Nach dem Terroranschlag auf zwei Moscheen in Christchurch am 15. März 2019, beeindruckte mich die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern über alle Maßen mit ihren einfühlsamen Auftritten, ihrer Fähigkeit Trost zu spenden und der strikten Weigerung den Namen des Attentäters auch nur ein einziges mal auszusprechen. Der rechtsextreme Terrorist hatte die Tat gefilmt und wollte international berühmt werden. Wenigstens diese Genugtuung , daß nun jeder seinen Namen kenne, verweigerte ihm die Frau der Stunde.
Natürlich wurde seine Motive international recherchiert; „man“ weiß alles über ihn. Aber ich halte mich an Arderns Vorbild und werde den Namen nicht nennen.
Die Berichterstattung sollte den Opfern und nicht den Tätern gehören. Ich erinnere mich mit Gänsehaut daran, wie CNN-Anchor Anderson Cooper nach dem Massaker in Orlando am 12. Juni 2016, mit tränenerstickter Stimme in einem längeren Segment alle im „Pulse“ getöteten 49 Menschen nacheinander vorstellte, ihnen ein Gesicht gab.
So ehrenwert diese Versuche sind, die Opfer zu würdigen und den Tätern keine Titelseiten zu bescheren, muss man doch eins konstatieren: Die US-amerikanische Gesellschaft insgesamt bringt nicht genügend Ehre und Mitgefühl auf, um die nahezu täglichen Massenmorde zu unterbinden. Die Opfer gehören oft zu Minderheiten. Queere, Schwarze, Juden, Muslime, Kinder. Teile der Gesellschaft, die US-Amerikaner offenbar als verzichtbar betrachten. Die Mehrheit lehnt sich eben nicht gegen diese Massenmorde auf, ist abgestumpft.
Ich bezweifele, daß die Republikaner immer noch so verbissen für die freie Verfügbarkeit von automatischen Waffen kämpfen würden, wenn die Opfer der Schießereien hauptsächlich alte reiche weiße Männer wären.
Viele USA-Korrespondenten verfügen inzwischen über resignierte Feuilleton-Satzbausteine, mit denen sie nach jedem großen Mass Shooting die Waffenvernarrtheit der US-Amerikaner erklären, die Abstumpfung gegenüber den jährlich 40.000 Schusswaffenopfer analysieren und prognostizieren, daß es keine Änderungen geben wird.
In der Tat ist der white domestic terrorism – fast immer sind es weiß junge christliche Männer, die ihre Landsleute umbringen – so alltäglich, daß es schon besonders abstruse Umstände erfordert, um sich überhaupt noch an einzelne Massenmorde zu erinnern.
Das Mass Shooting am 24.05.2022 an der Robb Elementary School in Uvalde, als ein 18-Jähriger Texaner 19 Kinder und zwei Lehrer ermordete, war so ein Fall, da vor der Schule über 100 schwer bewaffnete Polizisten aufliefen, die sich aber zu sehr fürchteten, um den Täter mit seiner AR15 zu stoppen und ihn daher in Ruhe sein Massaker durchführen ließen.
Die US-Amerikaner sind nicht nur abgestumpft gegenüber solcher Gewalt; es ist schlimmer; sie fördern Mass Shootings durch ihre Wahlentscheidungen. Der Texanische Gouverneur Abbott hatte mit zahlreichen Gesetzen dafür gesorgt, daß jeder Minderjährige und jeder psychisch Angeschlagene eine AR15 bekommt. Sein demokratischer Gegenkandidat „Beto“ O’Rouke ist leidenschaftlicher Verfechter strengerer Waffengesetze, widersprach Abbott nach dem 24.05. so heftig, daß er aus dem Saal geführt werden musste.
Am 08.11.2022 gaben die Texaner Abbott eine deutliche Mehrheit und wollten Beto nicht als Gouverneur.
Nun der Mordanschlag von Colorado Springs im Club Q.
Es ist Zeit, den Namen Anderson Lee Aldrich zu nennen. Der übergewichtige weiße 22-Jährige Mörder passt nämlich schmerzhaft gut ins Muster. Der dicke Christ wurde schon zuvor für Gewalttaten angeklagt und kommt aus der entsprechenden Familie. Sein Opa ist ein MAGA-Hassfanatiker.
[….] Aldrich’s grandfather is allegedly Randy Voepel, a Republican state lawmaker in the California State Assembly
Voepel compared the January 6, 2021 attack on the U.S. Capitol to the Revolutionary War - Voepel lost his seat to a challenger in the midterm elections
Aldrich’s mother, Laura Voepel told police her son threatened her with a homemade bomb and other weapons last June
Aldrich was charged with two counts of felony menacing and three counts of first-degree kidnapping, but the charges were later dropped and records sealed [….]
Der evangelikale Soundtrack liefert die „Wir sind besser als die“-Überzeugung, der republikanische Trumpfan-Opa die Gewalttätigkeit.
Republikaner und rechte Medien zusammen schüren Hass und Hetze, um solche Typen wie Aldrich den letzten Ansporn zu geben, endlich loszulegen, endlich zu töten.
Gerade gewann mit Lauren Boebert in Colorado eine moralisch völlig verdorbene und abgrundtief bösartige Hass-Fanatikerin mit absoluter Mehrheit erneut ihren Sitz im US-Kongress. Sie tat in den letzten zwei Jahren alles dafür, um Attentäter mit Waffen auszustatten und sie auf ihre Opfer zu hetzten.
[….] 12 times that Colorado Rep. Lauren Boebert stoked anti-LGBTQ violence that led to a mass shooting
She has spent years accusing LGBTQ people of mutilating kids and threatening civilization.[….]
It’s remarkable that Boebert — who just narrowly won her re-election bid in a deep red district — would pray for queer people since she is the third most responsible person driving anti-LGBTQ hate speech on Twitter. Among her many bigoted statements, Boebert has accused LGBTQ people of “spitting in God’s face,” “butchering” children, and “perverting” the nation.
Accused LGBTQ allies of indoctrinating children. In September 2022, she reposted an article from the far-right outlet Breitbart while praising Florida’s “Don’t Say Gay” law, which bans LGBTQ content from public school classrooms. Christina Pushaw, the press secretary of Gov. Ron DeSantis (R-Fla.), said anyone who opposes the law is a pedophile.
Saying LGBTQ civil rights threaten all Americans. Boebert said the Equality Act — a bill that would outlaw LGBTQ discrimination — is a “radical ideology… monstrosity” from “the power-hungry left” which would result in a “confused man trying to catch a peek” in girls’ locker rooms, church leaders being imprisoned for misgendering people, and kids removed from their parents for denying them gender-affirming care. […] [….]
Der Hass auf Minderheiten fällt nicht vom Himmel, die Waffen fallen nicht vom Himmel, die Attentäter kommen nicht von allein auf ihre Mordphantasien.
Die GOP, FOX, die Evangelikalen und die anderen rechten Medien heizen das Mass-Shooting-Klima an.
Und noch schlimmer: Die US-Amerikaner wählen solche Leute mit Mehrheit in den Kongress.
Statt immer „nur“ zu trauern, sollten die Opfer dazu übergehen, klar Ross und Reiter zu nennen. Die Republikaner müssen öffentlich verurteilt werden. Die Namen die geistigen Täter müssen genannt werden.