Samstag, 25. März 2023

Gerhard Schröder ist nicht das Problem

Einige Fakten werden gern vergessen:

1.   Bundeskanzler a.D. Schröder befindet sich seit 18 Jahren, einer politischen Ewigkeit, in Rente, ist Privatier.

2.   Die Schröder/Frischer-Regierung, 1998-2005, erkannte völlig richtig die Notwendigkeit einer Energiewende, stellte die Weichen auf erneuerbare Energien und schuf die ökologische Steuerreform.

3.   In der Schröder-Regierungszeit stieg Deutschland zum Weltmarktführer bei der Windkraft und Solartechnik auf. Umweltminister Trittin sorgte für mehr Arbeitsplätze im grünen Energiesektor als der deutschen Autoindustrie.

4.   Als Schröder aus dem Amt schied, lag der Anteil der deutschen Energieversorgung durch russisches Gas bei 30%. Tendenz stark fallend durch die erneuerbaren Energien.

5.   Die deutschen Wähler sorgten von 2005 bis 2021 ununterbrochen für CDU-Herrschaft im Kanzleramt. Merkel steuerte radikal um, setzte auf das für Industrie und Verbraucher kurzfristig viel bequemere und billigere russische Gas, schraubte die Abhängigkeit auf 50% hoch.

6.   In den katastrophalen schwarzgelben Regierungsjahren 2009-2013 sorgten die FDP-Wirtschaftsminister Brüderle und Rösler für das totale Aus der Förderung erneuerbarer Energien. Hunderttausende Arbeitsplätze gingen verloren, das gesamte deutschen Know How wanderte ab. Heute sind wir sowohl in der Photovoltaik, wie auch bei der Windkraft, abhängig von Lieferungen aus China.

[….] Bereits Ende letzten Jahres gaben das chinesische Handelsministerium (MOFCOM) und das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MOST) bekannt, dass sie eine Überarbeitung des Katalogs der verbotenen und mit Ausfuhrbeschränkungen belegten Technologien aus China planen. Wie das Photovoltaik-Magazin pv magazine berichtet, könnten infolgedessen die für die Solarindustrie wichtigen Technologien Wafer, schwarzes Silizium und Ingots in den Katalog aufgenommen werden.

Sollte es so weit kommen, bräuchten chinesische Unternehmen für den Export dieser Stoffe in Zukunft eine behördliche Genehmigung. Für Europa hätte das gewaltige Folgen – denn der chinesische Anteil im Solarsilizium-Sektor liegt bei mehr als 80 Prozent und über 98 Prozent der weltweiten Waferproduktion stammten im Jahr 2021 aus der Volksrepublik. Angaben des Spiegels zufolge kamen zudem 85 Prozent der Zellen und etwa drei Viertel der aus ihnen zusammengefügten Photovoltaikmodule aus dem sozialistischen Staat. China hat sich im Solar-Sektor also fast eine Monopol-Stellung erkämpft. Denn wenngleich die Nachfrage nach Solarenergie in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist, blieb der deutsche Markt auf Hersteller-Ebene im Zuge des weltweit harten Preiskampfes auf der Strecke. Als Subventionen gekürzt wurden und die Kosten für die Herstellung von Solarenergie in den Keller sanken, kollabierte der deutsche Markt vor über zehn Jahren. Zahlreiche Photovoltaik-Unternehmen in Deutschland gingen infolgedessen Pleite – und China erarbeitete sich eine Vormachtstellung.  [….]

(Kreiszeitung, 07.03.2023)

Vielen Dank FDP, CDU und Frau Merkel!

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich die SPD sehr kritisch mit ihrer Russland- und China-Politik der letzten Jahre auseinandersetzt, gibt es bei der CDU und Frau Merkel nicht den geringsten Erkenntnisgewinn, nicht den Hauch eines schlechten Gewissens.

[….] Bundespräsident Steinmeier gab sich im April 2022 zerknirscht, er habe sich in Wladimir Putin geirrt, habe dessen »imperialen Wahn« unterschätzt. Der Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur einzubinden, sei gescheitert. Die SPD unter Parteichef Lars Klingbeil hat neue Richtlinien für die Außenpolitik definiert: Sicherheit könne nicht mehr mit, sondern es müsse Sicherheit vor Russland organisiert werden. Also Containment, Eindämmung. Die Kanzlerin der vergangenen 16 Jahre hat bisher keinen Grund gesehen, von Fehlern zu sprechen.  [….]

(Sabine Rennefanz, Spon, 23.03.2023)

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich Grüne und SPD, sowie notgedrungen sogar ein wenig die FDP in der Ampel darum bemühen, sich aus der Energieabhängigkeit von Russland zu lösen, befindet sich die gesamte Union in Blockadehaltung. In Bayern werden weder Windkraftanlagen, noch Stromtrassen gebaut.

Der Putin-affine CDU-Ministerpräsident von Sachsen, stemmt sich fast physisch gegen die Energiewende, will unbedingt wieder zurück zum russischen Gas. Vorgestern sperrte er sich im ZDF „mit berufsbedingter Rumpelstilzchenhaftigkeit“ (Süddeutsche Zeitung) gegen erneuerbare Energien.

[….] Die Energiewende verlangt allen alles ab. Das begreifen viele Menschen. Nicht dazu gehören erstaunlich oft CDU-Politiker aus Bundesländern, die Windkraft nicht mögen, Russen-Gas aber schon. Am Ende der einstündigen Sendung von Maybrit Illner sagt die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm: "Es wird teuer." Und das wollen wir uns bitte schon mal merken. Es ist nicht böse gemeint, nicht radikal, nicht politisch, nicht ironisch, nicht akademisch, nicht links, nicht rechts, nicht technologieverherrlichend, nicht technologiehassend - sondern: Das ist leider so. Nach zwei Jahrhunderten ohne jede Reue kommt jetzt die Rechnung. Im Grunde ist es Physik.

[….] Kretschmer gibt das Rumpelstilzchen, weshalb er es für eine gute Idee hält, den ZDF-Talk-Tisch, der eh etwas von Kranich-Origami hat, unentwegt mit der Handkante zu traktieren. Er hämmert auf den Tisch ein. Er ist wütend. Er rollt mit den Augen. Er zischt, blökt, hämmert. Weil: siehe oben - "es wird teuer". Und das will er nicht. Wie im Märchen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, warum die Energiewende niemals mit Politikern vom Schlage Kretschmers zu schaffen ist: Der Talk von Maybrit Illner hat ihn erbracht. Kretschmer hört nicht zu, perpetuiert Bild-Schlagzeilen, biedert sich bei "den Leuten" an ("die können denken"), echauffiert sich, haut mit der Faust auf den Tisch.  [….] In der Zeit hieß es neulich: "Man kann nicht abstrakt für den Schutz des Klimas sein - und zugleich gegen jede konkrete Schutzmaßnahme." Doch, kann man. Siehe: Rumpelstilzchen. [….]

(Gerhard Matzig, 24.03.2023)

Daß die CDUCSU mit so weitem Abstand die Umfragen vor der SPD anführt, lässt sich nur mit vollständiger Verblödung des Urnenpöbels erklären.

Offenbar wollen die Teutonen angesichts unserer enormen Probleme unbedingt wieder diejenigen an der Regierung haben, die uns a) in die Probleme reingeritten haben, b) keinerlei Einsicht zeigen und c) alle Fortschritte seither zurückdrehen wollen.

Es kommt aber noch wesentlich schlimmer. Während sich Wissenschaft, Industrie und viele Verbraucher einig sind, welcher wahnwitziger und suizidaler Irrweg in 16 Jahren CDU-Herrschaft eingeschlagen wurde, reiten die Schwarzen populistische Trumpsche Attacken gegen Fakten.

[….] »Konservative Energiepolitik«: Mit Vollgas in die falsche Richtung [….] Schon 2011 waren zwei Dinge klar:

    Die Menschheit muss dringend und so schnell wie möglich damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verfeuern.

    Die Industrie der Zukunft wird eine sein, die, soweit irgend möglich, ohne solche Verbrennungsprozesse auskommt, und zwar weltweit.

Es gab 2011 einen weiteren Rekord: Die Zahl der deutschen Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien war auf 415.000 angewachsen. Zum Vergleich: Im Braunkohlebergbau arbeiteten damals in Deutschland noch knapp 23.000 Menschen. [….] 2019, acht Jahre später, gab es in Branchen für erneuerbare Energien (EE) aber über 100.000 Arbeitsplätze weniger . Der damalige Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatten gemeinsam das geschafft, woran die deutsche Wirtschaft heute leidet: Sie zerstörten die heimische Solarbranche fast vollständig. Sie schränkten 2012 nämlich die Förderung erneuerbarer Energien massiv ein. [….] 2012 geschah noch etwas Interessantes: Der heutige Finanzminister Christian Lindner (FDP) machte in Nordrhein-Westfalen Wahlkampf mit dem ehemaligen SPD-Ministerpräsidenten und damals noch aktuellem RWE-Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Clement. Die beiden forderten eine »vernunftgeleitete Industriepolitik«. Und sie meinten damit: weniger EE, mehr Kohlekraftwerke. Wirklich.

[….] Fast schon lustig liest sich vor diesem Hintergrund ein Papier, das Christian Lindners FDP-Bundestagsfraktion gerade vorgelegt hat. Darin steht dem »Handelsblatt« zufolge : »Eine staatlich gelenkte Industriepolitik läuft Gefahr, dass Technologien und Produkte nicht wegen ihres Innovations- und Wachstumspotenzials gefördert werden, sondern weil sie politisch gewollt sind.« Und das von der Partei des Mannes, der 2012 den Abbau der EE-Förderung und den Ausbau der Kohleverstromung für »vernunftgeleitete Industriepolitik« hielt.

Was die FDP wirklich will, steht auch in dem Papier: Steuersenkungen, die vor allem Unternehmen und Gutverdienern zugutekommen. Und eine Anhebung indirekter Steuern, die Geringverdiener besonders hart treffen würde. Die FDP möchte also das Gleiche wie immer: Klientelpolitik für Wohlhabende. Diesmal aber mit den gewaltigen US-Subventionen fürs Klima als Ausrede. [….]

FDP und Union sprechen, wenn es um die Zukunft der deutschen Industrie und Energieversorgung geht, gern von »Technologieoffenheit« . Tatsächlich sind die beiden Parteien vor allem für Technologien offen, die definitiv dem Untergang geweiht sind. [….]

(Prof. Christian Stöcker, 19.02.2023)

Wer sich so hartnäckig wie Merz und Söder gegen die Realität stemmt, braucht Verbündete. Und die findet man auch. In der AfD.

[….] Im Osten galt Friedrich Merz vielen CDU-Mitgliedern lange als Messias. Auf einer Regionalkonferenz in Sachsen redet der Parteichef nun Klartext zur AfD und zum Krieg in der Ukraine. Das gefällt nicht allen - und sein Vize Michael Kretschmer taucht gar nicht erst auf. [….]  Dort hatte die von Merz höchstselbst aufgestellte Brandmauer zur AfD zuletzt Risse bekommen, als die CDU-Fraktion im Kreistag von Bautzen einen AfD-Antrag unterstützte, ausreisepflichtigen Asylbewerbern Integrationsleistungen zu kürzen und im Thüringer Landtag gemeinsam mit Rechtsaußen gegen das Gendern stimmte. [….] Zur Bundestagswahl 2021 landete die CDU bei den Zweitstimmen in Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nur auf Platz drei hinter AfD und SPD. Einzig in Sachsen-Anhalt war sie minimal stärker als die AfD. "Diese Partei", sagt Merz am Donnerstag, "muss wieder verschwinden. Das geht nicht durch Anbiederung, sondern nur über einen eigenen Kurs." [….] "Wir sind immer auf der Seite der Freiheit und der Demokratie, der offenen Gesellschaft."   Spätestens jetzt wäre die Reaktion von Michael Kretschmer interessant gewesen, Sachsens Ministerpräsident und Merz' Stellvertreter im Parteivorsitz. Kretschmer hat in den vergangenen Monaten immer wieder Positionen zur Ukraine vertreten, für die er in Sachsen zwar Beifall, in Berlin und dem Rest der Republik aber mindestens Kopfschütteln erntete. Er war gegen die Lieferung schwerer Waffen, wehrte sich gegen ein Ölembargo und forderte zuletzt die Reparatur der zerstörten Gaspipeline Nord Stream 1. [….]

(Iris Meyer, SZ, 24.03.2023)