„Die Definition von Wahnsinn
ist: immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“
(Albert Einstein)
Eins ist aber sicher: Merz und Söder sind keine Einsteins.
Tumb machen sie AfD-Sprech hoffähig und vergrößern damit selbstverständlich die ganz rechte Wählerschaft.
Mit einem kann sich der CDU-Chef aber keinesfalls abfinden: Daß der bayerische Parteichefkollege nun der größte Förderer des Rechtsextremismus sein soll – und nicht Merz selbst.
Also legt er gleich dreifach nach, mit seiner braunen Charmeoffensive gegenüber den radikalen Hetzern.
[…..] Mitglieder von AfD und CDU haben sich an einem geheimen Ort getroffen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. […..] Der frühere „Bild“-Journalist Klaus Kelle, heute ein selbst ernannter Rechtspopulist, sagt darin, dass die Brandmauer zwischen Union und AfD eine „Illusion“ sei. Er kündigt eine Veranstaltung ganz ohne Mauern an, auf der sich alle frei über Politik austauschen können, und nennt sie die „Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“. […..] Kelles Bedingung für das brisante Treffen: Journalisten dürfen nicht teilnehmen. [….]
Es war nicht das erste schwarzbraune Treffen; man gesellte sich in Wetzlar zusammen, die Stimmung war ausgezeichnet.
[…..] Am 25. und 26. August fand in Wetzlar die „Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz“ statt. Ein Who is Who des deutschen Rechtskonservatismus von AfD bis CDU. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schreibt von: „Geheimes Treffen von AfD und CDU“. […..] Kelle war in mehreren Medienhäusern tätig und war zuletzt beim Axel-Springer Konzern als stellvertretender Redaktionsleiter von „Bild NRW“ tätig. Außerdem ist er Mitglied der CDU und des politischen Vereins „Werteunion e.V.“ und des sogenannten „OMCT Tempelritterorden e.V.“, einer inoffiziellen Nachfolgeorganisation des Ritterordens, der von 1118 bis 1312 bestand. Auch Anders Behring Breivik, der Attentäter von Oslo und Utøya, sieht sich in der Tradition der Templer. Der Begriff „Brandmauer“ sei ein politischer Kampfbegriff, so Kelle in dem Interview, und im Osten der Republik würde sich ohnehin niemand daran halten. In den Kommunen und Landtagen würden sich Union und AfD ganz ungeniert miteinander absprechen.
[…..] Angesprochen auf das Programm der Veranstaltung antwortet Kelle, dass die Schwerpunktthemen die Fragen nach der Repräsentationslücke für Konservative in Deutschland sei, die Clan-Kriminalität und ihr Einfluss auf die Politik, sowie die Frage, wie sich die Welt nach dem Krieg in der Ukraine ökonomisch neu formieren werde. Als Gäste kündigt er Hans-Georg Maaßen (CDU), Joana Cotar (parteilos, bis 2022 AfD), Rainer Wendt (Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft) und den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff an.
Außerdem sprachen auf jener Vernetzungsveranstaltung Frank-Christian Hansel (AfD), Christian Nienhaus (CDU-Mitglied), Dr. Karin Broszat (Vorsitzende „Verband Deutscher Realschullehrer“ Baden-Württemberg), Eva-Marie Doerfler (AfD), Ulrike Stockmann (Autorin bei „Achse des Guten“ und „Jüdische Rundschau“), und Markus Krall. Letzterer ist Unternehmensberater und Autor. Aufgrund von Verbindungen zur Reichsbürgerszene kam es 2022 bei Krall zu einer Hausdurchsuchung. Wie auch Klaus Kelle ist er Mitglied eines Ritterordens.
Als Sponsor*innen der Veranstaltung werden unter anderen der Blog „Denken erwünscht“ und das Online News-Portal „GermanZ“ genannt. […..] es Weiteren finden sich mit der „Desiderius-Erasmus-Stiftung“ und der „Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit“ zwei AfD-nahe und mit der „Werteunion“ und der „Christdemokraten für das Leben“ zwei CDU-nahe Organisationen. Letztere setzt sich für ein Abtreibungsverbot ein. Bei „Bündnis Deutschland“ und „Bürger für Thüringen“ handelt es sich um Kleinstparteien aus dem rechtskonservativen Spektrum. […..] Die Stimmung bei der Tagung wird als ausgelassen beschrieben. Leute von CDU bis AfD interagieren fröhlich miteinander und ein nationalsozialistisches Kriegslied wurde an einem Tisch angestimmt. In einem Gespräch mit dem Hobbysänger stellte sich dieser als Ex-CDU-Mitglied heraus, der Putin für einen vertrauenswürdigen Menschen hält. […..]
Vor allem war es aber Friedrich Merz selbst, der in Gillamoos und auf „X“ weiter rechtsextrem hetzte und sich erkennbar Mühe gab, die AfD-Lügennarrative zu übernehmen.
[…..] Wenn die Kräfte der Vernunft in der Union, diejenigen, die, anders als Merz, tatsächlich Regierungsverantwortung kennen, nach dieser Rede voller Unsäglichkeiten keinen Plan zur Absetzung von Friedrich Merz schmieden, ist die Partei verloren, und das Land gleich mit. [….]
(Prof. Christian Stöcker, 04.09.2023)
„Check”, also doch “Lügenpresse” werden die Antisemiten und Faschisten Deutschlands bei den Merzschen Drohungen gegen die öffentlich-rechtlichen Medien verstehen. Merz glaubt, indem er sich dem rechten Mob anbiedert, würden sie lieber ihn, statt Weidel und Aiwanger wählen.
Um völlig klar zu stellen, wie stark sich Merz selbst im faschistischen Lager einordnet, hob er unverhohlen zu xenophoben und spalterischen Tiraden an. Dieses Kreuzberg mit seinen vielen Migranten gehöre nicht zu Deutschland. Raus mit denen! Für Merz sind die Gillamooser Bierzelte, voller grölender Antisemitenfans das echte Deutschland.
Das gefällt noch nicht einmal Laura Himmelreich vom konservativen Funke-Blatt „Berliner Morgenpost“, das gestern noch Söder lobpreiste.
[….] Friedrich Merz sagt beim bayerischen Gillamoos-Volksfest: Nicht Kreuzberg sei Deutschland, Gillamoos sei Deutschland. An diesem Satz ist vieles falsch.
Merz möchte bekanntlich Kanzler werden. Dann müsste er schwören, seine “Kraft dem Wohle des deutschen Volkes” zu widmen. Dem ganzen Volk übrigens. Er scheint sich in der Bierzelt-Stimmung etwas zu überschätzen, wenn er annimmt, er könne definieren, wer dazugehört und wer nicht.
Nun steckt hinter dem Satz ja mehr. Kreuzberg benutzt er synonym für urbane Zentren mit vielen Zuwanderern. [….]
(Berliner Morgenpost, 06.09.2023)
Aber Merz agiert gewohnt erkenntnisresistent und marschgiert direkt weiter auf den rechten Abwegen ins Aus.
[…..] Warum soll Gillamoos Deutschland sein und Kreuzberg nicht? Und wer, wo und was ist überhaupt Deutschland?
Womöglich liegt eine Antwort in der Form der Freizeitgestaltung. Während im U-Bahnhof Hallesches Tor Menschen diverser Herkunft Folie rauchen, herrscht im Festzelt zu Gilgamesch, äh, Gillamoos die Monokultur des weißen Trachtenjanker- und Dirndlmenschen. Schon am Vormittag ruhen neben vollen Maßkrügen vernebelte Vierkantschädel auf dem harten Holz der Biertische, die blutunterlaufenen Augen höchstens noch hie und da wie im Todeskampf zuckend unter dem Gebrüll der Weißbierparteitagsreden.
Offenbar ist für Friedrich Merz und Konsorten dieser Anblick der schönere, dieser Ort der bessere, dieser Kontext der erwünschtere, dieses Land das reinere und dessen Drogenkonsum der traditionellere. Denn auch gegen die Cannabisfreigabe wird im Hofbräuzelt gewettert, während davor prachtvolle Autochthone in den Graben reihern.
[…..] Ein wenig scheint auch die Kenntnis zu fehlen, was Berlin überhaupt ist und wo es herkommt. Von kleinen Reservaten der Freiheit wie Kreuzberg oder Schöneberg abgesehen war das Westberlin der Nachkriegszeit nämlich eine überraschend piefige und provinzielle Angelegenheit, in der eine korrupte Law-and-Order-Kaste sich im geschlossenen Kreislauf einer Amigowirtschaft à la Bayern (!) mit den großzügigen Zuwendungen des Bundes selbst versorgte. […..]
Carolin Emcke kann das rechtsradikale Zündeln des CDU-Chefs nicht mehr hören und mastodonierte unter dem Hashtag #IchBinEsSoLeid
[….] "Kreuzberg ist nicht Deutschland"? - was ist denn das für ein
Satz? #ichbinessoleid
Hetze und Ausgrenzung ersetzen keine politischen Argumente und Visionen. Sie sind nur Hetze und Ausgrenzung #ichbinessoleid
Die Positionen von #Aiwanger sind das eine. Aber dass #Söder sie normalisiert - das ist die eigentliche demokratische Katastrophe. [….] Wenn ich noch einmal diesen bullshit vom "Dammbruch" höre...der ist längst gebrochen? Was braucht es denn noch? Dieses kollektive Staunen, das hinter dem Wort vom "Dammbruch" steht - das können wir uns nicht leisten. Uns geht es an den Kragen. Wacht auf! [….]
Ich kann Emcke nur zustimmen.
Die ständigen Merz-Lügen, die ständige xenophobe Hetze, das ständige nach Rechtsaußen Blinken – ich bin es auch so leid!
[…..] Es geht um Stimmung, und Stimmung wollte Friedrich Merz machen, als er bei einem Volksfest im niederbayerischen Abensberg der dankbaren Zuhörerschaft Deftiges servierte: »Nicht Kreuzberg ist Deutschland. Gillamoos ist Deutschland!« Applaus!
[…..] Merz spricht in Codes. Er setzt darauf, dass Freunde und Gegner diese Codes schon richtig verstehen werden. Das macht die Botschaft umso irritierender, kommt sie doch aus dem Mund des Vorsitzenden einer Volkspartei, der baldmöglichst Kanzler dieses Landes werden möchte.
[…..] Für was steht der Code »Kreuzberg« bei Merz? […..] Er will Kreuzberg abwerten. Womöglich bezieht er sich auf die Tatsache, dass in Kreuzberg mehr Bewohnerinnen und Bewohner mit Migrationshintergrund leben als bei ihm im Bierzelt sitzen. Er könnte darauf anspielen, dass der Anteil von Muslimen in Kreuzberg höher ist als auf dem Volksfest. […..] Oder verweist er auf Kreuzberg als Hort links-grüner, woker Ideologie, während zumindest das Publikum seines Auftritts mutmaßlich stramm konservativ denkt?
Merz sagt es nicht genau, er überlässt seinen Zuhörern die Interpretation und gedankliche Weiterführung. Damit bedient er nicht nur ein, sondern alle denkbaren Ressentiments seiner Zuhörerschaft. Egal, was der oder die Einzelne sich ausmalt: Er soll sich sicher sein, dass Merz genau so denkt.
Diese populistische Anbiederung mag man für volkstümlich oder abstoßend halten. Bedenklich ist, was Merz deutlich, konkret und unmissverständlich ausgedrückt hat: Es gibt für ihn einen Teil, einen Ausschnitt, eine Gruppe, die sich zwar in Deutschland befindet, die aber nicht Deutschland »ist«. Für den Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union Deutschlands gibt es solche, die dazugehören, und solche, die nicht dazugehören. […..]
(Stefan Kuzmany, SPIEGEL, 06.09.2023)
Merz, ein wirklich fataler Mensch, der alles tut, um die Faschisten wieder groß zu machen.