Montag, 4. Dezember 2023

Bibi, der Zerstörer.

Das dicke Ende kommt noch für Bibi Netanyahu.

Natürlich war er schon vor dem 07.10.2023 als korrupter, krimineller, rechtsextremer Lügner und Trumpist bekannt. Schließlich setzte er mit seiner versuchten Abschaffung der Israelischen Demokratie das halbe Land in Flammen, provozierte Massendemonstrationen gegen ihn. Ganz wie sein orange-gesichtiges Vorbild in den USA, trachtete er danach, das Land in Chaos und bürgerkriegsähnliche Zustände zu führen, um damit seine Regierungsimmunität zu erhalten. Er will nicht in den Knast. Und der blüht nicht nur ihm, sondern auch seiner kriminellen Frau und seinem noch rechtsradikaleren Sohn.

Ich mutmaße, die meisten Netanyahu-Wählerstimmen stammen nicht von Menschen, die ihn ungeheuer sympathisch finden oder ihn als moralisch vorbildlich ansehen. Offenbar hielten sie ihn aber für den harten Hund, der am besten – nämlich skrupellos – Israels Sicherheit garantieren kann.

Diese Annahme kollabierte natürlich am schwarzen Schabbat vom 07.Oktober mit seinen 1.400 Toten. Noch schlimmer kam es für Bibi, als immer mehr Meldungen durchsickerten, nach denen die Israelische Armee keineswegs so überrascht war, wie es zunächst schien, sondern durchaus gewarnt war, aber damit bei der ignoranten rechtsradikalen Netanyahu-Regierung nicht durchdrang.

[….] Führende Personen in Israels Armee und Geheimdiensten sollen bereits über ein Jahr vor dem verheerenden Terrorangriff der Hamas gegen Israel über entsprechende Angriffspläne der Terrororganisation informiert gewesen sein. Das berichtet die »New York Times« unter Berufung auf ein 40-seitiges Dokument, in dem eine Invasion auf israelisches Gebiet sehr genau beschrieben wird.

Das Dokument trägt demnach den Codenamen »Jericho-Mauer« und soll bis ins Detail dem Angriff geähnelt haben, den Hamas-Terroristen am 7. Oktober aus dem Gazastreifen heraus ausführten. Das Szenario sei von israelischen Militär- und Geheimdienstmitarbeitern als zu anspruchsvoll und schwierig in der Ausführung abgetan worden. Zuletzt hatte bereits die »Financial Times« über frühere Warnungen innerhalb israelischer Sicherheitskreise berichtet, die jedoch von einem hochrangigen Offizier des israelischen Militärgeheimdienstes als »imaginäres Szenario« zurückgewiesen worden sein sollen.  [….]

(SPON, 01.12.2023)

Während einige Generäle und auch der Verteidigungsminister Jo'aw Galan bereits persönliche Mitverantwortung für das Totalversagen übernahmen, denkt Bibi, ganz Trumpesk, nicht im Traum daran, eigene Fehler einzugestehen.

[….] Dass Geheimdienste und Armee in Israel versagt haben, war schon unmittelbar nach den Terrorangriffen der Hamas am 7. Oktober klar. Aber nun wird das Ausmaß des Desasters deutlich, es ist ziemlich gut dokumentiert. [….] Die Verantwortlichen unterschätzten grob fahrlässig die Kapazitäten der Hamas, einen solch konzertierten Großangriff ausführen zu können. Dabei geschahen die Vorbereitungen dafür quasi vor ihren Augen. War es Ignoranz oder gar Hybris? [….]  Auch eine Unteroffizierin der Cybereinheit 8200 der israelischen Armee schlug Alarm.

Aber all diese Warnungen wurden nicht ernst genommen. Vielleicht auch deshalb, weil sie von zumeist jüngeren Frauen kamen? Zumindest die Frage, ob Israels Armee ein Sexismusproblem hat, wird in Israel diskutiert. Über die politische Verantwortung für dieses Totalversagen nicht. Noch nicht. Das mag verwundern, entspricht aber dem israelischen Verständnis von Zusammenstehen, solange die Sicherheit des Landes bedroht ist. Und diesmal geht es um mehr - um die Existenz des Staates Israel. Es entspricht diesem Verständnis, dass gerade jetzt Armee, Geheimdienste und Politiker ihre Kräfte bündeln müssen. [….]  Nur einer hat bisher nicht einmal Mitschuld eingeräumt: Benjamin Netanjahu. Der Premier versuchte sogar öffentlich, in einem Tweet Verantwortung abzuwälzen, indem er darauf hinwies, vorab nicht informiert worden zu sein. Das war sein Versuch, sich reinzuwaschen - auch wenn er später für diesen Tweet um Entschuldigung bat.

Umfragen zeigen jedoch: Drei Viertel der Israelis lasten ihm zumindest eine Mitschuld an diesem Totalversagen von Aufklärung und Abwehr an, was 1200 Menschen das Leben kostete. [….]

(Alexandra Föderl-Schmid, 01.12.2023)

Dieser Regierungschef ist auch zwei Monate nach Beginn des Krieges völlig planlos. Unfähig einen Ausweg zu weisen, denkt ausschließlich daran, sein Amt zu retten.

(…..) Es ist wirklich eine alptraumhafte Gefahrenlage, bei der die Jerusalemer Regierung unbedingt klare Zielvorgaben machen müsste, um der Welt zu erklären, was sie erreichen will. Wie die Zukunft des Volkes in Gaza und dem Westjordanland aussehen soll.

Aber auch an dieser Kernaufgabe scheitert der Langzeit-Regierungschef. Der Mann hat keinen Plan.

[….] Denn das eigentliche Dilemma des israelischen Gegenschlags liegt ja in der Schwammigkeit der Operation. Die Hamas soll vernichtet werden - ein so umfassendes wie unkonkretes Ziel. Wie genau soll das erreicht werden? Wann exakt gilt die Hamas als vernichtet? Und welche Perspektive haben dann die Hunderttausenden, die in diesem Krieg zwischen den Fronten stecken?

Die israelische Seite liefert beklagenswert wenig Ideen, was die Zukunft der Palästinenser im Gazastreifen und in der Westbank angeht. Die radikalen Vorschläge der israelischen Kabinetts-Extremisten - Vertreibung der Palästinenser aus Gaza oder Einsatz einer Nuklearwaffe - wurden als Einzelmeinung kassiert und mit dem Ausschluss von Kabinettssitzungen bestraft. Das behebt aber noch immer nicht das politische Defizit, das Premier Benjamin Netanjahu verantwortet. Selbst wenn die Zweiteilung einem schlüssigen militärischen Plan folgt (die Einschnürung und Isolation der Hamas), so muss eine Militärkampagne dieser Dimension immer auch einer politischen Idee gehorchen. Die Vernichtung der Hamas ist aber keine politische Idee, sie ist erst mal nur Beweis von militärischer Überlegenheit - und von Ratlosigkeit.  [….]

(Stefan Kornelius, SZ, 06.11.2023)

Als ob die Situation für Israel nicht schlimm genug wäre. Fatal erschwerend kommt eine absolute Fehlbesetzung als Regierungschef hinzu. (….)

(Was plant Jerusalem, 06.11.2023)

Zwei Monate nach dem schwarzen Schabbat, scheint Bibi mehr denn je entschlossen, den perfiden Hamas-Plan zu erfüllen: Ein solche Flut von Horrorbildern ziviler Opfer, verletzter und getöteter Kinder, staubiger Gestalten mit weinenden Augen zu erzeugen, daß sich die weltweite Öffentlichkeit immer stärker gegen Israel wendet. Die Palästinensische Autonomiebehörde nannte gestern die Zahl von mindestens 15.000 zivilen Opfern – darunter über die Hälfte gekillte Kinder.

Ursache und Wirkung verschwimmen, Hamas und Palästina werden zusammengerührt. Das Schlimmste steht Gaza offenbar noch bevor, denn im Süden warten 20 000 Hamas-Kämpfer - inmitten von zwei Millionen verängstigten Menschen – und die Israelische Offensive beginnt erst jetzt.

Zu allem Übel leistet des Israelische Regierungschef – wieder – massive Wahlhilfe für Donald Trump, indem er der US-amerikanischen Öffentlichkeit signalisiert, weder Biden, noch Harris, noch Blinken, noch Austin ernst zu nehmen, wenn sie immer eindringlicher Besonnenheit Israels anmahnen.

Für den wahlkämpfenden Biden ist der Israel-Krieg eine NoWin-Situation, da die Bibi-phoben US-Amerikaner (Studenten, Junge, Muslime, Intellektuelle, Gebildete) weit überproportional Demokraten wählen und somit besonders mit der US-Unterstützung für Israel hadern. Trumps evangelikale Wähler hingegen sind erstens generell amoralischer und zweitens so islamophob, daß sie sich weniger an den Horrorbildern aus Gaza stören. Biden – für Deseskalation und Zweistaatenlösung – und Bibi – für Eskalation und gegen einen Palästinensischen Staat – mögen sich nicht. Weder persönlich, noch politisch.

 [….] Nach dem Zusammenbruch der Waffenruhe aber tragen die beiden ihren Streit zunehmend öffentlich aus. Das Weiße Haus warnte Israel am Samstag vor einer "strategischen Niederlage"; Netanjahu schoss zurück, er fälle die Entscheidungen selbst. Erschwert wird ein gemeinsames Vorgehen, weil beide um ihre politische Zukunft und ihr Vermächtnis ringen. Netanjahu regiert nur dank der Hilfe rechtsextremer Parteien, denen er oft weit entgegenkommt. Seit klar ist, dass die israelischen Geheimdienste Hinweise auf den Hamas-Terroranschlag verschliefen, äußert er sich noch kompromissloser, um von eigenen Fehlern abzulenken.

Biden wiederum verliert zunehmend die Unterstützung muslimischer Amerikaner und linker Aktivisten, weil er sich klar hinter Israel stellte. Nun, da Biden seine Israel-Politik neu ausrichtet, öffnet er eine Flanke für Kritik von rechts. Innenpolitisch kann er sich beides gerade nicht leisten, weil er im nächsten Jahr zur Wiederwahl antritt, bedrängt vom republikanischen Rivalen Donald Trump, einem Freund Netanjahus. Ihm leistet Netanjahu Wahlhilfe, indem er gerade öffentlich vorführt, dass er sich von Joe Biden, seinem Waffenfreund wider Willen, kein bisschen lenken lässt. […..]

(Fabian Fellmann, 03.12.2023)

Trump und Bibi eint es, Interesse an Chaos und Eskalation zu haben. Eine friedlichere Lösung in Gaza wäre ein Erfolg für Biden, den die GOP unbedingt verhindern will. Frieden wäre auch der Beginn höchst unangenehmer Fragen aus der Israelischen Wählerschaft an Netanyahu, die er unbedingt verhindern will.

Trump und Netanyahu wollen nicht ins Gefängnis.

Sonntag, 3. Dezember 2023

Deutsche widerstehen dem Faschismus schon wieder nicht.

Nein, die AfD ist eben keine normale Partei, nur weil es in Deutschland zehn Millionen Undemokraten gibt, die sie wählen wollen und damit den Weg in den Faschismus einschlagen. Viele AfD-Abgeordnete sind nicht nur stramm rechts oder faschistisch, sondern echte Nazis.

(….) T-Online ging dankenswerterweise noch genauer der Frage nach, was das eigentlich für eine Burschenschaft ist, die von Würzburg aus die Strippen der AfD-Bayern zieht.

Dem Artikel entnehme zwei Neologismen aus der AfD-Sprachwelt, in der Anglizismen verboten sind, aber auch zwei neue sympathische deutsche Verben entstanden: „Rumhitlern“ und „abhitlern“.

Sie beschreiben die Lieblingstätigkeit eines bayerischen AfD-Volksvertreters: In einem Keller voller NSDAP- und SS-Devotionalien antisemitische Sprüche skandieren, Nazi-Rockmusik mitgrölen und zu Hitler-Büsten masturbieren.

Und zwei Millionen Bayern wählen solche Leute dann gleich ins Parlament! (….)

(Der Neologismus des Grauens, 30.11.2023)

Natürlich muss eine solche Partei verboten werden, weil sie gegen die deutsche Verfassung agitiert.

Heute schloss sich auch der Arbeitnehmerflügel der CDU dieser Forderung an. Das ist insofern bemerkenswert, da Teile der CDU selbst so weit nach rechts gerutscht sind – darunter der Bundesvorsitzende – daß sie nicht nur die AfD kopieren, sondern auch mit ihr kooperieren.

[….]  Der Arbeitnehmerflügel der CDU hat ein Verbot der AfD gefordert. Einen entsprechenden Beschluss fasste die Bundestagung der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) nach kontroverser Debatte am Sonntag in Berlin, wie ein Sprecher mitteilte. Die AfD sei »eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland«, hieß es in einer Erklärung, die auch eine Parallele zum nationalsozialistischen Deutschland zog: Auch die NSDAP habe »nicht mittels eines Putsches die Macht erlangt, sondern durch Wahlen«. Geschichte dürfe sich nicht wiederholen.

Die aktuell hohen Umfragewerte für die AfD von teils mehr als 30 Prozent in einigen ostdeutschen Ländern dürften einem Parteiverbot nicht entgegenstehen, erklärte die CDA. Es dürfe »nicht abgewartet werden, bis die Partei in einem Bundesland die Mehrheit erringe und als Regierungspartei selbst die Hoheit über den Verfassungsschutz« erlange. Deswegen müsse ein Verbotsverfahren angestoßen werden. [….]

(SPON, 03.12.2023)

Die immer extremer werdende Flügel-Partei des Bernd Höcke wird aber schleichend normalisiert. Der Urnenpöbel ist infiziert und versteht gar nicht, wie extrem die AfD-Ideologie ihm selbst schaden würde. Es ist ähnlich wie bei dem Trumpistischen US-WhiteTrash, der am meisten unter der Billionärs-affinen Trump-Politik leidet. Aber der gemeinsame toxische Rassismus überstrahlt alles.

(….) Natürlich verschwinden durch ein Verbot der Partei weder ihre Wähler, noch ihre problematischen rechtsradikalen Einstellungen.

Die schlimmsten rechtsradikalen Spinner des Schlages David Berger, werden im Falle eines Verbots sicherlich all ihre Wahnvorstellungen, „Deep State – Systempresse – Linksgrünversiffte Meinungsdiktatur – Great Reset“, bestätigt sehen. Aber, so what? Bei ihnen ist der galoppierende Wahnsinn so weit fortgeschritten, daß sie ohnehin nicht auf den Boden der Verfassung zurück zu holen sind.

Außerdem mag es unter den Weidel-Wählern auch eine spontane Fraktion geben, die sich von einer klaren Einstufung der AfD als „verfassungswidrig“, doch beeindrucken lässt und so eine Partei nicht wählen würde.

Ein zweites Argument für ein AfD-Verbot, ist die Zerschlagung ihrer finanziellen Infrastruktur. Die braune Vogelschiss-Partei von Putins Gnaden wird über Diäten, Fraktionsgelder und Wahlkampfkostenerstattung mit zig Millionen Euro aus der Steuerkasse finanziert. Geld, unter anderem aus meiner Tasche, das beim durchaus teuren und schwierigen Aufbau einer legalen Nachfolgepartei fehlt, so daß es zumindest Jahre dauert, bis der braune Wahlmob wieder eine politische Heimat gefunden haben wird – falls es überhaupt funktioniert, wenn ihre hetzenden Promis nicht mehr wie gegenwärtig dauernd im TV auftauchen, um kostenlose Werbezeit auszunutzen.

Drittens würde der Ausschluss der AfD-Pest aus den Parlamenten, ihr auch dort ihre PR-Show zu Werbezwecken nehmen und darüber hinaus den Parlamentsbetrieb nicht mehr durch Gaga-Anfragen und Hetze blockieren.

Der vierte Punkt betrifft die anderen Parteien, auf die der AfD-Stil bedauerlicherweise abfärbt und die daher alle schon mehr als bedenklich weit nach rechts gerückt sind.

Die extreme räumliche Nähe zwischen CDU und den Faschisten, die es in den Landtagen und im Bund gibt, führte bereits zu einer debilisierenden Ansteckung bei der CDU und CSU.

Längst dominiert Hetze und nicht etwa Bemühungen um Problemlösung, die Agenda der Merz/Söder-Union (…)

(Bundestag ohne AfD, 10.11.2023)

Mit blanken Entsetzenmuss ich immer wieder erleben, wie ausgerechnet in den von den Faschisten so verachteten öffentlichen Rundfunkanstalten – „Systempresse/Merkelmedien“ – jedes Gefühl für Anstand und Verfassungstreue verloren geht.

Der WDR widmete dem rasenden antisemitischen Hetzer David Berger 2019 ein völlig unkritisches „Tischgespräch“.

[…..] Arglose Plauderei mit einem rechten Hassprediger [….] Überfordert ist hier ein Journalismus, der es für seine besinnungslose Pflicht hält, solch ein Gespräch selbst dann noch zu senden, wenn er von dessen Falschheit überzeugt ist. Das macht aus dem arglosen Schwätzchen mit einem rechten Hassprediger einen neuerlichen Tiefpunkt im deutschen Journalismus.

Exklusiv ist dieses Versagen nicht. Denn es gab in den letzten Jahren genügend gescheiterte Versuche, mit Leuten ein Gespräch zu führen, deren Geschäft gut kalkulierte Hetze und Lüge ist. Und die überhaupt nicht interessiert sind an Auseinandersetzung, an Debatte, an Abwägen von Für und Wider, am besseren Argument. Denen es nur um Raum für ihre demagogische, menschenfeindliche Ideologie und Sprache geht.

Die selbst, wie die AfD, Journalisten ausschließen, auf Anfragen nicht antworten, keinen Widerspruch zulassen. Und mehr noch: Die politische Gegner knallhart bekämpfen mit mehr oder weniger öffentlichen Kampagnen.

Und dennoch gehen wir Journalisten dem falschen kindischen Opfergejammer immer wieder auf den Leim. Wir glauben, mit Leuten wie Berger reden zu müssen, damit sie sich danach nicht mehr beklagen können, im „Staatsfunk“, wie es in deren Sprache heißt, nicht vorzukommen. Dabei wird das öffentlich-rechtliche „Tischgespräch“ nichts ändern an Bergers Äußerungen.

Was sich ändern muss, ist unser Journalismus. Die Hetze von Menschen wie Berger ist keine Meinung. Sondern eine Gefahr für das gesellschaftliche Miteinander.  […..]

(Deutschlandfunk, Matthias Dell, 23.01.2019)

Sehr gruselig auch die MDR-Wahlberichterstattung im Jahr 2019 nach dem starken Abschneiden der Faschisten in Sachsen und Brandenburg.

Moderatorin Wiebke rühmte die „positive“ Berichterstattung ihres Senders über die AfD und legte der CDU eine „bürgerliche Koalition mit der AfD“ nahe.

[…..] Mit ihren Fragen und Einordnungen zur AfD hat eine Moderatorin der ARD-Wahlsendungen, Wiebke Binder, am Sonntag für reichlich Empörung gesorgt. Anlass waren Äußerungen, bei der sie die Alternative für Deutschland (AfD) kurzerhand zu einer bürgerlichen Partei erklärte. Und das war nicht das einzige Mal am Wahlabend der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, bei der Wiebke Binder bei Teilen ihres Publikums schlecht ankam.

Los ging es mit der Frage der MDR-Moderatorin an den sächsischen CDU-Politiker Marco Wanderwitz. Wie er denn zu einer möglichen Zusammenarbeit von CDU und AfD stehe, wo doch nach aktuellem Stand eine bürgerliche Koalition in Sachsen möglich wäre, aus ihrer Sicht also eine stabile Zweier-Koalition? Und hakte sogar noch nach: „Ist das immer noch ausgeschlossen?“ Da stockte sogar CDU-Mann Wanderwitz kurz der Atem. Um dann sofort klarzustellen: „Eine Koalition mit der AfD wäre keine bürgerliche Koalition!“

[…..] Die CDU habe von vornherein gesagt, dass sie nicht mit den Rändern koaliere, nicht zusammenarbeiten werde. „Dabei wird es bleiben“, machte er seinen Punkt - und ließ die ARD-Moderatorin Wiebke Binder etwas sprachlos zurück. […..]  In einem weiteren Gespräch diskutierte ARD-Frau Wiebke Binder mit dem sächsischen AfD-Vorsitzenden Jörg Urban. Der beklagte sich ausführlich darüber, dass nach seiner Sicht eine „mediale Kampagne gegen die AfD“ gefahren worden sei vor der Wahl. […..] Doch diesen Vorwurf der medialen Kampagne wollte ARD-Frau Binder nicht unkommentiert stehen lassen. „Ich denke, wir haben sehr viel über die AfD berichtet, da war schon viel zu erzählen, und auch viel unterschiedliches“, sagte sie. Woraufhin AfD-Politiker Urban grinsend fragte: „Positives?“ Und die Moderatorin gab zurück: „Positives, auf jeden Fall!“ [….]

(Münchner Merkur, 05.09.2019)

Unterdessen veranstaltet der NDR-Intendant Joachim Knuth für extremistische AfD-Gruppen Führungen durch den Sender.

[…..] Im NDR in Hamburg rumort es. Und je näher der kommende Freitag rückt, desto schlimmer wird das werden. Viele Mitarbeiter sind empört über den eigenen Intendanten, der erneut Mitgliedern der AfD Zutritt zum Landesfunkhaus gewähren will. Ein Großteil der Belegschaft hat dafür überhaupt kein Verständnis. Sämtliche beim NDR vertretenen Gewerkschaften rufen die Mitarbeiter für kommenden Freitag ab 15 Uhr zu einer Demonstration vor dem Eingang des Landesfunkhauses in Lokstedt auf. Peter Dinkloh von der Mediengewerkschaft Verdi, der die Kundgebung angemeldet hat, sagte zur MOPO: „Die AfD und die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung sind menschenverachtende, rassistische Organisationen, die die Pressefreiheit und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frage stellen. Sie haben im NDR nichts verloren.“ Dinkloh weiter: „Wenn der NDR meint, er müsse mit allen politischen Kräften im Gespräch bleiben, auch mit denen, die die Fundamente der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Frage stellen, dann hat er nach unserer Auffassung ein völlig falsches Verständnis von seinem Programmauftrag.“ Intendant Joachim Knuth wird aufgefordert, die ungebetenen Gäste wieder auszuladen. […..] Bereits Mitte November hatten eine Gruppe von AfD-Anhängern und -Politikern sowie Vertreter der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) den NDR in Lokstedt besucht und – unter dem Protest von NDR-Mitarbeitern – eine Führung durchs Landesfunkhaus erhalten. Nach MOPO-Informationen ist für den kommenden Freitag erneut eine solche Führung angesetzt. […..]

(MoPo, 03.12.2023)

Deutschland ist keine wehrhafte Demokratie, zeigt keine „klare Kante“ gegen die Nazis.

Samstag, 2. Dezember 2023

Mini-Trump im Aus.

Nicht nur niemals die Wahrheit zu sagen, sondern auch noch so ungeheuerliche drastische Lügen aufzutischen, daß sie jedem sofort als Münchhausen-Monster auffallen und dazu auch noch das gesamte politische Streben auf den einen Zweck zu richten, nämlich sich die eigenen Taschen zu füllen, während man nebenher seinem blanken Menschenhass freien Lauf lässt, ist offenkundig eine äußerst erfolgreiche Strategie.

Damit bringt man es bis zum US-Präsidenten. Wird der mächtigste Mann der Welt.

Wenig verwunderlich also, daß diese Methoden von immer mehr GOPern übernommen werden. Sie haben, im Gegensatz zu Linken, Liberalen und Demokraten erkannt, daß sie ihre Wähler nahezu unendlich verarschen können.

Sie haben aber vor allem, im Gegensatz zu Linken, Liberalen und Demokraten erkannt, daß deren Gegenstrategie nutzlos ist.

Die linke, liberale und demokratische Welt reagiert auf diese monumentalen GOP-Lügengebirge mit Argumenten, Fact-Checks. Sie produziert Artikel, Memes, Videoclips, Interviews, in denen die dreisten Lügen der Faschisten „debunked“ werden. Entlarvt und richtiggestellt also.

Eine erbärmliche Strategie, die nur erfolgreich sein könnte, wenn sie a) überhaupt in den brauen Medienblasen ankäme und b) beim rasenden GOP-Mob Glaubwürdigkeit genösse.

Einige „liberal pundits“ verstehen wenigstens; Trumpmerikaner lesen nicht die New York Times, sehen keine Brian Tyler Cohen-Videos, gucken nicht MSNBC. Also gehen sie zu den Trump-Rallys und konfrontieren sie ganz direkt mit der Wahrheit.

Aber auch das nützt nichts, da die QTrumpliKKKans Fakten nicht glauben. Selbst, wenn man ihnen Trump-Aussagen, in denen er sich selbst widerspricht, vorliest oder als Video abspielt, erschüttert es nicht ihren fanatischen Glauben an den orangen Messias. Was nicht in ihr Weltbild passt, wird flugs zu „deep fake“ deklariert. Dieser Effekt entsteht durch die Social-Media-Blasen und ist unumkehrbar.

Jeder, der im Netz schon mit Grünen-hassenden, xenophoben oder covidiotischen Rechtsradikalen diskutieren wollte und seriöse Quellen (statistisches Bundesamt, RKI, Kriminalstatistik) zitierte, kennt das Hohnlachen, das einem entgegenschlägt.

George Santos, republikanischer Ex-Abgeordneter aus New York, kopierte das Trumpsche Konzept der maximalen Lügen und maximalen Hetze; brachte es damit bis zum prominenten Abgeordneten des US-Kongresses.

Zwei Drittel der Stimmen braucht es, um einen Abgeordneten auszuschließen. Die Hälfte der Republikaner musste also für den Rauswurf ihres eigenes Mannes mit den Demokraten stimmen. Das grenzt nicht nur an ein Wunder, sondern ist eins.

[….] Mit einer Mehrheit von 311 zu 114 Stimmen befürworteten die Abgeordneten, dass Santos sein Mandat verliert. Damit wurde die für diesen Schritt notwendige Zweidrittelmehrheit erreicht. Bemerkenswert ist, dass sich auch viele von Santos’ republikanischen Parteifreunden dem Mehrheitsvotum anschlossen. [….]

Der Bericht [des Ethikausschusses des Repräsentantenhauses] konstatierte, es gebe »hinreichende Beweise« dafür, dass Santos gegen das Strafrecht und andere Regeln verstoßen habe. »Der Abgeordnete Santos hat auf betrügerische Art versucht, jeden Aspekt seiner Kandidatur für das Repräsentantenhaus für seinen eigenen persönlichen finanziellen Profit auszunutzen.« So habe Santos »unverfroren« aus seiner Wahlkampfkasse »gestohlen«, heißt es in dem Bericht. Der Politiker mit brasilianischen Wurzeln soll unter anderem Wahlkampfmittel für den Kauf von Luxusartikeln des Modehauses Hermès, für Casinobesuche, Wochenendausflüge und Botoxbehandlungen ausgegeben haben. Santos war bei den als Midterms bekannten Zwischenwahlen im vergangenen Jahr in das Repräsentantenhaus gewählt worden. In der Folge gab es immer neue Enthüllungen über teils haarsträubende Falschangaben des Politikers unter anderem über seine Hochschulbildung, seinen Berufsweg, seine Familie und seine Religion. [….]

(SPON, 02.12.2023)

Wie konnte Santos in einer Partei, in der jede Bösartigkeit und jede Lüge bejubelt wird, dennoch stolpern?

Nun, er hat das Kleingedruckte nicht gelesen. Die totale kriminelle Narrenfreiheit gilt nur für weiße heterosexuelle GOPer. Als schwuler Halb-Latino waren ihm aber gewisse Grenzen gesetzt.

[….] Am Ende hatte selbst die Partei des Dauerlügners Donald Trump die Nase voll vom Dauerlügner George Santos. 105 Republikaner – fast die Hälfte der Fraktion – votierten mit 206 Demokraten für den sofortigen Ausschluss des Abgeordneten, in seltener Eintracht über ideologische Kluften hinaus. [….] George Santos? George Devolder? Anthony Devolder? George A. Devolder-Santos? [….] Doch seine Fans liebten ihn dafür, die treuesten hielten bis zuletzt zu ihm. Denn Santos, ein Geschöpf seiner Zeit, war der perfekte Ministrant des Maga-Kults – das »Maga-It-Girl«  (»New York Magazine«): »Make America Great Again« via Scharlatanerie und Schneeballsystem. Er war Trump ohne die Bösartigkeit, aber mit Botulinumtoxin. »Ich benutze Botox und Filler, das ist kein Geheimnis«, sagte er, als der Ethikausschusses des Repräsentantenhauses  herausfand, dass Santos, 35, sich mit Parteispenden das Gesicht straffen ließ. Die Parallelen zum frühen Trump, der wie Santos aus dem New Yorker Stadtteil Queens kommt, sind fast schon lachhaft. [….] Als er es 2022 im zweiten Anlauf schaffte, sprachen alle sofort von ihm, dem neuen Selfmade-Star der Kontroverse . Doch er blieb stets ein hinterbänklerischer Mini-Trump: narzisstisch, doch nichtssagend; eitel, doch ohne Trumps apokalpytischen Allmachts- und Rachegelüste. Santos’ Gelüste, mutmaßlich finanziert durch Wahlkampfspenden, zielten nicht auf bodenlose Anbetung. Sondern, wie sich herausstellte , auf die profaneren Klischees des Neureichtums: Luxushotels, Casinos in Las Vegas und Atlantic City, Hermès-Klamotten, 6000-Dollar-Schuhe und das nicht jugendfreie Schmuddel-Videoportal OnlyFans. [….] Santos’ Vergehen, belegte wie mutmaßliche, sind weniger schmierig, doch nicht minder handfest. Anfangs war das sogar noch amüsant: Der schwule Schwindler, dem der Drag-Name »Kitara Ravache« nachgesagt wurde, stieg auf zum Posterboy einer homophoben Fraktion voller Extremisten wie Marjorie Taylor Greene, die Transpersonen als »Männer in Frauenkleidern« beschimpft. Besser ließ sich die jüngste, absurde Generation von Kongress-Republikanern nicht darstellen.

 
Santos dementierte alles, verglich  sich mit der schwarzen Bürgerrechtsaktivistin Rosa Parks, die sich 1955 weigerte, im Bus hinten zu sitzen: »Auch ich werde nicht hinten sitzen.« Diese Schamlosigkeit, ein Markenzeichen der Maga-Mauschler, guckte er bei Trump ab, der jede Anschuldigung als Attacke vermünzt und selbst sein Polizeifoto lukrativ vermarktet. Auf VIP-Partys balgten sie sich bald um Selfies mit Santos, dem »Next-Gen-Modell von Donald Trump« . Schließlich wurde ihm die höchste Popkulturehre zuteil: Sketche bei »Saturday Night Live«.[….]

(Marc Pitzke, 02.12.2023)

Freitag, 1. Dezember 2023

Impudenz des Monats November 2023

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Vielleicht war das doch zu viel für Henry Kissinger: Von der CDU bejubelt, und zum Gesprächspartner des Fritze Merz degradiert zu werden.

Das hält das stärkste Schlachtross nicht aus; verständlich wenn Kissinger lieber tot sein wollte.

Friedrich Merz, der hiermit erneut zum Idioten des Monats, nämlich zur Impudenz des Monats November 2023 gekürt wird, wäre es aber viel zu wenig, nur als Totengräber Kissingers zu gelten. Er will auch als Totengräber der Ampel, der deutschen Wirtschaft und der Demokratie insgesamt auftrumpfen, indem er alles unternimmt, um Bund und Ländern den finanziellen Boden unter den Füßen zu ziehen.

(….) Nach der heutigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz verbreitete Deutschlandfeind Friedrich Merz unter dem Gejohle seiner rechten Partei aber unvermindert die toxische Ideologie der Schuldenbremse, des eisernen Sparens und der damit verbundenen Investitionsbremse.

[….] Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) [….]  hob zudem die Notwendigkeit staatlicher Investitionen hervor. Dröge verwies unter anderem auf 738 Milliarden US-Dollar, die in den USA in Klimaschutztechnologien und Co. investiert würden. Wer nicht bereit sei, in „relevanter Größenordnung einzusteigen“, der werde im Wettbewerb „gnadenlos verlieren“, warnte Dröge. [….] [….]

(Deutsche Bundestag, 28.11.2023) (….)

(Düsternis Deutschland, 28.11.2023)

Ökonomen und jedem Menschen bei Verstand, ist völlig klar, wie sehr Merz mit seinen Haushaltsklagen seinem Vaterland schadet, was für ein Wahnsinn die Schuldenbremse zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist.

[……] Die Schuldenbremse ist verfassungsgefährliches Verfassungsrecht. Sie behindert die Daseinsvorsorge und ruiniert die Verfassung der Menschen.

Dies ist ein Dank an die Schuldenbremse. Dieser Dank ist bitter: Danke sagen junge Familien der Schuldenbremse dafür, dass mehr als vierhunderttausend Kita-Plätze in Deutschland fehlen; und diejenigen Familien, die einen Kita-Platz ergattert haben, sagen Danke dafür, dass sie wegen der Betreuungslücken und der knappen Öffnungszeiten ihre Arbeitszeit reduzieren dürfen. Danke sagen die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindergärten dafür, dass sie so mies bezahlt werden; die Pflegerinnen und Pfleger in den Pflegeheimen schließen sich dem Dank an.

Danke sagen die Personalchefs der Unternehmen dafür, dass ihre Fachkräfte in den Wahnsinn getrieben werden, weil die Schule ihrer Kinder schon um 11.15 Uhr endet und der Kindergarten schon um 15 Uhr schließt. Danke sagen die Bahnfahrenden dafür, dass zwei von drei Fernzügen Verspätung haben und dass man dort, beim ICE-Fahren durch Deutschland, die Löcher im Wlan-Netz zählen kann. Rentner sagen Danke dafür, dass ihre Rente trotz aller politischen Versprechungen für ein sorgenfreies Altern nicht reicht. Und Danke sagen Kinder aus armen Familien dafür, dass die Kindergrundsicherung einen schönen Namen, aber kein Geld für diese Sicherung hat.  […..]  Also danken auch die Klimawandelleugner der Schuldenbremse dafür, dass nun kein Geld mehr dafür da ist, den Klimawandel zu stoppen, den sie als „angeblichen“ Klimawandel bezeichnen. Die AfD lacht sich ins Fäustchen, wenn dem Staat und der Regierung wegen der Schuldenbremse und der von Karlsruhe verordneten Not nicht mehr zugetraut wird, Bildung und Forschung zu gewährleisten, die Wirtschaft am Laufen zu halten und soziale Schieflagen auszugleichen.  Die vor 14 Jahren ins Grundgesetz eingebaute Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse: Sie verhindert, dass in die Verkehrswege und in die Kommunikationswege investiert wird. Dass die maroden Brücken zügig saniert werden. Dass ein flächendeckendes Netz mit E-Tankstellen aufgebaut wird. Dass das, was über Jahrzehnte versäumt wurde, jetzt endlich und eilig mit großem Mehraufwand nachgeholt wird – zum Beispiel die Sanierung des Streckennetzes der Bahn. Die Schuldenbremse erschwert die Wohnungsbauförderung. Sie behindert, summa summarum, eine kluge Daseinsvorsorge und eine familien- und arbeitsverträgliche Lebensinfrastruktur, wie sie zu einer Industrienation gehört, wenn sie erfolgreich bleiben will. Die Schuldenbremse blockiert die Einstellung des pädagogischen Personals, das für frühkindliche und schulische Bildung dringend benötigt wird. [….]

(Heribert Prantl, 01.12.2023)

Daß sich die AfD ins Fäustchen lacht, kann man getrost als den Signature Move des Merz bezeichnen. Er ist ihr größter Wahlhelfer und läßt bei seinem eifrigen Bemühen die Rechtsradikalen zu stärken, nie nach.

Da braucht es keine russischen Bots oder Musksche Desinformationskampagnen, keine nordkoreanischen Cyberattacken oder terroristische Anschläge auf kritische Infrastruktur mehr. Der größten Vorschlaghammer lässt Friedrich Merz auf Deutschlands Schädel niedersausen. Der CDU-Oppositionsführer ist die Apotheose des selbstgemachten nationalen Niederganges.

[….] Friedrich Merz ist mit der Dreifachrolle als Partei-, Fraktions- und Oppositionsführer intellektuell und charakterlich hoffnungslos überfordert.

Unter anderem ignoriert der geistig erstarrte Merz die Nöte seiner eigenen Parteifreunde, die es im Gegensatz zu ihm geschafft haben, Wahlen zu gewinnen und nun Bundesländer regieren. In Krisenzeiten. In denen man Geld in die Hand nehmen muss.  [….]

(Mehr Schulden, 29.11.2023)

Merz, der sich nicht einmal unfallfrei ausdrücken kann, es 68 Jahre lang nicht schaffte, auch nur das niederste Regierungsamt zu ergattern, ist dennoch unerschütterlich von dem Größenwahn erfüllt, er könne auch das höchste Regierungsamt besser als alle anderen ausfüllen.

[…..] Eine Wette ist auch der Oppositionsführer eingegangen: Friedrich Merz im Angriffsmodus. Die Bundesregierung bezeichnete er vor dem Parlament als peinlich. Nannte Scholz abwertend einen "Klempner der Macht". Rief ihm zu: Die Schuhe eines Kanzlers seien ihm ein paar Nummern zu groß. Scharfe Polemik, wenig staatsmännisch. Gleichzeitig ließ Merz keinen Zweifel daran, dass er der fähigere Staatsmann sei. Der bessere Kanzler. Mehr Durchblick, mehr Weitsicht, mehr Plan. Gestützt von Umfragen, die die CDU mit deutlichem Abstand vorn sehen, wähnt er sich nur noch wenige Meter von seinem großen Traum entfernt: Endlich Kanzler sein.

Es ist eine Wette, weil Friedrich Merz in seinem langen Berufsleben noch nie zeigen konnte, dass er regieren kann. Er hat es schließlich noch nie getan. Nicht auf kommunaler Ebene, nicht in Nordrhein-Westfalen, nicht im Bund. Sein politisches Lebenswerk - es ist das eines Oppositionspolitikers, wo markige Sätze mehr zählen als konkrete Entscheidungen. […..] Sein harter Kurs gegen eine Reform der Schuldenbremse, seine Selbstsicherheit, alles besser zu machen, wenn er erstmal dran ist - all das könnten wie ein Boomerang zu ihm zurückkommen. Top, die Wette gilt. […..]

(Torben Ostermann, ARD, 28.11.2023)

Donnerstag, 30. November 2023

Der Neologismus des Grauens

Bei meinen Nachrichtenquellen spielt T-Online üblicherweise kaum eine Rolle. Das lange von der Telekom betriebene Nachrichtenportal, wurde 2015 von der Kölner Ströer SE & Co. KGaA übernommen. Die von Dirk Ströer und Udo Müller gegründete Firmengruppe, betätigt sich hauptsächlich mit Außenwerbung und E-Commerce; war im Bundestagswahlkampf 2021 das ausführende Unternehmen, welches eine von der David Bendels Conservare Communications GmbH bezahlte Großkampagne gegen Bündnis 90/Die Grünen bundesweit plakatierte.

Ströer setzte 2017 den ehemaligen Spiegel-Online-Chef Florian Harms als T-Online- Chefredakteur ein, der die neue Berliner Zentralredaktion leitet.

Gelegentlich verblüfft T-Online News mit ausführlichen Recherchen zu Themen, in die sich andere Medienhäuser nicht reinknien.

Lars Wienand tauchte tief ein in das düsterbraune Fränkische AfD-Milieu und dabei insbesondere auch die rassistische Burschenschaft Teutonia, der AfD-Politiker Daniel Halemba, 22, MdL, entstammt.

Ich empfehle dringend den T-Online-Artikel vom 20.11.2023, in dem genau nachgezeichnet wird, wie Rassisten und SS-Bewunderer vom äußersten rechten AfD-Flügel die wenigen noch halbwegs demokratischen AfD-Politiker verdrängten und die Wahllisten so manipulierten, daß echte Nazis wie Halemba zum Zug kamen.

Die bayerischen Wähler sehen entweder nicht so genau hin oder es stört sie ohnehin nicht. Am 08.10.2023 wählten sie 14,7% AfD (zusätzlich die den Hitlerphilen 15,8% der Liste Hubsi). Das waren 2.000.435 Stimmen für die AfD (2.163.849 für die FW). Die Halemba-AfD gewann zehn Sitze hinzu, kommt nun insgesamt auf 32 Mandate in Bayern.

T-Online ging dankenswerterweise noch genauer der Frage nach, was das eigentlich für eine Burschenschaft ist, die von Würzburg aus die Strippen der AfD-Bayern zieht.

Dem Artikel entnehme zwei Neologismen aus der AfD-Sprachwelt, in der Anglizismen verboten sind, aber auch zwei neue sympathische deutsche Verben entstanden: „Rumhitlern“ und „abhitlern“.

Sie beschreiben die Lieblingstätigkeit eines bayerischen AfD-Volksvertreters: In einem Keller voller NSDAP- und SS-Devotionalien antisemitische Sprüche skandieren, Nazi-Rockmusik mitgrölen und zu Hitler-Büsten masturbieren.

Und zwei Millionen Bayern wählen solche Leute dann gleich ins Parlament!

[….] Das Teutonenhaus in Würzburg – hier finden sich Gästebucheinträge mit einem "Sieg Heil" und Himmler-Befehl überm Bett des Jung-Abgeordneten Daniel Halemba. Wie lebt es sich in der extrem rechten Burschenschaft? […..] Hier unten gibt es eine Tapetentür, nicht unbedingt eine Geheimtür, aber unauffällig. Sie führt in einen vergleichsweise kleinen Raum. Freundlich könnte man ihn Traditionsraum nennen, weniger freundlich Nazi-Partykeller. Staubig war es hier, Hakenkreuz-Wimpel hingen dort, sagt einer, der dort war, auch ein rassistisches Plakat in der Optik des Dritten Reichs. Ein Tisch steht im Raum, eine eher schäbige Bar und eine Musikanlage, aus deren Boxen schon manches unsägliche Lied dröhnte. "Da kann gepflegt 'rumgehitlert' werden", berichtet der frühere Besucher t-online. "Es dringt wenig nach oben und nach draußen." Von hier könnten Polizisten aber einige der NS-Devotionalien und antisemitischen Schriften weggetragen haben, als sie am 14. September das Haus durchsuchten.

NS-Symbole auf Fotos aus dem Haus waren der Anlass für die Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. "Abhitlern" hat auch schon mehrfach zu Ärger mit den Nachbarn geführt, laut mitgegrölter Rechtsrock ebenso. […..]

(T-Online, 30.11.2023)

Wie diese AfD tickt, ist nur zu offensichtlich. Dort, wo sie am extremsten auftritt und wie in Thüringen von einem Hitler-Fan geführt wird, der Texte aus „Mein Kampf“ in seinen Reden verwendet, hat sie am meisten Erfolg, könnte den nächsten Ministerpräsidenten stellen.

Optimismus kann ich für Deutschland und Europa und die Welt nicht mehr aufbringen. Das Bestcase-Szenario wäre entschlossener Widerstand der Anständigen und Demokraten, um den Untergang noch etwas zu verzögern; sich den Braunen und Social-Media-Trollen noch etwas länger in den Weg zu stellen.

Gewinnen wird aber das Pack und die Welt unweigerlich in Diktaturen, Verwahrlosung, Brutalität, Krieg und Umweltzerstörung führen.

[….] Hinter uns liegt ein kräftezehrendes Jahr und das neue, nicht weniger fordernde, wirft bereits seine Schatten. Der Wahlsieg des rechtsextremen Geert Wilders in den Niederlanden, von Javier Milei, eines antidemokratischen Anarchokapitalisten, in Argentinien und die mögliche Wiederwahl des Archetypen des autoritären Antidemokraten in Form von Donald Trump in den USA geben die Stoßrichtung vor: Antidemokratie und Menschenfeindlichkeit haben Konjunktur und manchmal kommt es mir vor, als wäre Deutschland das letzte Einhorn ohne rechtsextreme Regierungsbeteiligung.

Die Europa- und Kommunalwahlen im Juni ‘24 in Ostdeutschland könnten das ändern. Rechtsextreme Erfolge an der Wahlurne wären ein weiteres Fanal für die Szene und würden die Prognosen für die drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst wohl eher verbessern. In allen ostdeutschen Bundesländern liegt eine rechtsextreme Partei in den Umfragen an erster Stelle. Ein rechtsextremer Ministerpräsident scheint nicht mehr ausgeschlossen.

Wir haben aber den Eindruck, dass vielen noch nicht bewusst ist, wie entscheidend vor allem die kommunalen Wahlen werden, denn die Auswirkungen für die Demokratie vor Ort sind erheblich. Für uns Demokrat*innen ist es kurz vor 12. […]

(Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, 30.11.2023)

Es gehört wohl zu Reinfranks Job so zu schreiben. Aber ich befürchte, er stellt die Situation viel zu optimistisch dar.

Mittwoch, 29. November 2023

Mehr Schulden!

In ihrem Wahn, Deutschland (und damit auch Rot/Grün) schwer zu schaden, trommeln CDU, CSU und FDP wie besessen für eine deutsche Wachstumsbremse.

Merz ist dabei nur dumm und unpatriotisch, verfolgt aber das parteipolitisch erklärbare Ziel, mit einem möglichst starken ökonomischen Niedergang Deutschlands, den Kanzler so unbeliebt zu machen, daß seine CDU möglichst bald wieder selbst den Kanzler stellt.

Möglicherweise ist der ausländerfeindliche AfD-Fan damit tatsächlich erfolgreich und kann sich zum nächsten Regierungschef aufschwingen. Aber es wäre ein sehr kurzfristiger Sieg, da sich durch jetzt blockierte Lösung, Probleme in der Zukunft nur vergrößern.

Lindner ist wie sein fliegender Hochzeitsfreund ebenfalls dumm und unpatriotisch; dazu aber auch noch parteitaktisch verwirrt. Der private und politische Mega-Pleitier Lindner vergisst nämlich bei seiner Fundamentaloppositionsarbeit, daß er Teil der Regierung ist und bei einer Implosion der Ampel kaum als strahlender Sieger daraus hervorgehen wird, sondern eher in der Apo landet, während Merz eine Kanzler-Kooperation mit Weidel eingeht. Lindners einzige Machtoption ist es, zum Gelingen der Ampel und zur erfolgreichen Reform Deutschlands beizutragen. Unglücklicherweise ist er zu borniert und zu arrogant, um das zu begreifen; blockiert lieber beides.

[….]  Immer heißt es, der Staat dürfe künftigen Generationen keinen Berg an offenen Krediten hinterlassen. Doch, darf er. Besser jedenfalls als kaputte Brücken, marode Schulen und lahmes Internet.

Disziplin gilt als Tugend, schon klar. Wer sich selbst und andere mäßigt, zur Ordnung ruft, bisweilen gar kasteit, der gilt als beherrscht, vernünftig, sparsam. So einem Menschen kann man sein Geld anvertrauen. Oder gar einen ganzen Bundeshaushalt.

Christian Lindner eifert dieser Tugend nach wie kein Zweiter. Eine restriktive Haushaltsplanung geht für ihn über alles, die Schuldenbremse scheint ein Wert an sich zu sein. Sie wieder und wieder auszusetzen, empfände er nach eigenen Worten als "finanzpolitische Kapitulation". Für 2024 erneut eine Notlage auszurufen, zum dann schon fünften Mal in Folge, kommt für ihn nicht infrage. Er will die Schuldenbremse endlich wieder einhalten. Doch das wäre ein großer Fehler.

In diesem Fall würde wirklich eine Kapitulation drohen, und zwar eine wirtschaftspolitische. Die deutsche Wirtschaft läuft Gefahr zu schrumpfen, auch als Folge von zwei Kriegen, die Energiekosten sind und bleiben hoch, die Klimakrise zwingt die Regierung zum überfälligen Umbau des Landes hin zu Klimaneutralität. Da spart man nicht. Man investiert.

Deutschland kann sich das leisten: Die Schuldenquote des Staates betrug im vergangenen Jahr 66,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; geringer war sie in keinem Land der G7. […..]

(Vivien Timmler, SZ, 29.11.2023)

Möglicherweise versteht Lindner wirklich rein gar nichts von Volkswirtschaft und hält sich wegen seiner ideologischen Erstarrung an gescheiterten Konzepten der 1990er fest. Möglicherweise führt er aber auch Deutschland sehenden Auges ins Verderben, weil weiß wie populär die Schuldenbremse beim verblödeten Urnenpöbel ist.

Es passt zu rechtspopulistischen schwarzgelbbraunen Politikern, wissentlich etwas völlig Falsches zu fordern, wenn das beim schlecht informierten Wahlvolk gut ankommt.

Trotz Widerstände das Richtige zu tun und den Wählern die Notwendigkeit unpopulärer Maßnahmen zu erklären, erfordert Verstand, Charakter und Rückgrat – drei Eigenschaften, die man bei Hubsi Aiwanger, Markus Söder, Carsten Linnemann, Jens Spahn, Friedrich Merz vergeblich sucht.

Das müssen ihnen die Sozis vormachen.

[….] Drei Dinge sind wichtig zu verstehen.

1. Staatsschulden sind anders als private Schulden. Der Staat hat ganz andere Möglichkeiten damit umzugehen. Und er steht in der Verantwortung, dass zukünftige und heute lebende Generationen einen funktionierenden Planeten, gute Schulen, einen sicheren Sozialstaat, anständige Straßen und Züge und noch vieles mehr haben. Manches davon funktioniert in Deutschland heute schon nicht mehr. Das muss schnell besser werden und dafür braucht es auch Geld. (Übrigens bauen auch privat die wenigsten Leute ein Haus ohne Kredit.)

2. Deutschland hat die niedrigsten Schulden aller großen Industriestaaten. Wir können guten Gewissens Geld aufnehmen. Andere Länder tun das im großen Stil gerade und investieren das in ihre Zukunft. Wenn wir auch eine gute Zukunft wollen, müssen wir jetzt investieren.

3. Teurer als jetzt Geld zu investieren wäre kein Geld zu investieren! Der Klimawandel und schlechte Schulen sind immer teurer als Klimaschutz und gute Schulen.

Wer meint, wir kriegen alle Zukunftsinvestitionen auch so hin, kann mir das gerne vorrechnen. Bislang kenne ich nur Rechnungen von der CDU, die a) nicht aufgehen und b) krassen Sozialabbau bedeuten. Dafür werde ich nie die Hand heben. (Für ein gerechteres Steuersystem, in dem niedrige und normale Einkommen weniger zahlen und sehr reiche Leute etwas mehr, aber schon.)  […..]

(MdB Robin Mesarosch, 23.11.2023)

Anders als Lindner, hat Merz noch nie eine Wahl gewonnen, war noch nie in Regierungsverantwortung und pöbelt als Oppositioneller seinen Frust gegen seiner Meinung nach minderwertige Menschen, wie Klempner, raus.

Merz vergisst aber, daß Probleme, deren Lösung er nun blockiert, deswegen nicht verschwinden und spätestens der nächsten Bundesregierung umso schwerer vor die Füße fallen.

[….]  Mittelfristig jedoch braucht es eine grundlegende Reform der Schuldenbremse. Das 0,35-Prozent-Limit ist ja völlig willkürlich. Es muss steigen, und zwar deutlich. Im Vertrag von Maastricht haben sich die Euro-Länder darauf geeinigt, dass die jährliche Neuverschuldung bis zu drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen darf. Deutschland sollte sich daran orientieren. Der Bund könnte dann ein Vielfaches der aktuell zulässigen Schulden machen. Auch mit den Sondervermögen hätte es dann endlich ein Ende, die Etatplanung würde wieder transparent. Es bräuchte jedoch einen klugen Finanzminister, der diese Möglichkeiten wirklich nur ausreizt, sofern die Lage es wirklich erfordert.

Klar ist, dass es für beides - Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse - eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat braucht. Zwar machte CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag klar: "Wir werden an der Schuldengrenze festhalten." Doch in seiner Partei bröckelt bereits die Zustimmung zur Schuldenbremse. Merz will in zwei Jahren regieren. Will er wirklich derjenige sein, der den von der großen Koalition verursachten und von der Ampel ignorierten Investitionstau ausbaden muss? Disziplin ist eine Tugend; Einsicht aber auch. […..]

(Vivien Timmler, SZ, 29.11.2023)

Friedrich Merz ist mit der Dreifachrolle als Partei-, Fraktions- und Oppositionsführer intellektuell und charakterlich hoffnungslos überfordert.

Unter anderem ignoriert der geistig erstarrte Merz die Nöte seiner eigenen Parteifreunde, die es im Gegensatz zu ihm geschafft haben, Wahlen zu gewinnen und nun Bundesländer regieren. In Krisenzeiten. In denen man Geld in die Hand nehmen muss.

[…..] Es kommt nicht oft vor, dass ein Parteivorsitzender einen Ministerpräsidenten aus dem eigenen Lager öffentlich rüffelt. Wenn etwa ein CDU-Chef einen CDU-Ministerpräsidenten kritisiert, produziert er gleichzeitig ja auch immer die Schlagzeile: Streit in der CDU. Das weiß natürlich auch Friedrich Merz. Man kann sich deshalb vorstellen, wie groß seine Verärgerung sein muss, dass er diese Schlagzeile jetzt trotzdem in Kauf nimmt. Denn Merz hat Kai Wegner, den Regierenden Bürgermeister von Berlin, gleich zwei Mal hintereinander gerügt. Und das hat er nicht irgendwo getan, sondern im Bundestag.

Merz - das ist seitdem klar - scheint Wegner gerade für die größte Nervensäge in der ganzen CDU-Spitze zu halten. Ausgerechnet Wegner, der in der Union lange als Merz-Fanboy galt. […..] am Dienstag legte er im Plenarsaal nach. Die Union werde an der Schuldenbremse festhalten - "versuchen Sie erst gar nicht, einen Keil in die Union zu treiben!", rief Merz. "Die Entscheidungen werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin." Für die anderen Fraktionen war das die Bestätigung, dass es diesen Keil in der CDU bereits gibt. Und dass er ganz schön tief sitzt. […..] Nun steht die Frage im Raum, wie sich der ehemalige Merz-Ultra Wegner in so kurzer Zeit zur führenden Nervensäge des Parteichefs entwickeln konnte. Dabei fällt auf, dass sich die Verwunderung in Teilen der Berliner CDU in Grenzen hält. Wegner wird dort als jemand beschrieben, der bereit ist, seine Überzeugungen jederzeit über den Haufen zu werfen, wenn er glaubt, dass es ihm nutzen könnte. […..]

(SZ, 29.11.2023)

Dienstag, 28. November 2023

Düsternis Deutschland

Deutschland war vor einem Vierteljahrhundert unter der Schröder-Fischer-Regierung modern und Weltmarktführer in der Wind- und Solarenergie.

Aber Reformen und Zukunftsorientierung mag der Urnenpöbel nicht. Also holte er sich 2005 lieber Schlafmütze Merkel als Regierungschefin, die alle Gedanken an Zukunft abblies, das Wahlvolk nicht mehr mit Veränderungen belästigte.

Ab 2009, sobald die Sozis in der Opposition und die gelbe Millionärs-Lobbygurkentruppler am Kabinettstisch saßen, wurden erneuerbare Energien abgesagt, das Knowhow nach China verkauft und im Nach-mir-die-Sintflut-Modus auf billiges Putin-Erdgas umgestellt.

So gefiel es dem Urnenpöbel; im eigenen Saft schmoren, nicht mit der realen Welt belästigt werden, Probleme aufschieben und achselzuckend dahindämmern, während Deutschland in nahezu jeder Hinsicht den Anschluß verlor.

Infrastruktur, Schulen, Digitalisierung, IT-Branche, die Bundeswehr, Migrationsgesetze, Föderalismus, Elektromobilität – wohin man auch blickt: Nach 16 Jahren CDU-Kanzlerschaft ist Deutschland international abgehängt. Wir können nichts mehr. Kein Handy bauen, keine Solarmodule herstellen. Noch nicht mal Atemschutzmasken oder Fiebersaft für Kleinkinder werden ausreichend produziert. Besser wird es nicht, weil inzwischen nahezu alle Branchen vom Fachkräftemangel gelähmt sind und der wird sich zwangsläufig weiter verschlimmern, weil die große Mehrheit des Urnenpöbels der Irrsinnsidee anhängt, wir sollten alle Migranten abschrecken.

In dieser verzweifelten Lage wurde allerdings auch Klarheit geschafft. Trickle-Down funktioniert nicht. Dadurch werden nur die Superreichen superreicher und die untere Einkommenshälfte in Agonie und Verarmung geschickt.

Nein, der Markt regelt es eben nicht selbst. Gierige Konzerne denken an kurzfristige Sharholder-Value-Interessen und sägen sich dabei den Ast ab, auf dem sie sitzen, indem sie nicht ausbilden und kein Geld in Zukunftstechnologien wie E-Autos, KI, Grüne Energien oder Klugtelefone stecken.

Die konservative Politik sägt Deutschlands Ast weiter ab, indem sie Gaga-Ideen von der schwäbischen Hausfrau und Investitionskürzungen verbreitet.

[…] Wunden, die man sich selbst zugefügt hat, sind für Außenstehende besonders schwer nachzuvollziehen. Wie auch andere Ökonomen habe ich seit Jahren davor gewarnt, dass die deutsche Schuldenbremse den Test der Zeit nicht bestehen würde. Jetzt haben wir’s. […] Wenn man die Schuldenbremse nicht lockert oder frivol einen weiteren Notstand erklärt, würde Deutschland schon bald in eine tiefe Rezession schlittern. Das ist einfache Mathematik. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber eine Regierungspolitik, die willentlich eine Rezession riskiert, fände ich reichlich seltsam, wenn nicht gar verrückt. Von der Signalwirkung für Europa ganz zu schweigen. […] […]

Diese ordoliberalen Dogmen wurden den Leuten nun mal eingebläut, das steckt tief in der DNA der Bundesrepublik. Dabei wäre es die Aufgabe von Politikern, die richtigen Fragen zu stellen. Was sagen die Menschen, wenn man von ihnen wissen möchte, ob sie die Klimaziele unterstützen? Oder ob sie eine wehrhafte Bundeswehr oder eine funktionierende digitale Verwaltung haben möchten? […]  Es gibt viele Gründe, warum Deutschland jetzt mehr Geld in die Hand nehmen muss. Stattdessen steckt das Land in der Klemme. Mehr noch: Mit seiner verfehlten Fiskalpolitik nimmt Deutschland die gesamte EU als Geisel. […] Der Hausfrauenvergleich zeugt von ökonomischem Analphabetismus.

[…]  Es bringt nichts, wenn Sie den nachfolgenden Generationen einen Staat mit einem Verschuldungsgrad von 60 Prozent überlassen, wie es die Maastricht-Kriterien fordern. Den kann man nicht essen. Wenn Deutschland seine Wirtschaft heute fit für das 21. Jahrhundert macht, profitieren davon alle. Die Schuldenbremse hilft nicht dabei, dieses Ziel zu erreichen. Sie hält Deutschland sogar davon ab, weil sie Wirtschaftskrisen verschärft. Sogar der Internationale Währungsfonds warnt davor, dass diese Form von Austerität zu einer Erhöhung des Schuldenstandes führt. Die Schuldenbremse ist eine makroökonomische Verrücktheit. […]

(Jacob Funk Kirkegaard, dänischer Ökonom, 28.11.2023)

Nach der heutigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz verbreitete Deutschlandfeind Friedrich Merz unter dem Gejohle seiner rechten Partei aber unvermindert die toxische Ideologie der Schuldenbremse, des eisernen Sparens und der damit verbundenen Investitionsbremse.

[….] Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) [….]  hob zudem die Notwendigkeit staatlicher Investitionen hervor. Dröge verwies unter anderem auf 738 Milliarden US-Dollar, die in den USA in Klimaschutztechnologien und Co. investiert würden. Wer nicht bereit sei, in „relevanter Größenordnung einzusteigen“, der werde im Wettbewerb „gnadenlos verlieren“, warnte Dröge.

Sie sprach sich zudem dafür aus, über eine Modifizierung der Schuldenregel nachzudenken – und verwies in diesem Zusammenhang auf ähnliche Äußerungen von Ministerpräsidenten der Union. Die Schuldenbremse führe nicht dazu, dass man weniger Schulden mache, sondern dazu, dass man Schulden „in der sinnlosesten aller Formen“ mache, etwa durch kaputte Infrastruktur, die dann spätere Generationen bezahlen müssten, so die Grünen-Abgeordnete. [….]

(Deutsche Bundestag, 28.11.2023)

Wie alle Umfragen zeigen, sind die Dröge-Ansichten extrem unpopulär. Deutsche lieben die Schuldenbremse und wollen eher jedes noch so zarte Wachstums- und Innovationspflänzchen zertrampeln.

Die alte Helmut Schmidtsche Erkenntnis, nach der es einen signifikanten Unterschied macht, ob ein Land wie die USA, bei einer Sparquote nahe Null, Billionen Dollar von der Diktatur China leiht, oder ob der deutsche Staat seine eigenen Bürger anpumpt, so daß über die von Mittelschichtlern gehaltenen Papiere, die zu zahlenden Zinsen an das eigene Volk und in den deutschen Konsum fließt, scheint ohnehin völlig vergessen zu sein. Der Fetisch der deutschen Wachstumsbremse ist Dank CDUCSUFDP fest im kollektiven Deutschtum eingebrannt.

 [….] Die Schuldenbremse in ihrer heutigen Form verhindert gerade nicht, dass die Regierung Finanzlasten in die Zukunft verschiebt. Sie sorgt auch nicht dafür, die Kosten staatlicher Leistungen jenen Altersjahrgängen zuzurechnen, die von ihnen profitieren. [….]  Richtig besehen, trägt sie sogar dazu bei, Innovation und Beschäftigung zu schwächen. Die Schuldenbremse ist in Wahrheit eine Wachstumsbremse. [….] [Beim] Kernbudget der öffentlichen Hand [….] gilt das Prinzip des Haushaltsausgleichs auch für Investitionen in Brücken, Schienenwege oder Kommunikationsnetze. Für Ausgaben also, von denen auch jene profitieren werden, die heute noch zur Schule gehen. In diesen Fällen ist es nach herrschender ökonomischer Lehre nicht nur ineffizient, sondern auch ungerecht, die Kosten allein den heutigen Steuerzahlern aufzubürden. Im Gegenteil würden solche Ausgaben besser per Kredit finanziert. Und die Zinskosten anschließend aus den Erträgen einer wachsenden Wirtschaft beglichen. [….] Heute mutet es angesichts des traurigen Zustandes der Infrastruktur sowie des Ausgabenbedarfs für die Klimatransformation eher bizarr an. Dass neue Schienenstrecken oder zusätzliche Stromleitungen als produktivitätssteigernde Investitionen einzustufen sind, würden wohl selbst die größten Kritiker staatlichen Wirtschaftens kaum bestreiten. [….] Will eine Regierung die Investitionen erhöhen, muss sie nach der Grundgesetzregel entweder die Ausgaben kürzen oder die Steuern erhöhen. Keine schönen Optionen, weshalb die Verantwortlichen in der politischen Praxis häufig einen anderen Ausweg wählen. Sie verzichten einfach darauf, Geld in den Ausbau oder die Sanierung der Infrastruktur zu stecken. So lief es zum Beispiel, nachdem die Regel vor zwölf Jahren eingeführt worden war. Obwohl die Konjunktur damals bestens lief, wurde die öffentliche Infrastruktur in kaum einem anderen westlichen Industrieland derart vernachlässigt wie in der Bundesrepublik. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass Deutschland in jenen Jahren weniger Mittel für den öffentlichen Kapitalstock bereitgestellt hat als Staaten wie Großbritannien, Italien oder Belgien. Von Ländern wie Dänemark oder Schweden ganz zu schweigen. Von »Erosion« und »Substanzverzehr« ist in der Analyse die Rede. [….] Die Wahrheit ist, dass die Republik seit Einführung der Schuldenbremse nicht in geringerem, sondern in größerem Umfang auf Kosten der Zukunft lebt. [….]

(Michael Sauga, 28.11.2023)

Montag, 27. November 2023

Verteidigungspolitische Altlasten

Oberstleutnant d. R. Johann Wadephul, geboren am 10. Februar 1963 in Husum, Mitglied des Fördervereins für Kirchenmusik in Nortorf e. V., frommer evangelischer stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Auswärtiges, Verteidigung, Interparlamentarische Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), 1982 – 1986 Zeitsoldat der Bundeswehr ist aktives Mitglied des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr.

Also solcher kennt er sich aus mit den Uniformfetischisten, der klapperigen Mangelbewaffnung und sprach am Wochenende Klartext über die rotgrüne Gurkentruppe!


[….] "Entscheidende Truppenteile können maximal zwei Tage in einem Gefecht durchhalten. Und das ist ein insgesamt katastrophaler Befund", sagte Wadephul. "Wer gar von Kriegstüchtigkeit spricht, aber mindestens ja Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr erwartet, der hätte dafür sorgen müssen, dass ein derart schlimmer Zustand nicht eintritt. Aber das Gegenteil ist bedauerlicherweise der Fall."

Der Aufbau der Bundeswehr hin zu verteidigungsfähigen Streitkräften komme so kaum voran, kritisierte Wadephul. "Der ist in den Anfängen steckengeblieben und das Stocken ist natürlich mittlerweile auch Verantwortung von Boris Pistorius. Ich erkenne große Ankündigungen, aber wenig tatsächliche Maßnahmen, die zu der von dem Verteidigungsminister selbst beschworenen Kriegstüchtigkeit beitragen", sagte er und stellte fest: "Die Zeitenwende findet für die Bundeswehr derzeit nicht statt." [….] Wadephul betonte die Unterstützung für die Militärhilfe an die Ukraine. [….]  Er sehe eine Bundeswehr, die im Grundbetrieb weitermache wie seit 20 Jahren und Strukturen habe einer "Afghanistan-Armee", die also auf internationale Einsätze spezialisiert ist. "Ich sehe eine Bundeswehr, die ihre Beschaffungsvorgänge immer noch genauso sorgfältig, vorsichtig und manchmal - glaube ich - angsterfüllt durchführt wie in den letzten 20 Jahren", sagte er. [….] Der Unionsfraktionsvize hält auch die Einführung einer Dienstpflicht in der Bundeswehr, dem Katastrophenschutz und in Rettungsdiensten für unverzichtbar. [….]

(dpa, 26.11.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Schwachkopf im Juli 2011 nach 55 Jahren den Wehr- und Zivildienst abschaffte und damit den katastrophalen Personalmangel verantwortet, den der CDU-Mann nun beklagt.

(….) Lügenbaron zu Guttenberg machte der Leiche den Garaus, indem er die Wehrpflicht – einen Kernpunkt des CDUCSU-Wahlprogrammes – ganz abschaffte.

Seine ihm zu Füßen liegende Partei überzeugte er mit der frechen Lüge, das eingesparte Geld käme der Ausrüstung zu Gute.

[….]  Kleiner, schwächer – und vor allem günstiger. Die symbolisch aufgeladene Debatte um die Aussetzung der Wehrpflicht verdeckte, was der eigentliche Zweck der Reform war: möglichst viel Geld einzusparen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst André Wüstner, sagt: „Die Reform wurde dilettantisch angegangen. Das Motiv war nicht, die Bundeswehr besser zu machen, sondern zu sparen.“   Mindestens acht Milliarden Euro, manche sprechen sogar von zehn Milliarden Euro, hat Guttenberg damit eingespart. Führende Militärs knüpften an die Aussetzung der Wehrpflicht Erwartungen, die dann herb enttäuscht wurden. „Unsere Idee war: Das eingesparte Material kann man für die verbliebene Truppe verwenden. Aber Material und Geld waren weg“, sagt der ehemalige General Hans-Lothar Domröse, bis zu seiner Pensionierung einer der höchsten Nato-Generäle. Für viele Kritiker begann mit Guttenberg die Abwärtsspirale für die Bundeswehr. Der frühere Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) sprach später sogar von der „Zerstörung der Bundeswehr“. [….]

(SZ, 29.04.2022)   (….)

(Bundeswehr 2022, 19.06.2022)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Kanzler 16 Jahre desinteressiert auf die Ukraine blickte und Putin achselzuckend signalisierte „mach‘ ruhig; ich halte die Füße still, wenn du mal ein paar Grenzen verschieben willst.“

(…..) Erst 2005 unter Angela Merkel brach allerdings die Unsitte an, den Chefsessel auf der Hardthöhe aus reinen Proporzgedanken an politische Gestalten zu vergeben, die nicht nur völlig fachfremd waren, sondern auch gar kein Interesse an dem Job hatten. KTGs Ehrgeiz sollte gezügelt, von der Leyens Ambitionen auf die Kanzlerschaft eingedampft werden. Annegret Kramp-Karrenbauer, Merkels Nachfolgerin im Amt der Parteivorsitzenden und mutmaßliche Wunschnachfolgerin als Kanzlerin, hatte sich bewußt gegen einen Ministerposten entschieden, um nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden zu sein. Sie sollte sich außerhalb Merkels Machtbereich profilieren, um nicht weiter als „Merkels Kammerzofe“ (Naziblog PP) verspottet zu werden. Eigentlich eine gute Idee, die allerdings in der Praxis nicht funktionierte, da die extrem fromme ehemalige ZdK-Frau AKK zu charismafrei und zu doof war, um sich auch nur in ihrer eigenen Partei durchzusetzen. Sie schrumpfte sich selbst zur Witzfigur, der die Mini-CDUler in der ostdeutschen Provinz ungeniert auf der Nase tanzten. Merkel musste zu AKKs Rettung einschreiten und ihr irgendeinen Machtposten zuschieben. Da sich die große Versagerin und Lügnerin von der Leyen gerade endgültig blamiert aus der Bundespolitik nach Brüssel rettete, war ihr alter Job der einzige, der gerade frei war. Die Bundeswehr sollte AKK retten und nicht etwa umgekehrt, AKK die Bundeswehr. Wie ihre zweieinhalb Jahre, vom  17. Juli 2019 bis zum 8. Dezember 2021 als Bundesministerin der Verteidigung ausgingen, ist genauso bekannt wie es zu erwarten war: Als Vollkatastrophe. Bundeswehr in Lyse, Truppen demotiviert, alle Waffensysteme und Ausrüstungsgegenstände totaler Schrott, Beschaffungswesen nach wie vor hoffnungslos verkrustet und bürokratisiert.

Selbstredend gibt es keine funktionierende schweren Kriegsgeräte, kein Hightech. Aber nach den 16 CDU-Merkel-Jahren ist die Bundeswehr noch nicht mal mehr in der Lage simpelste fehlende Artikel wie Ferngläser, Stiefel oder gar ein Gewehr zu kaufen. Finanzminister Scholz hatte den Verteidigungsetat 2018 bis 2021 im Gegensatz zu seinen Unionsvorgängern, schon deutlich erhöht, aber von der Leyen und Kramp-Karrenbauer waren noch nicht mal fähig, die Mittel abzurufen. Sie schoben lediglich gewaltige Summen an CDU-affine Beraterfirmen, deren Mitarbeiter Tagessätze von mindestens 1.000,- Euro abrechneten, durch die Flure des Ministeriums spazierten und selbstverständlich nichts erreichten, außer leidenschaftlich von den Militärs gehasst zu werden. (…..)

(21 Kriegsminister, 16.01.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welcher linksgrüngelbe Verteidigungsminister so irre war die Ersatzteilversorgung zu stoppen.

(….) Die Metaphorik der sterbenden Bundeswehr scheint etwas überstrapaziert, wenn sie schon 2010 von Schäuble und Westerwelle „den Todesstoß“ bekam, ein Jahr später von Guttenberg „zerstört“ wurde und schließlich in drei grundsätzlichen weiteren katastrophalen politischen Fehlentscheidungen Thomas de Maizières „kaputt gemacht wurde.“  Merkels Lieblings- und Lügenminister war es, der das Chaos beim Beschaffungswesen, die Desorientierung des Ministeriums und die chronische Mängelverwaltung einführte.

[….] De Maizière aber wollte das Haus wie ein gewöhnliches Ministerium führen, die Strukturen verschlanken. Er löste zum einen den militärischen Führungsstab, der für den Generalinspekteur als Steuerungsinstrument zur Führung der Streitkräfte und als Expertengremium wichtig war, in seiner bisherigen Form auf. Und er schaffte zum anderen den Planungsstab ab – und stürzte das Ministerium laut Kritikern ins Chaos. [….]

(SZ, 29.04.2022)

In der Folge wußten zivile und militärische Beamter nicht mehr was die anderen tun und eine stringente Führungspolitik wurde unmöglich.

Im nächsten Streich talibanisierte er die Materialbeschaffung, so daß es heute viele Jahre und Myriaden Aktennotizen braucht, um Unterhosen oder Stiefel zu kaufen, weil nur noch zentralisiert über Karlsruhe eingekauft werden kann.

[….] Vorher waren die Teilstreitkräfte für die Materialerhaltung selbst zuständig. Seither muss sich das Beschaffungsamt in Koblenz, ein bürokratisches Ungetüm mit mehr als 6000 Mitarbeitern, um alles kümmern, vom komplexen Waffensystem bis zur Winterjacke. Das gesamte Beschaffungswesen ist dadurch noch schwerfälliger und intransparenter geworden. Und immer wieder hört man Kritiker von einer „Verantwortungsdiffusion“ sprechen, die mit den Reformen entstanden sei. [….]

(SZ, 29.04.2022)

Für eine funktionierende Bundeswehr sind 100% Ausrüstung das absolute Minimum, weil dann keinerlei Ersatz oder Reserve vorhanden sind. Der debakulierende de Maizière, immerhin Sohn des ehemaligen Bundeswehr-Generalinspekteurs, kam nun auf die völlig aberwitzige Idee, die Ausstattung grundsätzlich auf 70% zurückzufahren. Die grotesken Folgen sind inzwischen Gegenstand unzähliger Reportagen. Bevor ein Bundeswehr-LKW oder Panzer fährt, bevor ein Schiff in See sticht oder ein Hubschrauber in die Luft fliegt, muss nun erst einmal ein anderes Fahrzeug ausgeschlachtet, und damit lahmgelegt werden, weil es nie genügend Teile für alle gibt.

[….] 70 Prozent Ausstattung galt als genug. Bedingt abwehrbereit zu sein, das galt nun nicht als Beschreibung des Mangels, sondern als offizielle Zielvorgabe. „Das war ein Bruch mit dem bisherigen Organisationsprinzip, die Abkehr von der Vollausstattung“, sagt der Ex-Wehrbeauftragte Bartels. Deutsche Einheiten, die ins Manöver oder zu den Nato-Truppen ins Baltikum geschickt wurden, mussten sich Ausrüstung und Ersatzteile von überall zusammenleihen, oft wurden dafür andere Bundeswehr-Fahrzeuge ausgeschlachtet, die dann ihrerseits nicht mehr einsatzbereit waren. Der Militärhistoriker Sönke Neitzel nennt diese Entscheidung schlicht „Wahnsinn“.  Keine Einheit ist mehr aus eigener Kraft einsatzfähig. „Ein Panzerkommandant ohne Panzer ist wie ein Ponyhof ohne Ponys“, sagt Domröse. [….]

(SZ, 29.04.2022)

Üblicherweise hält man Jens Spahn oder Andreas Scheuer für die schlechtesten Bundesminister aller Zeiten. Aber Thomas de Maizière wird auch immer ein Top-Anwärter für die Eselskrone sein.

Die Bundeswehr konnte sich fortan nur noch mit der „Operation Läusekamm“ auf einen Einsatz vorbereiten. Da alle Geräte halb auseiandern gebaut waren und keine Ersatzteile zu kriegen sind, musste man erst bei anderen Einheiten auf Raubzug gehen. (….)

(Bundeswehr 2022, 19.06.2022)

Wenn Wadephul nur wüßte, welche linksgrüngelben Obertrottel das Bundeswehrbeschaffungswesen kaputt bürokratisierten.

 Wie heute jeder weiß, ist die deutsche Bundeswehr im internationalen Vergleich finanziell recht gut aufgestellt. Boris Pistorius hat mehr Geld zur Verfügung, als sein französischer Kollege, der damit aber auch noch Atomwaffen und diverse Flugzeugträger unterhalten muss.

Deutschland ist nur zu blöd, das viele Geld sinnvoll auszugeben und hatte insbesondere unter den CDU-Kanzlern nie einen Plan wozu es eigentlich überhaupt Militär einsetzen möchte.

[….] In der Bundesrepublik gab es, flapsig gesagt, fünf Phasen der Wahrnehmung der Armee durch „die“ Bevölkerung. (Die Anführungszeichen deuten an, dass es sich um eine grobe Verallgemeinerung handelt, wie dies im Social-Media-Zeitalter üblich ist.)

Die erste Phase: Wir wollen keine Armee mehr. Der Weltkrieg. Fünfzigerjahre, erste Hälfte. Die zweite Phase: Wir brauchen leider eine Armee. Die Sowjets. Zweite Hälfte Fünfzigerjahre bis Achtzigerjahre. Die dritte Phase: Wir brauchen keine Armee mehr. Sowjets weg, wir haben gewonnen. Die Neunziger Jahre. Vierte Phase: Wir brauchen ein bisschen Armee, muss aber billig sein. Nuller- bis neue Zwanzigerjahre. Fünfte Phase: Ohgottohgott, wir haben ja nur eine kleine, billige, unmoderne Armee. Aber der Russe, der Chinese und überhaupt. Seit Februar 2022.  [….]

(Kurt Kister, 05.05.2023)

Die „das muss alles billiger“-Phase fiel in die Merkel-Zeit. Leider kümmerte sich die Kanzlerin aber nicht nur selbst nicht die Bohne um ihre Soldaten, sondern sie setzte auch noch ausrangierte besondere Pfeifen als Verteidigungsminister ein.

[….] Gute Verteidigungspolitik in der vierten Phase wäre ein allmählicher, geplanter Übergang von der Wehrpflichtarmee zu einer Freiwilligentruppe gewesen. Dazu hätte der Abbau alten Materials gehört, aber auch die anhaltende Modernisierung der immer noch nötigen Ausrüstung und Bewaffnung. All das wurde – unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel und der tätigen, wechselnden Mithilfe von CDU, CSU, SPD und FDP nicht nur versäumt, sondern bewusst unterlassen. (Dass die Grünen daran nicht aktiv beteiligt waren, liegt ausschließlich daran, dass sie in jener Zeit nicht zu den Bundesregierungen gehörten.) Was erreicht wurde, war die fünfte Phase: Ohgottohgott, wir haben ja nur eine zusammengekürzte, unmoderne Armee! Zurzeit erfüllt sich auch in der Armee eine Erfahrung, die man in jeder Firma macht, wo man erst wild kürzt und Leute „abbaut“, um dann festzustellen, dass man überraschenderweise nicht mehr genug Leute hat und vor allem nicht mehr die richtigen. Auch bei der Bundeswehr war das dauernde Kürzen mehr ein Beschneiden der Zukunft als eine Kürzung der Kosten.   [….]

(Kurt Kister, 05.05.2023)

Nun funktioniert gar nichts mehr und die Strukturen wurden von den C-Ministern Franz Josef Jung (2005-2009), Karl-Theodor zu Guttenberg (2009-2011), Thomas de Maizière (2011-2013), Ursula von der Leyen (2013-2019) und Annegret Kramp-Karrenbauer (2019-2021) so hoffnungslos ruiniert, daß es nicht mehr ausreicht, Geld drauf zu gießen. Das Bestellen von Knieschonern oder Thermounterwäsche überfordert das Bundeswehrbeschaffungsamt schon derartig, daß dafür zehn Jahre ins Land gehen.

(….) Es gibt aber Verantwortliche. Das sind in erster Linie zwei Männer. Einerseits der Deutschen liebste Politiker seit 40 Jahren: Karl-Theodor von und zu Googleberg und andererseits Merkels Lieblingsminister Thomas de Maizière.

Der CSU-Mann und der CDU-Mann brachen unter der Aufsicht des CDU-Kanzleramtes der Bundeswehr den Rücken. Dafür werden sie offenbar auch innerhalb der Bundeswehr immer noch gehasst wie die Pest. Von der Leyen und Kramp-Karrenbauer waren nur zu schwach uns zu unbedarft, umzusteuern. Kaputt gemacht haben den amoralischen Laden aber die beiden genannten CDUCSU-Herren. (….)

(Männerproblem im Verteidigungsministerium, 19.01.2023)

Wenn Wadephul nur wüßte, welche linksgrüngelben Minister und Kanzler die Bundeswehr in diesen jämmerlichen Zustand brachten, den Wadephul nun beklagt!