Sonntag, 16. März 2014

Verspekuliert.


Wenn Crazy Horst wahltaktet, sind die Kosten und Mühen egal.
Innerhalb von sechs Monaten gab es in Bayern nun drei große Urnengänge. Erst Landtagswahl, dann Bundestagswahl, heute Kommunalwahlen und im Mai kommt Nr. Vier: Die Europawahlen.

Jeder Wahlgang kostet viele Millionen Euro und natürlich läßt das dauernde Wählen die Wahlbeteiligung absinken.

Das, soviel kann ich vorweg nehmen, ist definitiv auch bei der heutigen Kommunalwahl der Fall.

Das Interesse an der Kommunalwahl war eher verhalten. Viele Wahlleiter, vor allem in den großen Städten, meldeten eine insgesamt geringere Wahlbeteiligung als 2008. Und das, obwohl ein Briefwahlrekord zu verzeichnen war. In Augsburg war sogar von einer desaströsen Beteiligung in einzelnen Stadtteilen die Rede. In einigen sozial schwachen Wahlbezirken seien bis zum Nachmittag nur elf Prozent der Wähler zur Stimmabgabe gegangen.

Zumindest die Bundes- und Landtagswahlen hätte der CSU-Chef problemlos wie Bouffier gleichzeitig abhalten können.

Seehofer hatte am 22.09.13 bei der Bundestagswahl 49,3% der Zweitstimmen in Bayern geholt, nachdem es in der Woche zuvor bei den Landtagswahlen nur 47,7% für die CSU waren.

Bouffier bekam in Hessen 39,2% bei der Bundestagswahl und 38,3% bei der Landtagswahl.

Der Bayern-MP hatte sich also ganz klar verkalkuliert. Für ihn war die Landtagswahl wesentlich wichtiger und er wollte sich nicht von der Bundes-CDU mit runterziehen lassen. Es sollte ein Signal der Stärke werden, daß er persönlich in Bayern mehr holen kann, als wenn es um Merkel im Bund geht.
Es kam genau umgekehrt und dürfte eine schwere Schmach für Crazy Horst gewesen sein, daß die evangelische geschiedene ostdeutsche Frau in Bayern mehr zieht, als er selbst.
Die Quittung kam bei den Koalitionsverhandlungen, indem Seehofers CSU das Kern-ressort „Innen“ gegen das weit weniger bedeutende Landwirtschaftsressort tauschen mußte.

Und heute also die Kommunalwahlen, bei denen der meinungsmäandernde Ministerpräsident sich an der SPD für Hans Peter Friedrichs Kopf rächen wollte.

Aber auch das ist Seehofer NICHT gelungen.

Den sicheren erzkonservativen Landratsposten in Miesbach ist die CSU definitiv losgeworden.

Ein Schritt zu schnell, ein kurzer Stolperer auf der Treppe, fast wäre Norbert Kerkel auf dem Weg nach oben gestürzt. Doch er fängt sich, und das Malheur auf den Stufen sollte der einzige Wackler des Kandidaten der Freien Wähler im Kreis Miesbach sein. Mit fast 38 Prozent zog der IT-Unternehmer deutlich als bester in die Stichwahl um den Landratsposten ein. Ihm folgt der Grüne Wolfgang Rzehak.
Er lag mit 20,88Prozent an zweiter Stelle, im erzkonservativen Oberland eine Sensation. Der bisherige Landrat Jakob Kreidl (CSU) wurde mit nur 16 Prozent der Stimmen nach mehreren Affären abgewählt.

Nach dem Abgang Udes steht erstmals die Bayerische Landeshauptstadt zur Disposition. Seehofer hatte sich massiv für eine schwarzgrüne Koalition unter dem für CSU-Verhältnisse liberalen Josef Schmidt geworben. Allerdings bekam Schmidt nur gut 35%, während Dieter Reiter von der SPD auf 42% kam. Eine Stichwahl in zwei Wochen wird entscheiden.
In Nürnberg gab es auch heftig was auf die CSU-Glocke.

Bereits am frühen Sonntagabend zeichnete sich ein klarer Erfolg für Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) ab. Der Prognose zufolge kam er auf 68 Prozent der Stimmen und ließ seinen CSU-Herausforderer Sebastian Brehm (24,5 Prozent) klar hinter sich.
Maly, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist, wird seit längerem für Höheres gehandelt: Der 53-Jährige gilt als möglicher Kandidat der SPD für die nächste Landtagswahl. Er wolle seinem Versprechen gerecht werden, in Nürnberg zu bleiben, sagte Maly am Sonntagabend im Bayerischen Rundfunk. Malys Herausforderer Brehm räumte ein, dass er nicht mit einer so deutlichen Niederlage gerechnet habe. "Wir haben es nicht geschafft, unsere Wähler an die Urne zu bringen", sagte Brehm.

Tja, Seehofer, der durchmarschieren wollte, um die SPD in Berlin noch mehr piesacken zu können, biss sich in einigen bayerischen Städten die Zähne an den Sozis aus.

Bei den OB-Wahlen in den kreisfreien Städten stellt die CSU insgesamt acht der klaren Sieger, die SPD fünf. In Erlangen, Regensburg und Würzburg wird es eine Stichwahl geben. Besonders bitter ist das für Joachim Wolbergs, SPD-Kandidat in Regensburg. Ihm fehlten 21 Stimmen für den Wahlsieg.

Nur die Hälfte der Städte gegen die BAYERISCHE SPD gewonnen zu haben, kann man getrost als Katastrophe in den Augen des CSU-Chefs ansehen.

Die Koalition mit dem Bürger hatte der Ministerpräsident monatelang ausgerufen. Nun verweigern sich die Bürger diesem Bündnis genau dort, wo es sie unmittelbar beträfe - in den Kommunen eben. In den beiden größten Städten, München und Nürnberg, ist der CSU-Angriff auf die SPD-Regierungen gescheitert.
Auch in anderen Städten bleibt die CSU im ersten Wahlgang nur zweiter Sieger. Das ist bitter für Seehofer, den Parteimodernisierer, der seine CSU jünger, weiblicher, liberaler machen wollte. Es ist aber auch die Quittung dafür, dass Seehofer im Zweifel stets bereit war, seine eigenen Zielvorgaben zu unterlaufen.