Samstag, 27. April 2013

Deswegen SPD – Teil VI


  Zu Beginn dieser lockeren Reihe versuchte ich die Ausgangslage zu schildern. Das publizistische Jaucheloch, in dem die Sozis stecken. 

 
Wer für ein der konservativen Parteien einmal Regierungschef geworden ist, muß in der Regel eines Tages entsorgt werden. Unionisten und „Liberale“ sind selten an der Macht, ohne sich korrumpieren zu lassen. Sie mauscheln gern, stopfen sich die Taschen voll.
Law and Order gilt immer nur für die anderen.


 Ein bißchen Betrug, Untreue und Falschaussage schwang immer mit.

Nachdem der CSU-Generalsekretär Otto Wiesheu volltrunken eine Frau totgefahren hatte und Fahrerflucht beging, stieg er unter Edi Stoiber (dessen Kinder BEIDE ihre ergaunerten Dr.-Titel  zurückgeben mußten) ausgerechnet zum VERKEHRSMINISTER und später sogar zum Superminister für Wirtschaft und Verkehr auf.

Vorbestrafte wie Otto Graf Lambsdorff gelten in der FDP als ideale Vorsitzende und so mancher CDU-Regierungschef hat sich nach dem Ausscheiden aus dem Amt schon vorm Richter wiedergefunden – das betrifft beispielsweise die Ministerpräsidenten Münch, Althaus, Mappus und Wulff, aber natürlich auch Helmut Kohl.

Ist ein CDU’ler erst mal aus dem Amt sollte er möglichst für längere Zeit im Abklingbecken verschwinden.
Man schickt sie als Entbürokratisierungsbeauftragten oder Energiekommissar zur EU und möchte nichts mehr mit ihnen zu tun haben.

Uwe Barschel, CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein oder der ehemalige FDP-Vizekanzler der Bundesrepublik Jürgen Möllemann waren diesbezüglich Vorbilder.

Bei Sozis und Grünen, die in vergleichbar hoher Position waren, ist es anders. 

Struck, Müntefering, Fischer, Voscherau, Hans Koschnick, Hans-Ulrich Klose, Stolpe, Regine Hildebrandt, Johannes Rau, Egon Bahr, Eppler, Hans-Jochen Vogel, Ehmke, Wischnewski, Helmut Schmidt, Bölling, Brandt, Schiller oder Schorsch  Leber – all das sind klangvolle Namen, an die man sich gern erinnert, die auf jedem Parteitag willkommen sind und deren Rat geschätzt wird.

Von SPD-Regierungsmitgliedern und Regierungschefs hat man gewissermaßen lange was
Auch Jahre und Jahrzehnte nach ihrem Amtsabschied  können sie bedeutende Impulse geben.

Was für ein frappierender Gegensatz zu den peinlichen ehemaligen CDU-Größen Kanther, Merz, Guttenberg, Stoiber, Koch, Claudia Nolte, Diepgen oder Franz Josef Jung, von denen man nie wieder etwas hören will. 
Bei denen man sich heftig mitschämen muß, wenn sie wie zuletzt Guttenberg im a.D.-Status kriegslüstern und ungefragt Ratschläge erteilen.

Zur schwelenden „Euro-Krise“ melden sich zwei ehemalige bedeutende Minister, beide 86 Jahre alt, zu Wort: Erhard Eppler und Hans-Jochen Vogel.
Die Bundesrepublik steht in der Kritik. Bei den Griechen, den Italienern, den Belgiern, ja sogar den Franzosen. Wenn uns die Europäische Union nicht um die Ohren fliegen soll, muss Deutschland ein Zeichen setzen. Sechs Milliarden Euro für arbeitslose Jugendliche wären ein Anfang.

[….] Das vereinigte Deutschland, von Verbündeten und Freunden umgeben, fühlte sich wohl und sicher in der Mitte der Europäischen Union, und es hatte dort, nicht ohne das Zutun sensibler Kanzler von Adenauer über Brandt und Schmidt bis zu Kohl und Schröder, seinen angesehenen Platz. Aber jetzt sind im Ausland Töne zu hören, die an längst Vergangenes, Überwundenes erinnern. […]

Was uns noch mehr beunruhigen muss: nicht nur die Arbeitslosen in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal vermuten hinter dem Diktat der Troika die deutsche Kanzlerin. Inzwischen kommt die Kritik an der deutschen Europapolitik auch aus Belgien, Luxemburg und - aus Paris. Wenn aber das deutsch-französische Verhältnis in Gefahr ist, wird es ernst.

Es gibt Anzeichen, dass manche Deutsche wieder so reagieren, wie dies in der Weimarer Republik üblich war. Dass wir in die Spirale eines wehleidigen Selbstmitleids und einer gerade dadurch gesteigerten Kritik von außen geraten. Lasst uns versuchen zu begreifen, warum andere so reagieren, wie sie reagieren.

[…] Der griechische und der italienische Arbeitslose haben auch erfahren, wie die Zinsen für Staatsanleihen sich in der EU "gespreizt", also auseinanderentwickelt haben. Sie wissen nicht nur, dass, wenn die Finanzmärkte mehr als sechs Prozent Zins verlangen, der Schuldendienst auf Dauer nicht zu berappen ist. Sie wissen auch, wie viele Milliarden der deutsche Finanzminister in den vergangenen Jahren dadurch gespart hat, dass er hochverzinste Schuldscheine zurückbezahlt und durch Papiere ersetzt hat, deren Zinsen sich zwischen einem und null Prozent bewegten. Und beide, der Grieche und der Italiener, werden hier anders werten als Merkel oder Schäuble: Sie werden nicht argumentieren, dies sei eben die "Marktgerechtigkeit", welche die Starken, Soliden belohnt und die Schwachen, weniger Soliden bestraft. Sie werden sich ausrechnen, dass die Schwachen auf diesem Weg immer schwächer, die Starken immer stärker werden.
 (Ehmke, Vogel, SZ; 27. April 2013)