Sonntag, 7. Juni 2020

Satan im Drachenblut


Immer wieder, immer wieder benimmt sich Trump so destruktiv, drückt die USA immer mehr in Schwierigkeiten, löst neue Megakrisen aus.
110.000 Pandemietote, 40 Millionen Arbeitslose, Wirtschaftseinbruch, das internationale Ansehen der USA im freien Fall, Massendemonstrationen im ganzen Land, rasanter Schuldenanstieg, 19.000 Lügen, offener Rassismus, 28
Millionen Bürger ohne Krankenversicherung, Kilometerlange Schlangen vor Lebensmittelausgaben, Militäreinsatz gegen das eigene Volk, Verachtung der amerikanischen Verfassung.

Und immer schießt einem der Gedanke durch den Kopf ‚jetzt müssten sich aber auch seine Wähler von 2016 abwenden‘.
Aber da ist immer nur der Wunsch der Vater des Gedanken.
Trumps Anhänger halten ihm die Treue.

 […..] Am besten kann man dieses Phänomen an den Zustimmungswerten von Präsident Donald Trump ablesen. Sie sind wie einbetoniert: Das Meinungsforschungsinstitut FiveThirtyEight errechnet aus allen verfügbaren Erhebungen einen Durchschnitt, der laufend aktualisiert wird. Danach stimmten am 1. Januar 2019 etwa 42 Prozent der Amerikaner Trumps Politik zu. Knapp 53 Prozent waren gegen ihn. Am 1. Januar 2020 das gleiche Bild: 43 Prozent Zustimmung, 53 Prozent Ablehnung. Und am 4. Juni wieder: 42 Prozent der Bürger sind für Trump, 53 Prozent lehnen ihn und seine Politik ab. Impeachment, Corona, der Kollaps der Wirtschaft und die Proteste nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd - nichts scheint die Meinungen zu ändern, die die Amerikaner von ihrem Präsidenten haben. [….]

Es sind nach wie vor genug, um ihm die Wiederwahl zu sichern. 2016 bekam Hillary Clinton drei Millionen Stimmen mehr als Trump. Das reichte nicht.
Das amerikanische Wahlsystem bevorzugt so stark die weißen Konservativen, daß die Demokraten theoretisch noch mit zehn Millionen Stimmen Mehrheit verlieren können.
Sie brauchen nach bisherigem Stand mindestens einen Zehn-Prozentpunkte-Vorsprung, um gegen Trump zu gewinnen.

Hinzu kommt 2020 noch massive „voter suppression“ – völlig ungeniert halten republikanische Staatsregierungen mehrheitlich demokratische Kommunen davon ab überhaupt wählen zu können.

[….] Die Republikaner im Kongress von Wisconsin[….] sorgten auch dafür, dass die Zahl der Wahllokale dramatisch verringert wurde – vor allem in Gebieten, wo überproportional viele Afroamerikaner leben. In Milwaukee, der größten Stadt Wisconsins, wurden 175 von 180 Wahllokalen geschlossen. Wer seine Stimme dennoch abgeben wollte, musste sich in endlose Schlangen einreihen.
Wisconsin ist Teil einer langen Tradition. "Die Republikaner haben in Amerika keine Mehrheit. Außer am Wahltag", schrieb die "New York Times" vor ein paar Wochen. Statt sich um neue Wählergruppen zu bemühen, wenden die Republikaner eine andere Strategie an: Sie versuchen, die Minderheiten vom Wählen abzuhalten. [….] Weil es keinen landesweiten Personalausweis gibt, müssen sich Bürger auf Wahllisten eintragen. Jeder Staat entscheidet selbst, welches Dokument zur Registrierung erforderlich ist. Der Bundesstaat Alabama verlangt seit 2014 einen Führerschein. Ausweise, die zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigen, reichen nicht mehr aus; für viele Afroamerikaner aber sind diese das einzige offizielle Dokument, das sie besitzen. [….]  "Früher hieß es: Wählst du, stirbst du", sagt die Historikern Carol Anderson, in Anspielung auf die Lynchmorde im Süden der Vereinigten Staaten. "Heute funktioniert die Einschüchterung auf andere Art."
So ging es auch Crystal Mason. Sie wollte bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 für Hillary Clinton stimmen. Da ihr Name nicht mehr im Wählerverzeichnis stand, gab sie einen sogenannten vorläufigen Wahlzettel ab. Das ist ein üblicher Vorgang, bei der nach der Wahl überprüft wird, ob die Stimme gültig ist.
[….] Ihre Stimme zählte nicht, weil sie noch Bewährungsauflagen erfüllen musste. Sie habe von dieser Vorschrift nichts gewusst, erzählt sie am Telefon. Die böse Überraschung kam wenige Monate später: Mason wurde wegen Wahlbetrug angeklagt. Sie musste wegen Verstoß gegen ihre Bewährungsauflagen zehn weitere Monate in Haft und wurde zusätzlich zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Gericht lehnte ihren Einspruch ab; die drei Richter, die über den Fall befunden hatten, waren allesamt von Republikanern ernannt worden. "Haft für eine im guten Glauben abgegebene Stimme, die nicht gezählt hat – das ist ein Bilderbuchbeispiel für Wählereinschüchterung", sagt die Historikerin Anderson.
Eine weitere beliebte Methode ist die Säuberung von Wählerverzeichnissen. Das republikanisch regierte Georgia ließ kurz vor der Gouverneurswahl im Jahr 2018 die Registrierungen von 53.000 Menschen einfrieren [….]  70 Prozent der Betroffenen waren Schwarze, wohl kaum ein Zufall. [….]

Aber selbst wenn Biden einen absoluten Erdrutschsieg einfahren sollte, spricht immer mehr dafür, daß Trump einfach im Amt bleibt.
Er wird „Wahlbetrug“ schreien und das Ergebnis nicht akzeptieren.

[….] "Er kann eine Krise vortäuschen, Falschinformationen verbreiten, zum Beispiel indem er einfach eine Woche vor der Wahl behauptet, er habe eine Verschwörung aufgedeckt." [….]
(Billy Kristol)

In dem Fall wäre der Supremecourt gefordert ihn abzusetzen. Schon das ist sehr fraglich, seit Trump dort eine Mehrheit ultrakonservativer Trumpisten einsetzte.
Wenn sie aber doch von ihm verlangen sollten abzutreten, ist weiterhin fraglich, ob sich Trump an einen Richtersprich hielte.
Wenn nicht, läge es am Secret Service den Präsidenten aus dem Oval Office zu werfen. Doch der  Secret Service untersteht dem Ministerium für Innere Sicherheit, dessen Boss glühender Trump-Fan ist und der selbst direkt Trump untersteht.

Trump gefährlich werden kann also de facto nur die eigene Partei, die aber im Gegenzug für ihre erfüllten Kernwünsche

-      massive Unternehmenssteuersenkungen
-      Sicherung evangelikaler Privilegien
-      brutale Rhetorik gegen LGBTI/Schwangerschaftsunterbrechungen
-      Ende aller Umweltschutzregelungen
-      Eintritt für das „Groß-Israel“
-      Schluß mit öffentlicher Gesundheitsvorsorge
-      automatische Waffen für jedermann ohne Einschränkungen
-       hunderte ultrakonservative homophobe Richter

auch den allerletzten Rest Moral und Rückgrat abgab.
Sie lassen Trump ohne aufzumucken jede Illegalität, jede Vulgarität, jeden Nepotismus, jede Peinlichkeit durchgehen.

Nur eine Handvoll GOP-Parlamentarier sind verblieben, die es wagen leise Kritik an Trump zu äußern und selbst die stimmen am Ende nie gegen ihn.

Ein winzig kleiner Hoffnungsschimmer kommt aber von den republikanischen Ex-Politikern.
Einige wagen sogar den bisher undenkbaren Schritt offen die Wahl Joe Bidens zu empfehlen.
[….] Neben Ex-Verteidigungsminister James Mattis äußerten inzwischen auch alle vier noch lebenden Ex-Präsidenten mehr oder weniger direkt ihren Unmut. […..] Ex-Präsident Bush hatte am Dienstag gesagt, es sei ein „schockierendes Versagen“, dass viele Afroamerikaner in ihrem Heimatland immer noch Belästigungen und Bedrohungen ausgesetzt seien. Schwarze erlebten die wiederholte Verletzung ihrer Rechte „ohne eine dringliche und adäquate Antwort von Amerikas Institutionen“.
Und „diejenigen, die diese Stimmen zum Schweigen bringen wollten, verstehen die Bedeutung Amerikas nicht“, so Bush – ein weiterer Seitenhieb gegen den derzeitigen Amtsinhaber, der seit Tagen für den Einsatz des Militärs wirbt, um Ausschreitungen am Rande der Proteste zu unterbinden. „Es gibt einen besseren Weg – den Weg der Empathie, des gemeinsamen Engagements und des mutigen Handelns“, so Bush. [….]


[….] Dutzende pensionierte amerikanische Militärführer haben Präsident Donald Trump und dessen jüngste Drohungen mit einem Armeeeinsatz im Innern massiv kritisiert. Trump missbrauche die Streitkräfte, um Bürgerrechte gegen Polizeigewalt demonstrierender Amerikaner zu untergraben, hieß es in einem Meinungsbeitrag in der Washington Post, den 89 Ex-Vertreter des Pentagons und der Sicherheitsbehörden unterzeichneten. 55 pensionierte Militärs setzten ihre Unterschrift zudem unter einen Unterstützerbrief für den voraussichtlichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. […..]

Republikanische Organisationen gegen Trump waren bisher verschwindend schwach, aber Bill Kristols Webseite "The Bulwark" und das von George Conway, dem Ehemann von Trumps Kommunikationsberaterin Kellyanne Conway, gegründete "Lincoln Project" generieren Aufmerksamkeit.


[….] "Als ich die Äußerungen von General Mattis gestern sah, dachte ich, vielleicht kommen wir jetzt an den Punkt, wo wir den Mut aufbringen, die Befürchtungen, die wir bisher für uns behalten haben, auch öffentlich zu vertreten", sagte die republikanische Senatorin von Alaska, Lisa Murkowski. Sie kämpfe mit sich, ob sie Trump im November wählen solle, sagte sie.
Auch andere republikanische Senatoren, die Trump bislang allenfalls intern kritisierten, stellen sich nun öffentlich gegen den Präsidenten. "Ich bin dagegen, einen friedlichen Protest für ein Foto aufzulösen, das das Wort Gottes als politisches Requisit missbraucht", sagte Ben Sasse aus Nebraska. Tim Scott aus South Carolina, der einzige schwarze Senator der Republikaner, fragte: "Sollte man sich mit Tränengas einen Weg bahnen, um eine Fotogelegenheit für den Präsidenten zu schaffen?", und gab gleich die Antwort: "Nein!" [….]

Bisher ist Murkowski immer eingeknickt, aber vielleicht wird sie doch von Mattis und GWB ermuntert.