Samstag, 6. Juni 2015

Erbärmlicher geht es nicht.



In den letzten 30 Jahren versuchten sich Politiker aller Bundestagparteien (außer dem Linken) an dem Job des Bundesgesundheitsministers.

Heinrich Geißler, CDU 1982-1985
Rita Süssmuth, CDU, 1985-1988
Ursula Lehr, CDU, 1988-1991
Gerda Hasselfeldt, CSU, 1991-1992
Horst Seehofer, CSU, 1992-1998
Andrea Fischer, Grüne, 1998-2001
Ulla Schmidt, SPD, 2001-2009
Philipp Rösler, FDP, 2009-2011
Daniel Bahr, FDP, 2011-2013
Hermann Gröhe, CDU, amtierend seit 2013

Zu Recht gilt die Gesundheitspolitik als das lobbyverseuchteste Gebiet überhaupt.
Es wundert nicht, daß jemand wie Daniel Bahr, der einer Partei angehört, deren Mitglieder massive Rabatte bei dem Abschluß einer privaten Krankenversicherung bei der DKV bekommen, als Gesundheitsminister massiv die privaten Krankenversicherungskonzerne (nicht aber deren Versicherte!) begünstige und nach seiner blamablen Abwahl Toplobbyist bei eben jener DKV wurde.

Bei schwarzgelben Regierungen wurde das Lobbytum im Gesundheitssektor systematisch ausgeweitet. Fipsi Rösler entfernte als erste Maßnahme im Amt pharmakritische Mitarbeiter.

Traditionell haben Pharma-Konzerne und Ärzteschaft den besten Draht zur FDP. 
Dies wurde sofort deutlich, als der damalige Gesundheitsminister Rösler den Preis-kritischen IQWIG-Chef Peter Sawicki feuerte, einen PKV-Mann als Referenten holte und den Pharmakonzernen ermöglichte wirkungslose Medikamente überteuert auf den Markt zu werfen, weil sie nicht mehr deren Wirksamkeit nachweisen müssen.

Auch wenn Bahr, Rösler, Brüderle, Niebel und Co nicht wirklich viel zu sagen haben, ist ihre politische Macht so beträchtlich, daß sie dem Verbraucher einen Milliarden-Nachteil aufbürden können, von dem dann einige wenige steinreiche Konzerne profitieren.

Seit der Wahl 2009 betreibt die FDP diese Politik.

Von der Lobby bezahlte Mitarbeiter sitzen sogar in vielen BUNDES-Ministerien und LANDES-Ministerien und schreiben ihnen genehme Gesetzestexte, wie das Magazin MONITOR aufdeckte.
Obwohl Deutschland sogar dazu verpflichtet ist die UN-Beschlüsse umzusetzen, sitzt der Bundestag diese brisanten Fragen einfach aus, weil nun mal die CDU diesbezüglich nicht aktiv werden will.
Es fehlt schlicht der politische Wille.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Dykmans läßt sich gleich von dem Pharmalobbyisten Dr. Tobias Brouwer (Referent für Wirtschaftsrecht beim Verband der Chemischen Industrie) vertreten und ihn in seinem Sinne für die weltweite Verfügbarkeit von Schmerzmitteln, die aus synthetischen Opioiden hergestellt werden, eintreten.

Atomminister Röttgen bestellt den Ex-Vattenfall-Manager und glühenden Gorleben-Befürworter Bruno Thomauske als Gorleben-Gutachter.

Gleich zu Anfang seiner Amtszeit berief der „Umweltminister“ Röttgen mit Gerald Hennenhöfer einen fanatischen Atomlobbyisten zum Chef für die Reaktorsicherheit.

Genauso dreist und vollkommen schamlos ging Jungminister Rösler vom Pharmalobbyverein FDP vor.
Schon in den K.O.alitionsverhandlungen biß man Peter Sawicki, den Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) weg.
Er war zu einer Bedrohung für die Milliardengewinne der FDP-freundlichen Pharmafirmen geworden und mußte als erstes nach der Amtsübernahme Röslers durch einen Pharma-freundlichen Mann ersetzt werden.

Im Februar bestellte Pillenknecht Rösler Christian Weber, Vizedirektor des PKV-Verbandes und damit einer der ranghöchsten Interessensvertreter der privaten Krankenversicherung (PKV) zum Leiter seiner Grundsatzabteilung.

Weber ist nun für die Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Pflegeversicherung verantwortlich.
Wir haben die tollen Ergebnisse bereits kennenlernen dürfen.

Die Lobbyisten sind begeistert ob dieser Protektion.

Die Pharma-, Apotheken- und Ärzteknechte von den Blaugelben vergaßen aber auch die Apotheker nicht, indem beispielsweise ihr Monopol für diverse Drogerieprodukte erhalten blieb.

Ein Apothekentopplobbyist nistete sich so fest im FDP-geführten Gesundheitsministerium ein, daß er nach Belieben alles ausspionieren konnte.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Berlin hat der freiberufliche Lobbyist der Apothekerschaft mit einem Mitarbeiter des Unternehmens zusammengearbeitet, das für die IT-Struktur des Ministeriums zuständig ist. Dieser hat ihm E-Mails, Beschlüsse, Gesetzesentwürfe und andere Daten übermittelt und dafür Geld kassiert.
Ziel der systematischen Spionage war es offenbar, sich über die noch geheimen Gesetzgebungsvorhaben des Ministeriums im Pharma- und Apothekenbereich zu informieren und mit diesem Informationsvorsprung entsprechende Gegenstrategien ergreifen zu können.
Das gezielte Ausforschen des Ministeriums soll bereits im Jahr 2010 begonnen und sich bis in das laufende Jahr hingezogen haben. […]
Immer wieder habe man sich [im Ministerium] darüber gewundert, wie gut die Gesprächspartner aus der Apothekerschaft über die jeweiligen Pläne des Ministeriums informiert gewesen seien, heißt es im Haus. Teilweise seien Gesetzesentwürfe kursiert, die nicht einmal der Minister oder die Staatssekretäre gekannt hätten.
In die besagte Zeit fielen mehrere politische Vorhaben, die finanzielle Interessen der Apothekerschaft massiv berührten, etwa die Neuordnung der Apotheker-Betriebsordnung und die Reform des Arzneimittelmarkts.

Eigenartige Meldung. 

Will heißen:
Mal fehlte es am Willen bei der Gesundheitsmafia aufzuräumen. Mal wurden die Lobbyisten-Seilschaften sogar aktiv verstärkt.
Mal mangelte es an Mehrheiten.
In der Regierungszeit Andrea Fischer beispielsweise gab es nur eine knappe Bundestagsmehrheit und einen CDU/FDP-kontrollierten Bundesrat, der jede Veränderung ablehnte.

Inzwischen schalten und walten Finanzinteressen nach Lust und Laune, wenn es um unsere Gesundheit geht. Profitgier ist der einzige Gott der Pharmabranche.

Nehmen wir als Beispiel die Privatisierung der Krankenhäuser. Privatisierte Krankenhäuser erwirtschaften rund acht Prozent Kapitalrendite pro Jahr. Das heißt, dass die Besitzer dieser Krankenhäuser acht Prozent ihres Investments jedes Jahr entweder aus dem Konzern herausziehen oder reinvestieren, sprich zur Vergrößerung des Unternehmens verwenden. Diese Renditen werden natürlich nur dadurch erzielt, dass Kosten eingespart werden. Nun sind Krankenhäuser sehr personalkostenintensiv, also wird dort vor allem am Personal gespart. Um das ein bisschen zuzuspitzen: Das, was die Krankenschwester oder der Assistenzarzt weniger bekommt, fließt als Rendite an die Investoren ab. Und das ist symptomatisch für die meisten Privatisierungsprojekte. Die Einnahmen der privatisierten Unternehmen bezahlt die Masse des Volkes, vor allem wenn es um öffentliche Dienstleistungen geht, die Renditen hingegen kommen nur einer sehr kleinen Schicht der Investoren zugute. Die Kostenersparnis über die Senkung von Löhnen verstärkt diesen Effekt noch.
Ich weiß nicht was die Ausrede der Groko ist immer noch massiv gegen die Interessen der Patienten zu agieren, obwohl man im Bundestag mit einer 80%-Mehrheit der Sitze gesegnet ist.
Aber Gröhe ist auch nur ein CDU-Parteikarrierist, der sich nie zuvor mit Gesundheitspolitik beschäftigt hat.

So kommt es, daß immer noch Jahr für Jahr rund 40.000 Menschen in Deutschland an Krankenhauskeimen wie MRSA sterben, obwohl das ein LÖSBARES Problem wäre – wie das Beispiel Niederlande zeigt.
Diese Keime loszuwerden erfordert einfach mehr Personal, so daß die Zeit für die nötigen Hygienemaßnahmen bleibt.

Tatsächlich nehmen SPD und CDU sehenden Auges den unnötigen Tod von Myriaden Deutschen jedes Jahr in Kauf, weil sie die Hosen zu voll haben, um den Profitinteressen der Krankenhauskonzerne entgegen zu wirken.

Tatsächlich sind aufgrund der immer komplizierteren Behandlungsmethoden im Jahr 2015 drei Millionen mehr Patienten im Krankenhaus als noch 1995.
In dieser Zeit wurden gleichzeitig 35.000 Stellen beim Pflegepersonal gestrichen.

Die noch größere Katastrophe in der Altenpflege ist da noch gar nicht eingerechnet.

Gröhe, diese Inkarnation der Politpeinlichkeit geht sogar so weit, daß er bei der Pflege von Alten und Dementen, bei der teilweise folterartige Zustände herrschen, weil raffgierige Pflegekonzerne auf ihren hohen Renditen bestehen, die Standards noch weiter runterschrauben will, indem er zunehmend völlig Ungelernte auf Schwerstpflegebedürftige loslassen will. Dann wird es noch billiger für die Pflegemafia.

Diese Zustände werden immer wieder öffentlich gemacht. Auch vor großem Publikum, beispielsweise vom „Team Wallraff“ bei RTL.

Unter dem Motto „Das Pflegedilemma: Am Ende ohne Würde”, schleuste sich eine Reporterin als Praktikantin in zwei Betriebe ein, um die Missstände der Pflegeindustrie aufzudecken. Und – wie zu erwarten – gelang dies: In einem Betrieb der Münchenstift GmbH sowie in einem Berliner Heim der Marseille-Kliniken AG dokumentierte Reporterin Pia Osterhaus, wie lediglich drei Pflegekräfte in der Frühschicht für 37 Senioren zuständig waren – macht 7,5 Minuten pro Bewohner, um die Alten zu wecken, auf die Morgentoilette zu gehen und zu füttern.
An anderer Stelle dokumentiert Osterheim, wie Pfleger eine gestürzte Bewohnerin erst fotografieren, bevor sie helfen. In der Berliner Residenz hat man zudem mit dem Norovirus zu tun gehabt. Der getarnten Reporterin wurde mit Entlassung gedroht, falls sie auf die Idee käme, die Behörden zu alarmieren.

Statt daß aber Herr Gröhe endlich eingreift und eine Mindestanzahl von Pflegekräften durchsetzt, legt er lieber seine Hände in den Schoß und sieht zu wie Milliardär Ulrich Marseille, vormaliger Finanzier des sexsüchtigen rechtsradikalen, kriminellen Koksers Ronald Schill, gegen diejenigen vorgeht, die Licht in seinen Betrieb bringen möchten.
Nach über einem Jahr Tatenlosigkeit des Bundesgesundheitsministers hatte „Team Wallraff“ erneut in einer Marseille-Einrichtung gedreht.

Die Senioreneinrichtung AMARITA Oldenburg GmbH hat bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gegen Mitarbeiter der RTL-Sendung "Team Wallraff" Strafanzeige wegen heimlicher Bild- und Tonaufnahmen, sowie das widerrechtliche Eindringen in die Wohnräume der Bewohner (Hausfriedensbruch) gestellt.
Am 22. Mai 2015 hatten sich zwei Herren unter falschem Namen und Angaben in die zum Konzern der Marseille-Kliniken AG gehörenden Einrichtung eingeschlichen, um mutmaßlich heimliche Film- und Tonaufnahmen zu machen. Beide Männer wurden von Mitarbeitern der AMARITA Oldenburg als Reporter des "Team Wallraff" identifiziert. Dieter Wopen, Vorstandsvorsitzender der Marseille-Kliniken AG: "Wir sehen uns zu dieser Strafanzeige veranlasst, weil ganz offensichtlich RTL-Reporter erneut in den persönlichen, geschützten Lebens- und Wohnraum unserer Bewohner eingedrungen sind, um von ihnen Ton und Filmaufnahmen zu machen.

Merkel, Gabriel, Seehofer und Gröhe legen weiterhin gemütlich die Hände in den Schoß und tun nichts.

Der Urnenpöbel goutiert dieses Nichtstun, indem er konstant der CDU und CSU einen riesigen Umfragevorsprung zubilligt.