Nicht nur die Einführung der Antibabypille 1961, auch gesellschaftlicher Wandel und die behutsame Emanzipation der Frauen führten zum „Pillenknick“: Ab Ende der 1960er wurden in Deutschland weniger Kinder pro Frau geboren. Zudem führten der kontinuierliche Fortschritt der medizinischen Forschung und die bessere Lebensmittelversorgung zu einem Anstieg der Lebenserwartung. Bisher gab es auch keine weiteren Weltkriege, die elf Millionen Erwachsene hinwegrafften.
Tatsächlich läßt sich empirisch belegen, daß kinderärmere Gesellschaften weniger kriegslüstern sind. Eltern, die zehn oder zwölf Kinder bekommen, verkraften es besser, wenn mal eins verhungert und noch eins als Soldat abgemurxt wird. Hat Muttern aber nur einen Sohn, gibt sie den weniger gern als Kannenfutter zur Armee.
Frieden, Wohlstand und ein langes Leben werden üblicherweise positiv konnotiert und so sonnten wir uns in diesem Erfolg.
Für Rentenpolitiker, die in einem Umlage-basierten System ausrechnen, wie viele Erwerbstätige, wie viel Prozent ihres Lohnes, wie lange einzahlen müssen, damit die Senioren ab wann, wie viel Geld als Greise zur Verfügung haben, sind diese Entwicklungen eher Mist. Der ideale Rentner stirbt einen Monat nach seiner Verrentung und lebt nicht noch 40 Jahre lang, inklusive einer Ehefrau, die auch finanziert werden muss. „Sozialverträgliches Frühableben“ nannte Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) im Jahr 1998 das fiskalische Bestreben, die grauhaarige Bevölkerung möglichst bald die Hühner ins Jenseits satteln zu lassen. Da aber „Pentobarbital-Drops für alle Ü70er“ nur so mittelgut bei den Wählern ankämen, ließen Rentenpolitiker ihre Köpfe rauchen. Andere westeuropäische Staaten haben ähnliche Probleme, lösen sie aber besser als wir.
Es gibt schließlich Stellschrauben. So könnte man Gutverdiener, Unternehmer, Beamte und Bundestagsabgeordnete ebenfalls in die Rentenkasse einzahlen lassen. Das geht aber in Deutschland nicht, wegen der CDU, CSU und FDP, die Superreiche und ihre sonstigen Klientel unbedingt vor Solidarleistungen bewahren wollen. Deswegen gibt es auch immer noch ein Zweiklassen-Gesundheitssystem, in dem FDP-Mitglieder bei der DKV Sonderkonditionen bekommen.
Eine andere Stellschraube wäre, zusätzliche Einzahler ins System zu holen. Da bieten sich kinderreiche Migranten an, die von der deutschen Wirtschaft aufgrund des Fachkräftemangels ohnehin unbedingt benötigt werden. Auch hier stehen die rechten Parteien auf der Bremse, die lieber ihrem Ausländerhass frönen, als sich um die Zukunft Deutschlands zu sorgen. Die einzige Regierung seit des Pillenknicks, in der keine vollverblödeten schwarzgelben Bremser saßen, war Schröders Kabinett. Der heute meistgehasste Kanzler war nicht nur intelligent genug, um die wesentlichen Probleme analytisch zu erfassen, sondern im Gegensatz zu seinem Vorgänger und seinen drei Nachfolgern, auch willens Lösungen umzusetzen.
Wir sind ihm in vieler Hinsicht zu Dank verpflichtet.
Sein Ansatz, eine „dritte Rentensäule“ zu etablieren, war goldrichtig.
Aber wie beim Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht, schossen auch in diesem Fall die rechtsdunklen Moderkräfte aus allen Rohren dagegen. Lieber sollte Deutschland in die Knie gehen, als der Schröder/Fischer-Regierung ein Erfolg vergönnt sein. Dabei ist eine staatliche Förderung privater Altersvorsorge an sich eine gute Sache. Schröders Arbeitsminister Walter Riester, 82, erinnert sich.
[….] SPIEGEL: Herr Riester, die 2002 eingeführte Riester-Rente gilt als missglückt. Wie ist es, wenn der eigene Name mit einem Scheitern verbunden ist?
Riester: Die Riester-Rente als gescheitert zu bezeichnen, halte ich für albern. Immerhin gibt es bis heute insgesamt fast 15 Millionen Verträge. Der SPIEGEL hat weniger als 0,5 Millionen Abonnenten. Ich bin nicht so dumm, ihn deshalb für gescheitert zu erklären. Aber das, was ich eigentlich wollte, konnte ich leider nicht vollständig durchsetzen.
SPIEGEL: Was wäre das gewesen?
Riester: Eine Ergänzungsrente, verpflichtend wie die gesetzliche Rente. Als die »Bild«-Zeitung davon erfuhr, titelte sie mit der Schlagzeile »Riester plant Zwangsrente«. Am nächsten Tag brachte sie Leserzuschriften: »eine Wutwelle rast durch Deutschland«. Auch andere Medien schlossen sich an: Wie kann der so idiotisch sein und eine Zwangsrente wollen? [….] Nach der Medienwelle sagte der Kanzler Gerhard Schröder dann zu mir: »Walter, du hast zwar recht, nur wir bekommen keine Mehrheit.« Wir einigten uns also auf eine freiwillige Zusatzrente.
SPIEGEL: Was wäre denn der Vorteil einer verpflichtenden Ergänzungsrente gewesen?
Riester: Ein großer Teil der Vertriebskosten wäre entfallen, also etwa Gebühren für den Abschluss einer Riester-Rente. In über 20 Jahren hätte dies die Chance eröffnet, wirklich alle einzubeziehen. Da muss man kein Rechenkünstler sein. Hätten wir es auch so wie in Schweden und Österreich gemacht, gäbe es heute über 50 Millionen Altersvorsorgeverträge. Hätte, hätte, Fahrradkette. [….][….]
Riester: Die Rentenreform 2002 bestand nicht nur aus der Riester-Rente, sondern auch aus anderen Elementen. Seitdem erhalten Eltern, die in Teilzeit arbeiten, bis zu zehn Jahren zusätzliche Rentenansprüche. [….]
Der Fritzekanzler und Lindocchio wollten von solchen sozialistischen Umtrieben nichts hören. Wer zu wenig Rente bekommt, soll sich doch Aktien kaufen. Alle sieben Merz-Enkel haben bereits eigene Portfolios.
Dumme Geringverdiener, warum steckt Ihr nicht auch einfach ein Milliönchen in ein Aktienpaket?
Da ich die US-Amerikanischen Staatsbürgerschaft habe, aber nicht in den USA Steuererklärungen mache, ist es mir aufgrund des FATCA-Abkommens verboten, in Deutschland Geldanlagen, Anleihen oder Aktien zu erwerben. Ich darf noch nicht mal ein Mietkautionskonto eröffnen und bekomme keine Kreditkarte.
Deswegen, Fritzekanzler, steht mir diese Art der privaten Vorsorge ohnehin nicht offen. Höchstwahrscheinlich hat aber das Sauerländer Dummerle noch nie von FATCA gehört.
Es gibt aber mindestens drei weitere Gründe, die mich vom Aktienkauf abhalten:
- Gerade habe ausnahmsweise keine Millionen Euro bar rumliegen, die ich übrig habe.
- Zudem halte ich Aktienbesitz für eine Form der Ausbeutung: Reiche werden durch inaktives Rumsitzen noch reicher, während andere die dafür nötige Arbeit erbringen, aber nicht profitieren. Die Sahreholder-Value-Mentalität ist eine Ökonomiebremse, weil sie gesunden Unternehmen das Geld entzieht, um ihre Mitarbeiter fair zu bezahlen und zu investieren.
- Man braucht viel Börsenwissen, um sein Aktienpaket zu betreuen. Natürlich kann man dieses Fachwissen auch kaufen. Kein Problem bei der Deutschen Bank zum Beispiel. Ab einem Mindestvolumen von 1,5 Millionen Euro helfen die einem gern, wie ich in einer Aktien-Kundenberatung erfuhr.
Gut wäre ein Staatsfonds. Professionell betreut, weit gestreut und ohne windige Spekulanten, die an einem mitverdienen wollen.
[….] Der norwegische Staatsfonds - der größte Pensionsfonds der Welt - hat sein Vermögen im dritten Quartal deutlich gesteigert: Es wuchs um 1,032 Billionen Kronen (88 Milliarden Euro) oder 5,8 Prozent im Vorjahresvergleich, wie der Fonds am Mittwoch mitteilte. Insgesamt belief sich das Vermögen des Fonds Ende September damit auf umgerechnet 1,755 Billionen Euro.
Das Ergebnis sei auf "solide Renditen an den Aktienmärkten zurückzuführen, insbesondere in den Sektoren Rohstoffe, Telekommunikation und Finanzdienstleistungen", erklärte der Fonds. [….]
(AFP, 30.10.2025)
Moment mal, da hatte doch die FDP mal ein Konzept; die Aktienrente. Die #GenKap
[…] Mit dem Generationenkapital stellen wir jetzt die Weichen, damit die Rente auch in Zukunft sicher und generationengerecht bleibt. Dazu nutzen wir die Chancen des Kapitalmarkts. Mit dem Einstieg in die Aktienrente sorgen wir dafür, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler künftig entlastet werden. So schaffen wir Sicherheit und Fairness für alle Generationen. […..]
(FDP)
Mal überlegen; Norwegen hat 5,57 Millionen Einwohner und einen Staatsfonds, der jetzt 1.755 Milliarden Euro wert ist und allein in einem Quartal 88 Milliarden Euro Gewinn abwirft. Das wäre 352 Milliarden Euro PLUS auf’s Jahr hochgerechnet.
Da wende ich mal einen Dreisatz an. Ein Deutscher Staatsfonds für 84 Millionen Bürger sollte 26.467 Milliarden, also 26,5 Billionen Euro schwer sein, um im Verhältnis so reich, wie der Norwegische, zu sein.
Wie viel staatliches Geld sollte laut FDP in das #GenKap-Konzept fließen?
Im November 2023 versprach der hepatitisgelbe Finanzminister Lindner 10 Milliarden. Am Ende wurden es aber Null Milliarden.
[….] Es gilt als eines der Prestigeprojekte der FDP: die inzwischen als Generationenkapital bezeichnete Aktienrente. Mit den Renditen daraus soll etwa Mitte der 2030er-Jahre der Anstieg des Rentenbeitragssatzes abgefedert werden. Doch aus dem Start in diesem Jahr wird erst einmal nichts. Im Nachtragshaushalt für 2023 taucht das dafür vorgesehene erste Darlehen in Höhe von 10 Milliarden Euro nicht mehr auf. Wird das Karlsruher Haushalts-Urteil nun also zum Totengräber der Aktienrente? [….]
Ohne allzu sehr ins Detail zu gehen und weitere komplizierte Berechnungen zu vermeiden: 10 Milliarden Euro sind weniger als 26.467 Milliarden Euro. Unwesentlich weniger.
Lästigerweise landet man immer wieder am selben Punkt: Die Probleme sind ausreichend analysiert, man kennt Lösungswege, aber Lobbyisten und konservative Parteien verhindern sie hartnäckig.
(….) Im letzten ARD-Presseclub ging es um den kommenden Zusammenbruch des Rentensystems.
Wirklich kein sexy Thema, mit dem man sich gern leidenschaftlich beschäftigt.
Aber die Zukunft der Rente ist ein Paradebeispiel für die Unfähigkeit der Politik, dem Volk reinen Wein einzuschenken.
Alle Probleme hatte Schröder schon 1998 auf dem Tisch und richtig analysiert. Wir kennen alle die Demographie und können bei dem Thema wunderbar in die Zukunft blicken, weil man anhand der Geburtenzahlen ausrechnen kann, wann wie viele Menschen wie alt sein werden. Aber wer blickt schon gern in die fernere Zukunft, wenn jetzt Wahlen vor der Tür stehen?
Als ich Ende der 1970er auf das Gymnasium kam, war die Enttäuschung zunächst einmal groß, weil auch in der Vorzeigeschule, in der die Kinder des Bürgermeisters ihr Abi machten, eklatanter Lehrermange herrschte, viele Stunden ausfielen. In der Pausenhalle hing damals eine Karikatur, in der ein einzelner Lehrer vor Myriaden Schülern steht und sagt „Hallo, seid ihr der Pillenknick? Ich bin die Lehrerschwemme.“
Wir wissen ganz genau, was uns demographisch blüht: Extreme Altersarmut und Zusammenbruch des Pflegesystems.
Und seit 27 Jahren sind wir nicht einen Schritt weiter. Keiner traut sich an eine richtige Reform.
Obwohl andere Länder das durchaus hinbekommen. Insbesondere in Skandinavien und Benelux.
Wir drehen immer nur minimal an Stellschrauben, verschieben die Finanzierung auf die Zukunft. Mit der Gießkanne werden Wohltaten ausgegossen an ALLE Rentner, also auch an die Superreichen, statt sich auf die Bedürftigen zu konzentrieren.
Die konservative Ursula Weidenfeld, die ich nicht ausstehen kann, sagte aber etwas Richtiges zur demographischen Entwicklung:
Daß sie den Menschen nicht vorschreiben wolle, wie lange sie arbeiten müssen, oder wie viele Kinder sie bekommen.
Es gäbe aber nur drei Möglichkeiten, das demographische Problem, daß also immer weniger Einzahler für immer mehr Rentner, die auch immer länger leben, abzuwenden:
1.) Die Menschen müssten sehr viel mehr Kinder bekommen.
Das ist aber ganz offensichtlich nicht gewollt. Die Geburtenrate ist seit 40 Jahren stabil viel zu niedrig.
2.) Die Menschen müssten viel länger arbeiten.
Auch das wird ganz offensichtlich nicht gewollt. Im Gegenteil, die meisten gehen mit Abschlägen, sogar vor dem offiziellen Renteneintrittsalter in Pension.
3.) Massive Migration nach Deutschland.
Das ist aber erst recht nicht gewollt, wie alle Umfragen und die Wahlergebnisse zeigen.
Wenn man aber als Liberaler die Menschen nicht zu diesen drei Punkten zwingen will, müsse man das eben als Volkswillen akzeptieren.
Dann lautet die Konsequenz eben massive Altersarmut. Der Staat kann dann keine auskömmlichen Mindestrenten und Grundsicherung anbieten. Also müssen wir damit leben, in Zukunft jede Menge bettelnde Alte obdachlos auf der Straße zu sehen. (….)
(Der ungesunde Menschenverstand, 12.08.2025)
Lindner war, genau wie sein Hochzeitsbusenfreund Merz ein radikaler Gegner der
Aufweichung der Schuldenbremse.
Aber so wie Linocchio rein gar nichts von seiner #GenKap umsetzte, hielt sich auch der Fritzekanzler rein gar nicht an seine Schuldenbremsen-Schwüre.
Noch bevor er als Kanzler vereidigt wurde, genehmigte er sich einen 1.000 Milliarden-Euro-Schluck aus der Schuldenpulle. Eintausend Milliarden, also eine Billionen Euro reichen noch nicht ganz an die Größenordnung „Norwegischer Staatsfonds“, sind aber schon ein gewaltiger Batzen, im Vergleich zu den Spielräumen vorheriger Bundesregierungen.
Ohne allzu sehr ins Detail zu gehen und weitere komplizierte Berechnungen zu vermeiden: 1.000 Milliarden Euro sind mehr, als Lindners 10 Milliarden Euro. Unwesentlich mehr.
Damit kann doch so ein Blackrock-Finanzgenie wie der Fritzekanzler sicher was anfangen!
Und wie läuft das so?
[….] Brandbrief an Kanzler Merz Rathauschefs warnen vor Finanz-Notstand
Aus den Rathäusern von 13 Landeshauptstädten kommt ein Brandbrief an Kanzler Merz: Bundesweit drohe Kommunen der finanzielle Kollaps - verschärft durch Gesetzespläne der Regierung. Und darum müsse die beim Thema Geld auch in die Bresche springen. [….]
[….] Haushaltslücke noch größer als angenommen
Durch Vorhaben der Bundesregierung fehlen in der Finanzplanung 2027 bis 2029 rund 172 Milliarden Euro. Bisher war von einer Lücke von 144 Milliarden Euro ausgegangen worden. Ein Grund für das Loch ist die Mütterrente. [….]
[….] Die Wirtschaftsleistung in Deutschland hat im dritten Quartal stagniert. Das Statistische Bundesamt errechnete nach vorläufigen Daten ein Wachstum von null Prozent des Bruttoninlandsprodukts (BIP) gemessen am Vorquartal.
Im ersten Quartal des Jahres war das BIP noch um 0,3 Prozent gewachsen. Im zweiten Quartal von April bis Juni war es nach revidierten Angaben des Statistikamtes um 0,2 Prozent gesunken. Mit dem nun gemeldeten Nullwachstum im dritten Quartal entgeht die deutsche Wirtschaft knapp einer technischen Rezession. Laut Ökonomen liegt eine solche vor, wenn die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinander folgenden Quartalen zurückgeht. […..]
Also ich habe ein gutes Gefühl, Fritze!








 
