Donnerstag, 2. Dezember 2021

Missinterpretierte Umfragen

Als Geront aus dem letzten Jahrtausend, gehöre ich noch zu den Menschen, die einen Festnetz-Telefonanschluss haben und auch weit überwiegend benutzen. Da kommt es gelegentlich vor, daß man von einem Umfrage-Institut angerufen wird.

In meinem Leben gibt es einige blinde Flecken; zu den Themen kann ich nicht weiterhelfen. So wurde ich schon zweimal zum Thema Radio angerufen. Aber ich besitze nicht nur gar kein Radio, sondern hasse akustisches Hintergrund-Gesabbel so sehr, daß ich Geschäfte sofort wieder verlasse, wenn Radio läuft. Das betrifft übrigens auch Lesungen, Podcasts oder Hörbücher.

Bei politischen Themen lasse ich mich aber gern befragen, weil mir a) die schlecht bezahlten Callcenter-Mitarbeiter leidtun, ich mich b) dabei inhaltlich sehr kompetent fühle und ich c) versuche, die Gelegenheit zu nutzen, um die öffentliche Meinung zu manipulieren.

Das tue ich beispielsweise, indem ich meine Absicht bekunde, bei der nächsten Wahl die SPD anzukreuzen und behaupte, zuletzt CDU gewählt zu haben.

Abgesehen davon, daß ich gar kein Wahlrecht habe, wäre ein SPD-Stammwähler für Demoskopen langweilig.

Wechselwähler, die sogar das konservative Lager verlassen, sind eine bedeutendere Tendenz.

Leider sind die Fragen meistens unterkomplex formuliert. Insbesondere, wenn man es mit größeren Online-Portalen zu tun hat. Man denke nur an Civey oder Wahl-O-Mat.

Da kommt es immer wieder vor, daß ich eine Frage nicht so, wie ich es eigentlich meine, beantworte, weil das falsch interpretiert würde.

Klickt man bei „Soll das deutsche Asylrecht beibehalten werden?“ auf „Nein“, denkt der Wahl-O-Mat, man sei AfD-affin, wolle keine Asylanten im Land haben.

Ich bin aber eher dafür, das Asylrecht abzuschaffen, weil ich ganz links bin und die allgemeine Niederlassungsfreiheit und Grenzöffnung anstrebe. Dann müsste niemand mehr einen Asylantrag stellen, weil er ohnehin in Deutschland bleiben darf, wenn er möchte.

Ein  bekanntes Problem in Umfragen ist es, das Interesse an Religion und Kirche mit Religiosität gleichzusetzen.

Bei mir ist aber das diametrale Gegenteil der Fall. Ich interessiere mich seit Jahrzehnten brennend für alle religiösen Themen, beschäftige mich damit jeden Tag, schreibe darüber, habe eine halbe Bibliothek zu dem Thema. Und genau deswegen bin ich Atheist. Und zwar hardcore; kein irgendwie Zweifelnder oder Agnostiker. Ich bin sicher, daß Religion sehr schädlich und Gottesglaube Humbug ist.

(….)  Leick und Beyer haben offensichtlich auch Assheuer gelesen. Aber ob sie Dworkin richtig verstanden haben, ist mehr als fraglich.

Dessen Thesen be- oder widerlegen sie nicht, sondern setzen sie einfach voraus.

Ein Atheist muß ja, laut SPIEGEL-Titelgeschichte frustriert davon sein, daß seine Weltsicht so gar keinen Platz für Schönheit und „Erhabenes“ hat. Deswegen sehnt er sich nach Metaphysik.

So einfach ist das.

Als Beleg wird die seit Jahren immer wieder zitierte Bertelsmannstudie herangezogen, nach der große Teile der Gesellschaft religiös sind – auch wenn sie aus der Kirche ausgetreten sind.

Es handelt sich um jene methodisch fragwürdige Studie, in der Interesse am Phänomen Religion mit Religiosität verwechselt wird. Schon Michael Schmidt-Salomon beklagte sich, daß er nach Ausfüllen des Bertelsmann-Fragebogens als hochreligiös gezählt wurde.

Leick und Beyer nehmen es aber nicht so genau mit der Wissenschaft und versteigen sich sogar zu der abstrusen Aussage die Naturwissenschaften wendeten sich von der reinen Vernunft ab, da sie erkannt hätten wie viele „Irrationalismen“ (Laut Dworkin also letztendlich auch „religiöse Phänomene“) die Rationalität bestimmten.

Das, Entschuldigung lieber SPIEGEL, ist natürlich blanker Unsinn.

Vollends grotesk werden Leick und Beyer aber erst, wenn sie Nichtgläubigen ohne überzeugende Herleitung einfach als „religiös“ abstempeln, indem sie ihnen andichten sich unerfüllt zu fühlen. Sie hätten „ein Problem.“ (….)

(Atheismus als Religion, 10.06.2014)

In Umfragen wird aber derjenige, der sich stark für Kirchen interessiert, als „Kirchenfreund“ gezählt. Und so müssen die bekannten deutschen Atheisten wie MSS damit leben, daß ihre Bücher in den Buchhandlungen unter „Theologie“ oder noch schlimmer, unter „Religion“ einsortiert werden.

Vor ein paar Tagen klickte ich mich durch die Civey-Umfrageseite. Mich interessiert die Methode, wie das Online-Institut, das inzwischen der Haupt-Zahlenlieferant des SPIEGEL ist, aus dem Wissen über seine registrierten Fragen-Beantworter, ableitet, ab wann genau eine Antwort als „repräsentativ“ gilt.

Die Masse der Daten – oft beantworten viele Myriaden Menschen eine Fragestellung – sollte eigentlich dazu führen, besonders präzise zu sein.

Interessanterweise ist das aber nicht der Fall. Das konservative Allensbach-Institut, das als einziges ausschließlich auf „Face to Face“ (persönlich-mündliche Befragung von nach Quotenvorgaben ausgewählten Personen) setzt, also auf Telefonumfragen und Online-Methoden verzichtet, kann mit 1.000 Befragten genauer ein Bundestagswahlergebnis prognostizieren, als Civey mit 50.000 Befragten.

Das ist weniger überraschend, als es zunächst scheint, denn wenn man die Befragten kostengünstig allein vor dem Klugtelefon rumklicken läßt, können Antworten missverständlich sein.

Civey beschäftigt sich derzeit sehr stark mit dem Personalgerangel in der CDU.

Immer wieder wurde ich gefragt, wie sich die CDU in Zukunft ausrichten soll, wer der nächste Parteichef werden soll, ob man für Friedrich Merz votieren werde. Dabei wird natürlich automatisch vorausgesetzt, man blicke wohlwollend auf die CDU, wünsche ihr den besten Parteichef, werte gute CDU-Wahlergebnisse als „Erfolg“.

Bei dem Themenfeld plädiere ich immer für Merz, votiere für eine Rückbesinnung auf konservative CDU-Klassiker-Themen. Das mache ich, weil ich Merz für eine katastrophale Fehlbesetzung halte und denke, der erzkonservative, homophobe, misogyne, xenophobe, nationalistische Kurs, kostet die CDU noch viel mehr Stimmen.

Mit Gezeter wider die Homo-Rechte und Cannabis-Legalisierung, gewinnen die Konservativen zwar etwas Zuspruch auf der rechten Seite. Aber da wählt man ohnehin AfD. Die Union wird dann links ein Vielfaches verlieren und weiter abnehmen. Zumal Merz enorme politische und ökonomische Wissenslücken mit sich herumschleppt und jederzeit so garstig werden kann, daß er mit seinen Talkshowauftritten noch mehr CDU-Fans vergrault.

Civey kennt aber nicht die Variante, daß man für einen Parteivorsitzenden votiert, weil man ihr maximal schaden will.

Auch dank meiner Hilfe, generiert Merz derzeit sehr viel Zuspruch. Seine Chancen, nach zwei vollkommen vermasselten Anläufen, beim dritten Versuch, Laschet zu beerben, stehen also ziemlich gut.

Möge er gewinnen und fürderhin als konservative Loose Cannon die CDU/CSU-Fraktion talibanisieren.

Also bitte liebe Linken in den Social Media, freut Euch doch über die Spahns und Amthors und Merze bei den Schwarzen!

Umso besser stehen die Chancen für RotGrün bei der Bundestagswahl 2025.

Ähnlich vehement plädiere ich auch für erzkonservative Kleriker wie Ratzinger, TVE oder Woelki. Ich bin strikt gegen einen Rücktritt von Woelki oder Heße,

Datenanalysten ordnen mich dann als Dunkelkatholiken ein, nach dessen Ansicht eine Rückbesinnung auf konservative Werte, der RKK hilft.

Dabei bin ich nur ein Atheist, der sich dadurch größtmöglichen Schaden für die Katholiken erhofft.