Sonntag, 15. März 2015

Presse- und Parteiversagen.



Fünf Jahre ist es jetzt her, daß die Causa Canisius durch den deutschen Blätterwald rauschte und sich alle Welt auf einmal fragte wie das geschehen konnte.
Ähnlich war es beim TVE-Skandal, der Ende 2013 losbrach und auf einmal alle Welt angeblich das erste Mal davon hörte, daß Bischöfe diverse schwarze Kassen haben, in denen sie gewaltige Vermögen verschweigen.
Schon sehr eigenartig diese Religiösen. Sie staunen über geheime Aspekte ihrer Kirche, die ich als Atheist schon lange vorher als „Basiswissen Kirche“ bezeichnete.

[….] Und dabei bin ich ja nur jemand, der Zeitungen liest. Ich betrieb keine eigenen investigativen Recherchen, indem ich selbst nach Limburg gefahren wäre und Fragen gestellt hätte. Das heißt also; es wurden in der Reportage skandalöse finanzielle Machenschaften aufgedeckt, die längst öffentlich bekannt waren!
Das hätte/könnte/sollte jeder seit vielen Jahren wissen.
Offensichtlich sind aber die Kirchenmitglieder zu phlegmatisch, um sich dafür zu interessieren. Sie zahlen brav und stellen keine Fragen.

Genauso war es auch mit den Missbrauchsfällen, von denen Bischöfe wie Andreas Laun behaupten, das sei erstmals 2010 an die Öffentlichkeit geraten. Also habe man vorher gar nichts dagegen unternehmen können, weil man es gar nicht gewußt habe.
Völliger Blödsinn.
Darüber gab es schon seit 20 Jahren Berichte und zwar nicht nur in winzigen Provinzzeitungen, sondern auch in der Süddeutschen Zeitung oder der ARD-Sendung „Panorama“.
Die meisten Leute haben sich aber Mühe gegeben das zu ignorieren.
Das ist das Elend an der Kirche: Es gab IMMER einige Menschen, die aufklärten. Hier in Deutschland konnte man beim IBKA, der HU und so weiter seit Jahrzehnten alles erfahren, was jetzt als großer Skandal erscheint.
[….]

Das Ausmaß, in dem die Kirchenoberen ihre Schäfchen (zu Recht) und den Rest der Öffentlichkeit (zu Unrecht) für dumm verkaufen kann gar nicht unterschätzt werden.

Die Hauptverantwortlichen Topkleriker des deutschen Katholizismus sind Kardinal Müller als Inquisitionschef in Rom, Kardinal Marx als Chef der Bischofskonferenz und Bischof Ackermann als Missbrauchsbeauftragter der Bischöfe.
Alle drei sind als Lügner und Verhinderer aufgefallen. Sie haben dafür gesorgt, daß der Kriminologe Prof. Pfeifer seine Studie abbrechen mußte, weil sie ihm keinen Zugang zu den Akten gewährten; Kardinal Marx hält die Untersuchungsergebnisse seiner Diözese unter Verschluss und schützt damit insbesondere seinen Vorgänger Erzbischof Ratzinger, der einen verurteilten Sexualstraftäter aus Essen auf Kinder losließ und schließlich Ackermann, der bei der neuen Pseudoaufklärung dafür sorgte, daß die 60 katholischen Orden als Betreiber von Schulen und Internaten gar nicht erst umfasst.
Konsequent werden nur Täter-Vertreter mit der Aufklärung befasst. Die Opfer werden gar nicht erst angehört.

[…] Ein weiteres Problem sind Aktenvernichtungen. Im Erzbistum München und Freising sind Fälle sexuellen Missbrauchs systematisch vertuscht worden. Der damalige Erzbischof Reinhard Marx hat 2010 eine Gutachterin beauftragt, die Missbrauchsfälle seit 1945 zu untersuchen. Fazit: es habe "Aktenvernichtungen in erheblichem Umfang" gegeben.
Anders als viele Bischöfe ist Pater Mertes ein schonungsloser Aufklärer. Der Jesuit hat  die Vergangenheit seines Ordens aufarbeiten lassen und hatte als Leiter des Canisius-Kollegs die ersten  Fälle öffentlich gemacht: "Das Projekt muss ja für die Betroffenen selbst glaubwürdig sein, damit sie sich daran beteiligen, weil sie sonst das Gefühl haben, sie beteiligen sich hier ja nur an einer PR-Aktion der Kirche, damit die am Ende sagen kann, wir haben auch die Opfer gefragt."
Auch der ehemalige Canisius-Schüler Matthias Katsch ist mit der Aufarbeitung unzufrieden, denn die Missbrauchsopfer sind bei der Planung des Forschungsprojektes lange nicht einbezogen worden. "Sie haben seit 2010 alles dafür getan, dass eben keine Aufarbeitung zustande kommt. Wenn sie wirklich daran interessiert wären, dann hätten sie den Kontakt mit den Betroffenen suchen müssen."
Erst  nachdem die Bischöfe alles festgelegt hatten, wurde er für eine Mitarbeit im Beirat des Forschungskonsortiums angefragt. Für den ehemaligen Canisius-Schüler ist absolut unverständlich, dass die Orden nicht Teil der Aufarbeitung sind.
Die Dunkelziffer ist sicher höher. Denn nach ARD-Recherchen gibt es allein an über 60 Tatorten Hinweise auf Missbrauch durch Patres und Nonnen. Die Dunkelziffer ist sicher höher. Der Forschungsauftrag bezieht sich aber nur auf die Bistümer. Die Bischöfe haben die selbständigen Orden gar nicht erst gebeten teilzunehmen. So bleibt der Missbrauch an vielen Schulen und Internaten unaufgeklärt. […]


Seit vielen Jahren sieht die Politik tatenlos zu, wie die Myriaden Opfer von kirchlichem Missbrauch weiter gedemütigt werden.
Anders als in Irland oder den Niederlanden, wo Staat und Parlament die Ermittlungen an sich zogen, weil sie einer Organisation, die über Jahrzehnte, mutmaßlich eher über Jahrhunderte systematisch Zehntausende Kinder gequält, verprügelt, vergewaltigt, sogar kastriert und ermordet hat, nicht mehr vertrauten, schlafen in Deutschland die frommen Regierungsmitglieder gemütlich vor sich hin.
Sie machen sich zu Komplizen der Sadisten in Soutane, buckeln vor den Bischöfen und zeigen den Opfern die kalte Schulter.

Dabei sind die Taten an sich unbestritten und öffentlich bekannt.
Viele Zeitungsberichte und TV-Dokumentationen recherchierten in dem widerlichen Kirchensumpf.


Zu diesem Thema sehen Sie am Montag, 16. März um 23.30 Uhr im Ersten die Dokumentation "Das Schweigen der Männer - Die katholische Kirche und der Kindesmissbrauch".

Immer wieder wurde der Schmutz ausgegraben. Niemand kann behaupten, er wüßte nichts davon.


Das Nichthandeln der politischen Klasse ist ebenso unerträglich wie die Freundlichkeit der allermeisten Artikel über die katholische Kirche.

Ich wünsche mir einen Bischofsboykott aller Medien.
Keine Interviews, keine Artikel mehr zu den Würdenträgern der RKK.
Lasst Erzbischof Heße in Hamburg allein sein Amt übernehmen, ohne daß alle Hamburger Medien liebesdienerisch Fotostrecken veröffentlichen.
Lasst Kardinal Marx seine PK-Statements zu Homoehe und Sterbehilfe vor leeren Reihen verlesen.
Räumt keinem Bischof mehr Platz in Zeitungskolumnen ein.
Schreibt über keine Personalie in den Bistümern.
Ladet keinen einzigen Bischof mehr in Talkshows.
Führt keine Interviews mit Eminenzen und Exzellenzen.
Lasst die Kinderfeinde am ausgestreckten Arm verhungern.