Freitag, 15. April 2022

Karfreitag 2022

Nach christlichem Verständnis wurde heute vor rund 2.000 Jahren ein jüdischer Straßenprediger von seinem Vater ermordet.

Nicht erschrecken; denn wie sich bald rausstellte, war das eine richtig gute Sache, da der blonde und blauäugige Orientale damit für die nächsten paar Myriaden Jahre die Sünden aller Menschen abbüßte und gleichzeitig ein sagenhaftes Geschäftsmodell startete. Ohne irgendeine Gegenleistung wurden die christlichen Kirchen in den nächsten Jahrhunderten zur reichsten Organisation aller Zeiten, obwohl sie bloß mit imaginärer Ware, dem Jenseitsglauben, handelten.

Wie sich zudem herausstellte, war Jesu Opfer eher eine Petitesse, da der Mann ohnehin unsterblich war und nachdem er sich einen Tag ausschlief; gleich wieder lebendig wurde, seinen körpereigenen Raketenantrieb zündete und wie Supermann in den Himmel schoß. So muss es ja gewesen sein, denn das Grab war leer. OK, die naheliegende Erklärung wäre zwar, daß seine Sektenanhänger die Leiche einfach rausgetragen und woanders bestatteten, aber wenn dem so wäre, müßte die Kirche Abschied von der Unsterblichkeit und Göttlichkeit ihres Kruzifixmannes nehmen und damit wäre der zentralste Glaubensinhalt dahin. Dann würde kaum noch so schön der Rubel rollen, also wird diese Theorie bis heute verworfen.

Judas und Pontius Pilatus haben uns also nicht nur ein langes Wochenende geschenkt, sondern waren die ersten echten Marketing-Genies im Auftrag der Christen.

Aber im Jahr 2022 gibt es für die Kirchen in Deutschland eine schlechte und zwei gute Nachrichten.

Aus bischöflicher Sicht ist es natürlich schlecht, nach rund 1.500 Jahren das erste mal in Deutschland wieder zu einer Minderheit geworden zu sein. Weniger als 50% der Menschen zwischen Flensburg und Bodensee sind Kirchenmitglieder.

Gut für die Kirchen ist aber, daß sie trotz Lügen-, Finanz- und Kindersex-Skandale immer noch über extrem überproportionalen politischen Einfluss, sagenhaften Reichtum und enorme Privilegien verfügen.

[….] Was würde die Regierung in Deutschland wohl sagen, wenn der Vorstand einer Moschee sich hinstellen und bekannt geben würde: Die Polizei möchte jemanden abschieben? Nix da! Ausreisepflichtige Menschen bringen wir einfach in einer Einliegerwohnung unserer Moschee in Duisburg-Marxloh unter, wir schirmen sie ab, machen die Tür zu, da darf keine Polizei hinein, ganz gleich, was die weltlichen Verwaltungsgerichte zu diesem Abschiebefall auch geurteilt haben mögen. Es interessiert uns nicht. Imam ist Boss.

Man darf vermuten, dass ein nicht ganz so hohes Verständnis aufkommen würde, wie es indes für die Praxis des Kirchenasyls herrscht. Diese Praxis sieht so aus, dass die Polizei in Deutschland es duldet, wenn die Kirchen Menschen vor einer Abschiebung beschützen. Die Polizei bleibt dann höflich draußen stehen. Der einstige Bundesinnenminister (und heutige Präsident des Evangelischen Kirchentags) Thomas de Maizière, CDU, ist vor einigen Jahren dafür geprügelt worden, dass er das Kirchenasyl aus diesem Grund mit der Scharia verglich, dem islamischen Recht. Man hat ihm vorgeworfen, er hetze. Dabei hatte er schon einen Punkt. Ganz gleich, wie man zu Abschiebungen steht und dazu, dass Kirchen hierzulande diese manchmal couragiert unterbinden: Damit stellen sie ihr kirchliches Recht in der Tat über staatliches.

Und was würde der Staat wohl dazu sagen, wenn orthodoxe Juden hierzulande ein Unternehmen kaufen und dann verkünden würden: Von nun an haben sich alle unsere neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, egal ob jüdisch oder nicht, auch in ihrem Privatleben an Grundzüge jüdischer Lebensführung zu halten! Kein Schweinefleisch und kein Autofahren am Schabbat, bitte. Sonst werden sie gefeuert. Ach ja: Betriebsräte gibt es bei uns künftig nicht mehr, gesetzliche Vorschriften hin oder her, wir wissen es besser. Und: Das Recht zum Streik, eine schöne Sache eigentlich, verankert sogar im Grundgesetz in Artikel 9, wird gestrichen. [….]

(Ronen Steinke, 12.04.2022)

Zu den aberwitzigen Privilegien gehört auch das der Mehrheit aufgezwungene Karfreitags-Tanzverbot.

(….) Jeden Karfreitag gibt es wieder Diskussionen um das kirchlich erzwungene Tanzverbot für alle Menschen in Deutschland – inklusive einer langen Liste mit 756 Filmen, die auf Befehl der Katholiban und Evangeliban nicht angesehen werden dürfen:

"Schnapsnase und Schlappohr" (1980)

"Das Leben des Brian" (1980)

"Louis der Spagettikoch" (1981)

"Käpt’n Blackbeard’s Spuk-Kaschemme" (1981)

"Didi Hallervorden – Alles im Eimer" (1981)

"Die Feuerzangenbowle" (1981)

"Piratensender Powerplay" (1981)

"Durchs wilde Kurdistan" (1983)

"Sunshine Reggae auf Ibiza" (1983)

"A Hard Day’s Night" (1984)

"Max und Moritz" (1985)

"Top Gun" (1986)

"Police Academy" (1988)

"Harold And Maude" (1988)

"Ghostbusters" (1990)

"Reservoir Dogs" (1992)

"Lotta zieht um" (1995)

"Meisterdetektiv Blomquist" (1995)

"Heidi in den Bergen" (2001)

[…..] Es ist aber auch eine grausame Geschichte: Ein fünfjähriges Waisenmädchen in einer gottverlassenen, zugigen Berghütte. Ohne Strom, ohne fließendes Wasser. Ein mürrischer alter Mann ohne richtigen Namen. Eine karrierewütige Großstadttante, die das Kind zwingt, der gehbehinderten Cousine als Gespielin zu Diensten zu sein. Nein, entschieden fünf Prüfer der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) im Oktober 2001. Ein unzumutbares Machwerk. Dieser Film sei geeignet, das "religiös sittliche Empfinden an stillen christlichen Feiertagen zu verletzen". Seither darf "Heidi in den Bergen" an Karfreitag nicht mehr in öffentlichen Filmvorführungen gezeigt werden. Der Cartoonklassiker von 1975 – eine Gefahr für das seelische Wohl der Nation und seiner schützenswerten Schäflein. [….]

(Hannoversche Allgemeine Zeitung, 19.04.19)

Es ist immer problematisch Strafgesetze aufgrund des religiös sittlichen Empfindens Einzelner zu erlassen, denn wie soll man ermessen was das eigentlich ist?  Immerhin gibt es offensichtlich auch genügend Menschen in Deutschland, deren religiös sittliches Empfinden empfindlich durch Frauen ohne Kopftuch, Ehescheidung, Küsse zwischen Männern oder Miniröcke gestört wird.

Wenn wir auf jede Empfindlichkeit mit Verbotsgesetzen reagieren, bleibt nichts mehr erlaubt.

Wenn ich nur allein daran denke was alles MEIN empfindlich sittliches Empfinden beeinträchtigt:
Nackte Füße, Sandalen, Trachten, Volksmusik, Bärte, schwarzrotgold, Schlager, Countrymusic, Blaskapellen, Schützenvereine, Fußball, Fangesänge, Hupkonzerte, Kirchenglocken, Motorradlärm, Hundegebell, Kindergeschrei, RTL-Vorabendserien, Quizsendungen, Weihnachtslieder, Loveparade, Radfahrer, Smombis, Grillen, Fischgeruch, Donald Trump, Radiowerbung, die AfD, Horst Seehofer, Jens Spahn, beige Steppwesten, Man-buns, Hipster, kurze Hosen, Zigarettenrauch, Biergärten, Imbissbuden, Feuerwerk, Rollkofferlärm, Sex-Geräusche, junge Mütter im 80.000-Euro-SUV, Repp-Musik.  Und das war nur das, was mir in einer Minute einfällt.

Wenn ich diese Liste mit 82 Millionen (Bürger in Deutschland) multipliziere, bekomme ich eine offensichtlich nicht praktikable Masse von Verboten.

Das kirchliche Tanz- und Filmverbot insbesondere in einer atheistischen Stadt wie Hamburg ist anachronistischer Humbug und gehört sofort abgeschafft. (….)

(Self inflicted wounds Teil II, 19.04.2019)

Da die Kirchen unter tätiger Mithilfe ihrer intellektuell unterbelichteten Bischöfe zur Minderheit geworden sind, könnte eines Tages doch das Tanzverbot fallen.

Noch sind die Kirchenlobbyisten im Bundestag so mächtig, daß sie ihre Privilegien auf Kosten der Allgemeinheit verteidigen. Die Theologenausbildung oder auch die üppigen Bischofsgehälter von der mehrheitlich konfessionsfreien Bevölkerung bezahlen lassen. Aber wer weiß, wie es nach zwei, drei Bundestagswahlen aussieht?

Aber da kommt die zweite gute Nachricht für die Kirchen: Wir Säkulare, Ungläubige, Atheisten, Humanisten, Konfessionsfreie waren nie, sind nicht und werden niemals auch nur annähernd so brutal und intolerant mit einer Minderheit umgehen, wie es die Christen pflegten.

Wir sind viel netter und weniger rachsüchtig als die Gottgläubigen.

Die Kirchenanhänger müssen also nicht fürchten, rechtlos zu werden, Folter zu erleiden odersonstige Torturen zu erleiden, die Christen in den letzten 1.500 Jahren Nicht-Christen antaten.

Keine Sorge, Christen, Ihr werdet von uns niemals auch nur annähernd so menschenverachtend und sadistisch behandelt, wie Ihr umgekehrt uns behandelt habt.