Sonntag, 26. März 2023

Franzis wenig subtiler Humor.

Ein Papst ist zwar allmächtig und könnte in seiner Kirche so ziemlich alles tun, aber da nur erzkonservative alte Männer Kardinäle kreieren, die daher auch alle alte konservative Männer sind und im Konklave seit Jahrhunderten nur aus diesen alten konservativen Männern ein Papst gewählt wird, handelt es sich bei ihm wenig überraschend auch um einen alten konservativen Mann. Diversität im kurialen Sinne bedeutet, daß man einen Endsiebziger (Ratzi, Franzi) auf den Papstthron schicken kann, aber auch mal einen Jungspund wie Karol Józef Wojtyła, der 1978 noch fast ein Kind war, als er mit 58 Jahren Papst wurde. Es gibt Schwarze und Weiße, es gibt Italiener und Ausländer. Es gibt verschiedene Orden.

Aber es gibt keine Frauen, keine Humanisten, keine Linken und auch darüber hinaus große Gemeinsamkeiten: Alle Kandidaten sind misogyne, homophobe, illiberale, antidemokratische, autoritäre Ewiggestrige.

So ein Papst schafft nicht den Zölibat ab, öffnet nicht die Geheimarchive mit den widerlichen Naziverstrickungen, erkennt nicht die Menschenrechte an, unterwirft sich nicht der weltlichen Justiz, akzeptiert nicht die Ehe für alle, oder würde gar Frauen dieselben Rechte wie Penisträgern zugestehen.

Das ist auch in der Weltkirche nicht gewünscht.

Realistischerweise kann ein Papst aber auf nationaler Ebene Rücksichten nehmen, indem er infinitesimale Abweichungen zur kurialen Linie hinnimmt oder spezifische Animositäten würdigt. Den katholischen Massen in Afrika, Asien und Südamerika ist es völlig egal, welcher Ortsbischof in Trier amtiert. Bei weltweit 4.116 Diözesanbischöfen (insgesamt 5.389 Bischöfe), kennt niemand jeden einzelnen persönlich. Rom könnte also in einem Land wie Deutschland, in dem, anders als in den meisten Nationen, die Zahl der Katholiken stark zurückgeht, welches aber zusammen mit Italien und den USA der wichtigste Finanzier des Vatikans ist, ein Zuckerli geben. Eine Möglichkeit dazu wäre es, zumindest in den Diözesen, in denen die Oberhirten dauernd vor Gericht stehen und von ihren Schäfchen so sehr gehasst werden, daß sie in Scharen davon laufen, einen Personalwechsel vorzunehmen.

In Deutschland bieten sich dafür die vier Bistümer mit den fähigsten atheistischen Agenten an, die ihre Arbeit als Säkularisierungsbeschleuniger außerordentlich erfolgreich betreiben:

1.   Köln

2.   Trier

3.   München

4.   Hamburg

Kardinal Woelki ist ohnehin nur noch auf Abruf im Amt, die meisten Brüder in der DBK hassen ihn, selbst seine Priester verweigern die Zusammenarbeit mit ihm.

Bischof Ackermann wird ebenfalls bereits von Gläubigen und Politik boykottiert, schockiert mit immer neuen Negativ-Schlagzeilen.

Kardinal Marx war 2002 bis 2007 selbst Trier Bischof und machte sich aber auch in München die Hände so schmutzig, daß er sogar selbst darum bat, gefeuert zu werden.

Erzbischof Heße stammt aus Kölner Meisner-Sumpf. Ihm wurden so viele Fehlverhalten gegenüber Opfern sexuellen Missbrauchs nachgewiesen, daß er wie Marx und Woelki ebenfalls Rom seinen Rücktritt anbot.

Alle Vier dürfen aber ihr, für Atheisten so erfreuliches, Gläubigenvertreibungs-Werk weiterführen. Die armen Reformschäfchen vom „Synodalen Weg“, die immer noch so naiv sind zu glauben, der Vatikan könnte ihnen zuhören, trösten sich mit der sprichwörtlichen Langsamkeit Roms. Da rechne man nicht in Jahren, sondern in Jahrhunderten.

„Haha, denen zeige ich es“, dachte sich Herr Bergoglio offenbar und schmiss überraschend und plötzlich Bischof Bode raus, indem er sein bisher gar nicht bekanntes Rücktrittsgesuch annahm.

[….] Erstmals ist ein katholischer Bischof in Deutschland im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche zurückgetreten. Wie der Vatikan mitteilte, habe der Papst den Amtsverzicht des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode angenommen. [….] "Insbesondere im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Kleriker habe auch ich selbst lange Zeit eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt. Ich habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manchmal falsche Entscheidungen getroffen", sagte Bode. "Ich kann heute nur alle Betroffenen erneut um Verzeihung bitten." Bode war der dienstälteste amtierende katholische Bischof in Deutschland. [….] Außerdem sei mit dem vorläufigen Abschluss des "Synodalen Weges" der katholischen Kirche in Deutschland ein ihm wichtiges Zwischenziel erreicht, auf dessen Basis er zuletzt noch einige konkrete Reformvorhaben für das Bistum Osnabrück in Kraft setzen konnte, so Bode. Die weiter notwendige Verstetigung des synodalen Prinzips in der Kirche werde allerdings noch viel Kraft verlangen, die er selbst nicht mehr aufbringen könne.

Mit seinem Rücktritt vom Amt scheidet Bode als Mitglied und stellvertretender Vorsitzender aus der Deutschen Bischofskonferenz aus. Der Bischofssitz im Bistum Osnabrück ist damit ab sofort nicht mehr besetzt, es beginnt die Zeit der Sedisvakanz. Das Kirchenrecht legt fest, dass zeitgleich mit dem Bischof auch das Amt des Generalvikars erlischt und alle dem Bischof zugeordneten Gremien aufhören zu bestehen. [….]

(Tagesschau, 25.03.2023)

Ein großer ausgestreckter päpstlicher Mittelfinger an die deutschen Katholiken: Woelki und Ackermann bleiben, Bode geht.

Sein Sündenregister ist selbstverständlich groß genug, um abzutreten. Auch Bode schützte Missbrauchstäter in Soutane, sorgte dafür, ihnen weiter Opfer zuzuführen.

Aber seine Abstoßungskraft auf die eigenen Gläubigen ist bei Weitem noch nicht so stark entwickelt, wie in anderen Fällen.

[….] Ein päpstliches Geheimnis bleibt, warum Franziskus Bodes Rücktritt annahm, den von Kardinal Marx vor zwei Jahren aber nicht.  [….]

(FAZ, 26.03.2023)

Offenkundig argentinischer Humor.

Samstag, 25. März 2023

Gerhard Schröder ist nicht das Problem

Einige Fakten werden gern vergessen:

1.   Bundeskanzler a.D. Schröder befindet sich seit 18 Jahren, einer politischen Ewigkeit, in Rente, ist Privatier.

2.   Die Schröder/Frischer-Regierung, 1998-2005, erkannte völlig richtig die Notwendigkeit einer Energiewende, stellte die Weichen auf erneuerbare Energien und schuf die ökologische Steuerreform.

3.   In der Schröder-Regierungszeit stieg Deutschland zum Weltmarktführer bei der Windkraft und Solartechnik auf. Umweltminister Trittin sorgte für mehr Arbeitsplätze im grünen Energiesektor als der deutschen Autoindustrie.

4.   Als Schröder aus dem Amt schied, lag der Anteil der deutschen Energieversorgung durch russisches Gas bei 30%. Tendenz stark fallend durch die erneuerbaren Energien.

5.   Die deutschen Wähler sorgten von 2005 bis 2021 ununterbrochen für CDU-Herrschaft im Kanzleramt. Merkel steuerte radikal um, setzte auf das für Industrie und Verbraucher kurzfristig viel bequemere und billigere russische Gas, schraubte die Abhängigkeit auf 50% hoch.

6.   In den katastrophalen schwarzgelben Regierungsjahren 2009-2013 sorgten die FDP-Wirtschaftsminister Brüderle und Rösler für das totale Aus der Förderung erneuerbarer Energien. Hunderttausende Arbeitsplätze gingen verloren, das gesamte deutschen Know How wanderte ab. Heute sind wir sowohl in der Photovoltaik, wie auch bei der Windkraft, abhängig von Lieferungen aus China.

[….] Bereits Ende letzten Jahres gaben das chinesische Handelsministerium (MOFCOM) und das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) bekannt, dass sie eine Überarbeitung des Katalogs der verbotenen und mit Ausfuhrbeschränkungen belegten Technologien aus China planen. Wie das Photovoltaik-Magazin pv magazine berichtet, könnten infolgedessen die für die Solarindustrie wichtigen Technologien Wafer, schwarzes Silizium und Ingots in den Katalog aufgenommen werden.

Sollte es so weit kommen, bräuchten chinesische Unternehmen für den Export dieser Stoffe in Zukunft eine behördliche Genehmigung. Für Europa hätte das gewaltige Folgen – denn der chinesische Anteil im Solarsilizium-Sektor liegt bei mehr als 80 Prozent und über 98 Prozent der weltweiten Waferproduktion stammten im Jahr 2021 aus der Volksrepublik. Angaben des Spiegels zufolge kamen zudem 85 Prozent der Zellen und etwa drei Viertel der aus ihnen zusammengefügten Photovoltaikmodule aus dem sozialistischen Staat. China hat sich im Solar-Sektor also fast eine Monopol-Stellung erkämpft. Denn wenngleich die Nachfrage nach Solarenergie in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist, blieb der deutsche Markt auf Hersteller-Ebene im Zuge des weltweit harten Preiskampfes auf der Strecke. Als Subventionen gekürzt wurden und die Kosten für die Herstellung von Solarenergie in den Keller sanken, kollabierte der deutsche Markt vor über zehn Jahren. Zahlreiche Photovoltaik-Unternehmen in Deutschland gingen infolgedessen Pleite – und China erarbeitete sich eine Vormachtstellung.  [….]

(Kreiszeitung, 07.03.2023)

Vielen Dank FDP, CDU und Frau Merkel!

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich die SPD sehr kritisch mit ihrer Russland- und China-Politik der letzten Jahre auseinandersetzt, gibt es bei der CDU und Frau Merkel nicht den geringsten Erkenntnisgewinn, nicht den Hauch eines schlechten Gewissens.

[….] Bundespräsident Steinmeier gab sich im April 2022 zerknirscht, er habe sich in Wladimir Putin geirrt, habe dessen »imperialen Wahn« unterschätzt. Der Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden, sei gescheitert. Die SPD unter Parteichef Lars Klingbeil hat neue Richtlinien für die Außenpolitik definiert: Sicherheit könne nicht mehr mit, sondern es müsse Sicherheit vor Russland organisiert werden. Also Containment, Eindämmung. Die Kanzlerin der vergangenen 16 Jahre hat bisher keinen Grund gesehen, von Fehlern zu sprechen.  [….]

(Sabine Rennefanz, Spon, 23.03.2023)

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich Grüne und SPD, sowie notgedrungen sogar ein wenig die FDP in der Ampel darum bemühen, sich aus der Energieabhängigkeit von Russland zu lösen, befindet sich die gesamte Union in Blockadehaltung. In Bayern werden weder Windkraftanlagen, noch Stromtrassen gebaut.

Der Putin-affine CDU-Ministerpräsident von Sachsen, stemmt sich fast physisch gegen die Energiewende, will unbedingt wieder zurück zum russischen Gas. Vorgestern sperrte er sich im ZDF „mit berufsbedingter Rumpelstilzchenhaftigkeit“ (Süddeutsche Zeitung) gegen erneuerbare Energien.

[….] Die Energiewende verlangt allen alles ab. Das begreifen viele Menschen. Nicht dazu gehören erstaunlich oft CDU-Politiker aus Bundesländern, die Windkraft nicht mögen, Russen-Gas aber schon. Am Ende der einstündigen Sendung von Maybrit Illner sagt die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm: "Es wird teuer." Und das wollen wir uns bitte schon mal merken. Es ist nicht böse gemeint, nicht radikal, nicht politisch, nicht ironisch, nicht akademisch, nicht links, nicht rechts, nicht technologieverherrlichend, nicht technologiehassend - sondern: Das ist leider so. Nach zwei Jahrhunderten ohne jede Reue kommt jetzt die Rechnung. Im Grunde ist es Physik.

[….] Kretschmer gibt das Rumpelstilzchen, weshalb er es für eine gute Idee hält, den ZDF-Talk-Tisch, der eh etwas von Kranich-Origami hat, unentwegt mit der Handkante zu traktieren. Er hämmert auf den Tisch ein. Er ist wütend. Er rollt mit den Augen. Er zischt, blökt, hämmert. Weil: siehe oben - "es wird teuer". Und das will er nicht. Wie im Märchen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, warum die Energiewende niemals mit Politikern vom Schlage Kretschmers zu schaffen ist: Der Talk von Maybrit Illner hat ihn erbracht. Kretschmer hört nicht zu, perpetuiert Bild-Schlagzeilen, biedert sich bei "den Leuten" an ("die können denken"), echauffiert sich, haut mit der Faust auf den Tisch.  [….] In der Zeit hieß es neulich: "Man kann nicht abstrakt für den Schutz des Klimas sein - und zugleich gegen jede konkrete Schutzmaßnahme." Doch, kann man. Siehe: Rumpelstilzchen. [….]

(Gerhard Matzig, 24.03.2023)

Daß die CDUCSU mit so weitem Abstand die Umfragen vor der SPD anführt, lässt sich nur mit vollständiger Verblödung des Urnenpöbels erklären.

Offenbar wollen die Teutonen angesichts unserer enormen Probleme unbedingt wieder diejenigen an der Regierung haben, die uns a) in die Probleme reingeritten haben, b) keinerlei Einsicht zeigen und c) alle Fortschritte seither zurückdrehen wollen.

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich Wissenschaft, Industrie und viele Verbraucher einig sind, welcher wahnwitziger und suizidaler Irrweg in 16 Jahren CDU-Herrschaft eingeschlagen wurde, reiten die Schwarzen populistische Trumpsche Attacken gegen Fakten.

[….] »Konservative Energiepolitik«: Mit Vollgas in die falsche Richtung [….] Schon 2011 waren zwei Dinge klar:

    Die Menschheit muss dringend und so schnell wie möglich damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verfeuern.

    Die Industrie der Zukunft wird eine sein, die, soweit irgend möglich, ohne solche Verbrennungsprozesse auskommt, und zwar weltweit.

Es gab 2011 einen weiteren Rekord: Die Zahl der deutschen Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien war auf 415.000 angewachsen. Zum Vergleich: Im Braunkohlebergbau arbeiteten damals in Deutschland noch knapp 23.000 Menschen. [….] 2019, acht Jahre später, gab es in Branchen für erneuerbare Energien (EE) aber über 100.000 Arbeitsplätze weniger . Der damalige Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatten gemeinsam das geschafft, woran die deutsche Wirtschaft heute leidet: Sie zerstörten die heimische Solarbranche fast vollständig. Sie schränkten 2012 nämlich die Förderung erneuerbarer Energien massiv ein. [….] 2012 geschah noch etwas Interessantes: Der heutige Finanzminister Christian Lindner (FDP) machte in Nordrhein-Westfalen Wahlkampf mit dem ehemaligen SPD-Ministerpräsidenten und damals noch aktuellem RWE-Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Clement. Die beiden forderten eine »vernunftgeleitete Industriepolitik«. Und sie meinten damit: weniger EE, mehr Kohlekraftwerke. Wirklich.

[….] Fast schon lustig liest sich vor diesem Hintergrund ein Papier, das Christian Lindners FDP-Bundestagsfraktion gerade vorgelegt hat. Darin steht dem »Handelsblatt« zufolge : »Eine staatlich gelenkte Industriepolitik läuft Gefahr, dass Technologien und Produkte nicht wegen ihres Innovations- und Wachstumspotenzials gefördert werden, sondern weil sie politisch gewollt sind.« Und das von der Partei des Mannes, der 2012 den Abbau der EE-Förderung und den Ausbau der Kohleverstromung für »vernunftgeleitete Industriepolitik« hielt.

Was die FDP wirklich will, steht auch in dem Papier: Steuersenkungen, die vor allem Unternehmen und Gutverdienern zugutekommen. Und eine Anhebung indirekter Steuern, die Geringverdiener besonders hart treffen würde. Die FDP möchte also das Gleiche wie immer: Klientelpolitik für Wohlhabende. Diesmal aber mit den gewaltigen US-Subventionen fürs Klima als Ausrede. [….]

FDP und Union sprechen, wenn es um die Zukunft der deutschen Industrie und Energieversorgung geht, gern von »Technologieoffenheit« . Tatsächlich sind die beiden Parteien vor allem für Technologien offen, die definitiv dem Untergang geweiht sind. [….]

(Prof. Christian Stöcker, 19.02.2023)

Wer sich so hartnäckig wie Merz und Söder gegen die Realität stemmt, braucht Verbündete. Und die findet man auch. In der AfD.

[….] Im Osten galt Friedrich Merz vielen CDU-Mitgliedern lange als Messias. Auf einer Regionalkonferenz in Sachsen redet der Parteichef nun Klartext zur AfD und zum Krieg in der Ukraine. Das gefällt nicht allen - und sein Vize Michael Kretschmer taucht gar nicht erst auf. [….]  Dort hatte die von Merz höchstselbst aufgestellte Brandmauer zur AfD zuletzt Risse bekommen, als die CDU-Fraktion im Kreistag von Bautzen einen AfD-Antrag unterstützte, ausreisepflichtigen Asylbewerbern Integrationsleistungen zu kürzen und im Thüringer Landtag gemeinsam mit Rechtsaußen gegen das Gendern stimmte. [….] Zur Bundestagswahl 2021 landete die CDU bei den Zweitstimmen in Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nur auf Platz drei hinter AfD und SPD. Einzig in Sachsen-Anhalt war sie minimal stärker als die AfD. "Diese Partei", sagt Merz am Donnerstag, "muss wieder verschwinden. Das geht nicht durch Anbiederung, sondern nur über einen eigenen Kurs." [….] "Wir sind immer auf der Seite der Freiheit und der Demokratie, der offenen Gesellschaft."   Spätestens jetzt wäre die Reaktion von Michael Kretschmer interessant gewesen, Sachsens Ministerpräsident und Merz' Stellvertreter im Parteivorsitz. Kretschmer hat in den vergangenen Monaten immer wieder Positionen zur Ukraine vertreten, für die er in Sachsen zwar Beifall, in Berlin und dem Rest der Republik aber mindestens Kopfschütteln erntete. Er war gegen die Lieferung schwerer Waffen, wehrte sich gegen ein Ölembargo und forderte zuletzt die Reparatur der zerstörten Gaspipeline Nord Stream 1. [….]

(Iris Meyer, SZ, 24.03.2023)

Freitag, 24. März 2023

Süddeutscher Sex-Sumpf – Teil II

Es gibt dieses erstaunliche Phänomen der nach unten offenen moralischen Unendlichkeit. Für die meisten Menschen gibt es persönliche moralische Grenzen, ein abgeschlossenes Koordinatensystem mit endlicher Abszisse.

 Jenseits dieser Grenzen liegen Bereiche, die man nicht betritt; nicht einmal verbal.

Beobachtet man aber völlig verkommene Prominente, die weit außerhalb der moralischen Schranken des Betrachters agieren – Idi Amin zum Beispiel – begeht man gelegentlich den Fehler, anzunehmen auch für so einen, existierten zumindest irgendwelche Grenzen. Müßte er nicht irgendwann so weit gesunken sein, daß es nicht mehr weiter geht? Ist nicht irgendwann das unterste moralische Kellergeschoss erreicht?

Oliver Kalkofe fragte sich vor einem Vierteljahrhundert etwas Ähnliches, als es um geschmackliche Grenzen und deutsche Volksmusik ging. Aber immer, wenn er dachte, das tiefste Kellergeschoss sei erreicht, kam flugs ein Troubadix daher, griff zur Schaufel und hob ein tieferes Untergeschoss aus.

Auch bei Donald Trump, der heute unverhohlen mit Bürgerkrieg droht, sollte man ihn für seine zahlreichen Verbrechen zur Rechenschaft ziehen; dachte man so oft, nun habe er aber wirklich „rock bottom“ erreicht, nur um ihn am nächsten Tag noch ungeheuerlichere Dinge sagen zu hören.

Ein ähnlicher Fall ist der verschwörungstheoretische bösartige Hetzblogger David Berger, der sich ebenfalls nahezu täglich moralisch selbst unterbietet. Natürlich erwartet man nichts anderes, als perfideste Heuchelei des rechtsradikalen Antisemiten, ist dann aber doch immer wieder auf Neue überrascht, wie er es vermag, moralisch eine weitere Etage abzusteigen.

Das Phänomen der nach unten offenen moralischen Unendlichkeit gibt es außerdem natürlich im klerikalen Umfeld des Kölner Metropoliten Woelki und seinen Suffragan-Herren, von denen der Trierer Bischof Ackermann charakterlich sogar noch verkommener als sein Chef ist.

(….) Ackermann, seit 2009 Ortsbischof, ab 2010 Missbrauchsbeauftragter, ließ seinen Freisener Ex-Pfarrer Otmar M., vorbestraft wegen sexueller Nötigung eines minderjährigen Ministranten, bis 2016 im Amt, so daß dieser sich jahrelang weiter an kleinen Jungs vergreifen konnte. Im Februar 2023 musste Ackermann zu dem Fall als Zeuge aussagen und ließ die fassungslosen Berichter sein lakonisches „dumm gelaufen“ wissen.

[….]  Zum ersten Mal hat ein Bischof in einem Missbrauchsprozess vor dem Landgericht Saarbrücken ausgesagt. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann nahm vor dem Gericht Stellung zu den Missbrauchsvorwürfen gegen den ehemaligen Pfarrer von Freisen, Otmar M.. Der 69-jährige Pfarrer im Ruhestand steht vor Gericht, weil er 1997 einen Messdiener sexuell genötigt haben soll. Ackermann erklärte, der Mann habe sich nicht an Auflagen des Bistums gehalten; er habe auch nicht an einer Präventionsschulung zu Missbrauch teilgenommen und sei trotz Verbotes weiter mit Jugendlichen in Urlaub gefahren. Deshalb sei der Mann im April 2015 zunächst beurlaubt und dann in den Ruhestand versetzt worden.  [….]  Ackermann sagte, er habe dem Beschuldigten 2016 verboten, als Priester zu wirken. Im selben Jahr startete das Bistum laut Ackermann nach weiteren Vorwürfen eine kirchenrechtliche Untersuchung wegen Vorwürfen sexualisierter Gewalt. Seit 2018 befasst sich auf Anordnung des Vatikans das Kirchengericht Köln mit dem Fall. [….] Ackermann ging in seiner Aussage auch auf die Vorwürfe des mutmaßlichen Missbrauchsopfers Timo Ranzenberger ein, der den nun angeklagten Pfarrer M. schon 2006 angezeigt hatte, weil er ihn ebenfalls missbraucht haben soll. [….]

(Trierer Volksfreund, 15.02.2023)

Zehn Jahre nach Ranzenbergers Anzeige beurlaubte Ackermann die Pädokriminellen in Soutane. 14 Jahre nach Timo Ranzenbergers Anzeige befasst sich ein Kirchengericht mit dem Fall.  […..]       

Timo Ranzenberger wird von Ackermann, wie andere Missbrauchsopfer seiner Priester verachtet.

Wie in Köln, fangen auch die Trierer Schäfchen an, sich von ihrem eigenen Bischof zu distanzieren.

[….] Eine Pfarrei des Bistums Trier hat ihren Bischof Stephan Ackermann davon ausgeladen, die Firmung zu spenden. Stattdessen bittet die Pfarrei darum, dass einer der Weihbischöfe kommen möge. Das berichtete das „Domradio“ anhand einer Darstellung der „Katholischen Nachrichtenagentur“. Das Bistum Trier hatte ab dem Jahr 2006 mehrfach Informationen zu einem früheren Pfarrer der Pfarrei, es ging um Vorwürfe sexualisierter Gewalt. Doch handelte das Bistum erst später und der Pfarrer blieb bis 2015 in der Pfarrei. Das Bistum räumte später Fehler ein. Gegen den heutigen Ruhestandspriester erhob im März 2022 auch die Staatsanwaltschaft Saarbrücken Anklage wegen Verdacht auf sexuelle Nötigung, derzeit ist es noch unklar, ob es zu einem Prozess kommen wird. Auch kirchlicherseits laufen an mehreren Stellen Untersuchungen. In ihrer Trierer Zeit waren drei Bischöfe mit dem Fall befasst: Reinhard Marx, Stephan Ackermann und Georg Bätzing.  […]

(Kath.net, 22.05.2022)

Alle drei in Amt und Würden. Bedauerlich ist aber, daß engagierte Kirchengemeinden nur einige Bischöfe kritisieren, während sie eisern an einer Organisation festhalten, deren Strukturen selbst zum sexuellen Missbrauch führen. Sogar viele Missbrauchsopfer bleiben gläubig. Noch schockierender, aber wenig überraschend: Viele Sextäter waren einst selbst Opfer. Das ist die psychologische Macht der geistlichen Ideologie Kirche.

Es ist daher zum Scheitern verurteilt, die pädosexuellen Übergriffe in der Kirche von innen zu bekämpfen. Die einzige Möglichkeit, effektiv dagegen vorzugehen, bleibt der Austritt aus der Kirchen und politischer Druck auf die Bundestagsparteien, den organisierten Religionen ihre Privilegien zu entziehen.

Insofern ist es schon ganz nett, das der fromme Katholik Uwe Conradt (45, CDU), Saarbrückens Oberbürgermeister, so entsetzt von seinem Bischof Ackermann ist, daß er seinen Rücktritt fordert.

[….]  Nach der Vorstellung eines Berichts über sexuellen Missbrauch im Bistum Trier hat der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) den Rücktritt des Trierer Bischofs Stephan Ackermann gefordert. "Die Amtsträger im Bistum haben selbst Verantwortung und sind dieser bis in die jüngste Zeit nicht gerecht geworden", schrieb Conradt im sozialen Netzwerk Linkedin. Auch Ackermanns Vorgänger, der heutige Münchner Kardinal Reinhard Marx, solle von seinem Amt zurücktreten, forderte Conradt.

Conradt reagierte damit auf den ersten Zwischenbericht der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier (UAK), der am Donnerstag vorgestellt wurde. Dieser zeigte auf, wie Verantwortliche im Bistum Trier in der Vergangenheit über Jahrzehnte sexuellen Missbrauch durch Priester vertuscht haben. Von 1946 bis 2021 seien 513 Opfer und 195 beschuldigte oder überführte Täter erfasst worden, hieß es in dem Bericht.  Diese Zahlen seien erschreckend, schrieb Conradt. "Es ist Zeit, dass Amtsträger, insbesondere der ehemalige Trierer Bischof Reinhard Marx und der aktuelle Bischof Stephan Ackermann Verantwortung übernehmen und von ihren Ämtern zurücktreten." Ackermann ist seit Mai 2009 Bischof von Trier. Zum Bistum Trier gehören rund 1,3 Millionen Katholiken in Rheinland-Pfalz und im Saarland. [….]

(Die Zeit, 27.08.2022)  (….)

(Süddeutscher Sex-Sumpf, 05.03.2023)

Auch hier fragte man sich schon: Ist es überhaupt möglich, noch mieser zu sein? Ackermann schützte Sextäter, ließ sie weiter auf ihre kindlichen Opfer los, outete und verfolgte Opfer, landete vor Gericht und wird selbst von den katholischsten Schäfchen seiner Diözese so sehr gehasst, daß alle nur noch inständig hoffen, er möge endlich zurücktreten.

Aber im „Fall Karin Weißenfels“, die Jahrzehnte von einem Trierer Priester missbraucht wurde, holte Ackermann nun vor dem Gerichtstermin aus und trat erneut auf das Opfer ein. Wir erinnern uns; er hatte sie bereits einmal retraumatisiert.

[….] Es geht darum, dass die als Karin Weißenfels bekannte Frau 20.000 Euro Schmerzensgeld von Bischof Stephan Ackermann und dem Bistum fordert. Der Bischof hatte den Klarnamen der unter Pseudonym bekannten Betroffenen sexueller Übergriffe offengelegt. Die Frau gibt an, dadurch "erheblich retraumatisiert" und "gravierend in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt" worden zu sein.

Ackermann hatte den bürgerlichen Namen der Frau vor etwa 40 Mitarbeitenden genannt. Daraufhin musste er eine Unterlassungserklärung unterzeichnen und bat die Frau um Entschuldigung. Sie hatte zuvor mehrfach von "geistlichem Missbrauch" und sexuellen Übergriffen durch einen Priester von den 1980er- bis zu den 2000er-Jahren berichtet.  [….]

(Domradio, 23.03.2023)

Statt in Sack und Asche zu gehen, seine Strafe zu zahlen und um Vergebung zu flehen, schickte Ackermann seine Anwälte gegen „Karin Weißenfeld“ in die Schlacht. Was sich gestern vor Gericht abspielte, unterschreitet erneut das bisher schon tiefste moralische Ackermann-Niveau. In der bekannten Täter-Opfer-Umkehr, beweinte Ackermann sich selbst und sah sich als Opfer der Opfer.

[….] Saal 3 am Trierer Arbeitsgericht. Donnerstagmorgen 9:20 Uhr. Die Anwälte des Trierer Bischofs Stephan Ackermann betreten das Gericht. Die anwesenden Reporter machen Fotos. "Wir wollen nicht fotografiert werden", sagt einer der beiden Anwälte. [….] Der Anwalt sagte, man sei sich einig, dass der Bischof bei der Nennung des Klarnamens ein Fehlverhalten an den Tag gelegt habe.

Man sei aber nur bereit, über eine Entschädigungszahlung zu sprechen, wenn die Klägerin keine weiteren Vorwürfe gegen den Bischof erhebe. "Bischof Ackermann ist durch die Aussagen der Klägerin auch traumatisiert", so Anwalt Christoph Legerlotz. [….]

Es sei unfassbar, dass Ackermann sich jetzt als Opfer hinstellen wolle, sagte Rechtsanwalt Stegmann. Er vertrat Karin Weißenfels vor Gericht.

Die Klägerin war so wie der Bischof nicht zu dem Termin erschienen. "Ich weiß nicht, was den Bischof traumatisiert haben könnte", sagte Stegmann in der Verhandlung. [….] MissBit wirft Bischof Verhöhnung der Opfer vor

Die Betroffenen-Initiative MissBit wirft dem Bischof eine Täter-Opfer-Umkehr vor. Die heutigen Aussagen vor Gericht seien ein Tiefpunkt im Umgang des Bischofs mit den Betroffenen. Zu sagen, er würde durch eine offensichtlich tief traumatisierte Betroffene selbst traumatisiert sei eine Verhöhnung, so ein Sprecher der Initiative gegenüber dem SWR. [….]

(SWR, 24.03.2023)

Ich hege große Sympathie für den Verein MissBiT e.V., aber zu behaupten, mit Ackermanns Verhöhnung der Opfer sei „ein Tiefpunkt erreicht“, wird nicht lange vorhalten.

Ackermann wird auch die Peinlichkeit von gestern bald erneut unterschreiten.

Donnerstag, 23. März 2023

Christliches Erbe, englisches Erbe

Das ist schon klar: Der finsterste Homo-Hass stammt nicht aus Afrika, sondern wurde durch die westeuropäisch-christlichen Kolonialherren importiert.

Christliche Missionare und Sklavenhändler begannen vor gut 160 Jahren in das Gebiet des heutigen Staates Uganda einzudringen. Sie zwangen weiten Teilen der Bevölkerung ihren katholischen, bzw. protestantischen Glauben auf, der stark exkludierend, patriarchisch, antidemokratisch, rassistisch und natürlich auch homophob ausgeprägt war. Und ist.

Die katholische Kirche lernte die Bevölkerung Ugandas durch die 1879 angesiedelten „Weißen Väter“, extrem rassistische Missionare um Pater Siméon Lourdel und Bruder Amans, kennen.

1894 wurde Uganda als Protektorat dem britischen Empire einverleibt und bis 1962 ausgebeutet. König Mutesa II. führte als Präsident im selben Jahr sogar das Frauenwahlrecht ein. Ein Novum, das für die Engländer nie zur Debatte stand. 1971 putschte sich Idi Amin an die Macht und zeigte was ihn die christliche „wir sind besser als die“-Ideologie gelehrt hatte, indem er ethnische Minderheiten rauswarf und 400.000 Oppositionelle ermordete. Amin, Sohn eines später vom Christentum zum Islam konvertierten Vaters, trat 1946, noch als Teenager, einer afrikanischen Spezialeinheit der britischen Kolonialarmee bei und machte eine erstaunliche Karriere. Seine Methode Konflikte zu lösen, indem er den Kontrahenten Testikel oder Penis abschneiden ließ, beeindruckte die Engländer so sehr, daß sie ihm zum ersten schwarzen Offizier ihrer Armee machten.

Er gab sich später selbst den bescheidenen Namen „His Excellency, President for Life, Field Marshal Al Hadji Doctor Idi Amin Dada, Victoria Cross, Distinguished Service Order, Military Cross, Lord of All the Beasts of the Earth and Fishes of the Seas and Conqueror of the British Empire in Africa in General and Uganda in Particular.”

In Uganda leben heute 47 Millionen Menschen auf einer Fläche, so groß wie die alte Bundesrepublik Deutschland ohne die DDR. 85% der Bürger sind Christen, hauptsächlich Katholiken und Anglikaner. Hinzu kommen etwa 10% von rechtsradikalen homohassenden US-Missionaren beeinflusste Pfingstkirchler (Sarah Palin!) und 10% Muslime.

Die britischen Kolonialherren und die christliche Religion haben Ugandas Kultur gründlich zerstört; ein Schlachthaus angerichtet. Auf der alleruntersten Stufe stehen, wie in fast allen abrahamitische geprägten Staaten, queere Menschen.

[…..] UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk hat Ugandas Präsident Yoweri Museveni aufgefordert, das neue "drakonische" Gesetz gegen Homosexuelle und Angehörige anderer sexueller Minderheiten nicht zu unterschreiben[…..] Es zielt auf Menschen, die sich etwa als homosexuell, bisexuell, transgender, queer oder nicht binär identifizieren. Der Gesetzentwurf sieht lebenslange Haft für das "Vergehen der Homosexualität", bis zu 14 Jahre für versuchte Homosexualität und bis zu 20 Jahre Gefängnis für das Fördern von Homosexualität vor. Die Todesstrafe gelte für Fälle, in denen Elternteile oder "Serientäter" involviert sind. [….]

(KNA, 22.03.23)

Die Pfingstkirchler und insbesondere die römische Papstkirche mit ihren 20 Diözesen, 441 Pfarreien, über 5000 Missionsstationen, 29 Bischöfen, circa 1700 Priestern und etwa 3500 Ordensangehörigen, leistet ganze Arbeit bei der Verbreitung von Hass auf (sexuelle) Minderheiten.

[….] Bishop Zziwa also cautioned parents to protect and guide their children to desist from being lured into the dangerous acts of homosexuality saying that they are being attracted with money at the risk of their lives. [….]

(Indipendent, 14.09.2022)

Chef der ugandischen katholischen Bischofskonferenz ist der radikal homophobe Joseph Antony Zziwa.

[….]  Ein Abgeordneter des Parlaments in Uganda forderte am Dienstag, man müsse auch Vaseline verbieten, die nichts weiter sei als ein Mittel zur Verbreitung der Homosexualität. Keine Gleitcreme, keine Schwulen, so einfach sei das. Ein anderer sagte unter dem Gelächter seiner Kollegen, es gebe "keinen Grund, dass ein Mann einem anderen Mann hinterherlaufen müsse, um Sex zu haben", nichts sei schöner als der Akt mit einer Frau.

So ging das einige Stunden im Parlament von Uganda, wo am Dienstag ein Gesetz verabschiedet wurde, das nicht nur die Homosexualität unter Strafe stellt, sondern auch die Mitwisserschaft kriminalisiert, ja letztlich jeden, der sich nur als schwul, lesbisch oder trans bekennt oder sich für die Rechte von LGBTQ-Menschen einsetzt. Es drohen bis zu zehn Jahren Haft. Präsident Yoweri Museveni muss das Gesetz noch unterzeichnen, was er wohl tun wird. "Homosexuelle sind eine Abweichung von der Norm", sagte der Autokrat im Parlament. Die Polizei hat offenbar bereits mit Verhaftungen begonnen, mehr als zehn Männer sollen in der vergangenen Woche wegen "Praktizierung der Homosexualität" verhaftet worden sein. [….] Intoleranz und Hass auf Homosexuelle hat in Uganda eine gewisse Tradition, bereits 2009 wurde ein Gesetz vorgestellt, das Homosexualität unter Todesstrafe stellt, 2013 wurde daraus lebenslange Haft. In Kraft trat es nie, wohl auch, weil viele westliche Länder damit drohten, die Entwicklungshilfe zu reduzieren. [….] Die Empörung hält sich in Grenzen - in vielen Ländern Afrikas gehört Schwulenfeindlichkeit zum gesellschaftlichen Konsens. Von den 69 Ländern, die weltweit gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisieren, liegen 33 in Afrika. In Südsomalia, Somaliland, Mauretanien und Nordnigeria steht auf Homosexualität die Todesstrafe. [….]

Dass Homosexualität "un-afrikanisch" sei, ist ein Argument, das seit Jahrzehnten von schwulenfeindlichen Politikern benutzt wird. Simbabwes verstorbener Diktator Robert Mugabe hatte seit Jahrzehnten gegen Schwule gehetzt, die "schlimmer als Hund und Schweine" seien, und davon geredet, dass "europäische Homosexuelle in Afrika rekrutieren". Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass nicht die Homosexualität aus Europa importiert wurde, sondern eher die Homophobie. In Simbabwe gibt es Höhlenmalereien, die gleichgeschlechtlichen Sex zeigen. Buganda, ein Königreich im heutigen Uganda, hatte mit Mwanga II. einen schwulen König. Ähnliche Belege und Erzählungen finden sich aus vielen anderen Ländern. Homophobie und Verfolgung begannen wohl erst mit dem Eintreffen europäischer und arabischer Kolonialisten. [….]

(Bernd Dörries, 23.03.2023)

Das Schöne an der Homosexualität ist die Einigkeit aller Religionen. Menschen zu hassen, zu verfolgen und hinzurichten, finden sie alle ganz großartig.

(Links nach rechts, sitzend: Presiding Apostle of the Born Again Faith in Uganda Joseph Sserwadda, Mufti of Uganda Sheikh Shaban Ramadhan Mubaje, Archbishop of Church of Uganda Samuel Kaziimba Mugalu, Kiyinda/Mityana Diocese Bishop Antony Zziwa and Seventh Day Adventist Church in Uganda president Moses Maka Ndimukika, and other members of the Inter-Religious Council of Uganda)

Das 2013 verabschiedete Anti-Schwulengesetz trat nicht in Kraft, so daß alle Religioten zusammen schwer erbost waren und seither gemeinsam dafür kämpfen, möglichst viele Queere zu töten.

[….]  The Inter-Religious Council of Uganda (IRCU) has vowed to do everything possible to have the anti-same-sex Bill returned to Parliament, as one of the measures to tackle the spread of homosexuality, especially in schools. Addressing a joint media briefing at their offices in Kampala yesterday, the clerics said the lack of a stringent enabling law to tackle this vice is currently fuelling the Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex, Queer and others (LGBTIQ+) movements in the country, adding that its high time they are stopped. “Parliament had passed the Anti-Homosexuality Bill which the President accented to and became law in 2014, but some people went to court and nullified it. But it (law) is still our stand and as religious leaders, we urge government and his Excellence the President that if it means bringing back that law, we are in support because that law will bury the LGBTQ practice in Uganda,” the Mufti of Uganda, Sheikh Shaban Ramadhan Mubaje, said.

He added: “We also call upon the Legislature to join hands so that this law is passed to protect Ugandans from this vice.”

The presiding Apostle of the Born Again Faith in Uganda, Mr Joseph Sserwadda, said: “There is no law at this stage in the country which prohibits young children from accessing Internet and this has increased the cases of homosexuality among children.”  [….]

(Monitor Uganda, 16.02.2023)

Mittwoch, 22. März 2023

Gelbe Negativ-Spirale

Gerade gestern war FDP-Vize Kubicki wieder einmal eskaliert und hatte mit seinem Putin-Habeck-Vergleich einen neuen Tiefpunkt der politischen Kultur eingeläutet.

Heute geht es munter weiter. Der Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich von AFDP-Gnaden bezieht wieder Position gegen die demokratischen Parteien und flirtet mit den Höcke-Faschisten.

[…..] Derweil macht praktisch zeitgleich der Landesvorsitzende der FDP Thüringen, Thomas Kemmerich, von sich Reden. Das war der FDP-Politiker, der sich kurz von der Rechtsextremen Höcke AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen hatte wählen lassen, um dann kurz darauf, wieder zurückzutreten, weil der Skandal zu groß geworden ist. Auch „spazierte“ er zu Beginn der Corona-Pandemie gemeinsam mit der AfD gegen Corona-Maßnahmen. In einem Talkformat, in dem Rechtspopulisten öfter vom „Niedergang Deutschland“ schwadronieren, meint Kemmerich, dass man trotz oder mit der AfD Mehrheiten finden werde, der wahre politische Widersacher sei „die politische Linke“.

Thomas Kemmerich (FDP) plädiert in Thüringen für Mehrheitsbildungen mit der rechtsextremen AfD: “Wenn [gute Ideen] eine Mehrheit trotz oder mit der AfD finden, dann ist die Mehrheit halt da.” Einige Sätze später befürwortet er eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten.

— Johannes Hillje (@JHillje) March 22, 2023

Der Chefredakteur eines der Sprachrohre der Neuen Rechten, die „Junge Freiheit“, die als AfD-nah gilt, griff das Video auf und wies auf die Möglichkeit einer von der AfD geduldeten Minderheitsregierung hin, die Kemmerich befürworten solle.   [….]

(Volksverpetzer, 22.03.23)

Der Grund für diese fortwährenden Entgleisungen, liegt in der grundsätzlichen Entscheidung der FDP für die Partei und gegen das Land.

Während die beiden größeren Ampel-Koalitionspartner zähneknirschend vieles mittragen, das mit dem eigenen Parteiprogramm kaum kompatibel ist, weil sie selbstverständlich verstehen, als Minister nicht weiterhin Partikularinteressen zu vertreten, sondern für das gesamte Volk verantwortlich zu sein, fehlt den Hepatisgelben jedes Verantwortungsgefühl.

Weder fühlen sie sich für Deutschland verantwortlich. Noch für die Verfassung. Am wenigsten interessiert sie die Zukunft. Für die Lindneristen sind die persönlichen Pfründe des Jetzt die einzige Antriebskraft.

[….]  Man stelle sich vor: Die Topmanager eines Konzerns verhandeln wochenlang, monatelang mit ihren Partnern. Am Ende wird man sich einig, der Deal steht und Aufgaben, Gewinne und Risiken sind verteilt. Nach ein paar Monaten aber kommen den Topmanagern Zweifel. Vielleicht ist diese Klausel im Vertrag doch nicht so günstig, vielleicht jenes Risiko nicht ausreichend abgesichert. Also erfüllen sie nur noch die Teile des Vertrags, die ihnen vorteilhaft erscheinen. Den Rest ignorieren sie.  So kann man keine Geschäfte machen. Und wenn das eine Partei im Land wissen sollte, dann ist es die FDP - schließlich wähnt sich niemand sonst so nah am Unternehmertum. Und doch verhielten sich die Liberalen in der Bundesregierung zuletzt, wie es sich kein ehrbarer Kaufmann leisten könnte: Verlässlichkeit ist für ihn Grundvoraussetzung, er muss sie von seinen Partnern erwarten, er muss sie aber auch bieten. Weil man in der Politik aber nicht vor Gericht ziehen kann, klagen die Partner eben in den Medien, eine Wortmeldung gibt die nächste, und am Ende herrscht wieder Zoff. Das passiert gerade fast im Wochentakt. [….] Vieles von dem, wogegen sich die Liberalen in den vergangenen Wochen und Monaten so lautstark wehrten, haben sie selbst mit ausgehandelt: Den Atomausstieg, das Verbrenner-Aus, den Vorrang von Schiene vor Straße, die Energiewende beim Heizen, die Kindergrundsicherung - all das steht bereits im Koalitionsvertrag. Genauso übrigens, dass es kein Tempolimit auf der Autobahn geben soll. Und nichts davon wird durch die jüngsten Krisen ernsthaft infrage gestellt.  Den Vertrag hat auch die FDP unterschrieben, es gibt davon sogar Bilder. Trotzdem wirkt es bisweilen, als wüssten Parteichef und Finanzminister Christian Lindner, Verkehrsminister Volker Wissing und Justizminister Marco Buschmann davon lieber nichts mehr. Damit zerstören sie Vertrauen, natürlich bei ihren Partnern in der Koalition. [….]

(Stephan Radomsky, SZ, 22.03.2023)


 

Dienstag, 21. März 2023

Kubicki Go Home

Die FDP wird immer gefährlicher für die Ampel-Koalition, für die deutschen Bürger und sogar für Europa insgesamt.

Die Lindner-Lobbyisten haben sich inzwischen auch international als destruktive Kraft etabliert.

(….) Durch die ständige ideologische FDP-Blockade (Indexmieten, Bürgerversicherung, gerechtere Steuern, Tempolimit, Einwanderungsrecht, 9Euro-Ticket, etc) wird das giftige Gelb so deutlich sichtbar, daß die Wähler schreiend weglaufen. So lange Djir-Sarai, Lindner und Kubicki nicht begreifen, daß sie MIT der Ampel und nicht GEGEN die Ampel regieren sollten, werden sie weiterhin als das betrachtet, was sie sind: Unnötig. (….)

(Kuriositätenwahl Berlin, 12.02.2023)

Wie schon unter Merkel, mit ihrem Total-Widerstand gegen CO2-Grenzwerte bei Autos, ist es wieder Deutschland, das den Klimaschutz ausbremst.

[….] Der Konflikt zwischen Brüssel und Berlin um das Aus des Verbrennungsmotors schwelt weiter. Die EU-Kommission hat der Bundesregierung einen Kompromiss angeboten – den Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nach SPIEGEL-Informationen aber bereits abgelehnt hat. Damit erscheint eine Einigung noch auf dem EU-Gipfel am Donnerstag fraglich. Laut einem internen Entwurf, der dem SPIEGEL vorliegt, bietet die Behörde von Ursula von der Leyen an, eine neue Kategorie von Fahrzeugen zu definieren, die mit sogenannten E-Fuels betrieben werden können. [….]

(SPON, 21.03.2023)

Das neben dem Klimaschutz langfristig gefährlichste Thema für Deutschland, die Bildungskatastrophe, die Millionen Schüler verblödet und desillusioniert zurück läßt, wird von der zur Unzeit in Taiwan die chinesische Regierung zur Weißglut bringenden Bettina Stark-Watzinger beerdigt.

[….] Von dieser Ministerin gibt es nur heiße Luft und warme Worte!

200 Euro hätten Studierende und Fachschüler wegen gestiegener Preise längst bekommen sollen – doch die Bildungsministerin Stark-Watzinger vertröstet sie von Woche zu Woche. Peinlich.   […]

(Armin Himmelrath, 18.02.2023)

[….] Es gibt so viele Bullshit-Sätze, die man von Politikern zum Thema Bildung schon gehört hat. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger ist es diese Woche gelungen, fast alle Phrasen, Binsen und Sprechblasen in eine einzige Mitteilung zu pressen:

    »Unser Bildungssystem muss faire Chancen geben.«

    »Bildung ist der Kitt der Gesellschaft.«

    »Die Schulen stehen vor immensen Herausforderungen.«

    »Geld allein kann das Problem nicht lösen.«

Auf Twitter glänzte die Ministerin dann noch mit der Erkenntnis, dass es um die Kinder gehe. Ach, wirklich? Fehlte nur irgendein Satz mit »Standort Deutschland«, der durch die schlechten Leistungen der Schüler bedroht sei. [….] Aus den Kindern werden Jugendliche, die auch schlichte Texte nicht verstehen, die sich nicht ausdrücken können. Wie soll jemand eine Ausbildung durchhalten und lernen, auf eigenen Füßen zu stehen?

Weil wir in Deutschland immer alles mit der ökonomischen Brille sehen, wird darauf hingewiesen, dass wir uns das nicht leisten können. Stichwort Fachkräftemangel. Das stimmt. Aber ich würde erst mal sagen: Wie traurig ist das bitte für die einzelnen Menschen? Und was für eine Gefahr! Man weiß doch, wie es die Seele ruiniert, wenn ein Mensch nicht gebraucht wird.

Überfüllte Schulen, ständiger Ausfall, mangelnde Ausstattung, unmotivierte, überforderte Lehrkräfte – das fällt uns gesellschaftlich später alles auf die Füße, durch hohe Sozialkosten, steigende Kriminalität. [….] Es braucht nicht nur einen Wumms für die Kinder, sondern viele. Herr Scholz, übernehmen Sie.  [….]

(Sabine Rennefanz, DER SPIEGEL, 16.03.2023)

Während sich die vier FDP-Bundesminister noch mit ideologischer Verblendung, Lobby-Abhängigkeit und partieller Verblödung herausreden können, agiert Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki in erster Linie von purer Bosheit getrieben. Die Kieler Koprolalie gibt sich kaum noch Mühe unter dem Deckmäntelchen der politischen Argumentation aufzufallen, sondern reduziert sich  auf persönliche Beleidigungen und antizivilisatorische Ausfälle.

FDP-Bundespromi Wolfgang Kubicki äußert sich unzurechnungsfähig-populistisch, wenn er Gesundheitsminister Karl Lauterbach der Lüge bezichtigt und ihm den Rücktritt nahelegt. Zuvor hatte der Corona-Laie Kubicki den Corona-Fachmann schon mehrfach beleidigt. Den habilitierten Epidemiologen Prof. Karl Lauterbach kanzelte der Gelbe als „Spacken“ ab.

Es spricht für die staatspolitische Verantwortung der Grünen und der SPD, dem Drang zu widerstehen, den frei drehenden Kubicki, ob seiner offensichtlichen geistigen Unzurechnungsfähigkeit anzuzählen.

Aber falls die Ampel-Regierung frühzeitig zerbrechen sollte und Deutschland in eine illiberale AfD-CDUCSU-Dunkelphase rutschen sollte, was ich immer noch nicht annehme, werden sich künftige Politik-Studenten bei der Ursachenforschung an das schleswig-holsteinische Pöbeltier erinnern. Im März 2023 drischt es von der Seitenlinie aus, im Berserker-Modus auf den deutschen Vizekanzler Habeck ein:

[….] „Er meint, Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit. Das bedeutet: Wer sich selbst freiwillig unterwirft, der ist wirklich frei. Und wer dagegen opponiert, dass er sich unterwerfen muss, wer eigene Entscheidungen treffen muss, der ist in Wahrheit unfrei. Denn er ist ja gezwungen zu opponieren. Das ist ein Freiheitsbegriff, den könnte Wladimir Putin problemlos auf sein eigenes Herrschaftsmilieu übersetzen.“

Kubicki weiter: „Putin und Habeck haben eine ähnliche Überzeugung davon, dass der Staat, der Führer, der Auserwählte, besser weiß als die Menschen, was für sie gut ist.“ Einen Unterscheid zwischen den beiden konnte er dann doch noch feststellen: Putin setze seine Ziele durch Gewalt durch, Habeck hingegen eher durch Verbote.  [….]

(Mopo, 21.03.2023)

Habeck = Putin? Geht es noch?

Hätte Christian Lindner einen Funken Anstand, würde er den außer Kontrolle geratenen Geront aus allen Ämtern werfen.

Aber auch der FDP-Chef selbst ist moralisch so verkommen, daß man diesen Schritt nicht erwartet.

Montag, 20. März 2023

Staatsanwaltschaftliche Kapriolen.

Hunderttauende Kinder wurden in der Bundesrepublik Deutschland ihren Eltern weggenommen. Als Grund reichte schon eine uneheliche Geburt. Sie landeten in kirchlichen Heimen, wurden seelisch missbraucht und finanziell ausgebeutet.

Ein bekannter Fall ist Peter-Jürgen Boock, der 16-jährig von seinem gewalttätigen Vater floh, einen Suizidversuch unternahm und daraufhin 1968 in das Landesfürsorgeheim Glückstadt eingewiesen wurde. Die Zustände waren so menschenunwürdig, daß es zu Aufständen kam.

[….] Es war eines der berüchtigsten Jugendheime der Nachkriegszeit. Anhand neuer Akten wird nun der Skandal um das Heim Glückstadt in Schleswig-Holstein neu aufgerollt.

Otto Behnck schüttelt immer wieder seinen Kopf mit dem kurzen grauen Haar. "Falscher Film", "Das ist irre", "Kann sich heute keiner mehr vorstellen" - so lauten Satzfetzen, die aus ihm raussprudeln. Der heute 56-Jährige war 1970 als Jugendlicher Insasse der Landesfürsorgeanstalt in Glückstadt an der Elbe, einem der berüchtigtsten westdeutschen Jugendheime der Nachkriegszeit.  Verbrochen hatte Behnck nichts, er trug nur das Haar etwas zu lang und hatte Stress mit seinen Eltern. "Ich war Hippie, damit kamen sie nicht klar." Drei Monate lang knüpfte er im Heim in Glückstadt Fischernetze. Für 1000 Maschen gab es eine "Aktive", eine Zigarette. Ein anderer erhielt nach vier Jahren Arbeit in der Ziegelei 164 Mark. "Das war Zwangsarbeit", sagt Behnck. "Und die muss noch bezahlt werden." Bis 1945 war das Gebäude Konzentrationslager für Arbeitshäftlinge. Fünf Jahre später wurden hier aufmüpfige Jugendliche und Straftäter staatlicher Obhut anvertraut - bis 1974. Später wurde der historisch belastete Komplex abgerissen. Schläge, unbezahlte Zwangsarbeit und Drillich-Anzüge im Stil von KZ-Uniformen - Glückstadt war nach den Berichten früherer Insassen kein Hort der Nächstenliebe.  [….]

(SZ, 17.05.2010)

Boock wurde in andere Heime gesteckt und landete schließlich mit 17 Jahren im Diakonie-Jugendheim Beiserhaus in Rengshausen, wo er Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Astrid Proll kennenlernte, die sich als einzige mit dem Projekt „Heimkampagne“ für Heimkinder engagierten. Die weit überwiegende Majorität der KZ-affinen Deutschen störte sich nicht an der massenhaften Kinderfolter.  Die deutsche Justiz beschäftigte sich nicht mit den 7.000 in Glückstadt gefolterten Jugendlichen, von denen mindestens drei in die Suizid getrieben wurden.

Die Gründe sind offensichtlich. Während Staatsanwälte einzelne Sexualstraftäter, die fremde Kinder molestierten, durchaus verfolgten, hatten die meisten Opfer keine Chance auf Gerechtigkeit. Die Mehrheit der Täter stammt nämlich entweder aus der Familie, die bekanntlich grundgesetzlich geschützt ist. Darunter verstand man viele Jahrzehnte auch wohlwollend gewalttätige Väter, die ihre Frauen vergewaltigten und die Kinder verprügelten.

Oder die Täter stammten aus mächtigen institutionellen Gruppen, mit denen sich die Staatsanwaltschaft nicht anlegen wollte: Diakonie, Caritas, Ettal, staatliche Heime, Regensburger Domspatzen, katholische Jugendgruppen, Geistliche.

Der massenhafte sexuelle Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche ist seit 20 Jahren allgemein bekannt. Die Fälle in Deutschland werden seit 2010 breit diskutiert.

(…..) Der erste große weltöffentliche Megasexskandal waberte rund um den Bostoner Priester John Geoghan (* 4. Juni 1935; † 23. August 2003), der 2001 als Massenkinder**cker aufflog. Der Boston Globe berichtete im Januar 2002 ausführlich über seinen obersten Chef Bernard Francis Kardinal Law, der voll im Bild über seine Kinderfic**nden Priester war, sie aber vor der Justiz schützte und ihnen neue Opfer zuführte. Im Dezember 2002 war der Druck so gewaltig geworden, daß der mächtige US-amerikanische Kardinal zurücktreten musste. Inzwischen bohrte aber die US-Presse in allen anderen Diözesen und fand überall von Priestern sexuell missbrauchte Kinder.

Auch in Deutschland gibt es guten Journalismus. Es wurde über den die Weltkirche erschütternden Megaskandal gesprochen. Der Präfekt der Glaubenskongregation Joseph Ratzinger wurde, lange bevor er 2005 selbst Papst wurde, öffentlich für die Machenschaften angegriffen. Sehr bekannt wurde beispielsweise ein Video, in dem der Panzerkardinal einen Reporter wütend auf die Finger schlug. This is unerhört, meckerte der Chef der Inquisition als er auf den Megakinderf**ker Pater Marcial Maciel angesprochen wurde.

Acht Jahre später, 2010, nachdem längst der SPIEGEL, die Süddeutsche Zeitung, Monitor und Panorama über die pädosexuellen Monster in Soutane berichtet hatten…

Bischof Kurt Krenns Augiasstall St Pölten war schon Ende der 1980er ein Thema.

Hans Hermann Kardinal Groër griff so selbstverständlich kleinen Jungs zwischen die Beine, daß er bereits 1995 abberufen wurde.

Die Kindersex-Abscheulichkeiten in Bischof Müllers Regensburg wurden spätestens 2008 in breiter Öffentlichkeit diskutiert.

…erdreistete sich beispielsweise Weihbischof Andreas Laun bei Sandra Maischberger zu erklären, man habe als RKK nichts gegen den sexuellen Missbrauch tun können, weil man vor 2010 nichts davon wußte. Und außerdem solle man mal „genauer bei den Evangelen hinsehen“.

[…] "Wir haben das Problem nicht in diesem Ausmaß", sagte im Jahr 2002 der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann, in einem Interview mit dem Spiegel. Kurz zuvor hatte der Boston Globe die Vertuschungsstrategie der Erzdiözese Boston beim Umgang mit Missbrauchstätern aufgedeckt, Hunderte weitere Fälle von sexuellem Missbrauch durch US-amerikanische Priester kamen ans Licht. "Warum soll ich mir den Schuh der Amerikaner anziehen, wenn er mir nicht passt?", sagte Lehmann damals. Man dürfe nicht so tun, als kämen diese Delikte en masse vor: "Gegen diesen Verdacht wehre ich mich ganz entschieden, auch im Namen und zum Schutz vieler untadeliger Priester." […]

(Annette Zoch, 04.03.2023) (….)

(Was einen Atheisten richtig aufregt, 04.03.2023)

Katholische Ministerinnen wie Nahles und Schavan, oder die sehr fromme Evangelin Kristina Schröder (Familienministerin 2009-2013) hielten staatliche Ermittlungen für unnötig und sorgten dafür, daß die Täter nicht nur selbst ihre Taten aufklären sollten, sondern auch selbst entscheiden durften, ob und wie viel Entschädigung sie zahlen möchten. So kam es zu der glorreichen Idee der deutschen Bischöfe, für ein jahrelang vergewaltigtes Kind, dessen gesamtes Leben zerstört wurde, wären ein halbes Bischofsmonatsgehalt, also 5.000 Euro, angemessen. Kirchenrechtlich sanktioniert wurden die Täter meist gar nicht, weil die Vorgesetzten wie zB Kardinal Wetter, die Fälle mit dem Codewort „Schwierige Situation“ versahen.

[…..] Der Kleriker sei Anfang der 60er-Jahre laut WSW zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er war schuldig des mehrfachen Missbrauchs, die Opfer waren Jungen im Alter von zehn bis 13 Jahren. Im Urteil stehe, dass die Vorfälle "so häufig" gewesen seien, dass "sich nicht mehr klären ließ, an welchem Tag und in welchem Monat sie sich ereignet haben". Ein Junge sei Opfer von 50 Übergriffen geworden. Mitunter habe der Priester seine Taten in der Sakristei verübt, gekleidet ins Messgewand. Während der Haft habe der Priester geplant, seinen Beruf aufzugeben. Ein Kirchenoberer habe ihn aber überredet, in die Seelsorge zurückzukehren. Eingesetzt worden sei er dann in einem Krankenhaus. So habe das Erzbistum vermeiden wollen, dass nicht "die blödsinnigsten und simpelsten Indiskretionen ihm die Wirkungsmöglichkeiten am neuen Einsatzort von vornherein nehmen". Diese Notiz fanden die Gutachter in den Kirchenakten.  Laut WSW soll er Anfang der 2000er-Jahre im Krankenhaus "eine zu intensive Nähebeziehung" zu Ministranten gepflegt haben. Er habe ihnen Zugang zu seiner Privatsauna gewährt und sei mit ihnen in den Urlaub gefahren; dies habe er selbst eingeräumt. […..] Auch im Ruhestand sei der Priester im Ort, wo sich die Klinik befindet, belassen worden - gegen den ausdrücklichen Wunsch des dortigen Pfarrers. Dieser habe die Kirchenzentrale gewarnt, dass der Priester eine Gefahr sein könnte - in doppeltem Sinne: "Machen wir uns nicht schuldig an den Jugendlichen und welchen Skandal wird es geben, wenn das an die Presse gelangt?"   Ende der 2000er-Jahre habe der Priester die Ordinariatsspitze gebeten, ihm das Zelebrieren der Messe wieder zu gestatten. Die Antwort: Die Zelebration sei ihm nie verboten worden. Es sei aber "empfehlenswert", dass der Priester "auf Grund der Probleme in der Vergangenheit" nicht in der Krankenhauskapelle zelebriere. "Dies ist kein Verbot, aber eine Frage der Klugheit." […..]

(Bernd Kastner, 27.02.2023)

Erst 13 Jahre nach dem Canisius-Knall von 2010 und 15 Jahre nach seinem Abschied als Erzbischof von München und Freising, kommt die bayerische Justiz auf die Idee, den mittlerweile 95-Jährigen Friedrich Kardinal Wetter ins Visier zu nehmen.

[….] Die Staatsanwaltschaft hat den früheren Münchner Erzbischof Friedrich Wetter vernommen. Ein Ermittlungsverfahren zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche richtet sich nach SZ-Informationen gegen Wetter als Beschuldigten. Dabei geht es um "Fall 26" aus dem Münchner Missbrauchsgutachten und einen 1962 verurteilten Kleriker. Die Staatsanwaltschaft geht "dem Verdacht nach, frühere kirchliche Verantwortungsträger des Erzbistums München und Freising könnten einen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestraften Priester wieder als Seelsorger eingesetzt und nicht unterbunden haben, dass er erneut mit Kindern in Kontakt tritt".

Diese Stellungnahme der Staatsanwaltschaft leitete das Justizministerium am 7. März an den FDP-Abgeordneten Matthias Fischbach weiter. Ob die Ermittlungen gegen den 95-jährigen Wetter noch laufen oder bereits beendet sind, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich auf SZ-Anfrage nicht dazu.

Ein solches Verfahren gegen einen ehemaligen Erzbischof dürfte ein Novum sein.   […..]

(SZ, 19.03.2023)

(Hinter Fall26 verbirgt sich der Extrem-Kinderfick*r Pfarrer G., der 2018, im Alter von 88 Jahren, starb.)

Ein anderer, noch bekannterer bayerische Kinderfi**erförderer, Joseph Ratzinger, wurde ebenfalls von der Justiz geschont, bis er 95 Jahre alt wurde und schließlich als Trockenmumie in einer zugelöteten Bleikiste in den Vatikanboden eingelassen wurde. Damit ist die Causa offenbar strafrechtlich erledigt, da die bajuwarischen Juristen nicht herausfinden konnten, ob es irgendjemanden gibt, der nun für die RKK verantwortlich ist.

[….] Das Landgericht Traunstein hat die für kommende Woche angekündigte und mit Spannung erwartete mündliche Verhandlung in der Zivilklage eines Missbrauchsopfers gegen den verstorbenen Papst Benedikt XVI. verschoben. Als Grund nannte das Gericht in einer Mitteilung vom Montag, dass "die Rechtsnachfolger des verstorbenen emeritierten Papstes noch nicht ermittelt werden" konnten. [….]

(SZ, 20.03.2023)

Sonntag, 19. März 2023

Sehr schade

Für die Hamburger Sozialdemokratie ist der Abgang des 37-Jährigen Rechtspopulisten Christoph Ploß als CDU-Landeschef ein schwerer Schlag.

Der AfD-Freund hatte seit seinem Einzug in den Bundestag (2017) und seiner Übernahme des Parteivorsitzes (2020) einige schöne Erfolge zu verzeichnen:

Ø  Bei der Bürgerschaftswahl von 2020 schrumpfte die CDU von sehr schlechten 15,9% auf katastrophale 11,2%.

Ø  Bei der Bundestagswahl von 2021 schrumpfte die Hamburger CDU von unterdurchschnittlichen 27,2% um sagenhafte 11,8 Prozentpunkte auf erbärmliche 15,4%.

Ø  Bei der Bundestagswahl von 2021 sackte Ploß in seinem Wahlkreis Hamburg Nord von 33,5 % der Erststimmen (2017) um fast zehn Prozentpunkte auf

23,8 Prozent der Erststimmen  und verlor sein Direktmandat an Dorothee Martin (SPD).

Wir sprechen hier von einer christdemokratischen Landespartei, die von 2001 bis 2011 den Regierungschef stellte und 2004 die absolute Mehrheit geholt hatte. In einem Bundesland, in dem man noch vor 15 Jahren an der 50%-Grenze kratzte, auf 11% wegzubrechen, dürfte eine in der bundesrepublikanischen Geschichte einmalige Leistung sein.

Gender-Mann Ploß ist für die Hamburger Sozialdemokratie so etwas wie Rainer-Maria Kardinal Woelki für den Kölner Atheismus: Ein großes Geschenk.

Ähnlich wie der konservative Kölner im Kleid, ist auch Ploß beratungsresistent und durchdrungen von völlig unbegründeter Selbstsicherheit. Breit grinsend belästigt der Noch-CDU-Chef die Hamburger mit seiner absurden Unwissenheit, der unverhohlenen Vorliebe für die AfD, ausgesprochen unanständigen Charakterzügen, ekelhafter transphober Hetze, sowie seiner konsequenten Ignoranz aller echten Probleme, um stattdessen mit Verboten gegen Sprachverbote vorgehen zu wollen.

Zu schade, noch ein paar Jahre und Ploß hätte die CDU in die Einstelligkeit geführt.

[….] Christoph Ploß galt als Jungstar der CDU. Nun hat die Karriere des aufstrebenden Konservativen womöglich einen ersten Knick bekommen. Der 37-Jährige hat angekündigt, sein Amt niederzulegen.  […..]

(SPON, 19.03.2023)

Nachfolger als Landeschef wird der CDU-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzende Dennis Thering, der mit seinen 38 Jahren bereits ein alter Bekannter der Hamburger Politik ist. Der Alstertaler vollblut-CDUler gilt als weniger eitel, etwas weniger rechts als Ploß. Auf der inhaltlichen Ebene hat er nichts zu bieten. Die Landes-CDU betreibt populistische Total-Opposition und ist nie mit konstruktiven Gegenvorschlägen zu rotgrünen Regierungspolitik aufgefallen. Allerdings gibt sich Thering deutlich weniger vorlaut als sein Vorgänger. Das wird den Hamburgern gefallen.

Als Sozialdemokrat bedauere ich aber insbesondere, daß Thering bei Weitem nicht so dumm wie Ploß ist. Ich befürchte, auf die vielen schönen CDU-Eigentore müssen wir in Zukunft erst einmal verzichten. Die Ploß-CDU hätte in Hamburg nicht regieren können, mit der Thering-CDU wäre es hingegen theoretisch möglich.

[….] Problematisch wären mit und durch Ploß aber auch Koalitionsoptionen mit den Grünen oder der SPD geworden, dazu ist er zu sehr Reizfigur. Und da der Merz-Freund seine politische Zukunft ohnehin als Bundestagsabgeordneter in Berlin sieht, wie er mehrfach betonte, ist der Wechsel zwar jetzt überraschend, strategisch aber erklärbar.  [….]

(WELT, 19.03.2023)

Den CDU-Freunden, die auf Berlin verweisen und auf eine CDU-Regierungsübernahme in Hamburg hoffen, sei aber gesagt, daß der Weg von 11,2% sehr sehr weit ist. RotGrün regiert mit einer Zweidrittel-Mehrheit.

(….) SPD und Grüne verfügen über 87 von 123 Sitzen. Das ist eine 70,7%-Mehrheit.

Sogar SPD und Linke hätten mit 67 Sitzen eine absolute Mehrheit von 54,5% der Mandate im Parlament.

Den linken Durchmarsch zeigt eindrucksvoll die Addition von SPD, Grünen und Linken, die zusammen auf 100 von 123 Mandaten kommen. Das entspricht 81,3 % der Sitze.

Es ist eine Wonne sich durch die interaktive Karte der Wahlkreise zu klicken. Alles rot bis auf die beiden grünen Gewinner „Altona“ und „Harvestehude-Rotherbaum-Eimsbüttel Ost“.  (….)

(Zahlen zum Genießen, 24.02.2020)