Für
Jens Spahn sind der Kauder-Abgang und
das destruktive Rumrumpeln des Innenministers blöd.
Inhaltlich
ist das zwar seine Linie – auch er möchte die Merkel-CDU ganz weit nach rechts
rücken – aber der Aufstand gegen die Kanzlerin kommt für ihn einfach zu früh.
Für
den selbstverliebten Gesundheitsminister aus
dem Münsterland ist es keineswegs ausreichend das politisch umzusetzen, was er
richtig findet, sondern er will Regierungschef und Parteichef werden, er will
Macht und Bewunderung. Er will zusammen mit seinen stramm rechten Kumpanen
Lindner und Dobrindt wie ein Rollkommando durch den bundesrepublikanischen
Betrieb gehen.
Spahn
konkretisiert seine Zukunftspläne bereits als 38-Jähriger sehr stark. Er wanzt
sich an Neo-Konservative und Neo-Nationale der ganzen Welt heran.
Demonstrativ
umwirbt er Sebastian Kurz und Richard Grenell, bemüht sich stets
der Rechteste unter den gerade noch Mainstreamigen zu sein. Kein anderer Bundesminister
fand lobende Worte für Trump; Spahn schon.
[…..] Immer die eigene Außenwirkung im Blick
[…..] Spahn ist 38 Jahre alt, mit 15 trat er in die Junge Union ein, seit
seinem 22. Lebensjahr ist er im Bundestag. Spahn saß in nahezu jeder Talkshow
der Republik, er gab unzählige Interviews. Er provozierte gern mit
konservativen Thesen. Spahn erfand den Begriff "burkaphob", wollte
Flüchtlingen die Sozialleistungen kürzen, beschwerte sich über
englischsprachige Kellner und oft auch über den Kurs der Kanzlerin. Als Angela
Merkel ihn im Februar als Gesundheitsminister in ihr Kabinett holte, begriffen
das viele Beobachter als Zugeständnis an ihre Kritiker. Doch nach zwei Monaten
im Amt wirkt Spahn so, als sei ihm sein altes Image manchmal nicht mehr ganz
recht.
[…..] Jens Spahn ist versessen auf seine Außenwirkung. Aufmerksam verfolgt er
die Presseberichte über sich selbst. Er merkt sich genau, wie einzelne
Journalisten zu ihm und seinen Themen stehen. Seinen früheren Pressesprecher,
der ihn als Abgeordneten begleitete, setzte er an die Spitze des neuen
Leitungsstabs seines Ministeriums. Einen weiteren Sprecher holte er sich von
der Bild-Zeitung. Einen intimen Kenner des kleinen Mannes, sozusagen.
[…..] So viel Mühe sich Jens Spahn auch mit seiner Selbstdarstellung macht,
so kompliziert ist es für ihn im Moment, sich nicht selbst ein Bein zu stellen.
[…..]
Die
ersten Teile seiner Karrierestrategie konnte Herr Spahn schon mustergültig
abarbeiten.
Sich
einen Namen unter Rechtskonservativen machen.
Den
unbedingten Willen zur Macht demonstrieren.
Furchtlos
erscheinen.
Keinen
Tag vergehen lassen, ohne sich mindestens einmal effektiv in die Medien
geschoben zu haben. Es gibt keine
schlechte Presse.
Omnipräsenz, um so bekannt zu werden, daß die
politische Zukunft nicht ohne ihn gedacht werden kann.
[….]
"Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss
ich noch werden"[…..] Dass an diesem Vormittag die halbe Hauptstadtpresse über die aktuellen
Karrierepläne des Jens Spahn rätselt, liegt an einer Biografie, die der
Chefredakteur der Rheinischen Post, Michael Bröcker, geschrieben hat und mit
ihm gemeinsam vorstellt.
Auf dem Einband loben
der CSU-Altvordere Edmund Stoiber und Österreichs Kanzler Sebastian Kurz den
jungen Konservativen, und Bröcker orakelt, dass Spahn "die Bundesrepublik
maßgeblich prägen wird".
[…..] Als
Gesundheitsminister sei er nun einmal der einzige Sozialpolitiker der CDU, sagt
Spahn. "Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden", zitiert
ihn Bröcker. Politiker mit Herz, das sei Jens Spahns nächstes Karriereziel. [….]
Jetzt
kommt in der Tat der schwierige Teil. Die konservativen Zeitungen rufen Spahn
brav zum neuen Kanzler aus. Das hat schon mal geklappt.
Warum sollten
sie auch nicht einen Pharmalobbyisten, der konsequent an der Seite der Reichen
und Industriellen steht an die Spitze der Regierung wünschen?
Springer
und Funke reichen aber nicht als alleinige Kanzlermacher.
Ein paar
Wählerstimmen braucht es auch noch und dazu muss der Kanzlerkandidat zumindest
etwas beliebter sein, als das Niveau von
Fußpilz und Mundfäule, auf dem Spahn derzeit noch einzuordnen ist.
Möglich,
daß man sich in einigen Jahrzehnten nicht mehr an den fiesen Spahn von 2018
erinnern wird.
Das über
80-Jährige attac-Mitglied Heiner Geißler, der sozial tickende CDU-Querdenker
war richtig beliebt bei Sozialdemokraten.
Keiner dachte
mehr daran was für ein wahrlich bösartiger rechter Hetzer Geißler in den
1980ern war.
Ob Spahn
jedoch das Ruder so rechtzeitig herumreißen kann, um als direkter
Kanzlernachfolger Merkels in Frage zu kommen, bezweifele ich stark.
Seine xenophoben
und islamophoben Attacken, seine nationalistischen Wallungen, seine Nähe zu
Rechtsextremen in aller Welt dürften kein großes Problem beim Werben um
Wählerstimmen sein.
Spahns
verächtliche Betrachtung von Geringverdienern, einfachen Menschen,
Angestellten, Arbeitern, seine fortwährenden herablassenden Bemerkungen
gegenüber finanziell klammen Menschen wirken da schon störender.
Pflegekrise?
Macht doch nichts. Soll man doch ein paar Kräfte aus dem Ausland holen und
außerdem können die faulen Säcke in den Pflegeheimen ja auch mal etwas mehr
arbeiten.
[….]
"Wenn von einer Million
Pflegekräften 100.000 nur drei, vier Stunden mehr pro Woche arbeiten würden,
wäre schon viel gewonnen", sagte der CDU-Politiker der "Augsburger
Allgemeinen". [….]
Damit
noch nicht genug der Demütigung.
Inzwischen
unterstellte der Gesundheitsminister den Pflegern und Krankenschwestern gar,
sie übten überhaupt keinen richtigen Beruf aus.
Das
wären eher mindere Hiwi-Tätigkeiten, die auch in der Familie erledigt werden
könnten.
Ja, das
freut sicher jede examinierte Krankenschwester im Schichtdienst unter
Dauerstress.
Spahn
wird neben Ehrgeiz fast immer auch Intelligenz attestiert.
Ich wage
das zu bezweifeln. Wer fortwährend derartig frei von Empathie große Teile der
Bevölkerung vor den Kopf stößt, kann nicht schlau sein, wenn er das immer
wieder tut.
Auch
wenn er es nicht empfindet, würde ein intelligenter Gesundheitsminister nicht
Pfleger und Kranken so laut geringschätzen, sondern wenigstens so tun, als ob
er deren Leistung anerkenne.
Es ist
auch nicht klug als demonstrativ Kinderloser, der bereits verkündete seine
eigenen Eltern sicher nicht zu pflegen, Familien offiziell als eine Art
primitiven Mechanismus für niedere Arbeiten anzusehen.
"In einer
deutschen Familie hat man fürs Gröbste die Oma, und ich bin die Oma der
Bundesrepublik."
(Helmut
Kohl, Bundeskanzler, 1989)
Die
groben, dreckigen, mies bezahlten Jobs für die Großeltern, sagt also
Karriere-Bubi Spahn, der bereits mit 22 Jahren in den Bundestag einzog, als
Lobbyist Millionär und Immobilienbesitzer wurde, sowie nun als Minister 14.000,-
Euro im Monat verdient. Plus Zulagen.