Donnerstag, 18. April 2013

Deswegen SPD – Teil IV



Zu Beginn dieser lockeren Reihe versuchte ich die Ausgangslage zu schildern. Das publizistische Jaucheloch, in dem die Sozis stecken.

Die CDU und die Möchtegern-Merkel-Nachfolgerin von der Leyen haben heute bei der Abstimmung über die Frauenquote gezeigt, daß sie unwählbar sind.
Die Initiative des Bundesrats, eine feste Frauenquote einzuführen, wurde von allen Frauen der Union im Bundestag abgelehnt.
Man erinnert sich an die FDP und den schwulen Außenminister, die geschlossen gegen den Antrag der Opposition die „Homo-Ehe“ rechtlich gleich zu stellen, stimmten. Taktik und Pöstchen sind alles in der Regierungskoalition, Inhalte sind irrelevant. 
Dabei hatten sich die CDU-Frauen vorher ungeniert als moderne Politikerinnen verkauft.
Mit der „Berliner Erklärung“ gab es ein parteiübergreifendes Bündnis von Frauen aller Fraktionen, die zusammen mit sämtlichen wichtigen Frauenverbänden für eine feste Quote in Aufsichtsräten kämpften. Von der Leyen hatte sich als Verfechterin einer festen Quote feiern lassen.

Umso größer war nun die Enttäuschung bei der Opposition. „Dies hätte ein historischer Tag sein können“, klagte Dagmar Ziegler von der SPD und konstatierte: „100 Prozent Umfallerinnen“ bei der Union. Ekin Deligöz von den Grünen sekundierte: „Sie lassen uns im Stich. Das nehme ich Ihnen persönlich übel.“ Beide hatten die Berliner Erklärung mit ins Leben gerufen.

Die gewohnheitsmäßige Lügnerin von der Leyen verfuhr einmal mehr nach ihrem einzigen Politikmuster: Erst in der Öffentlichkeit aufblasen und Behauptungen aufstellen und dann, wenn es um konkrete Politik geht: Wegducken, drücken, Arbeitsverweigerung.
Die Quoten-Fans der Union [waren] einer nach dem anderen eingeknickt. Prominentestes Beispiel ist Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Erst lotete sie im Hintergrund die Chancen für einen fraktionsübergreifenden Vorstoß aus - und erklärte dann, "so schwer es mir fällt", sie könne die Initiative der Opposition nicht mittragen.

Die Quoten-Befürworterinnen der Union haben ihre Überzeugung für ein paar lose Versprechen eingetauscht. Die feste Frauenquote soll zwar ins Wahlprogramm von CDU und CSU geschrieben - aber nicht vor 2020 angegangen werden. Das Rebelliönchen verpuffte, sobald man den Damen einen mauen Deal servierte. Von Glaubwürdigkeit und Charakterstärke zeugt das nicht.
Merkel zeigte, wieder einmal, eine erbärmlich schwache Performance und die Kommentatoren wittern erhebliche Demokratiedefizite der CDU.
Es ist wohl die lapidarste Kehrtwende unter den vielen Kehrtwenden, die die CDU unter der Führung von Angela Merkel vollzogen hat. Ein paar Sätze in einem Interview mit der Bild-Zeitung sollen wohl reichen, damit die Parteibasis ihr folgt: "Als Vorsitzende dieser Volkspartei nehme ich es ernst, wenn das quer durch alle Gruppierungen so viele meiner Kollegen bewegt."

Das ist es also. Merkel nimmt es "ernst", wenn die Frauenquote ihre "Kollegen bewegt". Wen meint sie damit eigentlich? Und vor allem: Kann das als Grund reichen, mal eben Parteitagsbeschlüsse über Bord zu werfen, die seit kaum fünf Monaten existieren?       Nein, kann es nicht. Wenn das reicht, um einen radikalen Kurswechsel wie diesen von der mehr oder minder freiwilligen Flexi-Quote zur starren Pflichtquote zu begründen und durchzusetzen, dann hat das mit Demokratie nur noch am Rande zu tun.   Zumal ja niemand weiß, ob die Partei wirklich für eine starre Quote einsteht. Nur Parteivorstand und Präsidium haben den Deal abgesegnet. Das sind nicht einmal 50 Personen, die im Zweifel einen offenen Konflikt mit Merkel eher scheuen. Einen Parteitag wird es dazu vor der Wahl nicht mehr geben. Dennoch soll die neue Quotenlinie im Wahlprogramm verankert werden. Auch das wird nicht von einem Parteitag verabschiedet und debattiert. Was kratzt mich die Partei, mag Merkel denken. Ihr Motto: Solange ich Kanzlerin bin, mache ich, was mir gefällt.

[…]   Einer Partei, die sich so von der eigenen Chefin vorführen lässt, können Parteitage in Zukunft auch egal sein.
Es sind wenige Stimme in der Presse, die Merkels demokratiewidriges und frauenfeindliches Verhalten klar als das benennen was es ist; nämlich ein Desaster.

Die übergroße Mehrheit der Journaille schließt sich dem derzeit herrschenden Trend an und spart es sich das eigene Hirn zu bemühen.
Als ob alle die gleiche imaginäre Schablone benutzten, wird das Bild von der schwankenden SPD, dem Pannen-Peer und der monolithisch führenden Merkel gezeichnet. 
Nur sie wisse wo es längs ginge.

Dabei ist diese Darstellung schlicht und ergreifend falsch.
Die CDU/CSU/FDP-Koalition ist es, die um die heißen Eisen mäandert und die Bürger im Stich läßt.
Frauen wie Kristina Schröder, Ursula von der Leyen und Angela Merkel sollten lieber daheim am Herd bleiben, statt das Volk mit ihrer Polit-Imitation zu belästigen.
Ursula von der Leyen hat die Quotenregelung immer wieder als Gretchenfrage bezeichnet. Dies ist also nicht irgendeine Frage der Tagespolitik. Es geht um Grundsätzliches und damit auch um die Glaubwürdigkeit der Ministerin selbst. Von der Leyen hat oft mit großer Geste gefordert, dass es eines Gesetzes bedürfe, wenn sich in Sachen Frauenanteil auf der Top-Ebene der DAX-Konzerne nichts täte.  Sie ließ sich feiern als eine, die Klartext spricht. Die unabhängig von Bundeskanzlerin Merkel für mehr Geschlechtergerechtigkeit kämpft. […] Doch jetzt dürfte mit der Selbstinszenierung als unbestechliche Kämpferin Schluss sein. Übrig bleibt das Bild einer Umfallerin, die als Löwin startete und als Bettvorleger endet.

Recht hat sie, die Frau Pohl. 
Doch wer liest schon die taz?
Die 100 mal so große renommierte Wochenzeitung „DIE ZEIT“ titelt heute mit einem halbseitigen von der Leyen-Bild und bejubelt sie in einem langen Artikel als „Frau für alle Fälle“, die geradezu „unerträglich perfekt“ sei, als „zähe Kämpferin“ brilliere und eines Tages „Angela Merkel beerben“ könne.


Eine Lügnerin und Dauerumfallerin, die bei all ihren Kernanliegen – Betreuungsgeld, Frauenquote, Internetsperren, Bildungsgutscheine, Kita-Ausbau, Geburtenzahlzunahme, Lebensleistungsrente, …- stets eine Bauchlandung hinlegte und immer scheiterte, wird als Macherin inszeniert.

Ein Witz.
Image ist alles. 
Seriöse Politik zählt offenbar gar nicht mehr im Land der großverlegerischen Meinungsmacher. Wozu eigentlich noch wählen? 
Lasst doch die Chefredakteure von Bauer, Burda, Holtzbrinck und Springer einen Bundestag ausknobeln.
Gerhard Schröders Staatsminister Schwanitz, den man schon allein wegen seines engagierten Kampfes für den Laizismus lieben muß, gab gestern seine Einschätzung des Sachverhaltes.

Hinter diesem Hoch- und Runterschreiben steckt noch etwas mehr - und es geht nur am Rand darum, wie sich ein Politiker zu einzelnen Medien verhält und umgekehrt. Zum einem ist nicht nur in Italien, sondern auch im deutschen Journalismus seit einigen Jahren eine klar negative Entwicklung zu beobachten, dass politischer Journalismus immer stärker in Richtung Infotainment, Kampagnen- und Herdentrieb abdriftet. Egal wie man das politisch sieht: Guttenberg hoch und runter, Wulff hoch, runter und wieder hoch, Grüne- und Piratenhype oder das allgemeine Peer-Bashing, das bei "Schubladenjournalisten" fast schon ein Muss zu sein scheint, sind nur einige wenige Beispiele. Das trifft dann auf die altbekannte "Vorliebe", dass in Wahlnähe mit der SPD in der Regel recht zünftig, mit der CDU dagegen eher recht verhalten umgegangen wird (schließlich könnte man über Merkels Stil monatelang mit persönlich abwertende Artikeln viele Zeitungsspalten füllen, vorausgesetzt man wollte es). Diese Kombination, der neue Kampagnen-Infotainment-Herdenjournalismus und die altbekannten Vorlieben, verbinden sich zu einer Mischung, die nicht nur heute für die SPD schwierig, sondern langfristig für die Demokratie gefährlich ist. Darum geht es.
(Rolf Schwanitz via Facebook, 17.04.13)

Merkel und von der Leyen gelten immer noch als die beliebtesten Politikerinnen Deutschlands.
Wer diese ewiggestrige Politik nicht will, sollte Steinbrück wählen.

Klipp und klar kristallisiert sich wieder einmal der Unterschied zwischen Rot/Grün und der Noch-Koalition heraus.



(Peer Steinbrück auf Facebook 18.04.13)