Samstag, 22. Juni 2013

Religiotenkonzentrat!



Nicht nur, daß meine einst so geliebte „ZEIT“ immer mehr zum religiösen Blatt wird, das ungeniert Werbung für die Kirchen macht.
Nicht nur, daß Tagesspiegel und Süddeutsche Zeitung relativ erbärmliche Religionsredakteure haben (wobei Claudia Keller vom TS noch drei Klassen dämlicher und primitiver als Matthias Drobinski von der SZ ist).
Nicht nur, daß ich monatlich im mehrfacher Ausführung mit dem evangelischen „Chrismon“-Magazin der sinnfreien Plappertaschen Käßmann und Göring-Kirchentag belästigt werde.

Nein, diese Woche habe ich sogar ZWEI EXEMPLARE von „CREDO“ bekommen.
(Beilage in SZ, FAZ und ZEIT)
Da hat mal jemand richtig Geld in die Hand genommen. 
Hochglanzmagazin, 84 Seiten und das als Beilage in den TOP-Überregionalen!
Titel: 
„Ein Magazin zum Jahr des Glaubens. In Kooperation mit dem L’osservatore Romano“
Herzausgegeben von Bischof Gregor Maria Hanke und Peter Seewald.
Zuerst dachte ich also, hier handele es sich um das katholische Gegenstück zu dem fürchterlichen „Chrismon“ und erwartete die usual suspects wie Andrea Nahles, Annette Schavan und Wolfgang Thierse über ihre Beziehung zu Gott phantasieren zu sehen.
Aber nichts da!
Credo ist die Hardcore-Version.
 Purer Dunkelkatholizismus. Kathnet und die FSSPX dürften begeistert sein.
Die perfekte Masturbationsvorlage für jeden Tradi.
Da ist die Crème de la Crème der Zölibatsbefürworter und Homohasser versammelt.
Erhältlich auch online und als pdf zum Download.
Und in der Heftmitte gibt es dazu noch ein DREI-Seiten-Interview mit unserer christlichen Kanzlerin über ihren Glauben!
Was will man mehr?
Es gibt eigentlich gar keinen Grund auf einzelne Texte in diesem Blogposting einzugehen – die Autorenliste sagt schon alles:

Editorial vom Papstbiographen Peter Seewald.
Andreas Püttmann über die „Risiken der Entchristlichung Deutschlands“
Kolumne von MATTHIAS MATUSSEK über das „katholische Abenteuer“
Photoreportage über Prozessionen („Demonstrationen des Glaubens“)
BIRGIT KELLE mit einem Plädoyer für ein Frauenbild als Mutter in der Familie.
RALF SCHULER (von der BILD-Zeitung) über die „Diaspora Berlin“ (Schauder…)
DR. ALEXANDER KISSLER über seine sechs katholischen Lieblingsbücher, darunter MARTIN MOSEBACHs „Westend“
PETER SEEWALD über die Päpste Franzi, Ratzi und JP-II.
Der „Jesus-Fakten-Check“ (vertrauenswürdige Zeugen, bestmögliche Aufzeichnungen!)
MARTIN ZÖLLER (Vatikan-Mann des BR) über Fritz Gerlich.
Vier Seiten Interview mit KARDINAL KURT KOCH.
Portrait MARTIN DREYER (gründete 1992 die Jesus-Freaks)
BISCHOF RUDOLF VODERHOLZERs Plädoyer für den Zölibat.
PAUL BADDE über das „Heilige Anlitz von Manoppello“
WALTER KARDINAL BRANDMÜLLER über „Gott und die Deutschen“.
GABRIELE KUBY über „Genderismus in der Gesellschaft“
ROBERT SPAEMANN erklärt „Was ist eigentlich Glaube!“.

 Auf der letzten Seite wird dann mal so richtig geprotzt mit all den Dingen, die sich die RKK unter den Nagel gerissen hat.


 Die vielleicht schönste Geschichte beginnt erst auf Seite 70 und bringt Hoffnung für Ungläubige und Ketzer:

Wie geht eigentlich katholisch?
Wie erklärt man Atheisten den Zauber des Glaubens?
Ein Mann und eine Frau versuchen es.

Ich bin gespannt.
Und erfahre:

Ein Bischof, Gregor Maria Hanke, 59, und eine gläubige Betriebswirtin, Julia Kleinheinz, 27, geben Antworten, die viele Fromme überraschen und viele Atheisten nachdenklich machen können.

[…] CREDO: Was ist für Sie der unverrückbare Kern des Katholischen?

Kleinheinz:  Für mich ist es die Eucharistie. Also, dass Gott seinen Sohn gesandt hat, der auf die Welt gekommen und Mensch geworden ist, um auf der Erde dauerhaft gegenwärtig zu sein und in unser Leben einzugreifen, in Liebe und aus Liebe zu uns.

Hanke: Für mich ist es der sakramentale Gedanke. Das Heil wird mir zuteil, aber ich kann es mir nicht selbst holen, ich muss es mir schenken lassen. Keiner kann sich selbst ein Sakrament spenden. Auch ich als Bischof brauche einen Priester, der mir in der Beichte Vergebung zuspricht. […]

Kleinheinz: Den Zauber des Katholischen kann man mit allen Sinnen erfahren, man kann ihn riechen, schmecken, hören, fühlen. Denken Sie an den Weihrauch, der das Aufsteigen unserer Gebete symbolisiert, oder an die Gemäuer einer alten Kathedrale. Denken Sie an die Orgelmusik. Mich zieht dieser mystische Aspekt des Katholischen sehr an. […]

CREDO: Gott erfahren ohne Eucharistie, geht das überhaupt?

Hanke:  Es geht, aber dann drängt es einen zum Höhepunkt. Es ist wie beim Bergsteigen, da will man auch nicht nach der Hälfte umkehren, sondern das Gipfelkreuz erreichen. Die Eucharistie ist der Gipfel, da zieht es einen unablässig hin. […]

Kleinheinz: Eine Freundin von mir interessiert sich stark für Schamanismus. Bei ihr habe ich festgestellt, dass sie zwar sucht, aber sich ständig mit sich selbstbeschäftigt. Immer ist sie es, die etwas tun oder leisten muss, bei Jesus ist es umgekehrt, er wirkt an uns, wir müssen nur Ja sagen.
Hanke: Wenn ich Gott ernst nehme, ist er der ganz Andere, ein gewaltiges Du. Wo ich mir meinen persönlichen Gott zurechtschnitze, kann ich nicht beschenkt werden, Gott will uns aber beschenken. […]

Kleinheinz: Die Menschen von heute wollen ihr Leben nicht aus der Hand geben. Sie wollen selbstbestimmt agieren und ahnen nicht, wie befreiend es sein kann, die Führung abzugeben. Gott hat einen persönlichen Plan für jeden, und der Plan ist gut, aber wir kennen ihn noch nicht. Wir leiden doch längst darunter, dass wir so viele Möglichkeiten und Optionen haben. Wir sind unsicher, wir schwanken, wir verspüren echten Druck, uns alle Möglichkeiten und augenscheinliche Freiheiten offen zu halten, aber wer sich nicht entscheidet, wird niemals frei sein.

Jetzt bin ich als Atheist aber ins Nachdenken geraten und bin bekehrt! 
Hosianna!