Ein Minus vorm Komma des Deutschen Wirtschaftswachstums?
Das muss man nach einer Dekade Dauererektion erst mal hinbekommen.
Das muss man nach einer Dekade Dauererektion erst mal hinbekommen.
Chapeau, Wirtschaftsminister Altmaier! So fehl am Platze war
seit den FDP-Mann-Tagen keiner mehr auf dem Sessel.
(….) Ich erinnere mich noch an
eine Generalaussprache, als [Ingrid Matthäus-Maier] auf die Vorstellung des
Haushalts von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt Mitte der 1990er klagte:
„Wir hatten einen Bangemann, wir
hatten einen Haussmann, wir hatten einen Möllemann – wann bekommen wir endlich
einen Fachmann?“
Erhört wurde ihre Klage freilich
nie.
Fünf Bundeswirtschaftsminister
von der FDP in Folge hatten das Amt abgewirtschaftet.
Rexrodt war nicht nur wie seine
Vorgänger überfordert, sondern wurde gar nicht mehr ernst genommen. Die Presse
beschrieb ihn als peinlichen „Grüßaugust“, den noch nicht mal
Industrielobbyisten beeinflussen mochten, weil zu offensichtlich war wie
desinteressiert und machtlos er war. (….)
Im Gegensatz zu den anderen EU-Staaten galt die robuste
deutsche Exportwirtschaft eigentlich als unkaputtbar.
Aber eine völlig untätige Bundesregierung, die den völlig
aus dem Ruder laufenden Branchen (debakulierende Auto-Hersteller, kriminelle
Banken, subventionshungrige Bauern) keinerlei Vorgaben macht, kann auch das was
Gerd Schröder mit der Agenda 2010 aufgebaut hat, wieder einreißen.
Breitbandausbau? Glasfasernetz? Die Mehrheit der Krankenhäuser bildet gar nicht aus?
Energietrassen?
Während Trump Handelskriege anzettelt, ist die deutsche Kanzlerin international gar nicht mehr vorhanden.
Natürlich wird Deutschlands Wirtschaft bei so einer
geballten Ladung demonstrativen Hände-in-den-Schoß-legen irgendwann abgehängt.
Im Jahr 2018 behauptete der Wirtschaftsminister noch, das
deutsche Wirtschaftswachstum werde 2019 etwa zwei Prozent betragen.
Ende Januar 2019 erkannte er, den Mund zu voll genommen zu
haben.
[….] Zwar befinde sich die deutsche Wirtschaft das zehnte Jahr in Folge auf
Wachstumskurs, so Altmaier. Die Bundesregierung erwartet für 2019 aber nur noch
eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent. In ihrer Herbstprognose
war die Regierung noch von einem Plus von 1,8 Prozent ausgegangen. Im Gesamtjahr
2018 hatte Europas größte Volkswirtschaft nach einer ersten Schätzung des
Statischen Bundesamtes um 1,5 Prozent zugelegt, nach jeweils 2,2 Prozent in den
beiden Vorjahren. [….]
Dem Fachkräftemangel begegnete Altmaier mit gezieltem
Weggucken und festen Ohren zuhalten.
Die zerfallende Infrastruktur gehen Scheuer und Altmaier mit
maximalem Phlegma, Indolenz und Apathie an.
Dazu noch die internationalen Handelskabale, denen Frau
Merkel mit einem kräftigen Nickerchen begegnet. Die Folge: Im zweiten Quartal ging das Bruttoinlandsprodukt leicht
zurück.
[…..] Das reale (preisbereinigte) Bruttoinlandsprodukt in Deutschland war im
2. Quartal 2019 saison- und kalenderbereinigt um 0,1 % niedriger als im 1.
Quartal 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hat
sich die deutsche Wirtschaftsleistung somit etwas abgeschwächt. Im 1. Quartal
2019 hatte es noch einen Anstieg von 0,4 % zum 4. Quartal 2018 gegeben. [….]
In Phasen der Schrumpfung, insbesondere wenn sie durch
staatliche Untätigkeit eingeleitet wurde, tut eine vernünftige Regierung genau
das Gegenteil des von blanker Unkenntnis zeugenden Austeritäts-Wahnes à la
Schäuble und Merkel.
[…..] Die Griechen sparen bekanntlich
dermaßen, daß es quietscht.
Große Teile Athens mutieren zu
Slums, Nierenpatienten können sich ihre Dialyse nicht mehr leisten und Hunger
wird wieder alltäglich.
Es trifft, wie immer im
Kapitalismus, diejenigen, die nichts dafür können.
Deutschland ist der große
Profiteur der Schande von Griechenland.
Dort wird das einfache Volk
ausgepresst nachdem die griechische Regierung Deutschen Rüstungsfirmen
Milliarden-Aufträge erteilt hatte, hunderte Panzer kaufte, U-Boote
bestellte.
Deutsche Anleger freuen sich über
die Dividenden, die ihnen griechische Staatsanleihen bringen. Deutsche Banken,
als die griechischen Kreditgeber verdienen üppig am Hellas-Desaster.
Ganz Griechenland fungierte als
Absatzmarkt für deutsche Waren, die mit hartem Euro bezahlt wurden.
Aber der Krug ist inzwischen doch
gebrochen.
Nun breitet sich Elend aus,
während es Deutschland gut geht.
Nachdem immer mehr Berichte aus
griechischen Schulen auftauchten, in denen Kinder vor Hunger in Ohnmacht
fielen, war die Athener Regierung gezwungen Essensmarken auszugeben.
Das griechische
Bildungsministerium will arme Schüler und Familien mit Lebensmittelmarken
unterstützen. Von kommender Woche an sollen an 18 Schulen in neun
Arbeitervierteln kostenlos Coupons für Milch, Früchte und Kekse verteilt
werden, sagte die Staatssekretärin im Bildungsministerium, Evi
Christofilopoulou, dem Parlament nach Angaben der halbamtlichen
Nachrichtenagentur ANA. Die Marken bekommen dabei nur jene, die von den
staatlichen Sparmaßnahmen am härtesten betroffen sind.
Seit Monaten steht die
Regierung unter Druck diesbezüglich zu handeln. Denn Medien hatten über
unterernährte Schüler berichtet, die im Unterricht vor Entkräftung in Ohnmacht
fielen.
Die Lehrer können ihren Schülern
kaum behilflich sein. Der Durchschnitts-Jahreslohn eines griechischen Lehrers
sank aufgrund der Sparanstrengungen von rund € 20.000 auf € 12.000.
Die zynische Reaktion der
christlichen Bundeskanzlerin:
Es werde eben noch nicht genug gespart; Athen solle ein EU-Sparkommissar zur Seite gestellt werden.
Es werde eben noch nicht genug gespart; Athen solle ein EU-Sparkommissar zur Seite gestellt werden.
An dieser Stelle betone ich immer
wieder, daß die Merkel/Steinmeier-Regierung für das eigene Volk genau die
gegenteilige Kur durchführte.
Statt zu sparen, wurden gigantische Konjunkturpakete
geschnürt und die gepumpten Milliarden mit dem Füllhorn über die Deutschen
geschüttet.
Am 05. November 2008 legten
Steinbrück und Co das Konjunkturpaket I (Maßnahmenpaket
„Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung“) auf, welches Dutzende
Maßnahmen umfasste - darunter die wichtige Verlängerung des staatlichen
Kurzarbeitergeldes.
Finanz- und Wirtschaftsministerium betonten stolz:
Finanz- und Wirtschaftsministerium betonten stolz:
„Die Maßnahmen der
Bundesregierung fördern in den Jahren 2009 und 2010 Investitionen und Aufträge
von Unternehmen, privaten Haushalten und Kommunen in einer Größenordnung von
rd. 50 Mrd. €. Darüber hinaus gewährleisten Maßnahmen zur Sicherung der
Finanzierung und Liquidität bei Unternehmen die Finanzierung von Investitionen
im Umfang von gut 20 Mrd. €. Zusammen mit den vom Kabinett am 7. Oktober 2008
beschlossenen Maßnahmen werden allein in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt rd.
32 Mrd. € aus den öffentlichen Gesamthaushalten zur Verfügung gestellt.“
(BMWi und BMF Nov 2008)
(BMWi und BMF Nov 2008)
Der hyperaktive Bundesfinanzminister Steinbrück ruhte aber auch anschließend nicht und schob sofort ein weiteres staatliches Ausgabenprogramm an.
Das Konjunkturpaket II („Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes“) wurde im Januar 2009 beschlossen und hatte sogar einen noch größeren Umfang.
Es umfasste 13 Beschlüsse - darunter die berühmt-berüchtigte „Abwrackprämie“, den „einmaligen Kinderbonus“ von 100 Euro, massive Investitionen in den Breitbandnetzausbau und einen zehn Milliarden-Euro-Zuschuss für kommunale Investitionen.
Fast alle Parteien und Wirtschaftswissenschaftler sahen die Maßnahmen als notwendig an - außer der FDP, die heftig gegen die Maßnahmen wetterte.
Schließlich führten die staatlichen Ausgaben dazu, daß kein anderes EU-Land (außer Polen) so gut wie Deutschland durch die Krise kam.
Die damaligen Wohltaten gönnte
Merkel aber nur den Deutschen. Von den anderen EU-Problemstaaten verlangt sie
das diametrale Gegenteil.
Sie meint, daß man die
Verhungernden am besten durch Essensentzug heile. (…………………)
Die Konjunkturpakete von vor elf Jahren waren sehr teuer,
zahlten sich aber aus.
Angesichts der Trumpschen Schockwellen, die sich in Form von
Zollschranken, Zerschlagung von Handelsabkommen und Anheizen von Kriegen
zeigen, wären 2019 Konjunkturpakete erst recht angezeigt.
Diesmal müsste Deutschland noch nicht mal Zinsen zahlen,
sondern bekäme wegen der Negativ-Zinsen („Kapitalismus kaputt“) sogar Geld
dafür!
[….] Es ist der Moment, da der Staat als Stabilisator eingreifen muss – mit einem
mindestens auf fünf Jahre angelegten Programm zum Ausbau der Infrastruktur. Und
das wäre erheblich mehr als ein Stimmungsaufheller. Vielmehr können nur so die
Klimaschutzziele erreicht, die Wohnungsnot bekämpft und schnelles Internet
überall zur Verfügung gestellt werden. Zudem sind die Finanzierungsbedingungen
so gut wie nie. Wenn sich der Staat heute Geld leiht, muss er nicht nur keine
Zinsen zahlen, er bekommt sogar noch eine Gebühr von den Investoren dafür, dass
sie ihr Kapital zur Verfügung stellen dürfen. […]
(FT Wenzel, RND, 15.08.19)
Sogar die staatsfernste Stimme Deutschlands, der
Arbeitgeberpräsident fordert von der Groko Konjunkturprogramme.
[….] Diese Woche forderte selbst Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer - als
solcher sonst ja eher der Kategorie Markt-vor-Staat zuzuordnen -, dass sich die
Regierung auf den derzeit nahenden Ernstfall einstellen und eine
subventionierte Kurzarbeiterregelung vorbereiten sollte, wie es sie 2009 neben
anderen Maßnahmen gegeben hat. […..]
Aber mit dieser Union ist vernünftiges Handeln hoffnungslos.
Entweder sie sind fest eingeschlafen (wie Altmaier/Merkel),
oder aber grundsätzlich verblödet (Seehofer/Scheuer/Klöckner).
Wie Kaninchen in Todesangst starren Deutsche auf das böse
Wort „Schulden“, dabei funktioniert Ökonomie gar nicht ohne Schulden. Schulden sind etwas Gutes.
[….] Die Tücke ist, dass beim Moralisieren die Vernunft schon mal aussetzt.
Zwar dürfte der Eifer dazu beigetragen haben, dass Deutschlands Finanzminister
seit Jahren sinkende Staatsschulden vermelden. Hauptsächlich liegt es allerdings
viel schnöder daran, dass die Wirtschaft wuchs, es immer weniger Arbeitslose und
niedrige Zinsen gab und gibt.
Die Kehrseite sind jedoch jahrelang ausgebliebene Investitionen in
Straßen, Streckennetze, Bahnhöfe, S-Bahn-Ausstattung, Schulgebäude, Lehrer,
Kita-Erzieher, Notaufnahmen, Breitbandnetze, Tankstellennetze für Elektroautos,
Gebäudesanierungen zum Klimaschutz, vernünftige Mindestrenten und die
flächendeckende Ausstattung mit Internet. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Weil für alles angeblich kein Geld da war. In Wirklichkeit wurde eben
nur politisch die Priorität auf den Abbau der bösen Schulden gelegt. Und das
auch noch mit dem irren Argument des einen oder anderen Chefapostels, dass wir
unseren Kindern doch nicht so böse Schulden hinterlassen dürfen. Jetzt
hinterlassen wir ihnen die oben genannten Mängel. Und einen Planeten, der
droht, mangels klimaschützender Investitionen auf Katastrophen zuzusteuern -
wogegen bemühte Kinder nicht ganz zu Unrecht freitags Protest kundtun - nicht
gegen Schulden.
Selbst eher liberal-konservative Ökonomen wie der Chef des Instituts
der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, schlagen mittlerweile Alarm, dass es
kein Selbstzweck und sogar gefährlich ist, die Schuldenquote immer weiter
abzubauen. [….]