Montag, 23. Juli 2012

Lügner.




Es schickt sich nicht einen Politiker der Lüge zu bezichtigen. 
Das hat irgendwas archaisches, geht tief unter die Gürtellinie.
Will man einem aktiven Politiker das höchst zulässige Maß der Missbilligung bescheinigen, betont man nach einer Entschuldigungsfloskel („ich muß Ihnen leider sagen..“, „wenn Sie es so ausdrücken, dann…“) jemand spräche die „Unwahrheit“!

Dieser Terminus ist etwas höflicher, da er anders als „Lüge“ auch bedeuten kann, daß man einem Irrtum aufsitzt, einige Fakten nicht kennt oder versehentlich falsche Zusammenhänge herstellt.

Lüge hingegen ist absichtsvolles, bewusstes Täuschen.

Weder „Lüge“ noch „Unwahrheit“ sind die politischen Antonyme zum Begriff „Ehrlichkeit.“

Man kann und MUSS sogar manchmal als Politiker nicht die ganze Wahrheit sagen. Wer nicht immer alles sagt, kann dennoch als ehrlicher Politiker gelten.  
Aber was man sagt, muß stimmen.

Natürlich gibt es Grauzonen in der Diplomatie.
So war es von mindestens vier Bundeskanzlern gewünscht dem Staat Israel U-Boote zu liefern, um die Sicherheit des Mini-Landes zu garantieren. 
Es wäre aber illegal wissentlich zur Proliferation von Atom-Waffen beizutragen.
 Keine Bundesregierung darf einem Atomstaat (außer den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates) ein Waffensystem liefern, auf dem Atomsprengköpfe stationiert werden. Offiziell ist Israel keine Atommacht - aber der Besitz solcher Massenvernichtungswaffen wird auch nicht dementiert.
Vor einer U-Boot-Lieferung an Israel könnte man in Jerusalem anrufen und fragen, ob ausgeschlossen werden könne, daß Atomsprengköpfe auf der "Dolphin"-Klasse montiert werden.
Man tut das aber nicht und mogelt sich drumherum.

Der ehemalige israelische Botschafter in Berlin, Avi Primor, sagte im ZDF zu dem U-Boot-Deal: "Die Deutschen haben immer so getan, als hätten sie es nie verstanden und nie gewusst." Die Bundesregierung habe das Thema öffentlich totgeschwiegen. "Und ich spreche jetzt von der höchsten Ebene in der Bundesregierung, mit der ich einen regelmäßigen Kontakt hatte", ergänzte Primor.
Eine Erklärung dafür deutet Karsten Voigt, ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und Koordinator der Bundesregierung für deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, ebenfalls im ZDF an. "Wenn wir danach gefragt hätten, wäre das Schlimmste gewesen, wenn die Israelis uns eine ehrliche Antwort gegeben hätten", so Voigt. "Wenn sie ehrlich geantwortet hätten und gesagt hätten: Eure Lieferung von konventionell betriebenen U-Booten wird von uns im Rahmen unserer Nuklearstrategie benutzt, dann hätten natürlich die deutschen Regierungen sich da öffentlich legitimieren müssen."

Ein bißchen Unwahrheit kann also durchaus wünschenswert sein.

In letzter Zeit erleben wir mehr und mehr Fälle von echten politischen Lügen.
Volker Beck zum Beispiel kann nach dem massiven Informationszufluss der letzten drei Wochen nicht mehr auf Unwissenheit und Versehen pochen, wenn er Wahrheitswidriges im Bundestag behauptet.

Er ist ein klassischer Lügner.

„In den USA, wo die Beschneidung übliche Praxis ist, sterben mehr Jungen an der Zirkumzision als am plötzlichen Kindstod. Ganz zu schweigen von den 1.000 schwer verletzten Jungen, die jedes Jahr in den USA ihre ganze Eichel verlieren. Beschneidung ist richtig gefährlich – auch dann, wenn sie angeblich kunstgerecht durchgeführt wird.“
(Christian Bahls)

„Bei der Abwägung muss auch die Bedeutung des Eingriffs bewertet werden. Er ist in der Tat irreversibel, aber doch vergleichsweise gering – eine gesundheitliche Schädigung ist nicht die Folge..“
(Bundestagsrede von Volker Beck, 19.07.2012)

Beschnittene Männer berichten in Psychotherapien darüber, dass sie unter dem Gefühl leiden, es sei ihnen ohne ihr Einverständnis etwas weggenommen worden. In der Tat hat die Vorhaut wichtige erotische Funktionen: Sie erleichtert die Penetration und erhält die sexuelle Erregbarkeit. […] Die Entfernung der Vorhaut von Säuglingen ist buchstäblich einschneidender als die von Erwachsenen oder älteren Kindern. Da Vorhaut und Eichel bei fast allen Neugeborenen noch fest verwachsen sind, ähnlich wie Fingernägel mit dem Nagelbett, müssen diese beiden Strukturen zunächst einmal auseinandergerissen werden. Danach wird - je nach Methode - die Vorhaut längs abgeklemmt und eingeschnitten, mit einem Beschneidungsinstrument rundum für mehrere Minuten gequetscht und schließlich mit einem Skalpell amputiert. Die gesamte Operation dauert bis zu zwanzig Minuten. Obwohl in medizinischen Studien bewiesen wurde, dass die Neugeborenen extreme Schmerzen erleiden, ist eine adäquate Betäubung auch heute noch eher die Ausnahme als die Regel.
(Prof. Wolfgang Schmidbauer)

Ein Vollblutlügner ist auch der Finanzminister Wolfgang Schäuble, der immerhin am Rednerpult des Bundestages auf die direkte Frage Christian Ströbeles, ob er denn jemals einen Koffer voll Geld angenommen hätte, verneinte.
Dabei hatte er einen Aktenkoffer mit 100.000 DM in bar angenommen.

Verteidigungsminister von und zu Guttenberg tischte uns gleich einen ganzen Berg Lügen auf. "Meine Dissertation ist kein Plagiat!"

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist ebenfalls öffentlich der Lüge überführt, nachdem er behauptete sein Haus habe nicht einseitige Auszüge seiner Islamstudie vorher an die BILD-Zeitung durchgestochen.


Das öffentliche Lügen ist weit verbreitet und schadet dem Ansehen kaum.

 Auch Helmut Kohl, der immerwiedergewählte ewige Kanzler wurde im Flick-Untersuchungsausschuss bei groben Lügen ertappt. (Geißler entschuldigte es später mit einem "Blackout")

 Ministerpräsident Koch log dutzendfach sein Volk über die schwarzen CDU-Kassen an und wurde wiedergewählt.

Selbstverständlich ist auch Angela Merkel eine vielfach überführte Lügnerin. 
Dazu gehören nicht nur falsche Versprechen, die sie immer wieder bricht (kein Atomaussteig, Beibehalten der Wehrpflicht, keine Umschuldung Griechenlands, keine deutschen Haftung für Schulden anderer Länder, etc pp), sondern auch faustdicke Gemeinheiten wie ihre gespielte Empörung über die geringere Arbeitszeit und den längeren Urlaub der Griechen. 
Dabei ist das Gegenteil der Fall.

In die Reihe der Regierungsmitglieder, die nun öffentlich der Lüge bezichtigt werden, gehört nun auch der Vizekanzler.

Keine Woche, in der man „Fipsi dreht durch“ nicht wiederholen möchte!

Die arme kleine Witzfigur wird selbst in der eigenen Fraktion und Partei nur noch als Kuriosum und Auslaufmodell betrachtet.
 Wie ein kleiner Junge mit schwerem ADHS haut er nun in immer kürzerer Frequenz irgendwelchen Unsinn raus - in der Hoffnung, daß ihm endlich mal einer zuhört.

Letzte Woche wollte er die wenigen noch bestehenden Waffenexporteinschränkungen aufheben, diese Woche heizt er im Plauderton die internationalen Finanzmarktspekulationen an, indem er Griechenland zum Abschuß freigibt. 
Als Folge wird es noch schwieriger für die klammen Länder Kredite zu bekommen, ihre Zinslast steigt und der bürgende deutsche Steuerzahler sitzt noch mehr in der Patsche.

Selbst seine Parteifreunde sind fassungslos über so viel Doofheit.

Er sei "mehr als skeptisch", dass Athen die harten Sparauflagen noch erfüllen könnte, hatte der Wirtschaftsminister erklärt. Und: Der Gedanke an einen Euro-Austritt der Griechen habe für ihn "seinen Schrecken verloren". Die Reaktionen in der FDP reichen bis zum Vorwurf der "Unprofessionalität". An den Finanzmärkten sorgte die Angst um die Krisenländer Griechenland und Spanien für Kursverluste.  Nun bemühen sich die Liberalen, die Aussagen ihres Parteichefs zu entschärfen. Der für Europa zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link, sagte am Montag in Brüssel, ein Ausscheiden des Landes aus dem Währungsraum dürfe nicht herbeigeredet werden. Position der Bundesregierung sei, dass kein Land herausgedrängt werden dürfe.
Weniger diplomatisch äußerte sich der liberale Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis. Das "Ausmaß an Unprofessionalität" der Rösler-Äußerungen erstaune ihn und überrasche in ganz Europa. […]
"Wenn Philipp Rösler in einer solchen Situation den Daumen schon nach unten senkt, frage ich mich: Auf welchem Planet lebt er?", sagte der griechischstämmige Politiker Chatzimarkakis der "Saarbrücker Zeitung". Von der Bundesregierung forderte er, Griechenland angesichts einer Rezession mehr Zeit für seine Reformen zu geben.
Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, nannte die Äußerungen von Rösler angesichts der Probleme Spaniens und Italiens "grob fahrlässig". Rösler zeige damit, "dass er leider immer noch nicht die Euro-Krise verstanden hat", bemängelte Horn gegenüber dem "Handelsblatt".
[…] Der Euro-Kurs sank am Montag auf den tiefsten Stand seit Juni 2010. Die Leitindizes an den Börsen in Madrid und Mailand gaben zeitweise um mehr als fünf Prozent nach. Die Kurse an der Börse in Athen rutschten um mehr als sechs Prozent ab. Auch der Dax schwächelte am Montag deutlich, er verlor mehr als drei Prozent.

Doofheit wäre eigentlich zu verzeihen.
 Aber Rösler ist auch noch ein Lügner.

Grünen-Fraktionschef Trittin fährt schwere Geschütze gegen Wirtschaftsminister Rösler auf: "Die Wahrheit ist: Herr Rösler lügt". Hintergrund ist die Debatte um die Vergemeinschaftung von Schulden. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wirft Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in der Schuldenkrise Unaufrichtigkeit vor.   "Die Wahrheit ist: Herr Rösler lügt", sagte Trittin am Montag im Deutschlandfunk zur Aussage Röslers, es dürfe keine Vergemeinschaftung europäischer Schulden geben. Deutschland hafte bereits jetzt für andere Staaten, sagte Trittin.
Er kritisierte auch Aussagen von Rösler und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zu einem möglichen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone.
"Es nützt überhaupt nichts, hysterisch durch die Sommerpause zu hüpfen und immer das zu fordern, was man schon vor der Sommerpause gefordert hat", sagte der Grünen-Fraktionschef.
 (Welt.de 23.07.12)