Nachdem Obama für einige Republikaner
überraschend klar die letzte Präsidentenwahl gewonnen hatte – mit deutlich über 50%
der Stimmen – brach das Rätselraten los woran es gelegen haben konnte.
Zwei Fraktionen mit
diametral entgegengesetzten Erklärungen bildeten sich.
Die einen behaupteten sie wären viel zu
radikal gewesen. In einer Zeit, in der über 50% der Amerikaner für die Homoehe
votieren, die Freigabe von Marihuana befürworten und zunehmend kriegsmüde sind,
galten die ultrafundamentalistischen GOP-Politiker, die jeden Kompromiss
kategorisch ablehnten und ausschließlich die Positionen der Superreichen
vertraten als schlicht unwählbar.
Sie sollten sich vorsehen
nicht zur „stupid party“ zu werden, die in der immer bunter werdenden
US-Gesellschaft zur Minderheit werden muß.
Die WASPs (White
Anglo-Saxon Protestant) werden von der einstigen alles bestimmenden Mehrheit
kontinuierlich zur Minderheit.
Hat man sich erst einmal dran
gewöhnt, daß Schwarze, Asiaten und Hispanos weltbeste Golfer, US-Präsidenten
und oberste Richter sind, wird es absurd eine Agenda zu vertreten, die genau
das ausschließen will.
Die Gegenposition vertreten
extrem konservative Ultras mit eben so viel Verve.
Man habe gegen Obama
verloren, weil Romney sich sträflich weichgespült gezeigt hätte. Bei
Abtreibung, Sozialstaat und Außenpolitik wären die GOP-Positionen so verwässert
gewesen, daß die weißen Strenggläubigen aus dem Bible-belt, für die
Evolutionstheorie und Atheismus echte Todsünden darstellen, einfach zu Hause
geblieben wären.
Vermutlich stimmt beides.
Geistig zurückgebliebene
Radikalinskis wie Palin und Bachmann, sowie bösartige ultrarechte Demagogen und
Lügner wie Rubio und Ryan sind für die Wähler aus der Mitte einfach zu extrem.
Andererseits vertreiben
die wenigen verbliebenen Republikaner, die noch halbwegs zurechnungsfähig sind –
wie zum Beispiel der neue Verteidigungsminister Chuck Hagel oder der einstige
Hoffnungsträger Chris Christie - die fanatisierten Teebeutler von den Urnen.
Schwer vorstellbar, daß
sich demnächst eine republikanische Führungsfigur finden läßt, die wie einst
Ronald Reagan das ganze GOP-Spektrum abdeckt.
Das Spektrum ist nämlich
breiter und bunter geworden.
Zunächst einmal sind das
schlechte Nachrichten für die US-Politik. Denn eine derartig fanatische in
Richtungskämpfe verstrickte GOP macht die Zusammenarbeit im Congress unmöglich.
Die wichtigsten Vorhaben
der US-Politik liegen alle auf Eis, weil Obama immer noch nichts gegen das „House“
durchsetzen kann.
Selbst wenn wie bei den background-tests bei Waffenkäufen 91%
der Amerikaner die Obama-Linie unterstützen.
Der US-Senat sperrt sich gegen ein neues Waffenrecht, Amerikas Attentatsopfer sind entsetzt. Das Scheitern zeigt, dass eine Reform in weiter Ferne liegt. Zu groß sind die Stärke der Waffenlobby, die Feigheit der Politik und die Kluft zwischen Volk und Volksvertretern.
Es ist eine simple, sinnvolle Vorschrift. Ein erster Schritt gegen die Waffengewalt in den USA. Sie nutzt allen Unschuldigen und schadet keinem, außer Terroristen, Attentätern und anderen Kriminellen. 91 Prozent der Amerikaner stimmen ihr zu - darunter 88 Prozent der Republikaner und ein ebenso hoher Anteil aller US-Haushalte, die Waffen im Schrank haben.
Background-Checks für Waffenkäufe im Internet und auf Waffenmessen: Senatoren beider Parteien erstritten die Vorlage, unter Führung des Republikaners Pat Toomey (Pennsylvania) und des Demokraten Joe Manchin (West Virginia). Zwei Waffenfreunde aus zwei waffenfreudigen Bundesstaaten, was kann da noch schiefgehen?
[…] Der Senat schmetterte die Vorlage ab. […] "Schämt euch!", rief Patricia Maisch, die das Attentat in Arizona überlebt hatte, ins Plenum. […] Die Schande des Senats, wie es fast alle nun zu Recht titulieren, offenbart nicht nur die Unfähigkeit dieses 113. US-Kongresses, dem Wahlergebnisse nichts mehr bedeuten, ganz zu schweigen von gesundem Menschenverstand. Sie offenbart den eisernen Würgegriff der Waffenlobby NRA, das feige Kalkül der Politik, die Kluft zwischen Volk und Volksvertretern. Die NRA diffamiert den Vorstoß, indem sie eiskalt lügt: Er "kriminalisiere" den Waffenbesitz "ehrlicher Bürger" und schaffe eine "massive" Datenbank des Allmachtsstaats - wo sie doch genau das Gegenteil täte. Und selbst wenn: Abermillionen Amerikaner haben nichts dagegen, sich prüfen und/oder registrieren zu lassen, beim Kauf von Erkältungsmitteln, Schnaps, Handys, Hunden - alle mühsamer zu erstehen als Schusswaffen.
Vor allem aber droht die NRA den Senatoren, ihre Wiederwahl zu sabotieren. Einige davon verteidigen ihr Nein nun mit der ebenso brisanten Einwanderungsreform, die am Donnerstag auf den Weg kam: Zweimal mutig abzustimmen könne man sich eben nicht leisten.
Sie verbiegen sich lieber für die Immigranten als für die Attentatsopfer, schließlich sind die einen potentielle Wähler und die anderen tot.
Präsident Barack Obama, der bisher mit jeder Waffeninitiative gescheitert ist, war so empört wie selten. "Ein ziemlich schändlicher Tag in Washington", donnerte er im Rosengarten des Weißen Hauses.
Langfristig wird eine
derart zerfasernde GOP allerdings die Mehrheitsfähigkeit verlieren und den Demokraten
wieder Mehrheiten in beiden Kongresskammern ermöglichen.
Sie könnten sich dann
auch wieder ein bißchen nach links orientieren – so wie es sich die Basis
wünscht.
Dann könnte es wieder
voran gehen in Amerika.
Insofern bin ich froh über
jeden rechtsextrem-religiösen Spinner im GOP-Lager, der sich und seine Partei
mehr ins Aus schießt.
Der erste geistige Gigant
des Konservatismus, den ich in dieser neuen Reihe vorstellen möchte, ist eine
Frau namens Sue Everhart, die alterslose* GOP-Chefin in Georgia. *(Nach einer Stunde Recherche konnte ich immer noch keine Altersangabe finden).
Sie ist nicht irgendwer, sondern eine echte Parteikarrieristin.
Sie ist nicht irgendwer, sondern eine echte Parteikarrieristin.
Sue Everhart was elected the first woman Chairman of the Georgia Republican Party in May of 2007. […] In 2008, 2011 & 2012, Sue was selected by Georgia Trend Magazine as one of the 100 Most Influential Georgians and was also named to the 2012 James’ Most Influential list by James Magazine. She is a former banker and currently serves on the Advisory Board for the Cobb County Symphony. […] Everhart was re-elected as Chairman of the Georgia Republican Party in May of 2009 and again in May of 2011, making her the first Chairman to serve three consecutive terms. In June 2009, she was appointed to be a member of the RNC Ethics Committee. In September 2009, Sue was chosen as one of ten women in the United States to be honored as a woman of Achievement by the RNC. Chairman Everhart currently serves on the RNC Rules Committee.
Everhart hat eine ganz
neue Gefahr der Homo-Ehe ausgemacht. Sie lade Heteros zum Betrug („fraud“) ein.
Betrug, wie er eben nur unter Gleichgeschlechtlichen stattfindet. In
Hetero-Ehen gibt es das nicht.
“You may be as straight as an arrow, and you may have a friend that is as straight as an arrow. Say you had a great job with the government where you had this wonderful health plan. I mean, what would prohibit you from saying that you're gay, and y'all get married and still live as separate, but you get all the benefits? I just see so much abuse in this it's unreal.”
Everhart does not note the possibility of marriage fraud among opposite-sex couples, though others have warned against marriage fraud committed in order to get immigration benefits. In reality, the number of proven cases of such fraud is extremely small.
Everhart also said she could not understand how two gay people could ever have sex. "If it was natural, they would have the equipment to have a sexual relationship," she told the Journal.
Solche Aussagen machen
eine GOPerin auch weltweit bekannt.
Ihre Ansichten schafften es in die deutsche
Presse.
Sue Everhart glaubt, die Homo-Ehe ist nur ein Trick von Lobbyisten, um ungestraft Betrug zu begehen.
Immer mehr Amerikaner unterstützen die Ehe-Öffnung. Bei Homo-Gegnern innerhalb der oppositionellen Republikaner führt das zu panischen Vergleichen.
Sue Everhart […] erklärt, die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben führe dazu, dass Heteros eher zu Betrügern werden: "Man selbst mag stockheterosexuell sein, ebenso wie ein Freund", so Everhart, die der rechtspopulistischen "Tea Party"-Bewegung nahe steht.
Da viele Arbeitsverträge die kostenlose Krankenmitversicherung anbieten, würden Heteros verführt, einen gleichgeschlechtlichen Partner zu heiraten, sagte die Südstaatlerin: "Was würde Sie daran hindern zu behaupten, schwul zu sein und einander zu heiraten. Man muss ja nicht zusammenleben, aber würde alle Unterstützungsleistungen erhalten." Die Debatte um Homo-Rechte sei der Kampf von wenigen, die eine "Freifahrt" erhalten wollten. Offenbar geht sie aber nicht davon aus, dass eine heterosexuelle Ehe betrügerisch sein kann.
[…] Mehrere Republikaner haben in den letzten Wochen einen Meinungswandel bei schwul-lesbischen Rechten verkündet: So unterstützt mit Rob Portman erstmals ein republikanischer Senator die Ehe-Öffnung (queer.de berichtete). Auch mehrere hochrangige Provinzpolitiker sprechen sich inzwischen für die Gleichbehandlung aus. So hatte der Republikaner-Chef von Illinois kürzlich gefordert, die Ehe zu öffnen. Daraufhin verlangten mehrere Parteifreunde seinen Rücktritt.
Was für eine Vorlage!