Man
sollte das wirklich nicht tun, aber ab und an kann ich es mir nicht verkneifen
und werfe doch mal einen Blick auf Maischberger, Will und Co.
Es ist
und bleibt aber extrem ärgerlich, wie das Ein-links-ein-rechts-Schema und das
Bemühen um die totale Ausgewogenheit jeden Erkenntnisgewinn blockiert.
„Verroht unsere Gesellschaft?“ lautete
zuletzt das Thema bei Maischberger.
Wie
immer bereitete die ARD den AfD-Hetzern den roten Teppich aus. Alice Weidel
(Betriebswirtin, keine Juristin) bezichtigte Heiko Maas (Volljurist,
Justizminister) auf breiter Linie gesetzwidrig vorzugehen.
Die
anderen Gäste, Prof. Pfeiffer (habilitierter Jurist, ehemaliger Justizminister
Niedersachsens), Fleischhauer (konservativer Journalist) und Andreas Hollstein
(promovierter Volljurist, CDU) wiesen das allesamt als abwegig zurück.
Maas,
wie immer sehr kontrolliert und sachlich, bat Weidel zu erklären, wie und wo er
gegen das Grundgesetz verstoße.
Maischberger
ließ die Diskussion natürlich nicht zu, verhinderte eine tiefer Erörterung des
Themas und sicherte so wieder einmal einer ultrarechten AfD-Person ihren PR-Erfolg
vor ihren eigenen Leuten. Sie hatte nicht nachgegeben, war bei ihren
Behauptungen geblieben und geriet nicht in Bedrängnis.
Wer an
sachlichen Informationen interessiert ist, hat keinen Erkenntnisgewinn aus
diesen hektischen Aufsagerunden, in denen jeder einmal kurz seine Position
raushaut, bevor Einspielfilmchen und weitere Abfragerunden folgen.
Aber bei
dieser erbärmlichen Art des Polit-Infotainments wird ohnehin nur an die eigene
Basis appelliert.
Weidel
zeigte das sehr schön, als der renommierte Kriminologie Prof. Dr. Pfeiffer ihre
Thesen von der ansteigenden Gewalt in Deutschland durch Flüchtlinge widerlegte,
ja sogar bewies, wie die Gewaltstraftaten in den letzten Jahren zurückgingen
und nicht etwa durch die „Flüchtlingsströme“ zunahmen.
Statt inhaltlich
auf Pfeiffers Faktenmaterial einzugehen,
grinste sie hämisch und wies mit gespielter Empörung auf Pfeiffers
SPD-Mitgliedschaft hin.
Im
TV-Studio hatte das natürlich keinen Effekt; Fakten bleiben Fakten, Weidel war
weiterhin erkennbar als Lügnerin unterwegs.
Aber ihr
war es egal, da sie an die AfD-Sympathisanten und Nazis vor den Bildschirmen dachte,
denen in ihren Filterblasen erfolgreich eingehämmert wurde, die Altparteien
steckten ohnehin aller unter einer Decke in ihrem Bemühen „Deutschland
umzuvolken“ und die „Scharia einzuführen“.
Wer das
glaubt, weiß schon nach dem Trigger „SPD-Parteibuch“, daß er den
Pfeiffer-Ausführungen nicht glauben wird.
Wer einen
starken Magen hat, möge während einer Maischberger/Will/Pasberg-Sendung mit
AfD-Beteiligung unter den entsprechenden Hasch-Tagen die Twitter-Homepage
aufrufen.
Das pure
Grauen breitet sich da aus – Myriaden von braunen Verschwörungstheoretikern
kriechen da aus ihren Löchern und verzerren die Realität.
Jan
Fleischhauer, nach Matusseks Abgang das größte Ärgernis des SPIEGEL, hatte an
dieser Stelle einen lichten Moment, indem er von seinen Erfahrungen mit einem
AfD-Fake-Profil auf Facebook berichtete. Es brauche nur wenige Klicks und schon
befindet man sich in einer reinen rechtsradikalen Verschwörungswelt.
Die
Algorithmen von Facebook, Twitter und Co sorgen dafür, daß man nur noch ins
braune Weltbild passende Nachrichten von bösartigen islamistischen Horden hört,
die brandschatzend und vergewaltigend durch Deutschland ziehen.
Den
Müll, den Elsässers Compact, David Bergers Phimoseblog, Jürgen
Fritz, PI, JF, Kopp, die Facebookauftritte von Höcke, Weidel, Gauland und viele
andere ausschließlich verbreiten.
Schaltet
man derart gefiltert die ganz normalen HEUTE-Nachrichten oder die Tagesschau
ein und findet dort die ganzen Horrormeldungen über das Millionenheer von in
Deutschland rumrockernden Islamisten nicht mal erwähnt, ist alles klar: Die Mainstreammedien
lügen und verschweigen etwas.
So
entstand Trump. Eine ganze Industrie aus ultraradikalen Verschwörungsmedien –
Breitbart, Infowars, Fox – verbreitete ausschließlich Trumps grotesk verlogene
Scheinrealität.
Schaltet
ein derart braingewashener Trump-Hillbillie aus Alabama mal aus Versehen NBC
oder CNN an, hält er die dort verbreiteten Fakten alle für Lügen.
[….]
Vor drei Monaten habe ich einen Selbstversuch
als AfD-Anhänger begonnen. Ich habe mir bei Facebook unter dem Nachnamen
meiner Frau ein neues Profil zugelegt, als Hintergrundbild wählte ich
eine Berglandschaft von Caspar David Friedrich. Dann schickte ich zehn
Fremden, von denen ich annehmen konnte, dass sie mit der rechten Sache
sympathisieren, eine Freundschaftsanfrage. Die Namen hatte ich aus
Kommentaren auf den Facebook-Seiten der AfD in Berlin und Sachsen zusammengesucht.
Es war ein Experiment.
Ich wollte herausfinden, wie sich der Blick auf die Welt verändert, wenn
man plötzlich mit Leuten in Kontakt steht, die Lutz Bachmann für ein Justizopfer
und Frauke Petry für die nächste Bundeskanzlerin halten. [….]
Es ist erstaunlich, wie sich die Wahrnehmung verdüstert, wenn Facebook
einen als AfD-Sympathisanten identifiziert hat. Man tritt in eine Welt,
in die selten ein Sonnenstrahl fällt. Die vergangene Woche begann mit
einem Zusammenschnitt von Filmclips, in denen arabisch aussehende Jugendliche
auf Menschen einschlugen, die laut um Hilfe riefen. „Achtung!! Teilen!!!“
stand darunter. „Dieses Video zeigt die Gewalt, die sich Einheimische
gefallen lassen müssen von Migranten.“
Dann las ich die Nachricht, dass in der Stadt Neuss auf Druck der Muslime
an einem ersten Kiosk statt Bockwurst nur noch Hühnchenspieße verkauft
werden. Später wurden mir Schockbilder von Tierschlachtungen präsentiert,
verbunden mit dem Aufruf, mich für einen Bann der Schächtung einzusetzen.
So geht es immer weiter, Tag für Tag. Auf die Meldung über das Bockwurst-Verbot
folgt die Nachricht, dass jetzt die Sparschweine verschwinden, nach dem
Sparschwein-Alarm kommen neue Schlägervideos. Wer das länger mitmacht,
muss unweigerlich zu dem Schluss gelangen, dass Deutschland vor die Hunde
geht, wenn sich nicht bald etwas ändert. Und das Irrste ist: Nichts davon
findet sich in den herkömmlichen Medien!
Die meisten Menschen glauben, dass die Nachrichten, die sie über Facebook empfangen, Teil eines
Facebook-Nachrichtendienstes seien. Was sie dort lesen, zeigt nach ihrer
Überzeugung, wie es in Wirklichkeit zugeht, sobald man die Scheuklappen
ablegt. Wenn man den Leuten sagt, dass ihr „Newsfeed“ anders aussieht als
der ihres Nachbarn und erst recht anders als der eines politischen Opponenten,
sind sie überrascht.
[….][….] [….]
Unfreiwillig
unternehme ich gerade ein ähnliches Experiment, da Herr Zuckerberg mich gleich
für einen ganzen Monat in den Giftschrank sperrte, nachdem ich (angeblich)
etwas Unfreundliches über den gegenwärtigen US-Präsidenten gesagt haben soll
(als ob ich sowas jemals täte. Ich bin doch ein guter US-Patriot).
Ein
linkes Profil ist ebenso schnell erschaffen wie ein Weidel-Konformes.
Als
überzeugter R2G-Anhänger sollte ich mich da eigentlich nicht so unwohl fühlen,
wenn ich in FB-Gruppen wie „Linke in der SPD“ gesteckt werde.
Aber die
Einseitigkeit erschreckt mich dann doch.
Natürlich
ist Schröder schlimmer als Satan und Sauron zusammen. Für alle gegenwärtigen
Schwierigkeiten der Sozis ist er verantwortlich. Oder die kriminellen
Seeheimer, die in Wahrheit zur CDU gehören und rechte Politik durchsetzen
wollen.
Alle
SPD-Mitglieder hassen die Seeheimer.
Typen
wie Gabriel (ist zwar kein Seeheimer, aber egal), Scholz und Oppermann sollen
bloß „das Maul halten“ und „den Martin in Ruhe lassen.“ (Schulz ist zwar
tatsächlich Seeheimer, aber was gerade nicht ins Weltbild passt, wird
ignoriert).
Vorsichtig
warf ich ein, daß Scholz als stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender gar nicht
schweigen darf. Dann kommen solche Antworten:
Michael B.: Na dann kann edathy ja auch weitermachen...
(30.
November um 13:07)
Scholz
soll die Partei verlassen, weil ihn jeder hasst.
Meine
kurze Intervention, daß eher das Gegenteil der Fall wäre, nach aktuellen Umfragen
ist Olaf Scholz unter SPD-Mitgliedern der beliebteste Politiker,
wird mit den üblichen Argumenten gekontert.
Der Forsa-Chef hasse die SPD und alle Umfragen wären gefälscht.
Tatsächlich
ist der Hass auf die Realpolitiker in diesen linken Gruppen so übermächtig und
konsistent, daß anderslautenden Ergebnisse über die Welt außerhalb dieser
Gruppe völlig unglaubwürdig erscheinen.
Genau
wie AfDler schmoren auch Linke in ihren eigenen Filterblasen und wollen alles
andere nicht mehr wahrnehmen.
Ich sehe
für die politische Diskussion nicht nur schwarz, sondern die ist endgültig
hinüber.
Die Welt
ist nicht mehr zu retten.
Man kann
sich nur noch Mühe geben nicht selbst vollkommen in Filterblasen abzugleiten,
indem man große seriöse Medien mit ihrer professionellen Gatekeeper-Funktion
abonniert. Und wenn man dort jeden Tag etwas liest, das einem nicht gefällt, muss
man dennoch dabei bleiben, ständig der Versuchung widerstehen sich auf
Randmedien zurückzuziehen, die nur das schreiben, das der eigenen Meinung
entspricht.