Man kann dem Kalifornischem Gouverneur Gavin Newsom gar nicht genug für seine Troll-Trump-Social-Media Kampagne danken!
Endlich, nach so vielen Jahren, schafft es jemand, die größte Gefahr für die USA-Demokratie bloßzustellen: Den Gewöhnungseffekt an den Trump-Irrsinn. Die stoische Hinnahme all der Lügen, Hetze, Verfassungsfeindlichkeit und überbordender Borniertheit.
Im Nebeneffekt entlarven sich die Trumpesken Lügen-Medien, wie FOX-News, selbst, indem sie empört Newsom der Lächerlichkeit bezichtigen, die seines Amtes nicht angemessen sei. Wenn also Newsom Trump imitiert, findet FOX seine Gaga-Postings schlimm, für Trumps Original-Gaga-Postings, küssen sie ihm den Hintern.
Es sind aber keineswegs nur „die Medien“, „die Amerikaner“ oder „die Politiker“, die sich der Trump-Normalisierung schuldig machen, sondern wir alle.
So ein Mann gehört vollständig geächtet und boykottiert, dürfte nirgends empfangen werden, müsste mit einem totalen Kommunikationsbann belegt werden. Sein toxischer Wahnsinn sollte nicht medial multipliziert werden.
Was für eine gemeingefährliche, übergriffige, kriminelle Type der Politiker Trump ist, wissen wir alle aus dem Wahlkampf 2015/2016.
Mit seiner Amtsübernahme im Januar 2017 gab es Gewissheit für die Europäer: Die USA sind keine verlässliche militärische Schutzmacht und wenden sich auf globaler Ebene zu den Schurkenstaaten.
A posteriori weiß ich, wie naiv ich bis 2017 als Pazifist war, der es stets begrüßte, wenn die Bundeswehr geschrumpft wurde und weniger Milliarden in Kriegswaffen und Rüstung investiert wurden. Der Putin der Schröder-Jahre bis 2005, der sich in engster Abstimmung mit Frankreich und Deutschland 2003 intensiv gegen den GWB-Irakkrieg engagierte, war tatsächlich keine Bedrohung für „uns im Westen.“ Wozu also eine hochgerüstete Bundeswehr, wenn man mit den zig Milliarden Euro so viel besseres anfangen konnte? Das war Konsens von Links bis CDUCSU. Schließlich schrumpften die C-Minister der 16 Merkel-Jahre die deutsche Armee auf Bonsai-Niveau, trockneten ihre Bestände aus. CSU-Star Karl-Theodor von und zu Guttenberg schaffte die Wehrpflicht ab.
Aber der 2005er Putin existiert schon lange nicht mehr. Drei Daten – Krim 2014, Trump 2016 und Ukraine 2022 – lassen nicht mehr den geringsten Zweifel: Europa muss unbedingt eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mit eigener EU-Armee schaffen. Alle Europäer haben massiv in Rüstung zu investieren.
Auch heute habe ich mich nicht, wie Hofreiter vom Paulus zum Saulus gewandelt und begeistere mich nicht für Panzer und Kanonen. Die Bundeswehr, alles Soldatische, Uniformen sind mir unsympathisch. An der Waffe wäre ich eine absolute Niete. Ich fände es viel schöner, wenn überall Frieden herrschte und sich im Zweifelsfall „irgendjemand anderes“ um unsere Sicherheit kümmerte.
Aber so ist die Realität nicht. Wir Europäer müssen das schon in die eigene Hand nehmen.
Daß das nicht geschah und wir acht Jahre nach Trumps ersten Amtsantritt immer noch hilflos im Hühnerhaufenmodus gackern, nicht mal in der Lage sind, der Ukraine genügend Munition zu liefern, ist ein nicht zu entschuldigendes kapitales Versagen der ökonomischen Megamacht EU. Wir machen es sogar noch schlimmer, indem wir uns mit dem aktuellen Trump-von der Leyen-Deal noch mehr in US-Abhängigkeit begeben, indem wir für mehrere hundert Milliarden Euro Waffen in den USA kaufen und damit Trumps Rüstungsindustrie boosten, statt endlich unsere Eigene zu entwickeln. Absolut erbärmlich.
Und so kommt es dann zu der Peinlichkeitsparade, die wir Montag im Weißen Haus erleben mussten, als sieben Top-Europäer als Statisten auftraten und Trumps irre Lügen lobten.
[….] Und am Montag? Man muss sich die Szenerie im Weißen Haus einmal vorstellen: Die mächtigsten Europäer, große Egos wie Macron, Merz und Meloni, sitzen in einem Nebenraum, während Selenskij seinen Termin, nun ja, beim Boss hat. Die ganze Welt kann dabei live zuschauen, doch ausgerechnet den Herrschaften fehlt ein Fernseher, auf dem sie den Auftakt des Treffens verfolgen könnten.
Sie schauen auf ihre Telefone, sie bekommen natürlich mit, dass Trump diesmal fast schon nett ist zu Selenskij. Dass er sogar dessen Kleidung lobt, denn wie vom Weißen Haus gewünscht hat der Ukrainer dieses Mal nicht ein tarnfarbenes T-Shirt oder einen grünen Pulli an, sondern ein schwarzes Jackett über einem schwarzen Hemd. Sein Anzug sieht immer noch militärisch aus, der Lage in der Ukraine angemessen eben. Aber auf eine moderne und dezente Art. Trump, dem Kleider wichtiger als der Krieg zu sein scheinen, gefällt das ganz offensichtlich.
Bei den Europäern im Wartezimmer sorgte das logischerweise für Erleichterung. „Man konnte sofort spüren, dass die Atmosphäre gut ist“, sagt ein Teilnehmer. Aber mischte sich da in das Aufatmen nicht auch ein Schuss Scham? Da hocken die Abgesandten des alten Kontinents im Wartezimmer und dürfen froh sein, dass der eitle, alte Mann im Oval Office einen guten Tag hat. Sieben Zwerge, wenn sie ehrlich sind, geparkt in irgendeiner Kammer des Bergkönigs. Eine Sternstunde europäischer Selbstbehauptung war das eher nicht. [….] Man habe, so heißt es aus Diplomatenkreisen, inzwischen ja gelernt, wie man mit Trump umgehen müsse. Zuerst: Man muss ihn loben und ihm danken, je öfter und überschwänglicher, desto besser. Und dann muss man dem US-Präsidenten die Punkte, die einem wichtig sind, immer und immer wieder einhämmern, ihn „in das eigene Narrativ einhüllen“, wie einer es ausdrückt, damit der Amerikaner halbwegs auf Linie bleibt und nicht an Putins Narrativ glaubt. Wer dabei etwas zu Trump sagt, ist zuweilen ähnlich wichtig wie das, was gesagt wird.
Klingt etwas kindisch? Ja klar. Aber die europäischen Staats- und Regierungschefs sind darüber längst hinweg, zumal politisch enorm viel auf dem Spiel steht. „Trump ist, wie er ist“, lautet ein Kommentar, den man in Europa zum Verhandlungsstil des Amerikaners hört. Nützt nichts, sich darüber noch aufzuregen.
Also haben die sieben untereinander die Rollen verteilt. Ursula von der Leyen lobt noch mal den „größten Handelsdeal der Geschichte“, den Trump der EU, um es offen zu sagen, brutal aufgezwungen hat und den die Europäer im Raum natürlich eher als peinlichen Kniefall in Erinnerung haben. [….] Rutte entbietet Trump untertänigsten Dank [….]
Es ist unerträglich. Nur mit Magenkrämpfen kann ich der europäischen Selbstverzwergung zusehen. Ertragen, wie wir devot vor Sauron kriechen, um zu retten, was zu retten ist.
[….] Nach dem Besuch der europäischen Spitzenpolitiker in Washington stellt sich die Frage: Wie konnte sich die Welt so schnell an dieses Niveau gewöhnen? Das Treffen war ein neuer Höhepunkt geopolitischer Infantilisierung.
Eine »Meisterklasse der Diplomatie« nennt die »New York Times« das , was die europäischen Staatschefs Montag im Weißen Haus abgeliefert haben. Das stimmt vielleicht. Auf viele Zuschauer dürfte es trotzdem so gewirkt haben, als schauten sie gerade einer Liveübertragung von einem Spielplatz zu, auf dem ein Haufen Erwachsener versucht, ein besonders tumbes und jähzorniges Kind zu überreden, seine Sandschaufel zu teilen. Nur dass das Kind der mächtigste Mann der Welt ist. Und es bei dem Spiel um das Leben Tausender und die Zukunft der Weltordnung geht. [….] Das Niveau stieg nicht viel höher, als kurz darauf die europäischen Staatschefs dazustießen. Stattdessen musste man immer neue Wellen von Fremdscham aushalten, während ein europäischer Staatschef nach dem anderen dem amerikanischen Präsidenten bescheinigte, wie toll er das alles mache, wie wichtig das hier sei, wie einzigartig, wie bedeutend – und könne er bitte, vielleicht, daran denken, dass die Ukraine ein paar Sicherheitsgarantien brauche? Nur, wenn das nicht zu viel verlangt ist! [….] Die Schleimerei konnte ungestört weitergehen. Auch Emmanuel Macron, Keir Starmer und Alexander Stubb aus Finnland durften dem Präsidenten noch Honig ums Maul schmieren.
Das Ziel der unwürdigen Darbietung ist geradezu schmerzhaft klar: Trump wieder für sich einzunehmen, nachdem die ganze Welt am Sonntag beobachten konnte, wie aufregend dieser die Begegnung mit Wladimir Putin fand. [….] Diese Unterwerfungskunst mag derzeit realpolitisch der einzige Weg sein. Es ist nur besonders entmutigend, das alles so geballt erleben zu müssen. Wie schnell die Welt sich an dieses Niveau gewöhnt hat! [….] [….]
(Matern von Boeselager, 19.08.2025)
In diese extrem demütigende Lage haben wir Europäer uns ganz allein durch eigene Doofheit gebracht. Selbstverständlich ist Putin klug genug, um die selbstgewählte EU-Paralyse und die intellektuelle Unzulänglichkeit in Washington zu analysieren. Selbstverständlich ist er skrupellos genug, um unsere Misere auszunutzen. Wir klammern uns wie hilflose Babys an Trump, der a) viel zu verblödet ist, um Geopolitik zu verstehen und b) charakterlich so verdorben ist, Putin zu bewundern.
Die EU hat seit dem 24.02.2022 noch nicht einmal eine Strategie entwickelt. Keiner kann sagen, was Brüssel eigentlich will, wie wir uns die Zukunft der Ukraine vorstellen. Wie könnte der Krieg enden? Aus Europa gibt es dazu nur sehr große Fragezeichen.
[….] Warum sich Putin so bald nicht mit Selenskyj treffen wird
Der US-Präsident kündigt einen raschen Gipfel von Putin und Selenskyj an. Doch Trump durchschaut den Konflikt schlicht nicht richtig: Der Kremlchef hat andere Pläne – und schafft in der Ukraine weiter brutal Fakten. [….] Putin werde Selenskyj erst dann treffen, wenn eine Einigung zu seinen Bedingungen vorliegen würde, schreibt die im Exil lebende russische Politanalystin Tatiana Stanovaya auf X .
Der Kreml schindet deshalb Zeit. [….] Putin weiß, dass er mit dem Gipfel in Alaska, bei dem Trump ihm schöne Bilder auf dem roten Teppich und seiner Limousine schenkte , noch lange nicht am Ziel seines Plans ist. [….] Immerhin schaffte Putin es, Trump auf seine Linie zu bringen: Erst sollen Moskau und Kyjiw ein Friedensabkommen aushandeln, dann einen Waffenstillstand abschließen, fordert jetzt auch der US-Präsident. Und das trotz des Widerstands Selenskyjs und der Europäer. [….]
Die westliche Militärunterstützung der Ukraine führt Putin als eine der »tieferen Ursachen« für den Konflikt an.
Und genau diese seien Trumps Problem, glaubt die Politologin Stanovaya. Der US-Präsident verstehe bei seinem Versuch, Russland und die Ukraine zu »versöhnen«, den größeren Zusammenhang nicht. Für Putin handele es sich um einen »Stellvertreterkrieg zwischen Russland und dem Westen«, schreibt sie auf X . Putin sehe diesen nicht als Krieg gegen die Ukraine an sich, sondern als Kampf gegen ein »umfassenderes langfristiges westliches Projekt zur Zerschlagung Russlands«. Für den Kremlchef sei dies die zentrale strategische Frage. Trump sei jedoch bereit, nur über den Krieg zu verhandeln. Damit seien seine Bemühungen zum Scheitern verurteilt, selbst wenn beide Seiten ein Abkommen unterzeichnen würden, so Stanovayas Prognose. Der Konflikt in der Ukraine werde weitergehen. […..]
(Christina Hebel, SPON; Moskau, 20.08.2025)
Neuerdings wird immerhin theoretisch überlegt, wie Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen könnten. Dafür wären theoretisch eine halbe Million EU-Soldaten in Osteuropa notwendig. In der Praxis ist das aber de facto nicht umsetzbar, weil wir a) nicht mal ansatzweise so viele Soldaten haben, weil b) Russland das kategorisch ausschließt und aus Kriegsgrund wertet und c) sogar die CDUCSU sofort in Hühnerhaufenmodus verfällt. Außenminister Wadephul sagt heute dies, morgen das Gegenteil, Röttgen kann sich das irgendwie vorstellen, Kretschmer ist strikt dagegen, Merz planlos, CDU-Verteidigungsexperte Thomas Röwekamp rechnet mit einem Bundeswehreinsatz in der Ukraine. Spahn will die Diskussion über die Frage verbieten. Dafür kauft die EU aber wieder mehr russisches Gas, um Putins Kriegskasse zu füllen.
[…] EU gibt mehr für russisches Flüssigerdgas aus
Die Europäische Union hat im ersten Halbjahr Flüssigerdgas aus Russland im Wert von rund 4,48 Milliarden Euro importiert. Das übersteigt die Ausgaben im gleichen Zeitraum des Vorjahres um knapp ein Drittel. […..]
Was sind Leyens Luschen nur für Loser?! Putin hat gut Lachen.
Alle unsere Vorstellungen von Sicherheitsgarantien sind nicht umsetzbar, also rutschen die Euler bettelnd auf Knien zu Trump, um sich auf den Mann zu verlassen, der maximal unverlässlich ist. Wir leben in einer Simulation. Es muss sich um einen gigantischen kosmischen Witz handeln.
[…..] Es war ein bisschen wie im Zirkus. Die Welt hat aufs Weiße Haus und die Parade der Staats- und Regierungschefs aus Europa gestarrt wie ein Zuschauer auf die Manege. Einen Unterschied gab es allerdings. Alle achteten nicht nur darauf, ob die aufmarschierte Riege ihre Kunststücke auch brav aufführt, sondern auch, ob der Dompteur in der Mitte seine Aufgabe beherrscht oder mal wieder zum Clown wird.
Donald Trump hatte völlig recht, als er diese surreale Szene in Washington als historisch einmalig bezeichnete. Die Anführer der mächtigsten Nationen Westeuropas, dazu die Chefs der wichtigsten Organisationen Europas und des transatlantischen Westens ad hoc an einem Tisch im Weißen Haus versammelt – das gab es noch nie jenseits der üblichen Jahrestreffen von G 7 oder Nato. Und Trump hat es persönlich genommen. Als Ausdruck der Macht, die Amerika in der Welt besitzt. Und die er, als Chef dieser Ordnungsmacht, ausübt. […..]
(Reymer Klüver, SZ, 19.08.2025)