er nun zu ähnlichen Schlüssen. In einem viel diskutierten Artikel hat der französische Journalist und Übersetzer Olivier Mannoni auf rhetorische Parallelen zwischen Trump und Hitler hingewiesen und festgestellt, dass beide ihre Feinde diffamieren, einen „inkohärenten, repetitiven und aggressiven“ Stil pflegen, Verachtung für Bildung zum Ausdruck bringen und rationale Argumente ablehnen. Eine Umfrage vom Oktober 2024 ergab, dass 49 Prozent der registrierten US-Wähler Trump als Faschisten betrachten. Der Vergleich hat inzwischen sogar eine eigene Wikipedia-Seite.

Und doch gibt es nach wie vor Gründe, die Analogie infrage zu stellen. Nicht nur, dass es Unterschiede zwischen der Trump-Bewegung und den klassischen Faschismen der Dreißiger gibt, oder dass der Faschismus-Begriff eine derart massive Inflation erfahren hat, dass er nicht mehr als adäquates Unterscheidungsmerkmal dient. Vielmehr ist es so, dass die Bezeichnung „Faschist“, auch wenn sie starke Emotionen auslöst, unser Denken verengt und in eine potenziell ahistorische Teleologie lenkt. [….]

(Christopher Clark, 27.06.2025)

Die Parallelen zum ultimativ Bösen – Hitler – sind offensichtlich. Aber es gibt auch erhebliche Unterschiede. Trump ist dümmer als Hitler, deutlich sprunghafter und außerdem zieht mit ihm eine bisher nie dagewesene Vulgarität in die Politik ein. Der Mann handelt und spricht nicht nur drastisch-exkrementell, sondern gestaltet auch seine öffentlichen Auftritte zur Freude seiner 80 Millionen Fans gossenartig.

Trump = Hitler + Vulgarität. Bezeichnenderweise scharen sich insbesondere gläubige Christen um den vulgären Proleten ohne Manieren.

[….]  Ich selbst stehe noch immer unter dem Schock der Pressekonferenz, die am 11. Februar im Oval Office abgehalten wurde. [….] Was mich viel mehr interessierte als der Inhalt der Veranstaltung, war ihr Format. [….] Musk schien sich nicht auf die Konferenz vorbereitet zu haben, seine Präsentation grenzte an Inkohärenz. Er trug keinen Anzug, wie sonst alle Anwesenden, einschließlich Trump selbst, sondern Sakko zu Jeans und Kappe. Noch seltsamer war, dass er seinen vierjährigen Sohn mitgebracht hatte, der X Æ A-Xii heißt. Die Verstöße gegen das Protokoll endeten damit jedoch nicht. Nachdem er den Journalisten von Trump als „ein Individuum mit hohem IQ“ vorgestellt worden war, störte Lil X, wie er in Musks Umfeld genannt wird, kontinuierlich den Ablauf. Unter anderem holte er sich eine Menge Popel aus der Nase und schmierte sie – zu Trumps unverhohlenem Entsetzen – an die Ecke des Resolute Desk. Dann sprach Lil X den Präsidenten direkt an und sagte in theatralischem Flüsterton: „Ich werde dir den Mund stopfen“. Und: „Du musst weggehen.“ [….] Interessant ist aber auch die Art und Weise, wie diese drei Personen sich in dem symbolträchtigen Raum aufhielten. Musk ließ seine Kappe während des gesamten Treffens an, außer, wenn er sich den Schweiß von der Stirn wischen musste. Seine Bewegungen waren unbeholfen, er nahm keinen Blickkontakt mit den Journalisten auf, die auf der anderen Seite kauerten. [….]  Mich verstörte vor allem die radikale Informalität der X-Musk-Trump-Darbietung. Sie hatte etwas Obszönes. Die Veranstaltung war so öffentlich, wie eine Veranstaltung nur sein kann: eine Pressekonferenz in dem Raum, der für die meisten Amerikaner mehr als jeder andere die Autorität des Präsidentenamtes verkörpert. Und hier waren diese beiden Dudes mit einem Kleinkind, die sich benahmen, als wären sie zu Hause. [….] Die Pressekonferenz am 11. Februar [….] deutete auf den Zusammenbruch des Amtes als öffentliche Institution hin – oder vielmehr auf den Zusammenbruch seines öffentlichen Charakters. Der Auftritt im Oval Office aber war und ist typisch dafür, wie Trump und sein Team Interaktionen mit der Öffentlichkeit handhaben. Die Konvention, dass Regierungsmitglieder die Würde ihres Amtes verkörpern sollten, dass sie dies in Sprache, Manieren und Körperhaltung zum Ausdruck bringen sollten, gilt nicht mehr.  [….]

(Christopher Clark, 27.06.2025)

Clark weist aber ausdrücklich daraufhin, wie sehr die Frage nach der Beschreibung am Problem vorbeigeht. Was wir viel dringender brauchen, ist eine Erklärung des Trumpismus. Wie konnte es dazu kommen?

[….] Um ihn zu erklären, müssen wir uns die Geschichte der Spaltung innerhalb der amerikanischen Elite ansehen, und zwar zwischen der sogenannten Brahmin Left und der Merchant Right. Diese Spaltung in der politischen Orientierung ist relativ neu; sie hilft, den Hass zu verstehen, den Trump und andere wie er für die US-Eliteuniversitäten empfinden, und auch die Tatsache, dass er gegen sie vorgehen kann, ohne eine Revolte aus eigenen Kreisen zu fürchten. Die erstaunlich junge Geschichte der sozialen Medien müsste auch eine Rolle spielen.

Wir benötigen zudem eine Geschichte der politischen Nachwirkungen der globalen Finanzkrise und der Corona-Epidemie. Eine Geschichte, wie die Linke in den USA in ihrem Krieg um Pronomen ihre Verankerung in den unteren Einkommensschichten preisgab. Wir brauchen eine Geschichte des Niedergangs der progressiven Besteuerung. Wir müssen verstehen, wie die Saläre der Vorstandsvorsitzenden seit den Achtzigern in die Höhe geschossen sind, während die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der unteren 50 Prozent sich kaum verändert haben. Wir brauchen eine Geschichte, die zeigt, inwiefern Trumps Erfolg auf dem Scheitern eines technokratischen Managementstils beruht, und warum seine Art, die Menschen anzusprechen, die uns so anwidert, bei ihnen so gut ankommt. Was sind die Bedürfnisse, die Begierden, die er anspricht? Woher kommt dieser Durst nach Führergestalten? Und wir brauchen eine Geschichte der neuen Männlichkeit: Warum treten zum Beispiel so viele rechtsbewegte junge Männer in den USA der russisch-orthodoxen Kirche bei? Woher kommen der Frauenhass, das Selbstmitleid und die Ressentiments der jungen Männer?  [….]

(Christopher Clark, 27.06.2025)

Die Vulgarität und verbale Einfältigkeit greift auch auf Europa über. Wir sehen es exemplarisch an Friedrich Merz, der immer wieder mit widerlicher Gossensprache und Lügen auffällt – auch zur Freude der deutschen Wähler; die CDU steigt in den Umfragen.

Der Bundeskanzler gibt jedes Ethos auf, verabschiedet sich von internationaler Rechtsstaatlichkeit, ignoriert deutsche Gerichte und wird verbal ausfällig.

[….] Wir haben persönlich einen guten Draht zueinander gefunden. Nach unserem ersten Treffen hat er mir eine SMS geschickt, in der er dies zum Ausdruck brachte. Trump hatte offensichtlich das Gefühl, dass die Chemie zwischen uns stimmt und wir gut miteinander reden können. [….]

(Fritze Merz, SZ-Interview, 27.06.2025)

Samstag, 28. Juni 2025

Kirche und CDU auf der falschen Seite

Immerhin wird die massive Welle der anti-queeren Politik in der Welt und die massive Zunahme der Gewalt gegen Queere inzwischen in den Medien thematisiert.

Natürlich gehöre ich auch zu den Vertretern der GenX, die das Thema für fast erledigt hielten, nachdem in unserer Jugend doch so viel Fortschritte gemacht wurden. Ich bin zwar grundsätzlich pessimistisch, hatte aber nicht erwartet, daß ausgerechnet die Jugend in Deutschland so schwulenfeindlich wird.


Schade, ich hatte tatsächlich mal gehofft, es wäre allgemein erkannt worden, daß Misogynie, Queerphobie, Rassismus, Antiziganismus, Antisemitismus keine Spezialthemen sind, die nur eine kleine Gruppe von Menschen betreffen, sondern uns alle angehen. Ich muss doch keine Frau sein, um zu erkennen, wie falsch Femizide oder Genitalverstümmelung sind. Ich muss doch nicht schwarz sein, um mich gegen Rassismus zu engagieren. Ich muss nicht versklavt sein, um Sklaverei zu verachten.

Aber nein, die Gespenster sind zurück. In vielen Bundesländern wählen große Mehrheiten Parteien mit menschenfeindlicher Agenda.

[….] Die Regenbogenfahnen in den „Pride“-Monaten des Sommers gehören längst zu Deutschlands innerer Ordnung, sie sind eine demokratische und für manche recht einträgliche Sause, bei der vom FC Bayern bis zum Spielzeugbauer Lego so ziemlich alle mitmachen. Der Feiertag mit dem Kurznamen CSD ist eine Institution, vertraut wie Omas Kirschholzwand. Dachte man. Die Gegenwart sieht etwas weniger rosig aus. In Regensburg musste der Umzug zum Christopher Street Day abgekürzt werden, nach einem Drohschreiben. In Gelsenkirchen sagte ein queerer Jugendtreff den Marsch ganz ab. Anschlagswarnung. In Pforzheim tauchten Neonazis auf. Im brandenburgischen Bad Freienwalde griffen Maskierte mit Quarzsandhandschuhen und Stöcken ein Fest für Vielfalt an. Die Polizei? Hatte wohl Wichtigeres zu tun. Im malerischen Wernigerode soll ein 20-Jähriger gedroht haben, er werde zum CSD Leute abknallen, 70 Schuss habe er noch. In seinem Tresor fanden Ermittler Schreckschusswaffen und rostige Munition. Im sächsischen Bautzen rückten schon im vergangenen Jahr Hunderte brüllender Neonazis gegen eine CSD-Parade auf. Jetzt hat die Jagdsaison 2025 begonnen.

Es darf also mal vorsichtig gefragt werden, wo die Reise eigentlich hingeht in einem Land, in dem die Verfassung allen möglichen Minderheiten Schutz garantiert, aber mit Schlägen und Beleidigung zu rechnen hat, wer sich mit Schwulen und Lesben auf die Straße wagt, gerade in kleineren Städten und auf dem Land.  […..]

(Constanze von Bullion, 26.06.2025)

Anständige Menschen, anständige Vereine, anständige Partei positionieren sich jetzt.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler (*1973), Kriminalhauptkommissar, war von 2018 bis 2021 Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter sowie von 2014 bis 2021 dessen Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, zeigte mit seinen Regenbogen-Fingernägeln und einer wunderbaren Rede im Bundestag, wie es geht.

CDU und CSU schlagen sich hingegen auf die Seite der Aggressoren und Hasser, wettern gemeinsam mit den Nazis von der AfD gegen Queere. An der Spitze die homophobe Nummer Zwei im Staat – Julia Klöckner. Zum Mitschämen!

Da möchten auch die Kirchen mit ihrer radikal amoralischen Geschichte nicht fehlen und schlagen sich auf die falsche Seite.

[…] Christliche Fundamentalisten treffen sich während des CSD in der Matthäuskirche

Kritiker verweisen auf die diskriminierende Haltung beteiligter Gruppen gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Die evangelische Kirche überlässt den Veranstaltern nicht nur eines ihrer wichtigsten Häuser – hochrangige Kirchenmänner treten dort sogar auf. […] Viele der beteiligten Gruppierungen seien „Teil eines global nach Macht strebenden christlich-fundamentalistischen Netzwerks“. Es gehe ihnen um die „christliche Vorherrschaft“.  Die Kirche, in der die meisten Veranstaltungen des Treffens stattfinden, ist nicht irgendein Gotteshaus. Sankt Matthäus ist die Haupt- und Bischofskirche der lutherischen Protestanten in Bayern. Und der evangelische Geistliche, der bei der Eröffnung am Freitagnachmittag dabei sein wird, ist nicht irgendein Pastor. Thomas Prieto Peral ist Regionalbischof im Kirchenkreis Schwaben-Altbayern, einer der ranghöchsten Repräsentanten der evangelisch-lutherischen Landeskirche.

Als im sich vergangenen Jahr evangelikale Gruppierungen Ende Juni in der Münchner Olympiahalle trafen, hatte Prieto Peral den LGBTIQ-feindlichen Hauptredner der „Glaubenskonferenz“ noch als „Spalter“ bezeichnet und selbst ein Grußwort beim Münchner Christopher Street Day gesprochen. Am heutigen Freitag besucht der Regionalbischof dagegen das Treffen in der Matthäuskirche. Damit unterstütze er „Netzwerke, über die diese ‚Spalter‘ weiter an Einfluss gewinnen. Wie passt das zusammen?“ fragt Fundi-Watch in einem offenen Brief. […] […] An dem Treffen in der Münchner Matthäuskirche und im Haus des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM) sind auch Freikirchen beteiligt, die keine Probleme damit haben, wenn auf einer ihrer Veranstaltungen unter dem Jubel der Gläubigen eine neue Bücherverbrennung gefordert wird: „Bücher, die falsche Lehren verbreiten, Bücher, die falsche Theologie verbreiten“. Oder wenn ein anderer Prediger offen Geschichtsrevisionismus betreibt: „I want Deutsche to be proud of being Deutsche. Who cares about history?“ […]

(Martin Bernstein, 27.06.2025)

Freitag, 27. Juni 2025

Triebe und Missbrauch

Das mit dem Sextrieb ist eine merkwürdige Sache. Zum Glück fiel meine Pubertät in eine Zeit vor dem Internet, als Pornographie noch nicht allgemein zur Verfügung stand. Die VHS-Videocassetten kamen 1980 nach Europa, aber einerseits waren die Rekorder zunächst nahezu unerschwinglich und andererseits musste man 18 sein, um den Pornobereich einer Videothek zu betreten. Das war zudem mit einer enormen Hemmschwelle verbunden. Alles nicht so einfach.  Es gibt in Literatur und Popkultur vielfach das Motiv des Teenagers, der das Masturbieren entdeckt und sich angefangen mit den Unterwäscheseiten im Otto-Katalog bis hin zu Astgabeln von allem sexuell erregen lässt. Tatsächlich; die eigene Phantasie und zwei gesunde Hände sind vollkommen ausreichend.

Boomer und GenX fragen sich angesichts der unermesslichen Pornoflut des Internets – Rund ein Drittel aller Suchanfragen weltweit widmen sich pornographischen Inhalten – wie es sich wohl auf das Sexualverhalten Jugendlicher auswirkt, wenn sie mit dem Beginn ihrer Pubertät gar nicht erst sexuelle Phantasien entwickeln, sondern jede erdenkliche (und auch nicht auszudenkende) Spielart in drastischer Darstellung 24/7 zur Verfügung haben.

[…..] 1. Der durchschnittliche Pornhub-Besucher ist 37 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Pornhub-Besucher lag im Jahr 2022 bei 37 Jahren, wobei die Gruppe der 18- bis 24-Jährigen um +2 Prozentpunkte wuchs und die Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen um -2 Prozentpunkte sank.

2. Früher Erstkontakt mit Pornos

Jede dritte Person im Alter von 11 bis 17 Jahren hat bereits einen Porno gesehen. Der Erstkontakt mit Pornos erfolgt laut einer Studie der Medienanstalt NRW am häufigsten zwischen dem 12. Und 14. Lebensjahr. Dabei zeigen sich nur geringe Geschlechtsunterschiede. In der Bewertung von Pornos gibt es jedoch deutliche Unterschiede: So empfinden Mädchen Pornos häufiger als schockierend, erniedrigend oder demütigend.

3. Zusammenhang von Pornokonsum und Psychischer Gesundheit

Studien zeigen, dass sich der Konsum von Pornos im Teenageralter negativ auf das Selbstwertgefühl und die psychische Gesundheit von Jugendlichen auswirkt.

4. Durchschnittliche Besuchsdauer auf Pornhub

9 Minuten und 54 Sekunden dauerte ein durchschnittlicher Besuch auf Pornhub im Jahr 2022. Im Vergleich zu den letzten Jahren stieg die Dauer damit in vielen Ländern an, so auch in Deutschland (Ø 10 Minuten und 16 Sekunden). Besonders auffällig: Die Besucher:innen der Generation Z erledigen ihre Angelegenheiten fast eine Minute schneller als die älteren Altersgruppen.

5. Nur ein Bruchteil entwickelt eine Pornosucht

Psycholog:innen gehen davon aus, dass etwa 3-5 Prozent der männlichen Bevölkerung von einer Pornosucht betroffen ist. Das heißt wir sprechen hier von Werten ab 500.000 Männern in Deutschland. Bei Frauen ist die Lage unklarer. Laut internationalen Studien sind nur halb so viele Frauen wie Männer betroffen.

6. Sonntag ist Porno-Tag

Weltweit ist der Sonntag der beliebteste Tag, um Pornhub zu besuchen. Der Freitag weist hingegen den geringsten Traffic auf. Die Hauptnutzungszeiten sind in der Regel zwischen 22 Uhr und 1 Uhr nachts.

7. Die USA sind Weltmeister im Pornoschauen

Erneut sind die Vereinigten Staaten das Land mit dem höchsten täglichen Traffic auf Pornhub, gefolgt vom Vereinigten Königreich und Frankreich. Deutschland landet in dem Ranking auf Platz 8. 

8. Vorlieben der Deutschen

Die Deutschen lieben einheimische Pornos. "Deutsch" und "german" waren 2022 die beliebtesten Suchbegriffe. Anal ist die beliebteste Videokategorie in Deutschland, gefolgt von Videos der Kategorie "Lesbisch". Im Vergleich zu den vorherigen Jahren wurde sehr häufig nach "curvy german" gesucht.

9. Transgender-Pornos sind im Trend

Die Kategorie "Transgender" wuchs um +75% und war 2022 die am häufigsten gesuchte Kategorie in Brasilien und die drittbeliebteste in den Vereinigten Staaten und Italien. Dabei sehen sich Männer Transgender-Videos deutlich häufiger an als Frauen. Besonders beliebt sind Videos dieser Kategorie bei der Generation der 25-34-Jährigen.

10. NRW ist das Bundesland, in dem am häufigsten nach pornografischen Inhalten gesucht wird

In Deutschland werden jeden Monat insgesamt 42.933.350 Suchanfragen zu pornografischen Inhalten im Netz erfasst. Das Bundesland mit dem höchsten Suchvolumen für Pornografie ist Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Hessen und Bayern. [….]

(Techniker Krankenkasse, 25.09.2024)

Über 500 Millionen Porno-Suchanfragen pro Jahr in Deutschland (Sonntags nach der Kirche erst mal anale Lesbenpornos reinziehen) haben aber nicht die Auswirkung, die sich Konservative vorstellen: mehr Sex, früher Sex.
Nein, ganz im Gegenteil, Jugendliche fangen immer später an.

[…]  Jugendliche sind später sexuell aktiv. Das Kondom ist beim „ersten Mal“ das Verhütungsmittel Nummer eins, während die Nutzung der Pille rückläufig ist. Dies zeigen die ersten Ergebnisse der neunten Welle der Studie „Jugendsexualität“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die heute veröffentlicht wurden.

Hierzu erklärt Prof. Dr. med. Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA: „Annahmen, wonach immer mehr junge Menschen immer früher sexuell aktiv werden, bestätigen sich nicht. Im Gegenteil: Im Alter zwischen 14 und 16 Jahren geben deutlich weniger Mädchen und Jungen an, sexuelle Erfahrungen gemacht zu haben als noch vor zehn Jahren.“ Während sexuelle Aktivitäten unter den 14-Jährigen insgesamt mit durchschnittlich vier Prozent noch die Ausnahme sind, hat im Alter von 17 Jahren mehr als die Hälfte Geschlechtsverkehr-Erfahrung. Junge Frauen deutscher Herkunft haben im Alter von 17 Jahren im Durchschnitt zu knapp 70 Prozent das „erste Mal“ erlebt. Bei den gleichaltrigen Frauen mit ausländischen Wurzeln sind es 37 Prozent. Unter den 17-jährigen Jungen sind es 64 beziehungsweise 59 Prozent. […..]

(bioeg, 03.12.2020)

Die mit Emphase von den Rechten vorgetragene Sorge der „Frühsexualisierung“ von Kindern, ist eine Hoax.

Es ist ohnehin offenkundig; auch in den prüdesten viktorianischen Zeiten, als Frauen sogar in voller Montur badeten und kein Körperteil unterhalb des Kinns jemals entblößt zeigten, als es öffentlich extrem tabuisiert war, über Sex zu sprechen und die Menschen so unaufgeklärt waren, daß manche Braut in der Hochzeitnacht entsetzt zurück zu den Eltern rannte, weil sie beim besten Willen nicht vorstellen konnte, daß ihr Ehemann so ein Wüstling wäre, sie entblößt sehen zu wollen, funktionierte die Fortpflanzung. Auch in Saudi Arabien und Afghanistan werden jede Menge Kinder geboren, obwohl es dort keine Pornographie gibt und Mann, ob der Niqabs und Burkas keine Ahnung von weiblichen Sexualorganen bekommt.

Der Sexualtrieb ist offensichtlich durch keine zivilisatorische oder erzieherische Maßnahme zu unterdrücken, da er ein Lebensmerkmal ist. Kein Wunder; auch Kolibris, Nashörner, Ringelnattern und walisische Schwarznasenschafe kopulieren, auch wenn sie nie durch „amoralische“ Darstellungen sexualisiert werden.

Der Sexualtrieb ist also immer da und lässt sich offenkundig kaum unterdrücken.

Zivilisatorische Maßnahmen dürfen aber dennoch nicht ausbleiben; Aufklärung ist notwendig, um Pubertierende mit dem Wissen über Verhütung, Einvernehmlichkeit und sexuell übertragbare Krankheiten zu informieren. Wo das geschieht, gibt es weniger sexuelle Gewalt und gesündere Jugendliche.

Im US-Biblebelt, wo auf Wunsch der rechtskonservativen Christen jede Aufklärung aus den Schulen verbannt, Verhütungsmittel tabuisiert und Literatur weggeschlossen wird, sind die Folgen eindeutig: Sehr viel mehr Geschlechtskrankheiten, sehr viel mehr ungewollte Schwangerschaften, sehr viel mehr Abtreibungen.

Die toxische konservativ-christliche Scheinmoral, die sich über die angeblich so enthemmten Linken erhebt, hat eine drastische Schattenseite. Die Rechtskonservativen und Religiösen haben eine ausgesprochene Vorliebe für das Vergewaltigen von Kindern und dulden auch ausdrücklich Kindervergewaltiger in ihren Reihen. Die Liste der US-Republikaner, die als Kindersextäter auffällig wurden, ist schier endlos.

Kein Wunder, daß die Kinderfic**rorganisation Kirche, so große Übereinstimmungen mit der GOP hat und sich für den Vergewaltiger Trump begeistert.

Ich nenne nur die letzten zehn einer unvollständigen Republikaner-Liste, die bis zum März 2025 1375 Fälle nennt.

·        […] 1365  Charles Kyote Dunn, City Manager of Waurika, OK, has been charged with child sexual abuse

·        1366  Michael Priest, co-founder with his wife of 99+1 charity for foster kids in OK, has been charged with child sexual abuse

·        1368  Matthew Huttle, Indiana insurrectionist pardoned by Trump, was previously sentenced to 2.5 years for battery of his son, beating him so badly he could not sit properly for a week. He was shot to death a week after his release in a clash with police.

·        1369  Theodore Middendorf, Illinois insurrectionist pardoned by Trump, raped a seven year old child. He pleaded guilty in May 2024

·        1370  Peter Schwartz, Pennsylvania insurrectionist pardoned by Trump. He assaulted police on Jan. 6 and had an extensive history of violent behavior including domestic violence. 

·        1371  Daniel Ball, Florida insurrectionist pardoned by Trump, has a criminal record that includes Domestic Violence Battery by Strangulation,"

·        1372  Kasey Hopkins, Kansas insurrectionist pardoned by Trump, raped a woman, battering her and urinated in her mouth

·        1373  Edward Richmond, Jr., Louisiana insurrectionist pardoned by Trump was court martialed for shooting a handcuffed Iraqi and convicted. He has also been charged with domestic violence though, as often happens, charges were dropped

·        1374  Benjamin Martin, California insurrectionist pardoned by Trump, pled to battery charge in 2016 for beating his 14-year-old daughter and in 2018 for assaulting his girlfriend.

·        1375  Edward Hemenway, Virginia insurrectionist pardoned by Trump, served 5 years in prison for sexual assault and illegally detaining a woman in 2006   [….]

(Dailykos, 25.03.2025)

Die falsche Prüderie und das Entitlement der Rechten und Religiösen sind der Grund für ihre auffällig gewalttätigen und brutalen Methoden der Triebabfuhr

[…] Ein Vater (47) soll seinen damals 15-jährigen Sohn gegen Geld für sexuelle Dienste angeboten haben. Ab März 2022 soll der Vater sein Kind erstmals einem Pastor „verkauft“ haben – für 2800 Euro. Es folgten weitere erzwungene Treffen des Sohnes mit Missbrauchstätern. Am kommenden Dienstag muss sich der Vater vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Vorwurf: besonders schwere Zwangsprostitution.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, sich im März 2022 mit einem Pastor abgesprochen zu haben: Er gibt seinen Sohn für sexuelle Machenschaften her und der Pastor zahlt ihm dafür 2800 Euro. Im selben Monat trafen sich Vater, Sohn und Pastor in Ochsenwerder, heißt es in der Anklage. Das Geld wurde übergeben und der Sohn anschließend zu sexuellen Handlungen gedrängt worden sein – die er gegen seinen Willen unter großem Druck schließlich abgeliefert habe. Der Vater drohte dem Jungen laut Anklage mit „großen Konsequenzen“, würde er sich widersetzen.

Nach diesem ersten Missbrauch arrangierte der Vater laut Anklage weitere Treffen mit Freiern. Über Online-Escort-Profile soll er seinen Sohn „angeboten“ haben. Dadurch sei es bis Juni 2022 noch zu fünf weiteren Treffen mit Missbrauchstätern gekommen – zwei Treffen davon sollen wieder mit dem Pastor gewesen sein. […]

(HHMopo, 27.06.2025)

Da wir jetzt eine konservative Familienministerin haben, wird den Opfern von sexueller Gewalt gleich mal gezeigt, auf welcher Seite die CDU steht.

[…] Der Fonds Sexueller Missbrauch beim Bund läuft 2028 aus. Bis Ende August sollten Opfer noch Anträge stellen können. Doch jetzt hat die Bundesregierung diese Frist ohne Vorwarnung gekippt. Betroffene sind empört.  Missbrauchsbetroffene haben den kurzfristigen Stopp von Hilfsgeldern des Bundes scharf kritisiert. „Der Fonds Sexueller Missbrauch ist ein unverzichtbares Instrument zur Unterstützung der Opfer sexueller Gewalt“, sagte Ingo Fock, Vorsitzender des Vereins „Gegen Missbrauch“. Als Schock bezeichnete Wilfried Fesselmann, Sprecher des Betroffenenbeirats im katholischen Bistum Essen, den sofortigen Stopp der Hilfsgelder.

Der Fonds Sexueller Missbrauch war 2013 von der Bundesregierung eingerichtet worden. Er ging auf eine Empfehlung des Runden Tisches sexueller Missbrauch zurück, der wiederum 2010 – nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche – ins Leben gerufen worden war. Betroffene, die in Familien oder in Institutionen Opfer von Missbrauch wurden, können seither aus dem Fonds sogenannte ergänzende Hilfen beantragen, zum Beispiel Geld für Therapien oder medizinische Leistungen.

Der Bundesrechnungshof hatte den Fonds im Jahr 2024 als nicht haushaltsrechtskonform kritisiert, daraufhin hatte der Bundestag dessen Abwicklung beschlossen – ohne aber eine Nachfolgelösung zu entwickeln. 2028 soll der Fonds auslaufen. Bis 31. August sei es aber noch möglich, Erstanträge zu stellen. So lautete zumindest die offizielle Ankündigung. Doch diese Frist wurde jetzt ohne Vorwarnung gekippt und auf 19. März vordatiert, wie das zuständige Bundesfamilienministerium am Dienstag mitteilte. Grund sei die zu hohe Nachfrage, sodass die Mittel nun vorzeitig erschöpft seien.

„Einfach rückwirkend bereits vorliegende fristgerechte Anträge auszuschließen und die Annahme von weiteren Anträgen bis zum kommunizierten Antragsende am 31. August 2025 zu verweigern, kommt einem neuerlichen Verrat an Betroffenen gleich“, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus. […]

(Anette Zoch, 26.06.2025)