Dienstag, 27. Mai 2014

Viele Deppen.



 Das war heute eine merkwürdige Titelstory in der Hamburger Morgenpost.

„Zeit“-Chef di Lorenzo: Kann ein kluger Mann so dusselig sein?“ – das sollte offensichtlich eine rhetorische Frage sein?

Giovanni die Lorenzo erlebt vielleicht nicht gerade einen Shitstorm, aber natürlich macht man sich im Internet gehörig über ihn lustig.
Für diejenigen, die noch nichts vom „Giovanni-Gate“ gehört haben:
Am späten Abend der Europawahl saß der schöne Chefredakteur in einer ARD-Quasselrunde und plapperte aus, er habe sogar zweimal gewählt. Erst als Italiener im Hamburger Konsulat Italiens und später noch einmal als Deutscher in seinem Wahllokal.
Doppelt hält besser dachte er sich offenbar.

Es dauerte nur wenige Stunden, bis Strafanzeigen eintrudelten: Am Schnellsten war die ohnehin Europa- und Ausländer-feindliche AfD.
Nun ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen den ZEIT-Chef.

In Betracht komme auch der Tatbestand des Fälschens von Wahlunterlagen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, Nana Frombach. Die zuständige Anklagebehörde habe bereits Kontakt mit dem Landeskriminalamt aufgenommen.[…]   Das Europawahlgesetz schreibt vor, dass jeder Wahlberechtigte nur einmal seine Stimme abgibt. Über die Problematik von EU-Bürgern, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsland haben, hatte vor wenigen Tagen ausgerechnet die Online-Ausgabe der "Zeit" berichtet.
Di Lorenzo könnte nun unter den Paragrafen 107a des Strafgesetzbuches fallen. Der besagt: "Wer unbefugt wählt oder sonst ein unrichtiges Ergebnis einer Wahl herbeiführt oder das Ergebnis verfälscht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." […]

Der Elitejournalist beherzigte mehrere eherne demokratische Grundsätze.
Es handelt sich um freie, geheime und ungleiche Wahlen mit dem bekannten Prinzip „One Chefredakteur, two votes.“

Und wenn man schon mal dabei ist sich so richtig zu blamieren, dann muß man immer noch einen drauflegen. Di Lorenzo, der immerhin Politik studiert hat, ahnte nicht, daß einige nicht mehr Stimmen als andere haben dürfen und spricht sich nun selbst mit Dummheit frei.
In seiner Welt gilt also offenbar auch der bekannte Rechtsgrundsatz „Unwissenheit schützt vor Strafe.“

"Mir war nicht bewusst, dass man bei der Europawahl nicht in zwei Ländern abstimmen darf. Hätte ich es gewusst, hätte ich es nicht getan und natürlich auch nicht in der Sendung von Günther Jauch erzählt", sagte di Lorenzo. "Mir tut das aufrichtig leid."

Ein interessanter chefredakteuresker Kausal-Zirkelschluss.

Das ist in etwa so, wie zu erzählen, daß man eben einer Oma mit einem Knüppel eins übergezogen hätte, um ihre Handtasche zu rauben.
Man habe aber nicht gewußt, daß man das nicht tun dürfe. Das beweise die Tatsache, daß man überhaupt erzählt habe die Gerontin niedergemacht zu haben! Also könne man auch nicht bestraft werden. Logisch.

Was will uns nun aber die MoPo mit ihrer Schlagzeile vom „klugen Mann“ di Lorenzo sagen?
Daß der Mann mit der bekannten religiotischen Inselverarmung nicht nur im Punkt Metaphysik partiell debil ist? Daß di Lorenzo lügt? Daß es Italiener nicht so genau mit den Regeln nehmen?

„Kann ein kluger Mann so dusselig sein? […]
Jeder Wähler trägt selbst die Verantwortung: Wenn er redlich ist, wird er seine Stimme wie alle anderen nur ein Mal abgeben“, wird ausgerechnet der Sprecher der italienischen Botschaft zitiert.

Nein, ein kluger Mann kann natürlich nicht so dusselig sein.
Statt über di Lorenzos Dusseligkeit zu sinnieren, sollte man sich lieber fragen mit welcher Berechtigung der ZEIT-Chef „klug“ genannt wird.

Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von schweren intellektuellen Fehlleistungen, die mich sehr daran zweifeln lassen, daß der Edeljournalist wirklich klug ist.

Ist es etwa „klug“ die ZEIT über Jahre zum intellektuell verflachten Katholikenblättchen umzuformen, daß selbst Menschen, die wie ich über Dekaden ein ZEIT-Abo hatten, entnervt hinwerfen und notgedrungen kündigen, weil sie diesen L'Osservatore Romano light nicht mehr finanzieren wollen?

In der aktuellsten ZEIT-Ausgabe ist die Rubrik „Glauben und Zweifeln“ übrigens mal wieder auf den doppelten Umfang ausgedehnt worden. Nur das „Zweifeln“ hat di Lorenzo  - wie üblich – vergessen.
Zunächst gibt es ein Interview mit Leonardo Kardinal Sandri, der aber nicht etwa korrekt in der Form „(Vorname) Kardinal (Nachname)“ beschrieben wird, sondern tumb Kardinal Leonardo Sandri genannt wird.
Aber das kennen wir ja vom „klugen“ die Lorenzo – seine Kirchenbejublungsseiten strotzen vor Fehlern.
Außer dem äußerst untertänig geführten Kardinal-Interview gibt es noch einen Aufsatz von stramm Papst-treuen Chef der Katholischen Nachrichten Agentur (KNO) Ludwig Ring-Eifel und schließlich eine ganze weitere Seite voll des Lobes über Papst Franzens Nahost-reise.

Oder ist es etwa klug, wenn der ZEIT-Chefredakteur einen peinlichen Versuch unternimmt als Stichwortgeber in einem Buch den mehrfach der Täuschung und Lüge überführten Baron von und zu Guttenberg zu einem Comeback auf die politische Bühne zu verhelfen?
Noch dazu ein völlig erfolgloser Versuch, nach dem der milliardenschwere Freiherr endgültig den Kontinent verlassen mußte und di Lorenzo selbst einen ungeahnten Shitstorm auf die ZEIT lenkte.

Es geht nicht darum, wie viel der Baron verkraften kann. Es geht um seinen Narzissmus. Der Guttenberg, den man hier wiedertrifft, kreist um sich selbst - und liefert kaum Substanz. Denn wenn es um politische Inhalte geht, sind die Äußerungen des Mannes, den sein Interviewer "zu den größten politischen Talenten des Landes" zählt, dürftig, um es freundlich zu formulieren.
(Jakob Augstein 01.12.11)

Wieso läßt ein intelligenter Mann wie di Lorenzo Guttenberg alle seine dummdreisten Lügen und haltlosen Behauptungen durchgehen, ohne kritisch nachzufragen?
Wollte er ihn womöglich nur entlarven, indem er ihn reden ließ?

Dagegen spricht die Tatsache, daß di Lorenzo ihn noch mit als letzter verteidigte, bevor Guttenberg zurücktrat.

Dagegen spricht auch di Lorenzos Rechtfertigungsschrift in der nächsten Ausgabe der ZEIT.

Ist es klug sich als Chefredakteur von Deutschlands (noch) renommiertester Wochenzeitung seit Jahrzehnten zusätzlich in der Boulevardsendung „3 nach 9“ zwischen Deppen aller Art als Moderator zu verdingen?

Ist es klug von Giovanni di Lorenzo als ZEIT-Chefredakteur und Tagesspiegel-Herausgeber bräunliche Sozialneiddebatten anzustoßen, indem er vor  massenhafter Einwanderung in die sozialen Netze“ Deutschlands warnt, wie es 2010 geschehen ist?

Nein, di Lorenzos Wahl-Aussetzer ist kein völliges Rätsel, sondern passt ganz gut zu einem Mann, der ursprünglich mal ein sehr vielversprechender integrer Journalist war und den seine ungeheure Eitelkeit im Laufe der Jahre dazu verführte das kritische Denken aufzugeben und stattdessen bloß „di Lorenzo“ zu sein, der immer mal wieder ungeniert Urteile über Dinge abgibt, die er überhaupt nicht beurteilen kann.

Aber in der causa „Wahlbetrug durch di Lorenzo“ ist der Delinquent immerhin nicht selbst der Dümmste.
Nein, die Empörung spült noch wesentlich idiotischere und rechtere Edelschreiberlinge an die mediale Oberfläche.

Den Vogel abgeschossen hat Jan Fleischauer, der Sozifresser vom SPIEGEL, der anhand der illegalen Doppelwahl gleich die Doppelstaatsbürgerschaft insgesamt verdammt und die GroKo dafür geißelt noch mehr Menschen zwei Pässe zugestehen zu wollen. (Wohlgemerkt NICHT MIR – ich bin nach wie vor zu undeutsch, als daß ich von der GroKo einen Deutschen Pass zugebilligt bekäme.)

Das Bekenntnis von "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, bei der Europawahl zweimal gewählt zu haben, zeigt die Probleme des Doppelpasses. Statt die Sache aus der Welt zu schaffen, will die Große Koalition die Mehrstaatlichkeit jetzt auch noch ausweiten.   Der arme Giovanni di Lorenzo. Eben noch Darling des Hamburger Medienbetriebs, Träger des Theodor-Wolff-Preises, des Bambi und der Goldenen Feder, bewundert und beneidet für seine sensiblen Interviews mit Menschen, die es auch nicht leicht im Leben haben. Und nun: ein Wahlfälscher, überführt vor einem Millionenpublikum. […]
So ist das mit dem Doppelpass. Was in den besseren Kreisen als Ausweis besonderer Weltläufigkeit gilt, hat im praktischen Vollzug leider seine Tücken. […]  Die Vorstellung, dass jede Stimme in einer Demokratie elementar ist, kommt einem schnell abhanden, wenn man Staatsangehörigkeit für eine Sache hält, die sich vervielfachen lässt.
Der Fall wäre kurios, wenn wir nicht gerade dabei wären, die Doppelstaatlichkeit auf die größte Migrantengruppe im Land auszuweiten. Es ist im Getöse über Mindestlohn und Mütterrente etwas aus dem Blick geraten, aber mit der Überarbeitung des Staatsangehörigkeitsrechts steht eines der größten Reformprojekte der Großen Koalition noch aus. Wer in Deutschland aufgewachsen ist, soll künftig auch als Nicht-EU-Bürger zwei Pässe besitzen dürfen. […]  Am Ende könnte der Doppelpass eine ganze Generation in einen Loyalitätskonflikt treiben, den man durch die Einrichtung desselben gerade vermeiden wollte. […]

Noch so eine angebräunte Flitzpiepe, die ich durch mein Abo mitfinanziere…..
Wenigstens wurde Fleischhauer noch nicht öffentlich als „klug“ bezeichnet.