Es gibt außer Donald Trump eigentlich niemanden, den ich so abgrundtief verachte, wie den verschwörungstheoretischen, antisemitisch-heuchelnden Hetzer David Berger, der im letzten Monat zweimal für die AfD als angeblicher „Experte“ im deutschen Bundestag seine widerlich-destruktive Ideologie verbreiten durfte.
Sein Pipi-Blog hat, wie damals Kreuznet, diesen Tote-Qualle-Am-Strand-Effekt. Man weiß schon vorher, daß es ekelig ist, verspürt aber dennoch den Drang ganz nah ranzugehen, um den modernden Leichnam genauer anzugucken. So geht es mir mit „Philosophia Perennis“ und weiche jedes Mal angewidert zurück. Denn das ist der große Unterschied zwischen David Bergers Blog und Kreuznet:
Beide waren ungefähr gleich rechtsextrem und schäbig, aber die Kreuzler frönten einer gewissen Lust am Formulieren, kreierten Neologismen und sorgten so dafür, daß man sie bei allem Ärger auch herzlich auslachen konnte. Berger hingegen ist vollkommen humorlos.
Heute staunte ich nicht schlecht, da hatte der Urinduscher doch tatsächlich einige Sätze verfasst, die ich sinngemäß auch ständig schreibe: „Merz stärkt die AfD“
Wie konnte DAS passieren?
[….] Eigentlich sollte er die AfD-Wähler, die einst von der gemerkelten Union nichts mehr wissen wollten, zurück holen. Doch Merz scheint genau das Gegenteil zu erreichen. Auch mit seinen jüngsten Äußerungen dürfte er vermutlich der „Alternative“ ein paar Prozentpunkte mehr an Wählergunst bescheren.
„Solange ich Parteivorsitzender der CDU bin, wird es keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei geben“, so Merz am Sonntagabend im ZDF-„heute journal“ angesichts der zuletzt immer weiter ansteigenden Umfragewerte für die AfD. [….]
(PP, 05.06.2023)
Bevor ich ob dieser gruseligen Kongruenz mit Ultrarechts ins Koma falle: Parteipolitische Bewertungen sind eine Frage der Perspektive.
An den Fakten kommt auch Berger nicht vorbei: Die Merz-CDU ist schwächer, als es die Merkel-CDU jemals war und die strammrechte Höcke-AfD ist stärker, als sie je war. Die Grünen wurden von den Braunen auf Bundeseben klar überholt. In drei Ossibundesländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) sind die Faschisten in aktuellen Umfragen bereits stärkste Partei.
Um die große Frage, wer daran schuld hat, dreht sich gerade eine öffentliche Diskussion. Eine merkwürdige Diskussion, denn die Zusammenhänge sind längst hinlänglich bewiesen: Wann und wo immer CDU/CSU besonders rechts blinken, um Stimmen von rechts zurückzuholen, senken sie damit nur die Hemmschwelle, um das faschistoide Original zu wählen. Wenn die Union das nachplappert, was die AfD stinkt – Überfremdung, Nationalität, Identität, Gendern, Grünes Gängeln –empfinden die „HAU AB/Lüg-en-presse“-Gröler das als Bestätigung.
Die völkisch-antigrüne Lynchstimmung wird bewußt von Kubicki, Merz, Söder und Springer erzeugt. Dadurch steigen dann, wie zu erwarten, die AfD-Zahlen.
[….] Man muss wirklich sagen, dass die Union und die FDP in ihrer Kommunikation zum Heizungsgesetz einen sehr guten Job gemacht haben. Erst haben sie Teile der Gesellschaft total verunsichert und verängstigt und dann haben sie beklagt, dass der Bundeswirtschafts- und Klimaminister die Leute total verunsichere und verängstige. Die bewährten rhetorischen Tricks wurden zielsicher eingesetzt: Bestandschutz für bestehende Heizungen kaum erwähnt, die Dimension völlig übertreiben, mit aufgeblasenen Kosten Abstiegsängste schüren, mit dem Killerwort „Verbot“ die neue Rechtslage zuspitzen undsoweiter.
Sehr, sehr gute Oppositionsarbeit. Wenn man mal davon absieht, dass die FDP nominell der Regierung angehört, die sie angreift.
[….] Selbst anspruchsvolle Medien reden ernsthaft davon, die Leute seien ja komplett verunsichert durch das Wirtschaftsministerium, die soziale Dimension sei mal wieder komplett vergessen worden, typisch, Grüne, und Gesetze beziehungsweise bereits deren Vorlagen werden mit Kennerexpertisen-Rhetorik schnell mal als „handwerklich miserabel“ gelabelt, womit man den Sprech der FDP übernimmt. Dazu kommen noch die routiniert heruntergeleierten „Ideologie“-, „Verbotsfetischismus“- und „Staatswirtschafts“-Gesänge. Es ist ja durchaus richtig, dass nicht alles gut gelaufen ist, sicher kann man smarter kommunizieren und soziale Härten besser abpuffern, was ja nun auch versucht wird. Aber die größere Frage lautet doch: Wenn eine technische Detailsache und im Vergleich eher kleine Veränderung wie die Umstellung von fossilen auf möglichst postfossile Heizgeräte bereits zur letzten Entscheidungsschlacht hochgejazzt wird: Wie soll man da in den nächsten Monaten und Jahren Ernst machen mit den großen Projekten? Die Antwort ist: Gar nicht. Jedenfalls, wenn es nach denen geht, die ernsthafte Wirtschafts- und Klimapolitik verhindern wollen. [….]
Ein anderes frappierendes Beispiel ist die womöglich größte Versagerin der Merkel-Regierung: Dorothee Bär, die als Digital-Staatsministerin eine Digital-Leiche hinterließ. Deutschland international weit abgeschlagen. Selbst hierherkommende Flüchtlinge staunen über die umständliche hiesige Zettelwirtschaft, während die Verwaltung in der Ukraine oder Polen längst vollständig digital funktioniert. Statt den ganzen Tag beschämt in Sack und Asche zu gehen, führt sie mit dem anderen ganz großen Versager Andreas Scheuer einen homophoben Kulturkampf an und drischt auf Minderheiten ein.
[….] Mit geradezu missionarischem Eifer macht die Vizefraktionschefin der Union Stimmung gegen queere Menschen. Früher hetzte sie gegen die Ehe für alle, jetzt gegen das Selbstbestimmungsgesetz. [….] Die CSU-Politikerin Dorothee Bär hat offenbar einiges vom queerfeindlichen Gouverneur Ron DeSantis gelernt, als sie im Mai mit ein paar Parteifreunden eine Audienz beim rechten Scharfmacher in Florida hatte [….] Bär ist bereits seit mehr als 20 Jahren im Bundestag – und kämpfte dabei stets verbissen gegen LGBTI-Rechte. So sagte Angela Merkels frühere Staatsministerin und heutige Vizefraktionschefin der Union etwa 2010, dass eine Familie nur aus "Vater, Mutter, Kind" bestehen könne. 2017 stimmte sie wie ein Großteil ihrer Partei für die Beibehaltung des Ehe-Verbots für gleichgeschlechtliche Paare. Besonders niederträchtig ist, dass Bär in ihrem FAZ-Beitrag Reformbereitschaft vorgaukelt:
„Die geltenden Regelungen des Transsexuellengesetzes, insbesondere die verpflichtende Einholung von Gutachten, werden von einigen Betroffenen als diskriminierend wahrgenommen. Als Union erkennen wir den Reformbedarf an. Der Staat muss die besonderen Lebenssituationen von transgeschlechtlichen Menschen berücksichtigen“.
Diese Sätze sind höhnisch, wenn man bedankt, dass die Union bis 2021 insgesamt 16 Jahre an der Macht gewesen war – in dieser Zeit änderte sie trotz vieler Ankündigungen am Transsexuellengesetz nichts. Dabei bettelten LGBTI-Aktivist*innen Jahr für und Jahr um eine Reform. Außerdem erklärte das Bundesverfassungsgericht mehrfach Abschnitte des Gesetzes für verfassungswidrig. [….]
Die Erbärmlichkeit der Union, die auf diesen Nebenkriegsschauplätzen von ihrem eigenen Totalversagen abzulenken versucht, lässt sich kaum übertreffen. An der Spitze natürlich wieder der größte AfD-Wahlhelfer Fritz Merz.
[….] Die AfD befindet sich in einem Umfragehoch. In der Befragung des Instituts Insa für Bild am Sonntag kam die Partei auf den Höchstwert von 19 Prozent und lag damit gleichauf mit der SPD. Ein Schuldiger ist zumindest aus Sicht des CDU-Chefs Friedrich Merz schnell gefunden: die Gendersprache. [….] Das Umfrageergebnis von 19 Prozent war der höchste Wert, den ein Meinungsforschungsinstitut bislang für die AfD gemessen hat. Der Gebrauch der geschlechterneutralen Sprache ist laut Merz einer der Gründe für das Erstarken der Rechtspopulisten in Meinungsumfragen. „Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD“, schrieb er am Samstag in seinem wöchentlichen Newsletter „MerzMail“. Einen entsprechenden Auszug postete der CDU-Chef auch auf Twitter. „Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr nur im Stillen abgelehnt“, so Merz weiter. Sie würden als „übergriffig empfunden.“
[….] „Mit jedem solcher Tweets gehen ebenfalls ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD“, schrieb ein Twitter-Nutzer ironisch unter den Beitrag des CDU-Chefs. Doch Merz bekam nicht nur Gegenwind. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) äußerte sich am Wochenende ähnlich. „In der Ukraine herrscht Krieg, und wir kümmern uns um Nebensächlichkeiten wie gendergerechte Sprache. Das ist doch absurd“, so der CDU-Politiker. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte indes die Äußerungen des CDU-Chefs Merz als „blanken Populismus“.
„Die Situation ist ernst und er geistert nur hetzend durch die Gegend“, schrieb die Grünen-Politikerin Renate Künast auf Twitter. „Wie wärs mal mit Konzepten?“, fragte Künast weiter und warf Merz vor, der AfD „durch Hetze Stimmen zuzutreiben[….]
Wie dramatisch sie Deutschland, Deutschlands Zukunft und den Bürgern schaden, während sie gleichzeitig die AfD pampern, wissen bei aller Doofheit auch Merz, Amthor, Spahn, BILD und Co.
Also versuchen sie tolldreist, die Schuld ausgerechnet Grünen und SPD zuzuschieben, als ob die Wählerwanderung von den Grünen zur Höcke-Partei gingen. Auch der Ex-BILD-Verantwortliche Blome verbreitet diese krude These.
[….] Die Weisheit mit Löffeln gefressen, die Wahrheit gepachtet und mit dem Kopf durch die Wand: Diese vorstechend grüne Attitüde bringt laut Umfragen den Klimaschutz zwar nicht unwiderruflich in Misskredit. Aber sie treibt den Klimawandelleugnern eine »So-nicht!-Fraktion« zu, die dermaßen verstört und verärgert ist, dass sie sich trotz des manifesten Rechtsextremismus und des ganzen Stroboskops von Irrlichtern vorläufig bei der AfD einreiht. [….]
Absolut hanebüchen, diese „Grüne stärken AfD“-These, die auch Augustus/Wirecard-Lobbyist Amthor verbreitet. Dabei sind die Grünen immer noch stärker als ihr Bundestagwahlergebnis. Von ihnen kann der Stimmenzuwachs für die AfD also gar nicht kommen.
Die AfD ist so stark, weil CDUCSUBILDFDP so rechts sind. Die AfD ist so stark wegen Merz. Das sieht auch David Berger ganz richtig. Da er ein wahnsinniger Verschwörungstheoretiker von ganz rechts außen ist, meint er allerdings, die AfD profitiere davon, daß Merz viel zu links sein. Auch das ist selbstverständlich hanebüchen. Die AfD ist so stark, weil Merz so rechts ist und damit die Fluttore zum Faschismus weit geöffnet hat.