Dienstag, 13. Februar 2018

Holla, das brodelt ja ganz schön innerhalb der SPD.



Binnen einer Woche zeigt sich erneut wie erodiert das Vertrauen in die Parteispitze ist.
Vor sechs Tagen hatten Schulz, Nahles und die Stellvertreter so schön ausbaldovert, daß Schulz den Job als Partiechef gegen das Außenamt eintauscht und Gabriel abserviert wird.
Die fanatisch fromme Närrin Nahles war sich ihrer Sache so sicher, daß sie beruhigt nach Hause fuhr, beim Möhnenumzug in ihrem Heimatort Weiler in der Eifel zu feierte. Und sich zur Weiberfastnacht auch äußerlich zur Lächerlichkeit preisgab.


Wie so oft in ihren 23 Jahren in der Parteispitze unterlag sie aber einer katastrophalen parteipolitischen Fehleinschätzung.
Die Basis nahm nämlich gewaltig übel:

·        Daß das Amt als Parteichef offensichtlich als minderwertig und dem schönen Außenministerjob nachranging eingeordnet wurde.
·        Daß wieder in einem Hinterzimmerdeal entschieden wurde.
·        Daß der beliebteste deutsche Minister gefeuert werden sollte.
·        Daß Schulz das gerade erst erfolgte 82% Vertrauensvotum des Parteitages in die Tonne trat.
·        Daß Schulz sein ausdrückliches Versprechen (erneut) brach.

Binnen Stunden brach ein Shitstorm der Basis über die Abgeordneten herein. Schulz mußte die Notbremse ziehen, weil selbst er, der Mann mit der längsten Leitung, begriff wie es um das Groko-Votum stand.

Schulz weg? Na und, dachte sich die Parteispitze offensichtlich.
Wir kungeln eben weiter im Hinterzimmer.
Bevor sich jemand beschweren kann, übernimmt Nahles sofort kommissarisch den Job als Parteichefin, Gabriel lassen wir am ausgetreckten Arm verhungern und der doofen Basis sagen wir schon mal gar nichts über weitere Personalien. Wer Außenminister werden soll knobeln die Top-Apparatschicks hinter den Kulissen aus.

Angeblich haben wir einen extrem internetaffinen Generalsekretär, der mit dem Parteivolk kommunizieren soll, aber auch Klingbeil erweist sich als hoffnungslos überforderte Fehlbesetzung.
Auch ihm kam nicht in den Sinn, daß man so im Jahr 2018 nicht mehr mit der Basis umgehen kann.

In der Folge befindet sich die SPD in Umfragen im freien Fall.
Wir haben das alte Westerwelle-Ziel „Projekt 18“ locker unterschritten und befinden uns auf Augenhöhe mit der AfD.

Nach einem Vierteljahrhundert im Raumschiff Parteispitze hat Andrea Nahles offenbar völlig den Bezug zur Realität verloren. Die Bätschi-Kacke-auf-die-Fresse-Frau kann sich gar nicht vorstellen, daß es in der Partei Menschen gibt, die sie nicht an der Spitze sehen wollen, daß es unter den 470.000 Mitgliedern jemand wagen könnte gegen sie zu kandidieren.
Aber auch da unterliegt sie einem kapitalen Irrtum.

In Rekordzeit meldeten mehrere Landesverbände (Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) Nahles nicht unterstützen zu wollen.
Sofort fand sich eine Gegenkandidatin, mit der – wie zu erwarten – im Parteivorstand niemand gerechnet hatte.
Das Parteipräsidium entwickelt sich unter Schulz und Nahles zum Dresden der SPD, dem Tal der Ahnungslosen.

[….] In der SPD regt sich Widerstand gegen einen schnellen Wechsel an der Parteispitze - ohne Beteiligung der Basis. Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange hat in einem Brief ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz der Sozialdemokraten angekündigt. [….]
Die schleswig-holsteinischen Sozialdemokraten hatten vor dem Treffen den Verzicht auf die zuvor angekündigte Benennung von Nahles zur kommissarischen Parteichefin gefordert. Es gehe nicht gegen die Person Nahles, sondern es gehe darum, ein geordnetes Verfahren zu finden, damit nicht der Verdacht aufkomme, da werde etwas ausgeklüngelt, sagte der Bundestagsabgeordnete Sönke Rix aus Kiel. Er gehört dem Gremium an, das zwischen den Landesparteitagen über grundlegende Fragen von außen- und innenpolitischer Bedeutung entscheidet. [….]
Lange will mit ihrer Kandidatur aus der SPD "wieder eine stolze Partei der sozialen Gerechtigkeit" machen, wie sie in einem Brief an den Bundesvorstand schrieb. [….] Die geplante Kandidatur von Lange stößt beim ehemaligen schleswig-holsteinischen Innenminister Andreas Breitner auf Zustimmung. "Ich finde es total klasse, dass sie das macht und kann ihr nur viel Glück wünschen", sagt er dem Schleswig-Holstein Magazin. Die SPD brauche neue Gesichter auf Bundesebene. Auch Björn Uhde aus dem SPD-Kreisverband Segeberg freut sich über die Kandidatur. Sie sei eine Sozialdemokratin wie sie im Buche stehe. Uhde beschreibt Flensburgs Oberbürgermeisterin als warmherzig und bei Ungerechtigkeiten als sehr kämpferisch. [….] Jan Lindenau, designierter SPD-Oberbürgermeister in Lübeck, zollt Lange Respekt. Die Kandidatur sei genau das richtige Signal und zeige, dass es innerhalb der SPD auch Alternativen von der Basis gebe. Der Pinneberger SPD-Ortsvorsitzende Kai Vogel findet, dass die Bewerbung mutig sei und die Stimmung in der Partei wiedergebe. Karin Fedrowitz, Ortsvorsitzende in Norderstedt, ergänzt: Simone Lange könne Mitglieder und Bürger begeistern. Mit ihr an der Spitze könne die SPD Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz trennen. [….]

Was für ein kapitaler Fehlstart der Partei nach dem Schulz-Aus.
Ein erneuter Hinterzimmerdeal, den die Vorständler gestern noch ganz selbstverständlich planten, ist erst mal vom Tisch.
Scholz muss einspringen.



Das muss man sich einmal vorstellen:
Bei einem Wahlergebnis von gerade mal 20% holt sie Partei bei den Koalitionsverhandlungen sensationell 40% der Ministerposten und bestimmt zu 70% die künftige Regierungspolitik.

Familien und Ärmeren wird es deutlich besser gehen.

[….]  Von einer neuen großen Koalition profitieren finanziell Familien mit Kindern, besonders aber Rentner. Haushalte mit über 65-Jährigen können mit netto 622 Euro mehr im Jahr rechnen, dem höchsten Vorteil unter allen vier untersuchten Altersgruppen in Deutschland. Das geht aus Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) zum Koalitionsvertrag hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.
Das Forscherteam ermittelte, wie sich Pläne von CDU, CSU und SPD wie etwa der Abbau des Soli-Zuschlags, mehr Kindergeld, etwas geringere Sozialbeiträge und stabile Renten in den verschiedenen Altersgruppen auswirken würden. Danach profitieren Seniorenhaushalte vor allem von höheren Mütterrenten und der Sicherung des Rentenniveaus bei 48 Prozent des Durchschnittslohns. [….] Zweiter großer Gewinner der Koalitionspläne neben den Rentnern sind Familien mit Kindern. So profitieren die 26- bis 39-Jährigen unter allen Altersgruppen am stärksten von der geplanten Erhöhung des Kindergelds. Union und SPD kündigen außerdem an, die Kita-Gebühren zu reduzieren. Würden diese komplett abgeschafft, wie es die Koalition vage verspricht, würden Haushalte mit 26- bis 39-Jährigen sogar um 740 Euro im Jahr entlastet. In diesem Durchschnittswert sind Haushalte mit und ohne Kinder eingerechnet. [….]
(Cerstin Gammelin und Alexander Hagelüken, SZ, 12.02.2018)

Typisch SPD.
Inhaltlich gute Arbeit geleistet, aber mit einer so katastrophalen Kommunikation geschlagen, daß sie sich selbst zerlegt.
Dabei hat Angela Merkel eigentlich ein viel größeres Problem. Sie verlor bei der Bundestagswahl noch mehr, sie ist diejenige, die nach 18 Jahren als Parteivorsitzende die dringende Erneuerung blockiert. Sie ist diejenige, auf deren Kosten die neue rechte Partei AfD am meisten profitiert. Sie hat keinen Nachfolger aufgebaut und sie scheiterte blamabel bei der Bildung einer Jamaika-Koalition.
Eine zusammenstehende SPD mit frischer Führung könnte mit allen Fingern auf die CDU zeigen.
Aber die Sozis schaffen es mal wieder alle journalistischen Shitstorms ganz allein auf sich zu ziehen.

Pattex-Nahles hat immerhin eindeutig beweisen welche grandiose Fehlbesetzung sie als Chefin wäre.
Was soll man noch zu einem Parteivorstand halten, der sie einstimmig nominiert?