Samstag, 23. Januar 2016

Unwort des Jahres



Es nützt allerdings nicht viel.

Eine gute Wahl war es beispielsweise im Jahr 2010 das von Merkel geprägte äußerst dümmliche und verächtliche „alternativlos“ zu prämieren.
In der Folge veränderte sich aber Merkels Politik nicht und sie selbst wurde immer beliebter, holte im Jahr 2013 bei der Bundestagswahl ein Rekordergebnis.

Für 2015 wurde „Gutmensch“ ausgewählt. Auch eine richtige Entscheidung.

Ich hätte allerdings „Obergrenze“ bevorzugt, weil damit eine vermeidliche Wunderlösung für das „Flüchtlingsproblem“ suggeriert wird.
Obergrenze ist das Todschlagargument wann immer ein Populist „besorgte Bürger“ wittert.
Wenn man das Wort „Obergrenze“ in einen Redebeitrag wirft, setzt das bei den usual suspects die immer gleiche Assoziationskette frei:
Es kommen zu viele Ausländer – es gäbe ja eine Lösung dagegen – aber die doofe Merkel verweigert sich – Merkel ist schuld an der Asylantenflut.
Das ist natürlich grober Unsinn, weil solche Obergrenzen gar kein Problem lösen, sondern es im Gegenteil nur verschärfen und verschieben.
Aber CSUlern geht es auch nicht um konstruktive Lösungen. Sie verweigern sich der ernsthaften Diskussion, wollen ablenken, Schuld anderen in die Schuhe schieben und agieren nach dem St. Floriansprinzip.
Die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht heute eine beeindruckende Liste von Obergrenze-Forderungen aus der CSU. Fast jeden Tag posaunt das einer von Crazy Horsts Mannen heraus.

[…] Horst Seehofers CSU treibt die anderen Parteien in der Asylpolitik vor sich her. Kein Tag ohne neue Drohungen, Vorschläge oder Warnungen. […]
Der Bundestagsabgeordnete Max Straubinger schlägt vor, man solle auch syrische Flüchtlinge abschieben: "Nicht überall in Syrien wird gekämpft. Aleppo ist nicht Damaskus."
[…] Fraktionschef Thomas Kreuzer fordert eine Obergrenze. "Asyl genießt nach unserem Grundgesetz nur, wer individuell verfolgt ist. Bei Flüchtlingen und Immigranten aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten handelt es sich um ganze Völker."
Die Landtagsabgeordnete Michaela Kaniber schlägt vor: "Theoretisch müssten wir die Grenzen komplett zumachen und erst mal alles abarbeiten, was in der letzten Zeit hereingekommen ist".
[…] Ministerpräsident Horst Seehofer droht mit "Notmaßnahmen". So könnten Flüchtlinge abgewiesen werden, die aus anderen EU-Staaten einreisen wollten. Zudem wird erwogen, Flüchtlinge in andere Bundesländer weiterzuschicken.
[…] Manfred Weber, Fraktionschef der EVP im Europaparlament, sagt: "Es wird mehr Zäune geben müssen. Es kann nicht sein, dass heute Flüchtlinge zu Hunderttausenden teilweise völlig unkontrolliert quer durch Europa wandern."
[…] Auch Finanzminister Markus Söder fordert einen besseren Grenzschutz. "Ich bin überzeugt, dass wir noch über Schutzzäune diskutieren werden in Europa."
[…] Söder stellt das Asylgrundrecht infrage und verlangt Obergrenzen für die Einwanderung . "Wir fordern eine massive Begrenzung der Zuwanderung. Ich bin überzeugt, dass die kommen wird. Ebenso werden wir über das Grundrecht auf Asyl reden."
[…] Der CSU-Vorstand beschließt einen Leitantrag für den Parteitag. Darin wird eine feste Obergrenze für die Zahl der Flüchtlinge verlangt. Die CSU fordert zudem die Kontrolle aller Einreisenden an den Grenzen. Den Familiennachzug will sie weitgehend aussetzen.
Innenexperte Mayer sagt, man müsse die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland auf eine halbe Million pro Jahr reduzieren.
[…] Nach den Attentaten in Paris twittert Söder: "Die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann so nicht weitergehen. Paris ändert alles."
Beim CSU-Parteitag brüskiert Seehofer die Kanzlerin auf offener Bühne: "Wir haben diese große Bitte und Forderung, dass wir weiter reden über Obergrenzen. (. . .) Wir sehen uns zu diesem Thema wieder."
Drei Wochen vor Jahresende ist die Zahl von einer Million Flüchtlinge erreicht. Sozialministerin Emilia Müller sagt: "Wir brauchen nun dringender denn je eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen."
[…] Die CSU will Migranten zur Einhaltung einer deutschen Leitkultur verpflichten. "Eine Verfassungsänderung hat mehr Wucht als ein Gesetz", sagt Kreuzer: "Integration muss eine Richtung haben: Wir wollen keine Parallelgesellschaften, keine Multi-Kulti-Gesellschaften."
Die JU in Niederbayern fordert eine vorübergehende Schließung der Grenzen. […][…][…]

Wie üblich lässt die CSU bei ihrer Unwort-Echolalie das Grundgesetz außen vor.
Verfassungswidrigkeit wird immer mehr zum eigentlichen Markenkern der Bayern.

Auch eine Asylobergrenze kann es gar nicht geben, weil unsere Verfassung das nicht zuläßt.

[…] Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, bringt sich in die Diskussion um eine Obergrenze für Flüchtlinge ein. Asylrecht gilt aus seiner Sicht für jeden und kann daher auch nicht beschränkt werden.
[…] Nun aber hat sich der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, im „Deutschlandfunk“ zu Wort gemeldet und ebenfalls daran erinnert, dass das Asylrecht unbegrenzt für jedermann gelte, also eine „Obergrenze“ unzulässig sei. Das unterscheide das Asyl von der Zuwanderung, die selbstverständlich von der Politik begrenzt werden könne. Das ist keine neue Einsicht, aber nachdem sie nun auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ausgesprochen hat, dürften ihre Chancen steigen, in der Debatte endlich zur Kenntnis genommen zu werden. […]

Hinzu kommen die Folgen der faktischen Grenzschließungen, die es schon in der, und rum die EU gibt:

Die Zahl der Toten steigt weiter: Nach zwei Bootsunglücken vor Griechenland sind mindestens 45 Flüchtlinge ums Leben gekommen - darunter mindestens 17 Kinder. Schon mehr als 140 Menschen starben seit Jahresbeginn bei der Überfahrt oder werden vermisst.

Die Wunschpolitik des überzeugten Christen und mehrfachen Papst-Privataudienzlers Seehofer tötet.
Man muß wohl Bayer sein und einer C-Partei angehören, wenn man sich mit so viel Verve für eine Methode einsetzt, die täglich unschuldige Kinder auf grausame Weise umbringt.

[…] Dann die Zahlen: gemessen am Vorjahr ein Rekord an Bootsflüchtlingen von der Türkei nach Griechenland. Neue Tote, allein zwölf am Donnerstag, mindestens 44 am Freitag, darunter 20 Kinder. Und nun der Besuch des türkischen Premiers Ahmet Davutoğlu am Freitag in Berlin, der auf den ersten Blick wenig Hoffnung machte. […]