Freitag, 13. September 2019

Menschen sind Tiere. Tiere sind keine Menschen.


Auffangstationen überall auf der Welt, die sich um die Rettung verwaister oder kranker Tiere kümmern kennen das Dilemma.
Die Emotionen gehen mit einem durch, wenn diese felligen Kindchenschema-Wesen hilfsbedürftig daliegen. Man will sie hegen, streicheln, sie liebkosen und sich kümmern.
In dem Fall würde man das Tier aber wie einen Menschen behandeln und damit raubt man ihm womöglich jede Überlebenschance in der freien Wildbahn.
Sie dürfen nicht ihre Instinkte verlieren oder fälschlicherweise Menschen für harmlos halten. Natürlich sind die verschiedenen Tierarten sehr unterschiedlich. So werden Geparden schnell sehr zutraulich, verhalten sich wie Schmusekatzen. Bei Leoparden oder Wildhunden funktioniert das überhaupt nicht. Die bleiben immer aggressiv (zu ihrem Glück!).
Außerdem gibt es innerhalb einer Tierart große individuelle Unterschiede.
Wird ein verwaistes Reh oder ein aus dem Nest gefallenes Krähenküken von einem Menschen liebevoll großgezogen, haut es möglicherweise sofort auf Nimmerwiedersehen ab, sobald es kräftig dazu ist.
Oder aber sie sind so auf den Menschen fixiert, daß sie immer bei ihm bleiben wollen.

Es ist auf jeden Fall falsch Tiere moralisch zu bewerten und es ist erst recht falsch als Bewertungsmaßstab die vermeidliche Menschlichkeit heran zu ziehen.
Viele Tiere können in Gefangenschaft menschliche Verhaltensweisen nachahmen, aber psycho-soziales Mimikry kann dem Vieh in seiner natürlichen Umgebung schwer schaden, auch wenn es den menschlichen Halter in Verzückung versetzt.

Die Übertragung menschlicher Moral auf ganze Tiergattungen ist nicht nur albern und absurd, sondern auch tödlich.
Es begann mit der Bibel, die Schlangen Niedertracht und Kriechertum andichtete.
Die diebische Elster, der verschlagene Fuchs, der Dreckspatz, der böse Wolf – all dieser Unsinn trägt dazu bei ganze Gattungen ausrotten.

Das beste Beispiel sind Haie und Delfine, deren charakterliche Zuordnung lediglich anhand ihrer Mundwinkel erfolgt:
Haie mit ihren heruntergezogenen Mundwinkeln gucken aus menschlicher Perspektive grimmig, gelten daher als zutiefst bösartige Fressmaschinen und werden mit Akribie weltweit ausgerottet.
Delfine hingegen wirken auf Homo Demens so, als ob sie immer lächelten und daher als die Gut-Tiere schlechthin.
Dabei fressen Haie als Kaltblüter viel weniger als ihre säugenden und lächelnden Wasser-Kollegen.

[….] Menschen sind nun einmal nicht konsequent in ihrer Tierliebe. Sie lieben niedliche Tiere, die sie maximal vermenschlichen können.

Der Hund, der wie ein Familienmitglied behandelt wird und dessen vermeidlich menschliche Eigenschaften gelobt werden. „Wie ein richtiger Mensch!“ klatschen die öffentlichen Tierhalter Glööckler, Moshammer vor Entzücken, wenn ihre Daisy am Tisch sitzt. Unter welchen Bedingungen die Tiere geschlachtet werden, aus denen Daisys Hundefutter produziert wird, interessiert nicht.
Man möchte Robbenbabies schützen, weil sie so flauschig sind und niedliche Knopfaugen im Kindchenschema-Kopf haben. Deren Haut darf nicht zur Kleidung von Menschen verwendet werden.
Schweinen und  Kühen die Haut abzuziehen ist uns aber völlig egal, weil wir halt gerne die coolen Lederhandtaschen und Lederjacken tragen.
Voller Empörung werden bayerische Uralt-Bauern mit Strafandrohungen überzogen, wenn die sich erdreisten sollten, ihren Hofhund zu kochen.
Wenn derselbe Bauer aber mal eben 20.000 Puten oder 500 Schweine „keulen“ muss, weil irgendeine Pharmakonzern Mist gebaut hat, schert es niemand.
Wir boykottieren jahrelang erfolgreich Thunfisch, weil die bösen bösen Thunfischer als Beifang gelegentlich einen Delphin erwischen, der dann sterben muss. Unmoralisch, denn wir lieben doch Flipper.
Die Thunfische selbst haben aber keinen Wert?

Was sind Menschen nur für erbärmliche Schwachköpfe.
Tiere haben keine unterschiedliche Moral, weil sie in unseren subjektiven Augen „gut“ oder „schlecht“ sind.
Niedlichkeit ist kein ethisches Kriterium, um ein Leben weniger wertvoll zu machen.
Hunde sind nicht grundsätzlich schützenswerter als Schweine. [….]

Der ganze Irrsinn der menschlichen Perspektive wird bei selbsternannten Tierfreunden sichtbar, die ihre Tierliebe an ihrer Zuneigung zu ihrem Hund oder ihrer Katze messen, während sie selbst aber täglich billiges Fleisch fressen und damit direkt zu grauenvollem Tierleid beitragen.

Dabei ist Tierleid ebenfalls ein menschlicher Begriff. Nichts rechtfertigt es einem anderen Wesen Leid zuzufügen.
Aber darüber darf man nicht vergessen, daß Tiere außerhalb des menschlichen Einflusses schon gar nicht leidfrei leben.
Tiere verhalten sich zu ihrer Umwelt oft parasitär, fressen alles kahl, scheißen alles zu und stehen in einem tödlichen Gleichgewicht zu anderen Tieren.

Zum Glück gibt es hervorragende Tierdokumentationen, die mit modernster Kameratechnik enorm lehrreich über das Reich der Fauna berichten.
Wird aber eine erzählerische Perspektive eingenommen, beginnt sofort die menschliche Absurdität der Parteinahme.
Wird über eine tapfere, fleißige Löwin berichtet, die sich unter Entbehrungen und Qualen bemüht ihre dem Hungertod nahen süßen Löwenbabies am Leben zu enthalten, freut man sich von ganzem Herzen, wenn es ihr endlich gelingt ein Gnu zu reißen und ihre Familie damit zu retten.

Wird über eine wunderschöne, leichtfüßige Gazelle berichtet, die todesmutig den Gefahren trotzend nach Wasser und Gras sucht, um ihr zauberhaftes Kitz ernähren zu können, denkt man schon ganz anders darüber, wenn sie plötzlich von einer Löwin gerissen, erwürgt und zerrissen wird.

Wir gehören selbst zur Gattung der Tiere, sind aber bedauerlicherweise mit einem so degenerierten Hirn geschlagen, daß wir uns dem Gleichgewicht der Natur entziehen und alle anderen Arten dauerhaft ausrotten.

Mit unseren Insektiziden und der Monokultur sorgt die deutsche Landwirtschaft gerade dafür die gesamte Vogelwelt auszurotten. Und wenn die armen Piepser nicht durch Nahrungsmangel oder Flächenversiegelung ausgerottet werden, tut die menschliche Liebe zu den Katzen ihr Übriges. Hauskatzen töten in den USA bis zu vier Milliarden kleine Vögel jedes Jahr. In Deutschland killen die ohnehin gut gefütterten Biester 200 Millionen Vögel.

Es ist absurd zwischen verschiedenen Tierarten Partei zu ergreifen, aber da die Katzen im Gegensatz zu Vögeln von den Menschen eingeführt wurden, liegt meine Sympathie bei den Piepsis.

Wenn Menschen gut sein wollen und ihre Tiere mit sich führen, wird es oft besonders übel. Von Menschen nach Haiwaii gebrachte Wildschweine rotteten sämtliche bodenbrütenden Vögel aus.
Auf vielen Inseln sorgen von Menschen mitgebrachte Ratten, Hunde oder Katzen  für Tiergenozide, weil die nicht endemischen Arten einen evolutionären Vorteil mitbringen, dem gegenüber die Inselarten sich nicht anpassen konnten.
Australien, das auch so eine Art Insel ist, weiß sich nur noch mit Massenmord an den eingeschleppten Viechern zu helfen – anderenfalls würde Dingos, Esel, Kamele und eben Katzen den Rest der australischen Fauna töten. Die australischen Katzen sollen sterben. Noch nicht mal Tierschützer wehren sich gegen die Pläne der australischen Regierung die zwei bis sechs Millionen verwilderten Katzen des Kontinents zu killen, die ihrerseits jeden Tag eine Million Piepsis und zwei Millionen kleine Reptilien abmurxen.

[….] Süße Samtpfoten oder gefährliche Vierbeiner - unter australischen Artenschützern fällt das Urteil über Katzen derzeit ziemlich eindeutig aus. Von den zahlreichen Tieren wie Schweinen, Pferden, Hasen oder Füchsen, die europäische Siedler auf ihren Schiffen im 18. Jahrhundert nach Australien mitbrachten, waren es ausgerechnet Katzen, die den heimischen Arten den größten Schaden zufügten.
Sie trugen nach Angaben des Umweltministeriums dazu bei, dass 27 Säugetierarten bereits ausgestorben und weitere 124 Spezies mittlerweile bedroht sind. Nach Ankunft der ersten Siedler im Jahr 1788 gingen dem Kontinent 34 endemische Arten für immer verloren. Das sei die höchste Rate weltweit, sagt die Wildtier-Ökologin Sarah Legge von der Australian National University in der Hauptstadt Canberra. [….] Im Jahr 2015 zog die australische Regierung angesichts der dramatischen Ausmaße des Übels schließlich Konsequenzen. Man erklärte wilde Katzen zu einer Plage und stellte einen drastischen Plan auf. Bis 2020 sollen zwei Millionen wild lebender Katzen getötet werden. So sollen mehr als 100 bereits gefährlich dezimierte und nur in Australien vorkommende Tierarten vor dem Aussterben gerettet werden, darunter Vögel, Frösche, Grashüpfer, Schildkröten, Käfer und Krustentiere. Seither rücken den ungeliebten Vierbeinern in den Nationalparks Wildhüter mit Giftködern und Fallen zu Leibe, während Jäger oder Farmer auf ihrem eigenen Land zu Gewehren greifen.
"Wilde Katzen sind die Gefahr Nummer eins - und sie sind überall", sagt Andrew Cox, Mitglied der staatlich geleiteten Arbeitsgruppe National Feral Cats Taskforce, die die Maßnahmen gegen die wilden Katzen leitet. "Wenn man die Katzen nicht kontrolliert, wird man alle kleinen und mittelgroßen australischen Säugetiere verlieren." [….] Die Ökologin Legge schätzt die Zahl der von Haus- und wild lebenden Katzen getöteten Reptilien, Vögel und Säuger auf jährlich zwei Milliarden. [….]

Weg mit den Miezen.