Samstag, 10. März 2018

Neues von David Dunning.

Das ist schon mal wieder ziemlich lustig, daß sich der orangehaarige Depp im Weißen Haus in der Stormy-Daniels-Hushmoney-Affäre das Pseudonym „David Dennison“ gab und damit an „David Dunning“ erinnerte, dessen berühmteste Entdeckung, der Dunning-Kruger-Effekt zwar schon 1999 publiziert wurde, aber erst mit der Präsidentschaft Trumps in der Realität inkarniert wurde.

[….] Beim Dunning-Kruger-Effekt handelt es sich um eine kognitive Verzerrung, 1999 publiziert von David Dunning und Justin Kruger an der Cornell University. Ihre Studie liefert folgende Ergebnisse: Personen mit zu geringer Sach- bzw. Fachkompetenz neigen dazu, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Gleichzeitig sind sie nicht in der Lage, höhere Fähigkeiten anderer zu erkennen. Zudem sind sie für das Ausmaß ihrer eigenen Inkompetenz blind. [….]

Roland Nelles vom SPIEGEL erklärte gestern die politische Bedeutung der Affäre und dürfte dabei den weltgrößten Euphemismus kreiert haben:

[….] Da ist einmal die Frage der Glaubwürdigkeit. Trump äußert sich bislang nicht zu der Angelegenheit, lässt aber mitteilen, die Affären-Geschichte von Frau Daniels sei natürlich nicht wahr. Nur: Wenn es damals am Lake Tahoe am Rande eines Promi-Golfturniers tatsächlich nicht zu Sex zwischen Trump und dem Pornostar gekommen sein soll, hätte es eigentlich nie eine Schweige-Vereinbarung gebraucht.
Es gibt sie aber ganz offenkundig. Vieles spricht dafür, dass Trumps Anwalt Cohen die Vereinbarung tatsächlich abgeschlossen hat. Er hat jedenfalls öffentlich eingeräumt, die 130.000 Dollar über eine Briefkastenfirma an Stormy Daniels gezahlt zu haben. Das macht Trumps Position, es habe nie eine Affäre gegeben, mindestens unglaubwürdig. Stormy Daniels' Anwalt Michael Avenatti wird zudem nicht müde, darauf hinzuweisen, dass es "absurd" sei, anzunehmen, Trump habe von der Vereinbarung zwischen seinem Anwalt Cohen und Daniels nichts gewusst.
Trump, der schon häufiger ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit gezeigt hat, erscheint somit einmal mehr als Trickser und Täuscher. [….]

Problematisches Verhältnis zur Wahrheit“?
Ja, das kann man wohl ohne zu übertreiben über einen Mann schreiben, dem innerhalb eines Jahres genau 2.140 Lügen nachgewiesen und dokumentiert wurden.


Beim letzten WaPo-Update am 01.03.2018 lag Trumps Lügen-Count bei 2.436.
Die allergrößte Glaubwürdigkeit sollte man dem US-Präsidenten vielleicht nicht mehr zubilligen.

David Dunning (University of Michigan) und Carmen Sanchez von der Cornell University zeigen nun in einer neuen Studie, die sie im Fachmagazin Journal of Personality and Social Psychology veröffentlichten, daß es gerade Anfänger sind, die sich am meisten überschätzen.

[…..] Ausgerechnet die größten Nichtsnutze überschätzen ihre Fähigkeiten oft besonders stark und halten sich für die Größten. Warum es ihnen an Gespür dafür mangelt, was sie nicht wissen. [….]

Sogar Trump dürfte ganz am Anfang seines Wahlsieges ein wenig vorsichtig ob der gewaltigen Macht gewesen sein. Er ließ sich von Xi und Putin beeindrucken.
Aber nach ganz kurzer Zeit hält er sich schon für den erfolgreichsten Präsidenten aller Zeiten und macht sich ohne die geringste Sachkenntnis an die ganz großen Brocken – internationaler Handel, Atomkonflikte – heran.

Er befindet sich demnach in der Anfänger-Phase, die nach Sanchez und Dunning von Hybris und Prahlerei gekennzeichnet ist, wenn man ein Idiot wie Trump ist.

[….] Sobald sie aber erste bescheidene Erfahrungen gesammelt haben, verlieren sie schnell die Bodenhaftung. In den Versuchen der Psychologen überschätzten die meisten Teilnehmer ihre Leistungen teilweise gravierend, sobald sie etwas Wissen angesammelt hatten - so wie ein Berufseinsteiger, der die ersten Schritte hinter sich hat. Erst mit wachsender Erfahrung schwächt sich die Hybris wieder ab, die Lücke zwischen tatsächlicher Leistung und dem Geprahle darüber verringert sich. "Was den Hang zur Selbstüberschätzung betrifft", schreiben Sanchez und Dunning, "sind erste Lernerfolge also eine gefährliche Sache."
Häufig sind es ausgerechnet die größten Pfeifen, die sich am meisten zutrauen: Den Beteiligten mangelt es an Gespür dafür, was sie nicht wissen - woraus sich grobe Selbstüberschätzung speist. [….]

Mustergültig demonstriert Herr Drumpf den Dunning-Kruger-Effekt gerade gegenüber Nordkorea.
Bar jeder Hintergrundkenntnis und völlig blind für die Gefahren, die er eingeht, glaubt er mal eben mit einem Gespräch 70 Jahre Korea-Konflikt abräumen zu können.

Xi erklärte Trump letztes Jahr in Mar A Lago zwar zehn Minuten am Stück koreanische Geschichte, aber bei der maximal 60-skündigen Aufmerksamkeitsspanne des US-Präsidenten dürfte nicht so viel hängen geblieben sein.

(….) In den westlichen Medien hieß es immer „der irre Kim“, bevor zunehmend auch Trump als „irre“ betrachtet wird.
Aber abgesehen von der Personalie Trump, blicken wir alle durch die amerikanische Brille auf Nordkorea.
Die Perspektive Pjöngjangs wird gar nicht erst untersucht.

250.000 Amerikaner leben in Südkorea.
Der dem US Pacific Command (PACOM) unterstehende Großverband United States Forces Korea (USFK) steht seit 1957 mit mindestens 30.000 Mann direkt an der nordkoreanischen Grenze.

Man stelle sich für eine Minute vor, 30.000 bis an die Zähne bewaffnete nordkoreanische Elitesoldaten stünden in Mexiko direkt an der Südgrenze der USA.

Man stelle sich vor, dieser nordkoreanische Großverband stünde nicht nur drohend da, sondern hätte zuvor bereits auf US-Staatsgebiet gewütet, wie es die Amerikaner in Nordkorea taten.

[…..]  Am Ende des Zweiten Weltkriegs war die Sowjetunion in den Krieg gegen Japan eingetreten, die Kolonialmacht in Korea. Die Rote Armee rückte im August 1945 schnell nach Süden vor. Die USA fürchteten, Stalin könnte ganz Korea unter seine Kontrolle bekommen, sie definierte deshalb die südliche Hälfte der Halbinsel als ihre Einflusssphäre, mit dem 38. Breitengrad als Grenzlinie. Noch heute ist sie die innerkoreanische Grenze.
Im Koreakrieg starben allein im Norden etwa 1,5 Millionen Menschen
Dabei war niemandem in Washington bewusst, dass die verhasste Kolonialmacht Japan diese Linie schon einmal 1896 als Grenze von Einflusssphären definiert hatte, damals mit dem Zarenreich. Nach seinem Sieg im russisch-japanischen Krieg 1905 machte Tokio dann die Halbinsel, die strategische Mitte Nordostasiens, nach der auch Russland und China gegriffen hatten, zu seinem Protektorat, 1910 zur Kolonie. […..] Der Zweite Weltkrieg befreite Korea von den japanischen Besatzern, aber er spaltete es auch. Gespräche, das besetzte Land zu vereinen, scheiterten. […..]  Kim Il-sung, den Großvater des heutigen Machthabers […..] hatte sich im Widerstand gegen die Japaner einen Namen gemacht und später in der Roten Armee gedient. Nordkorea beanspruchte das Erbe dieses Widerstands von Anfang an für sich. […..] Am 25. Juni 1950 marschierte Kim Il-sung nach Südkorea ein, um das ganze Land unter seine Kontrolle zu bringen. Binnen weniger Wochen kontrollierten seine Truppen fast die ganze Halbinsel. Dann aber landete US-General Douglas MacArthur, gestützt durch ein Mandat der UN, im September 1950 und fiel den Nordkoreanern in die Flanke. […..]  Ein übler Vernichtungskrieg folgte, bei dem die Amerikaner alle Städte Nordkoreas zerstörten. Sie warfen 635 000 Tonnen Bomben über dem kleinen Land ab, mehr als im Zweiten Weltkrieg in allen Schlachten um den Pazifik. Etwa 1,5 Millionen Nordkoreaner kamen ums Leben. Die Frontlinie jedoch verschob sich kaum mehr. [….]   

Nachdem die USA 635.000 Tonnen Bomben über Korea abwarfen und 1,5 Millionen Koreaner töteten, die sich gegen die brutale japanische Besatzungsmacht erhoben hatten, liebte das koreanische Volk die Amerikaner nicht besonders.
Soviel Geschichtsbewußtsein ist notwendig für US-Amerikaner. Trump weiß darüber höchstwahrscheinlich gar nichts.

Was will Nordkorea eigentlich?

"In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt."
(Egon Bahr)

Pjöngjang will sicher vor dem USFK sein, es möchte auf Augenhöhe mit den anderen Staaten agieren und sein Regime erhalten.

Bill Clinton hatte das erkannt und ging vorsichtigen Schrittes auf Kim Jong Il zu.
Es setzte fast schon sowas wie Entspannung ein, denn Pjöngjang hatte nach dem Ausfall der Sowjetunion als Schutzmacht und Lebensmittelieferant mit einer gewaltigen ökonomischen Krise, sogar Hungersnöten zu kämpfen und lechzte nach Hilfe.

Clinton entschied mutig und richtig; diplomatisches Tauwetter setzte ein und gipfelte im erfolgreichen Besuch der US-Außenministerin in Nordkorea im Jahr 2000.

[…..] Zum ersten Besuch eines hochrangigen US-Regierungsmitglieds seit dem Koreakrieg vor einem halben Jahrhundert ist US-Außenministerin Madeleine Albright am Montag in Nordkorea eingetroffen.
Der nordkoreanische Vizeaußenminister Kim Gye Gwan begrüßte Albright am Sunan-Flughafen von Pjöngjang. Albright, die auch Machthaber Kim Jong Il treffen wird, will sich von der Ernsthaftigkeit der nordkoreanischen
Führung überzeugen, das Land aus seiner Jahrzehnte alten Isolation
herauszuführen.
   Ausreichende Zugeständnisse Nordkoreas bei seinen Raketen- und Nuklearprogrammen und seiner Haltung zum internationalen Terrorismus
könnten den Weg ebnen für einen möglichen Besuch von US-Präsident
Bill Clinton in Pjöngjang Mitte November. Auf dem Weg vom Flughafen
zum Mausoleum des 1994 gestorbenen «Großen Führers» Kim Il Sung, dem Vater des heutigen Machthabers, führte Albright ein 15-minütiges Telefongespräch mit ihrem japanischen Amtskollegen Yohei Kono.
   Dabei äußerte Kono laut Beamten des Außenministeriums in Tokio Japans Sorge über das Raketenprogramm sowie die mutmaßliche Entführung von Japanern durch nordkoreanische Agenten. Albright soll
Kono zugesagt haben, ihn am Mittwoch in Seoul im Rahmen eines Dreier-Treffens der Außenminister der USA, Japans und Südkoreas zu unterrichten.  Am ersten Tag wird Albright mit Kim-Stellvertreter Cho Myong Nok zusammentreffen, dessen Besuch Anfang des Monats in Washington den Weg für ihre zweitägige Visite geebnet hatte.  [….]

So geht große Politik!
Es wurde ein Abkommen ausgehandelt, welches auf der 1994 geschlossenen Vereinbarung fußte, daß Nordkorea auf sein Atomwaffenprogramm verzichte und die USA im Gegenzug bei der nordkoreanischen Energiekrise helfen würden, indem sie unter anderem zwei zivile Atomreaktoren liefern würden.(……) (……)

Trump ignoriert 25 Jahre Diplomatie und lässt sich im fatalen Glauben an sich selbst vom Raketenmann vorführen.

[….] Doch Donald Trump folgt seiner Kindergartenlogik - und sagt einem Treffen mit Kim Jong-un zu, das ihm selbst gefährlich werden kann.
Es ist das größte Ärgernis mit Donald Trump, dass er die Welt in seine Kindergartenlogik zwingt. Gespräche mit Nordkorea? Kann man nichts dagegen haben. Ungleichheit beim Handel? Lässt sich mit Strafen abstellen. Iran als aggressiver Übeltäter? Wird mit Vertragsbruch beim Nukleardeal heimgezahlt. Migration? Mauer. Diese stets gleiche Abfolge von Reiz und Reaktion, Impuls und Überraschung bestimmt die Amtsführung eines Präsidenten, den man vor Kurzem noch als "mächtigsten Mann der Welt" charakterisierte. Heute muss man sagen: Es handelt sich um den unberechenbarsten Mann der Welt, und darin liegt die eigentliche Gefahr.
[….] Nordkoreas Ziel war es immer, direkt, auf Augenhöhe und ausschließlich mit den USA zu verhandeln. Washington war stets klug beraten, diesen Einbindungsversuch abzuwehren und China, Südkorea, Russland und Japan mit ins Boot zu nehmen. Welche Sicherheit hat Trump nun, dass er nicht düpiert wird in Gesprächen? Welche Aufwertung verschafft er einem Regime, für das bereits ein Handschlag mit Trump ein unbezahlbarer Triumph ist? Was soll der Kern eines Deals sein? Kann Kim überhaupt eine Gegenleistung für den Abbau seines Nukleararsenals verlangen außer der Aufhebung von Sanktionen? Allein die Zusage eines Treffens verschafft Nordkorea eine Legitimation, die es in den vergangenen Jahren nicht einmal von China erhalten hat.
Trump ist gefährlich, weil ein Treffen mit ihm unkalkulierbar bleibt. Der Präsident tut den letzten Schritt vor dem ersten - nicht ausgeschlossen, dass er stolpert und sich zur Lachnummer der ganzen Welt macht. Kim Jong-un hat die Manege gebaut - Trump lässt sich hineinführen. [….]

Kim Jong Un und Dotard Trump sind insofern vergleichbar, daß sie beide unsympathisch sind, eigenartige Frisuren tragen, auf nicht demokratische Weise an die Macht kamen und über Atomraketen verfügen.
Es gibt aber einen großen Unterschied zwischen ihnen: Der Koreaner ist intelligent und Trump ist vollkommen auf den Kopf gefallen.
Das nutzt Kim natürlich aus und manipuliert den amerikanischen Trottel.