Sonntag, 25. Mai 2025

Kampf um die USA

So viel kann man bisher sicher sagen:
Trump ist kein Demokrat. Er macht sich systematisch daran, den Geist der US-Verfassung zu zerschlagen

Er wird dabei nicht von der Opposition, nicht von der Legislative, nicht von der Judikative, nicht von der Presse aufgehalten.

Trump vermochte es in den letzten neun Jahren, fast jeden republikanischen Abgeordneten, der nicht 100% den orangen Irrsinn unterstützt, aus seinem Amt zu werfen.

Nur noch eine Handvoll US-Senatoren der GOP wagten es, Zweifel anzumelden, als hochkorrupte und hochgefährliche Typen wie Hegseth oder RFK ins Kabinett aufrückten. Wer aber Widerspruch äußert, wird genau wie Staatsanwälte, Richter oder Journalisten, die Trump kritisieren, von der MAGA-Base mit Todesdrohungen überzogen.

[…..] EXCLUSIVE: Rep. Mark Pocan just blew the lid off a MAGA cover-up: FOUR Republican Senators switched their votes to confirm Trump’s cabinet after their families got death threats from MAGA lunatics. That’s not democracy. It’s terrorism - and it’s infecting the GOP from inside.  [….]

(@CalltoActivism, 23.05.2025)

Sie erwischen also selbst diejenigen, die bereit sind für demokratische Überzeugungen zu sterben, indem ihre Kinder, Eltern, Ehepartner attackiert werden.

Es ist wie in Action-Serien à la „Homeland“, wenn der Held von den bösen Buben erwischt wird und im Angesicht der zu erwartenden satanischen Folter trotzig und entschlossen „aus mir kriegt ihr nichts raus, ihr könnt mich foltern wie ihr wollt“ zischt. Und sein vermeidlicher Peiniger nonchalant antwortet, „keine Sorge, ich werde dir kein Haar krümmen“ um dann mit einem Handzeichen den Blick auf die im Nebenzimmer gefesselten kleinen Töchter des Helden freizugeben: „Ich werde SIE vor deinen Augen zu Tode foltern!“

Dem Sadisten und Sozipopathen Trump gefallen solche Methoden.

Liberale Institutionen leben in Angst und verstummen im vorauseilenden Gehorsam. Es ist ein einziges Trauerspiel, im Jahr 2025 abends meine einst so geliebten CNN-panels zu sehen, wenn zu jedem noch so abstrusen Trumpismus (wie beispielsweise dem Genozid-Vorwurf an Ramaphosa) seine Stiefellecker im Studio sitzen und gegenüber Laura Coates den Bullshit schönreden.

Liberale Schlachtschiffe, wie die Washington Post, die sich noch bis 2021 sehr kritisch mit Trump befassten, sind auf Linie gebracht. Auf Geheiß des Tech-Multimilliardärs Jeff Bezos wurde die gesamte WaPo-Redaktion in Trumps Mastdarm geschoben.

[….] in wahnwitzigem Tempo schreddert der Präsident den Rechtsstaat und das Wertesystem des Westens. „Ich hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, aber es ist noch schlimmer“, sagt Martin Baron [WaPo-Chefredakteur bis 2021] an seinem Schreibtisch in der Provinz. Trump kam ihm immer wie ein aufstrebender Autokrat vor. Inzwischen fürchtet er, „dass die US-Institutionen, einschließlich der Presse, zerbrechlicher sind, als wir uns das vorgestellt haben“. [….] 2020 wandte sich die Zeitung noch klar gegen seinen Versuch der Wiederwahl und nannte ihn „den schlechtesten Präsidenten der Neuzeit“.  2024 blieb die Post das erste Mal seit 36 Jahren neutral – und bekam auch gleich Gesellschaft vom ebenfalls steinreichen Patrick Soon-Shiong, dessen Los Angeles Times sich auch nicht für die Demokratin Harris aussprechen durfte. [….]  Bezos, Soon-Shiong und andere Magnaten fürchteten wohl eher um ihre anderen, viel größeren Geschäfte.

Publikum und Belegschaft waren entsetzt. Es sei ein schrecklicher Fehler, schrieben 21 Kolumnisten der Washington Post in einem Statement. Eine unabhängige Zeitung könne auf die Unterstützung von Präsidentschaftskandidaten schon irgendwann verzichten. „Aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt, wenn ein Kandidat Positionen vertritt, die die Pressefreiheit und die Werte der Verfassung direkt bedrohen.“

Das sei „Feigheit, mit der Demokratie als Opfer“, zürnte der vormalige Redaktionsleiter Baron auf X. Trump werde das als Einladung feiern, Bezos und andere weiter einzuschüchtern. „Beunruhigende Rückgratlosigkeit einer Institution, die für ihren Mut bekannt ist.“

Mehr als 300 000 Abos wurden bei der Washington Post seitdem storniert, genaue Zahlen gibt es nicht. Einige der prominentesten und Trump-kritischsten Kommentatoren gingen sofort, darunter Robert Kagan und Michele Norris. Und das war erst der Anfang.  Als Trump gewann, gratulierte ihm Bezos zu einem „außergewöhnlichen politischen Comeback“, spendierte eine Million Dollar für die Einstandsfeier und pilgerte zu dessen Strandpalast Mar-a-Lago nach Florida. Dort vereinbarte Bezos gleich eine Amazon-Doku über die First Lady Melania, die Lizenz lässt er sich laut Wall Street Journal vierzig Millionen Dollar kosten.

Bei Trumps Vereidigung im Kapitol saß er dann neben Musk, Zuckerberg und anderen Milliardären. Da versammelten sich Tech-Größen, die früher so liberal dahergekommen waren und den Aufschneider Trump verachtet hatten. Was Martin Baron bei diesen Bildern durch den Kopf ging? „Ich fand es ekelhaft“, sagt er. „Wenn man unabhängig ist, sollte man bei einer Amtseinführung nicht auf dem Podium sitzen.“ [….] Später durfte sich die US-Regierung in einem Gastbeitrag in der Washington Post selbst loben, der Autor: Vizepräsident J. D. Vance. „Das bestätigt nur, dass die Post dem Untergang geweiht ist“, lautete einer von Tausenden Leserkommentaren unter dem PR-Beitrag. [….]  

(Peter Burghardt, 18.05.2025)

Es gibt nur noch einzelne Journalisten mit Rückgrat, die da nicht mitmachen, aber die verlieren ihre Jobs.


Jake Tapper, das prominenteste CNN-Gesicht, macht unterdessen Furore mit einem Buch, in dem er zur größten Freude Trumps, vernichtend mit Joe Biden abrechnet.

[….] Ein Enthüllungsbuch zeigt eindringlich auf, wie es tatsächlich um Joe Bidens Gesundheitszustand bestellt war. Das Fazit ist vernichtend. Der CNN-Journalist Jake Tapper und der Axios-Journalist Alex Thompson dokumentieren in ihrem Buch „Original Sin“ (die deutsche Version titelt „Hybris: Verfall, Vertuschung und Joe Bidens verhängnisvolle Entscheidung“) Bidens kognitiven Verfall. Dafür führten die Reporter mehr als 200 Interviews mit Bidens innerem Zirkel und dokumentierten seine öffentlichen Auftritte. Dabei soll es mit Bidens Gesundheitszustand nicht erst kurz vor den US-Wahlen im November bergab gegangen sein.  [….]

(Simon Schröder, FR, 25.05.2025)

Es ist in wahren Wortsinn lebensgefährlich Trump zu widersprechen. Das wissen auch Bundesrichter und Staatsanwälte. Sie schweigen lieber. So wie Promis, Instagrammer, Influencer, Schauspieler, Sänger, Wissenschaftler. Einige sehr Bekannte haben aus Sorge um ihre Familien die USA verlassen, einige, sehr wenige (zB in Harvard) wehren sich. Noch.

Dabei bleibt nicht nur die öffentliche Kritik am Trump-Faschismus leise. Man schweigt auch privat, weil Big Tech mit Trump koaliert und inzwischen nahezu alle persönlichen Daten über jeden US-Bürger kennt. Die Republikaner ließen Musk und seinen DOGE-Team widerstandslos die intimsten Daten absaugen.

Zum extremen Gruseln empfehle ich dringend Klaus Klebers Dokumentation "Trump und das Silicon Valley – Staatsstreich der Tech-Milliardäre".

UNBEDINGT ANGUCKEN

[….] Das Konzept von "Flood the Zone with Shit", einst ausgerufen von Trump-Flüsterer Steve Bannon, zeigt Wirkung: Öffentlichkeit und Medien kommen nicht mehr hinterher. Sie schaffen es nicht, all die Falschbehauptungen, Gesetzesbrüche und Dummheiten ans Licht zu bringen und zu untersuchen, während die MAGA-Maschinerie weiter auf Hochtouren läuft. Anführer der digitalen Revolution – es sind fast ausschließlich Männer – bemannen die Trump-Administration mit ihren Leuten und mit Vize-Präsident JD Vance an der Spitze. Sie sollen dafür sorgen, dass alle Beschränkungen für ihre Unternehmen und Auftraggeber fallen. Projekte wie Krypto-Währungen, der Einsatz künstlicher Intelligenz in allen Bereichen von Wissenschaft, Wirtschaft und Militär, ungehemmte, unterschiedslose Verbreitung von News, Legenden und Behauptungen und rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen sollen die USA zur Übermacht des 21. Jahrhunderts machen. Sonst, so ihr Argument, wird China diese Position einnehmen.

Alles muss mit Hyper-Geschwindigkeit gehen, wie es der Über-Unternehmer Elon Musk vorgemacht hat. Innehalten, Nachdenken, gesellschaftliche Leitplanken sind für die Männer aus dem Silicon Valley bloß Hindernisse. Ethik und moralische Bedenken – etwa gegen Eugenik, Optimierung des menschlichen Erbguts – sind aus ihrer Sicht etwas für Feiglinge. Die westliche Welt soll die altmodische Abneigung gegen autokratische Führer überwinden. Denn Demokratie erscheint vielen Silicon-Valley-Unternehmern als zu langsam. Sie wollen die USA führen wie ihre Unternehmen – unter einem machtvollen Anführer. Noch hat sich Widerstand dagegen nicht formiert. Mahner aus Medien, Universitäten und NGOs blicken stattdessen hoffnungsvoll nach Europa – dort soll ihr Amerika ein Vorbild finden.   […]

(ZDF Presse, 19.05.2025)

 Die einzige Chance, Trump aufzuhalten, nachdem alle klassischen Säulen der USA versagen, bleibt nur noch Trumps ökonomische Ignoranz. Er ist hoffnungslos verblödet und versteht nichts von Wirtschaft.

[….] Wie kann zudem jemand, der angeblich Unternehmer war, so wenig von Wirtschaft verstehen? Trump will nun 50 Prozent Zoll auf alle Produkte aus der EU erheben; auch Apple droht er mit zusätzlichen Abgaben, sollte der Konzern seine Smartphones nicht endlich in den USA herstellen. Was er alles ignoriert: den Umstand, dass ein Handelsdefizit immer auch Ausdruck der Konsumfreude seiner Amerikaner ist; die internationale Arbeitsteilung, in der jedes Land das herstellt, was es besser oder billiger kann – eine Produktion von iPhones in den USA hätte zur Folge, dass sie unbezahlbar würden. Und so weiter.  Trump kapiert es möglicherweise nicht. Zum Schaden der Amerikaner und der Welt ist er auch noch stolz darauf.  [….]

(Detlef Esslinger, 23.05.2025)


Nur wenn Trump es vermag die gesamte US-Wirtschaft so sehr in den Abgrund zu ziehen, daß auch seine 77 Millionen MAGAs extrem leiden, hungern, ihre Jobs, ihre Häuser und Krankenversicherungen verlieren, gibt es eine Chance, daß diese nahezu völlig realitätsresistenten Fanatiker sich von ihrem Messias abwenden.