Samstag, 18. Mai 2013

Homöopathisch Nie.

Zugegeben, es verlockt manchmal ein homöopathisches Mittelchen auszuprobieren, wenn Menschen, denen man normalerweise vertraut, Stein und Bein schwören, es helfe ganz phantastisch.
Die Versuchung ist natürlich umso größer, wenn es um ein Leiden geht, welches mit schulmedizinischen Methoden nicht in den Griff zu bekommen ist.
Aktuelles Beispiel ist mein Heuschnupfen, der mich dieses Jahr in den Wahnsinn zu treiben droht.
Dazu wird mir immer wieder das „absolute Wundermittel“ Regasinum empfohlen.
Regasinum Antallergicum ist eine Arznei aus dem Kreis der Homöopathie mit vielversprechenden Erfolgen beim Einsatz in der Allergiebehandlung, bei diversen Hautveränderungen aus dem Ekzemkreis sowie gegen Psoriasis und Neurodermitis. Nach meiner Erfahrung können diese Krankheitsbilder nachhaltig für eine gewisse Zeit gelindert werden. Das Nebenwirkungsspektrum ist sehr gering und die Kosten sehr überschaubar und von Jedem bezahlbar.
Die wenig spektakulären Inhaltsstoffe sind selbstredend irrelevant, weil diese Homöopathen-Mittelchen ja ohnehin so „verdünnt“ sind, daß man keinerlei Wirkstoff zu sich nimmt:
Apis mellifica Dil. D4: (Honigbiene) Aralia racemosa Dil. D3: (Amerikanische Narde, Araliacceae), Naja tripudians Dil. D8: (Kobra oder Brillenschlange), Acidum formicicum Dil. D6: (Ameisensäure). 
Der Verdünnungsfaktor „D8“ bedeutet beispielsweise, daß ein Teil Wirkstoff auf Einhundert Millionen Teile Wasser kommt. 1:100.000.000. Das wäre also ein Tropfen geraspelte Kobra-Lösung in einer Tanklasterfüllung Wasser.
Hier ist also Imaginationskraft gefordert.
 Mit anderen Worten: Man muß schon dran glauben.
Und hier beginnt mein ganz großes Problem.
Dinge einfach zu glauben, die wissenschaftlich als Schwachsinn enttarnt sind, ist meine große Schwäche.
 Kein Funken Spiritualität bringe ich auf und bin der am wenigsten religiöse Mensch, den man sich vorstellen kann.
Glaubt man allerdings an Homöopathie oder gerät an einen Arzt, der seine Methode überzeugend verkaufen kann, kann ein gewaltiger Placeboeffekt eintreten.
Eine meiner Kommilitoninen jobbte während des Studiums als Nachtschwester in einem Altenpflegeheim auf einer Station, die für renitente Rentnerinnen verschrien war, die die ganze Nacht andauernd klingelten und sich beklagten nicht schlafen zu können.
Mit der Zeit wurde gemauschelt, daß diese Studentin heimlich aus dem pharmakologischen Institut ein hochwirksames Schlafmittel schmuggele, welches sie an Bewohner mit extremen Schlafstörungen abgebe.
Es war ein Wundermittel. Wenige Minuten nach der Einnahme, schliefen die schwierigsten Patienten ein und wachten acht Stunden nicht mehr auf.
Tatsächlich verabreichte sie ihnen kleine Traubenzuckerdrops – mit der richtigen Geschichte.
Ich habe damals mit ihr diskutiert, daß ich dieses Vorgehen amoralisch fände.
 Sie war aber der Meinung schließlich sei allen geholfen und sie verlange auch keine Gegenleistung.
Placebo-Effekte können enorm sein. 
Ich würde gerne wissen, ob ich mit so einem Mittel auch einschlafen könnte. Es fällt mir allerdings schwer daran zu glauben, denn bei „Wunderschlafmittel“ würde ich automatisch hellhörig werden und nach dem Wirkungsmechanismus fragen.

Aber man darf Placebo-Effekte nicht kleinreden.
Eine bekannte Studie zu Schein-Operationen ist die des amerikanischen Chirurgen Bruce Moseley. Als Spezialist für Gelenkerkrankungen hatte er zahlreiche ältere Menschen mit Knie-Arthrose unter seinen Patienten, und Arthroskopien gehörten zu seiner Routine. Irgendwann wollte er wissen, ob nicht ein Teil des Behandlungserfolgs auf einem Placebo-Effekt beruht.
Er inszenierte ganz normale Operationen mit den üblichen Präliminarien wie Aufnahme ins Krankenhaus, Beruhigungsspritze, Narkose und den typischen Geräuschen eines OP-Saals, operierte aber tatsächlich nur die Hälfte der Patienten. Den anderen ritzte er während der Narkose nur die Haut ein, damit das Knie etwas blutete, und verpasste ihnen eine dicke Naht. Um die Täuschung zu perfektionieren, konnten die Schein-Operierten ebenso wie alle anderen auf einem Monitor eine echte Operation verfolgen, nur dass es bei ihnen gar nicht ihre eigene war.
Das Ergebnis war, dass die zum Schein operier­ten Menschen nach der Heilungsphase ebenso zufrieden waren mit der Behandlung wie die tat­sächlich Operierten. Moseley betrachtete das als Nachweis für einen Placebo-Effekt. Gleichzeitig zeigte es aber auch, dass eine Kniegelenks-Operation in vielen Fällen nutzlos oder überflüssig ist, weil die Beschwerden auch von selbst oder mit einer weniger invasiven Therapie verschwinden. Quelle: Moseley, J. B., et al., A Controlled Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee. N. Engl. J. Med. 347 (2002) 81-88.
Placebo-Effekte sind durchaus zu erklären. 
Die Stichworte sind „Erwartung“ und „Konditionierung“.
Ein hochreligiöser Mensch, der fest an Marienerscheinungen und Wunder glaubt, kann also durch eine aufwändige Pilgerfahrt seinen Heuschnupfen tatsächlich lindern, während das Lourdes-Wasser bei mir gar keine Linderung brächte.
Bis zu einem gewissen Grad sind also die tatsächlichen Wirkungsmechanismen irrelevant.
Patienten, die homöopathische Mittel wünschen, neh­men sie mit einer hohen positiven Erwartungshaltung ein, weil sie ihrer Weltanschauung und ihren Vorlieben entsprechen. Hinzu kommt eine gewisse Konditio­nie­rung, da normalerweise jeder Erwachsene in seinem Leben schon einmal die Er­fahrung gemacht hat, dass Arzneimittel ihm geholfen haben. Diese positive Erfah­rung überträgt sich sowohl auf Placebos als auch auf Globuli oder andere Sub­stanzen. Somit tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit die gewünschte Wirkung ein. Ob dieser eine pharmakologisch nachweisbare Substanz zugrunde liegt oder ein Placebo, ist unwesentlich.
Man könnte das Spiel auf die Spitze treiben und einem hochgradig überzeugten Homöopathiefan dazu animieren eine Krebserkrankung oder einen Leistenbruch mit Globuli zu heilen, um ihm zu beweisen, daß diese teuren Zuckerkügelchen nichts bringen.

Tatsächlich schützt sich der Esoterikmedizinfan vor solchen Enttäuschungen, indem er sich selbst eben nicht auf diese Probe stellt. 
Instinktiv erwartet ein Homöopathie-Patient nur überschaubare Erfolge, ohne sich aber die beschränkte Wirkung einzugestehen.
Hier handelt es sich um dasselbe Phänomen, wie bei Religiösen, die um Heilung beten.
Milliarden Gläubige weltweit würden schwören, daß ihre Gebete bei Krankheiten helfen können, obwohl dies nie in einer Studie nachgewiesen werden konnte.
Aber selbst die Strenggläubigen, die ihren Gott für allmächtig halten, erwarten in Wirklichkeiten eben KEINE Wunder von ihm. Sie beten nur für einen Effekt, der ohnehin eintreten könnte.
Etwas Unmögliches erwarten sie aber eben nicht. Sie wissen im Grunde genommen genau, daß die Fähigkeiten des „Allmächtigen“ sehr begrenzt sind. Warum beten sie dennoch?
Die Antwort scheint mir zu sein, daß die Gläubigen sich ihre eigene Illusion nicht zerstören wollen und in vorauseilendem Gehorsam nur für das beten, das mit einer messbaren Wahrscheinlichkeit ohnehin eintreffen könnte.

Auf Gebete verlassen will sich aber keiner.

Noch nicht mal der Papst - sonst würde er nicht im Panzerglaswagen umher fahren, sonst würden auf Kirchen keine Blitzableiter angebracht werden. Beides sind schließlich Beweise dafür, daß nicht an die Kraft Gottes geglaubt wird.

Ähnlich verhält es sich mit Krankheiten.
Wenn, wie zum Beispiel bei Krebs eine (wenn auch extrem geringe) Aussicht der Spontanremission besteht, oder man sich in onkologischer Behandlung befindet, „lohnt“ es sich zu beten.

In ganz aussichtslosen Fällen, wird gar nicht erst gebetet, da sich der Gläubige unterbewußt darüber klar ist, daß er doch kein Gläubiger ist und doch nicht an die Allmacht Gottes glaubt.

Deswegen beten Amputierte nicht dafür, daß ihnen über Nacht ein Bein oder ein Arm nachwächst.
Dies ist nichts anderes als das Eingeständnis, daß Gott gar nicht heilen kann.

Denn WÄRE er ALLmächtig, könnte er schließlich genauso einen Arm nachwachsen lassen („ein Wunder“) wie die französische Ordensschwester Marie Simon-Pierre „über Nacht“ von Parkinson zu befreien und damit seinem ehemaligen Vize Woytila zur Seligkeit zu verhelfen.

In Wahrheit wissen wir aber keineswegs, weswegen die Nonne geheilt wurde.

Für den zu Parkinson analogen Fall eines Tumors schreibt „whywontgodhealamputees.com“ sinngemäß:
Bevor man sich nicht die Zeit nimmt hierüber einmal rational nachzudenken, erscheint die Situation nicht eindeutig zu klären. Sowohl Gott kann hier geheilt haben, wie die Gläubigen glauben, wie auch der Arzt und die Medizin. Oder es kam zur Spontanheilung durch das eigene Immunsystem. Wenn der Tumor verschwindet kann dies mit anderen Worten durch verschiedene Ereignisse geschehen sein. So kann es lediglich ein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen gewesen sein, dass Sie gebetet haben und die Heilung erfolgte. Dann hätten die Gebete absolut Nichts mit der Heilung zu tun gehabt. Wie können wir also entscheiden, ob Gott die Heilung verursachte oder irgendein anderer Effekt?
Ein Weg besteht darin, die Uneindeutigkeit aus solchen Ereignissen zu eliminieren. In einer eindeutigen Situation können wir entscheiden, ob Gott etwas mit der Heilung zu tun hat oder nicht.
Eindeutigkeit, also Hoffnungslosigkeit besteht aber bei Amputierten.
Es gibt kein medizinisches Verfahren Beine nachwachsen zu lassen. Es ist noch nie eine Spontan-Beinnachwachsung beobachtet worden. Ein allmächtiger Gott sollte das aber können, sonst wäre er qua Definition gar kein Gott. Zudem sagt Jesus, daß jedes Gebet erhört wird.
Was passiert also, wenn wir zu Gott beten, er solle einen Amputierten heilen? Nach Aussage der Bibel müssten nun die fehlenden Gliedmaßen nachwachsen. In Wirklichkeit tun sie dies natürlich nicht. Warum tun sie es nicht? Weil Gott eine Illusion ist! Man beachte, dass es in dieser Situation keinerlei Mehrdeutigkeit gibt! Es gibt absolut nur einen einzigen Weg wie ein amputiertes Glied nachwachsen kann. Dieser einzige Weg würde darin bestehen, dass Gott ein Wunder wirkt. Gott müsste die Gebete erhören! Was wir aber finden ist, dass wann immer wir eine eineindeutige Situation herstellen, in der es keinen Raum für das Zusammentreffen zweier Ereignisse gibt, wir niemals eine Antwort Gottes auf Gebete finden. Gott beantwortet NIEMALS Gebete, wenn diese Antwort nicht durch bloßen Zufall geschehen kann.
Tatsächlich gibt es diverse groß angelegte Studien, die finanziert von Christen zu dem für sie niederschmetternden Ergebnis kamen, daß Gebete beim Krankheitsverlauf gar nicht helfen.
Würde stimmen, was in der Bibel steht, könnten wir ohnehin Hunger und Krankheiten recht einfach überwinden:
You can see the same effect in the following prayer. Let's assume that you are a true believer and you do believe that God cures cancer. What would happen if we get down on our knees and pray to God in this way:
Dear God, almighty, all-powerful, all-loving creator of the universe, we pray to you to cure every case of cancer on this planet tonight. We pray in faith, knowing you will bless us as you describe in Matthew 7:7, Matthew 17:20, Matthew 21:21, Mark 11:24, John 14:12-14, Matthew 18:19 and James 5:15-16.
In Jesus' name we pray, Amen. We pray sincerely, knowing that when God answers this completely heartfelt, unselfish, non-materialistic prayer, it will glorify God and help millions of people in remarkable ways.
If God cures cancer, then this is an easy prayer for an omnipotent, all-loving God to answer.
The fact is, what this prayer does is remove ambiguity. As soon as we do that, we see the true nature of "God."
There is no way that a coincidence can answer this prayer, and, sure enough, the prayer goes unanswered.

If you look at the data, you can see exactly what is happening here:
When we pray to God about any non-ambigous situation, God never answers the prayer.
When we analyse any ambiguous prayer using statistical tools, we find zero effect from prayer.
Gott existiert also nicht, oder das was in der Bibel über ihn steht ist alles Bullshit.
Simple as that.
(Tammox 02.07.2011)

Was mich nachhaltig irritiert, ist die Tatsache, daß sowohl die aktuelle ZEIT („Esoterik – Jenseits der Vernunft“), als auch der aktuelle SPIEGEL („Der heilende Geist. Medizin: Gesund durch Meditation und Entspannung“) mit Esoterik titeln.
 
Es wäre zu einfach zu sagen, Homöopathie wäre zwar Humbug, aber außer dem materiellen Schaden bei den Esoterikgläubigen werde niemand verletzt.

So leicht ist es nicht, denn Eso-Scharlatane können durch Verdrängung der klassischen Medizin durchaus schwere gesundheitliche Probleme verursachen.
Und auch der von mir so gepriesene Placebo-Effekt, hat eine Kehrseite, nämlich seinen dunklen Bruder „Nocebo-Effekt“ (von lat. nocere = schaden, nocebo = ich werde schaden). Analog des Placebo-Effektes tritt hier durch eine Behandlung ohne Sinn, oder ein Medikament ohne Wirkstoff ein Effekt ein, der aber dem Wohlbefinden nicht etwa förderlich, sondern abträglich ist.
Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Unruhe verursacht von Elektrosmog oder unterirdische Wasserströme dürften so ein Beispiel sein.
Diese Effekte gibt es zwar nicht, aber es wird so viel darüber geschrieben, daß viele Menschen schon anfangen unter den Folgen zu leiden, weil sie von den negativen Folgen des Elektrosmogs überzeugt sind.
Besonders problematisch sind Beipackzettel, die viele Menschen nur durchlesen müssen, um schon an den beschriebenen Nebenwirkungen zu leiden.
Ein Mann, der zum Tode verurteilt wurde und auf seine Hinrichtung wartet, bekommt Besuch von einem Arzt, der ein Experiment vorbereitet hat: Er verbindet ihm die Augen, fesselt ihn an Armen und Beinen an sein Bett und ritzt mit einem Skalpell die Haut an Handflächen und Fußsohlen ein. Gleichzeitig sticht er kleine Löcher in Wasserbeutel, die er an den Bettpfosten angebracht hat. Mit dem Schnitt in die Haut beginnt das Wasser in Blechschüsseln zu tropfen.
Der Arzt stimmt einen monotonen Singsang dazu an, der immer leiser wird. Irgendwann tropft das Wasser nur noch langsam in die Schüsseln, und der Mann ist nicht mehr ansprechbar. Der Arzt vermutet, der Mann sei eingeschlafen oder ohnmächtig geworden. Doch er irrt, der Verbrecher ist tot – gestorben an dem Glauben, dass er verbluten würde. Dabei hat er durch die kleinen Schnitte in die Haut nicht mal ein Schnapsglas voll Blut verloren.
Dieses ebenso grausame wie aufschlussreiche Experiment fand in den Dreißigerjahren in Indien statt. Es ging in die Medizingeschichte ein, als drastisches Beispiel für die Kraft negativer Gefühle und Vorstellungen. […] »Der Placebo-Nocebo-Effekt ist ein erstaunliches Beispiel dafür, wie Seele und Geist mit dem Körper interagieren«, sagt Fabrizio Benedetti.   Amerikanische Psychologen konnten zum Beispiel zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzschlag zu sterben, für Frauen dreimal so hoch ist, wenn sie glauben, sie seien besonders anfällig für einen Infarkt. »Negative Gefühle erhöhen bei allen Menschen die Gefahr für einen Infarkt so stark wie Bluthochdruck«, sagt Karl-Heinz Ladwig, Herzexperte in der Klinik für Psychosomatik der Technischen Universität München. Symptome wie Erschöpfung oder Hoffnungslosigkeit in den sechs Monaten vor einem Infarkt seien so typisch, dass Ärzte den seelischen Beschwerden und Stimmungstiefs viel mehr Aufmerksamkeit schenken und nicht nur die klassischen Risikofaktoren Bluthochdruck, Diabetes und erhöhtes Cholesterin beachten sollten. […]  »Der Schaden durch Nocebos geht in die Milliarden«, sagt Manfred Schedlowski, Psychologe an der Universität Essen. »Viele Menschen nehmen ihre Medikamente aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen nicht ein – Ärzte müssten viel besser darüber aufklären.« Schedlowski ärgert sich, dass kaum ein Mediziner seinen Patienten die beruhigende Wahrheit sagt: Die Pharmafirmen sind aufgrund immer strengerer Sicherheitsbestimmungen verpflichtet, jede Nebenwirkung, die jemals irgendwo aufgetreten ist, in Beipackzetteln aufzulisten, und sei sie noch so selten. Die möglichen Schäden lesen sich dann selbst bei den harmlosesten Medikamenten wie eine Horrorliste – »auch wenn es wahrscheinlicher ist, vom Blitz getroffen zu werden als diese Nebenwirkung zu erleiden«, so Schedlowski.
Kaum zuträglicher für die Genesung von Patienten ist deren Gefühl, zu billig behandelt zu werden. In einer Studie wurden Probanden mit ein und demselben Medikament behandelt, erhielten aber unterschiedliche Angaben über den Preis des Mittels. 85 Prozent der Teilnehmer, die ein angeblich teureres Medikament bekamen, berichteten daraufhin von nachlassenden Schmerzen; in der Gruppe mit dem vermeintlich im Preis herabgesetzten Mittel waren es nur 61 Prozent. Diese Haltung kennen Ärzte auch aus der täglichen Praxis. So bevorzugen viele Patienten rezeptpflichtige teure Schmerzmittel gegenüber rezeptfreien billigen. Viele Patienten klagen auch darüber, dass preisgünstige Generika bei ihnen nicht so gut wirken wie das teure Original – obwohl der Wirkstoff des Nachahmermittels chemisch absolut identisch ist mit dem des Ursprungspräparats. Der Essener Placeboforscher Manfred Schedlowski fordert daher, Patienten eingehender an der Therapie zu beteiligen. »Ärzte sollten sich mehr Zeit nehmen und Patienten erklären, dass diese Mittel genauso gut wirken wie die teuren, statt ihnen nur zu sagen: Die Krankenkasse bezahlt die anderen nicht mehr.«