Manchmal
wird mir vorgeworfen, ich hätte es auch leicht so eine multikulturelle
Einstellung zu kultivieren, da ich in keinem sozialen Problemstadtteil wohnte.
„Gegen
DEINE Ausländer hätte ich auch nichts, die sind bei Euch ja Architekten, Ärzte
oder Apotheker!“
Es ist
richtig, mein zentral in Hamburg gelegener Stadtteil ist eher wohlhabend und
mit der relativen Abwesenheit von sozialer Not geht höhere Bildung einher.
Damit kommt es auch zu mehr Toleranz und weniger Kriminalität.
Das sind
bedauerliche Korrelationen, wie zum Beispiel auch die zwischen Reichtum und
Langlebigkeit. Gerecht ist das nicht, aber Arme sterben einige Jahre eher als
Reiche, weil sie sich weniger gut ernähren, eine schlechtere
Gesundheitsversorgung haben und durch geringere Bildung auch ungesünder leben.
Verglichen
mit dem sehr xenophoben Dresden gibt es auch in meinem Stadtteil noch 1000%
mehr Migranten.
(….)
Man erkennt das im Bundesland Hamburg, das einen zehnmal so hohen
Migrantenanteil wie Sachsen hat. 1000% mehr Ausländer in Hamburg; verglichen
mit Dresden. Da schlottern Lutz Bachmann, Michael Kretschmer und Stanislaw Tillich
die Knie.
Schlimme
Zustände sind das in Hamburg: kein einziger Brandanschlag auf
Flüchtlingsunterkünfte und außerdem plagen sich die Hanseaten mit einem dreimal so hohem Bruttoinlandsprodukt je
Einwohner, wie die Sachsen. (…..)
Aber
Xenophobie ist nicht nur eine Frage des Wohlstandes und des Migrantenanteils.
Den Sachsen geht es ökonomisch gar nicht so schlecht, aber das sind einfach verbohrte Menschen mit chronischem Minderwertigkeitskomplex.
Den Sachsen geht es ökonomisch gar nicht so schlecht, aber das sind einfach verbohrte Menschen mit chronischem Minderwertigkeitskomplex.
Was in
der Wolle gefärbte Ausländerfeinde nie verstehen werden sind die Zusammenhänge
zwischen interkultureller Befruchtung und ökonomischen Wohlstand.
Stichwort „Gentrifizierung“. Hamburgs schwierigste Stadtteile mit den höchsten Ausländeranteilen, die alle ein schlechtes und schmuddeliges Image hatten, wuchteten sich durch die quirlige Aktivität von Menschen verschiedenster Herkunft an die Beliebtheitsspitze empor.
Stichwort „Gentrifizierung“. Hamburgs schwierigste Stadtteile mit den höchsten Ausländeranteilen, die alle ein schlechtes und schmuddeliges Image hatten, wuchteten sich durch die quirlige Aktivität von Menschen verschiedenster Herkunft an die Beliebtheitsspitze empor.
Als ich
in den 1980er Jahren studierte, musste ich auf dem Weg zur Uni den Bus durch
die „Lange Reihe“ in St. Georg nehmen. Das war das Ghetto hinterm Hauptbahnhof
mit Straßenstrich, jeder Menge Junkies und eben der Ort, an dem die Türken wohnten.
Fuhr ich
spät nach Hause, hoffte ich immer, daß niemand in den Bus zusteigen möge, weil
das tendenziell unheimliche Gestalten waren.
Aber all
die „Ausländer“ machten kleine Läden auf und die Schwulen kamen auch noch dazu.
Seit gut
zehn Jahren ist die Lange Reihe eine der beliebtesten Straßen überhaupt. St
Georg gehört zu den vier, fünf teuersten Stadtteilen Hamburgs. Vor 30 Jahren
gruselte ich mich noch davor da auch nur mal durchzufahren, inzwischen ist es
dort so teuer, daß es für mich absolut unmöglich wäre dort eine Wohnungsmiete
zu zahlen.
Ganz
ähnlich lief/läuft es mit dem linken Multikulti-Stadtteil Sternschanze und dem
Karolienviertel. Noch vor wenigen Dekaden der abgehängte Problembezirk, jetzt
superhipp und teuer.
Auch
Hamburgs berühmteste Straße, die Reeperbahn in St. Pauli ist keine Ausnahme.
Extrem schmuddelig, laut und voller Prostituierter und Junkies war es einst. Das
hatte sehr niedrige Mieten zur Folge, weswegen viele Ausländer dahin zogen, die
aber mit der Zeit alles so belebten, daß St. Pauli gegenwärtig der beliebteste
Wohnstadtteil für Menschen unter 30 und Singles geworden ist. Die Mieten gehen
durch die Decke.
Allermöhe
und die Veddel sind ebenfalls auf dem Weg zu gentrifizierten „In-Stadtteilen“
zu werden.
Hier
sollen nicht die Probleme der Gentrifizierung, der Segregation in Städten
kleingeredet werden, nicht die brutale soziale Verdrängung aufgrund
explodierender Mieten verschwiegen werden, aber das sind
politisch-verwaltungstechnische Angelegenheiten, die eine kommunale Regierung
wesentlich beeinflussen kann.
Fragt sich
wie die rein „biodeutschen“ Dörfer in Sachsen ökonomisch belebt werden
sollen?
Dort
stirbt alles aus, außer der AfD.
Gentrifizierung
ist zwar Mist, aber nicht so mistig wie keine Gentrifizierung.
Der PP-Blogger und seine ultrarechten Kumpel nennen die genetisch reinen
blonden Arier-Typen neuerdings „indigene Deutsche“, weil es bekanntlich in der
Europäischen Geschichte keinerlei Völkerwanderungen gab und auch nie Kleinstaaterei
herrschte, sondern die Nation Deutschland schon seit 2000 Jahren ein festes
nicht durchmischtes Gebilde war, in das nie jemand einwanderte.
Ja,
liebe Ausländerhasser, die ihr euch darüber beklagt, daß Taxifahrer, Putzfrauen,
Lieferanten und Paketboten alle kein Deutsch mehr sprechen:
Erstens sind
das Jobs, die offensichtlich kein Deutscher machen will, weil sie mies bezahlt
und dazu sehr anstrengend sind.
Und
zweitens ist es ein ökonomischer Glücksfall, daß all diese Menschen bereit
sind hier zu arbeiten. Das ist das Rückgrat unserer Wirtschaft.
Die
Gastronomie bräche ohne all die dunkelhäutigen Billigjobber in den Küchen
ebenso zusammen wie die gesamte Pflegebranche.
Und
welcher Deutsche will schon seine Oma selbst pflegen, statt sie ins Altersheim
abzuschieben?
Es sind rechte Politiker der CDU und CSU, die die Axt an Deutschlands Wirtschaft legen, wenn sie AfD-Politik imitieren und Geflüchtete deportieren.
Es sind rechte Politiker der CDU und CSU, die die Axt an Deutschlands Wirtschaft legen, wenn sie AfD-Politik imitieren und Geflüchtete deportieren.
In
Deutschland herrscht gebietsweise Vollbeschäftigung.
Sie
werden nämlich händeringend gebraucht und ihre Ausbildung scheitert oft nur
daran, daß die Behörden keinen sicheren Aufenthaltsstatus erteilen.
[….]
Die Zahl der Azubis mit Fluchterfahrung
hat sich 2017 in handwerklichen Betrieben auf etwa 11.000 mehr als verdoppelt.
Das teilte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) am Donnerstag in
Berlin mit. Im Vorjahr waren es noch knapp 4600 gewesen.
[….]
Auch bei den betrieblichen und kaufmännischen
Ausbildungen im Bereich der Industrie- und Handelskammern war die Zahl der
Ausbildungsverträge mit Geflüchteten zuletzt deutlich gestiegen. Achim Dercks,
Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK),
hatte das vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels begrüßt. Gleichzeitig
forderte er die Politik auf, geflüchteten Azubis langfristigere
Aufenthaltsgenehmigungen zu ermöglichen, die auch noch zwei Jahre über das
Ausbildungsende hinaus gültig seien. [….]
Auch ein
anderes „Problem“, das Rentenpolitiker umtreibt, beginnt sich durch die
Flüchtlinge zu entschärfen.
Die
demographische Falle, die dazu führen könnte, daß aufgrund der
gesellschaftlichen Überalterungen die Renten nicht mehr finanzierbar sind.
Nun
steigt aber die Geburtenrate wieder, weil Heimatvertriebene offenbar
kinderfreundlicher als „indigene Deutsche“ sind.
[….]
In Deutschland sind wieder mehr Babys
geboren worden: Die Zahl der Geburten stieg 2016 im fünften Jahr hintereinander
auf 792 131, teilt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Im Vergleich
zum Vorjahr sei das ein Anstieg von sieben Prozent beziehungsweise um 54 556
Babys.
[….]
Zuletzt seien 1996 ähnlich viele Kinder
zur Welt gekommen wie im Jahr 2016, berichten die Statistiker. [….] Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit
haben im Jahr 2016 184 660 Kinder geboren, was einen Anstieg von 25 Prozent im
Vergleich zu 2015 bedeutet. Dazu trug bei, dass sich die Anzahl und die
Zusammensetzung der potenziellen ausländischen Mütter verändert haben. So
haben, das ergibt sich aus den Daten, mehr Mütter mit afghanischen, irakischer
oder syrischer Staatsangehörigkeit Kinder bekommen. [….]
(SZ,
28.03.2018)