Freitag, 27. November 2015

Basics

Hurra, wir Sozis verblöden.
In der Flüchtlingsfrage melden sich die kämpferischen linken Jusos zu Wort.
Wird jetzt endlich den Kanzlerinnenfans Oppermann und Gabriel eingeheizt, weil die sich mit Pegida-Tunnelblick eingenässt hatten?
Geht es nun los mit der klaren parteipolitischen Positionierung wider die xenophobe Hetze aus den C-Parteien?

Angela Merkel hat für ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik Lob von ungewohnter Stelle erhalten: "In dieser Frage muss man echt sagen, dass sie zum allerersten Mal in ihrer zehnjährigen Kanzlerschaft so etwas wie Rückgrat zeigt", sagte die Chefin des SPD-Nachwuchsverband Jusos, Johanna Uekermann.  

Nun sind also nicht nur die Grünen der CDU-Chefin verfallen, sondern auch noch die JUSOs.
Uekermann liebt die Uckermärkerin.

Der 28-jährigen Bayerin Johanna Uekermann fehlt ganz offensichtlich noch die Fähigkeit die Realität richtig wahrzunehmen.
Merkel macht keine an Nächstenliebe orientierte Flüchtlingspolitik; sie ist lediglich so realistisch zu wissen, daß man Menschen nicht durch Grenzschließungen aufhalten kann.
Grundsätzlich macht Merkel aber jede antihumanistische Schweinerei mit. Pochte auf Frontex und Dublin-Verfahren, forciert Waffenexporte in die Nahöstlichen Krisengebiete und setzte in Deutschland ganze Kataloge von Schikanen gegen Bürgerkriegsvertriebene durch.
Johanna Uekermann, setzen, sechs!

"Ich höre wohl schlecht: Jusos loben die Kanzlerin?", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi in Berlin. Sie lobten damit die Frau, die die Transitzonen von CSU-Chef Horst Seehofer unterstützt habe, die den Familiennachzug für Syrer nicht wolle und die schwangeren, minderjährigen und behinderten Flüchtlingen keine angemessene medizinische Versorgung geben wolle.

Nein, Merkel ist nicht zur Menschenfreundin oder Überzeugungstäterin mutiert.
Sie hat nach wie vor nur ein Interesse – und das ist ihre eigene Macht. Sie denkt rein parteitaktisch und käme nie auf die Idee längerfristige Strategien zu entwickeln.
Das ist allerdings auch gerade das Problem.
Würde sie strategisch denken, hätte sie seit Jahren wissen können, daß die mit deutschen Waffen angeheizten Bürgerkriege Flüchtlinge produzieren.
Selbst als Nachrichtendienste und BAMF im Frühjahr die Bundesregierung warnten, daß sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen würden, kehrten Merkel und de Maizière das sofort unter den Teppich und lehnten Stellenaufstockung beim BAMF ab. Nur nicht nervös machen lassen.
Was da auf uns zukommen mußte zeichnete sich seit Jahren ab. Der Syrienkrieg befindet sich im Jahr fünf.
Seit Jahren sehen wir achselzuckend zu wie immer wieder tausende Kriegsflüchtlinge auf dem Mittelmeer ertrinken.
Ein strategisch denkender Regierungschef hätte sich längst darauf vorbereitet, könnte auf ausgearbeitete Pläne in der Schublade zurückgreifen.
Jeder wußte, das Dublin-Verfahren ist untauglich und ungerecht. Seit zehn Jahren ist Merkel der mächtigste Player auf EU-Ebene und hätte alle Zeit gehabt Mechanismen zu schaffen, die das heutige Chaos verhindert würden.
Merkels Strategielosigkeit erstreckt sich aber nicht nur auf sträfliches Nichtstun; nein, mit Verve schaffte sie sich Feinde in der EU, so daß Deutschland heute auf keine Solidarität trifft.

"Jetzt kriegen wir die Quittung": EU-Parlamentschef Schulz gibt im SPIEGEL Wolfgang Schäuble eine Mitschuld an der harten Haltung mancher Mitgliedstaaten in der Flüchtlingskrise. Der Finanzminister sei seit der Eurokrise für viele eine "Reizfigur".

Das Versagen dieser Bundesregierung ist aber nicht nur in strategischer Hinsicht eklatant.
Nein, auch die ganz normale verwalterische Tätigkeit gelingt einfach nicht.

In erster Linie ist da natürlich Merkels Manager Thomas de Maizière zu nennen, der daran scheitert seinen Job zu erledigen.

Man denke nur an seine beharrliche Weigerung das ehemalige Innenministeriumsgebäude für Flüchtlinge freizugeben. Die lässt man lieber in Sturm und Kälte draußen stehen.

Ehemaliges Innenministerium mit 850 Räumen steht noch immer leer. Deshalb meine Frage:
Wie glaubt die Bundesregierung immer noch rechtfertigen zu können, dass die verlassenen, beheizbaren, mit Strom und Wasser versorgten 850 Räume des ehemaligen Bundesinnenministeriums in Berlin-Moabit seit April weiter leer stehen, obwohl sie bis Juli nächsten Jahres monatlich 570 000,- Euro Miete dafür zahlt, während wenige Duzend Meter entfernt zahlreiche Flüchtlinge im kalten Wind und Regen auf ihre Registrierung und Notunterkunft warten, der Regierende Bürger in Berlin sogar die Beschlagnahme von leerstehende Immobilien wegen fehlender Notunterkünfte für Flüchtlinge erwägt,
und wird die Bundesregierung nunmehr alle rechtlichen Möglichkeiten von Verhandlungen mit dem Vermieter bis zur Nutzungszweckänderung nutzen, um die Räume wenigstens als Notunterkunft für Flüchtlinge über den Winter 2015/2016 zur Verfügung stellen zu können?


Bundesinnenministerium will nicht. Gebäude mit 850 Räumen zu 570 000 Monatsmiete steht also weiter leer. Heute kommt die völlig unzulängliche Teilantwort auf meine Frage vom 16.11. Der Staatssekretär schreibt: "Der Mietvertrag sieht für das ehemalige Dienstgebäude des BMI ausschliesslich Büronutzungszwecke vor. Eine Zwischennutzung des Gebäudes ist aufgrund einer einseitigen Entscheidung des BMI daher nicht möglich." Das wussten wir schon. Aber meine Fragen nach Verhandlungen oder Beschlagnahmemöglichkeiten wird gar nicht beantwortet. Auch Schulen, Turnhallen, andere Hallen und Gewerbeimmobilien dienten anderen Nutzungszwecken, werden jetzt aber als Notunterkünfte für Flüchtlinge genutzt. Zu Recht. Es geht doch.
(Christian Ströbele 27.11.15)

Eine Ebene unter dem Berliner Bundesinnenminister debakuliert Sozialsenator Mario Czaja von der CDU auf so abenteuerliche Weise, daß man lieber einen Schimpansen an seine Stelle setzen sollte.

[….] Trotz vieler Versprechen bekommt das Landesamt für Gesundheit und Soziales die Registrierung von Asylsuchenden nicht in den Griff.
[….] Der Syrer ist, der Begriff wird vor dem Lageso ad absurdum geführt, das, was man hier einen Terminkunden nennt. Er hatte einen Termin, schon vor Wochen. Er war da, angenommen wurde er nicht, weil Hunderte vor ihm warteten, und als es losging in aller Früh, wurde gerempelt und gedrängt, geschubst und geschoben.
"Es ist ein unfassbares Chaos, und es wird nicht besser", sagt Diana Henniges. "Die ganze Nacht warten Leute, um Geld oder einen Schein zu bekommen, den sie brauchen." [….] Was so ratlos macht, ist die Permanenz des Desasters. [….]
Heikel ist die herausgehobene Stellung der Sicherheitskräfte. Über das Sicherheitspersonal an den Schlangen klagen Helfer und Flüchtlinge. Manche würden ihre Macht ausnutzen, Geld für einen schnelleren Zugang nehmen, klagen Helfer. [….] Der 24-jährige Syrer, der die Nacht durch am Lageso gestanden hatte, kommt an diesem Nachmittag ein Stück voran. Er habe nur einen neuen Termin bekommen, berichtet er, auch sei ihm viel Glück gewünscht worden. [….]

Bei SPON mutmaßt man bereits so ein eklatantes Regierungs- und Verwaltungsversagen sei gar nicht möglich, wenn nicht die sadistische Absicht dahinter stünde Menschen in Not möglichst brutal zu schikanieren.

Das alles spielt sich in der Hauptstadt ab; der Stadt in der die Bundesregierung sitzt und die Regierungs- und CDU-Chefin wohnt.
Müßte es nicht möglich sein eine derartige Schande wie Mario Czaja von seinem Posten zu entfernen?

Noch unfassbarer sind aber Deutschlands Methoden das Flüchtlingselend in den direkten Nachbarländern Syriens zu verschlimmern, so daß immer mehr Menschen auf die grausamen Fluchtwege Richtung Deutschland gezwungen werden.
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk kann nämlich die Millionen Syrer in den Lagern im Nahen Osten nicht ernähren, weil dem UNHCR das Geld fehlt.
Der Grund: Deutschland zahlt seine Mitgliedsbeiträge nicht!
Dabei geht es um wenige Millionen.

Ich hätte nie gedacht, daß ich mal einem FDP-Grafen zustimmen würde, aber wenn er Recht hat…..

DUNJA HAYALI: Der UNHCR wartet seit Monaten auf die zugesagten Summen. Der Entwicklungshilfeminister Müller hat gestern gesagt, es sei beschämend, die internationale Gemeinschaft versage. Was können sie tun, damit das Geld denn jetzt endlich auch ankommt?

FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF: Also, wenn Herr Müller sagt, dass die internationale Gemeinschaft versagt, dann muss ich eines deutlich sagen – das sage ich jetzt mal auch als Oppositionspolitiker: Hier hat die Bundesregierung versagt. Die Bundesregierung hat ihre Überweisungen nicht getätigt, Österreich hat überhaupt kein Geld überwiesen. Das sind nationale Regierungen, die müssen dem UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk, ihr Geld überweisen, sonst kann die UNO die Flüchtlinge nicht füttern. Das ist ganz einfach. Und hier hat Gerd Müller, hier hat die CSU, hier hat das Bundesentwicklungsministerium drastisch versagt. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, das ist richtig. Aber es sind die Mitgliedstaaten, die die Überweisungen machen müssen.

Auf diese unfassbare Schande angesprochen erklärte Thomas Oppermann vorgestern im Morgenmagazin, ja, es stimme, Deutschland zahle nicht, aber das sei gar kein politisches Problem.
Man habe die Millionen beschlossen. Es sei nur ein verwaltungstechnisches Problem die Überweisungen zu tätigen.
Unfuckingfassbar.
Sollte das stimmen, erwarte ich aber, daß jeder Bundesminister so lange im Kabinett ausharrt bis diese Überweisungen raus sind.
Da sitzt man nicht in TV-Studios und hält ausweichende Reden.

Seit Monaten funkt der UN-Flüchtlingskommissar SOS; aber es hört ihn kaum einer - auch nicht in der deutschen Politik. Der Mann beklagt himmelschreiende Zustände in vielen Flüchtlingslagern in Libanon, in Jordanien, in der Türkei und im Irak. Der Flüchtlingskommissar muss die Nahrungsrationen kürzen, weil nicht genug Geld da ist. Seine Mittel reichen nicht einmal für die elementare Grundversorgung. Die Flüchtlinge in den Lagern der Region haben zu wenig zu essen, sie haben zu wenig zu trinken, die sanitären Verhältnisse sind desolat bis trostlos. Es ist zum Verzweifeln.
Die Klage und die Verzweiflung werden übertönt und übertüncht vom Lärm der heimischen Debatten über Flüchtlingshöchstgrenzen, einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge, über das Schließen von Grenzen und das Hochziehen von Zäunen. Diese Debatten auch in Deutschland sind laut, falsch und nutzlos. Was wirklich hülfe, wird nicht getan: die Flüchtlingslager in den Regionen nahe Syrien so auszustatten, dass Flüchtlinge dort leben können.
Vom Geld, das die Staaten der Weltgemeinschaft für die UN-Ernährungsprogramme zugesagt haben, ist nur ein Drittel eingegangen. [….] Das ist die knickrige Realität der Fluchtursachenbekämpfung, über die auf Konferenzen und in den Parlamenten wohlfeil geredet wird. Flüchtlinge, die noch genügend Fliehkraft haben, werden genötigt, weiterhin zu fliehen. Wer von denen, die hierzulande über "Flüchtlingsströme" klagen, würde anders handeln, wenn er mit seinen Kindern in einem dieser Lager säße?
Allein in Libanon, einem Land mit 4,5 Millionen Einwohnern, leben mehr als 400 000 syrische Flüchtlingskinder im Schulalter, 100 000 von ihnen haben in libanesischen Schulen Platz gefunden. Und die anderen? Je länger die Kinder nicht in die Schule gehen, desto mehr verdüstern sich ihre Zukunftschancen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kinder Gewalt ganz gut finden und dass sie lernen, mit Bomben statt mit Büchern ihr Selbstbewusstsein zu heben. Prävention gegen Terror - hier, in den Flüchtlingslagern der Region, ist der Ort dafür. Diese Prävention wäre weit billiger als später die Repression mit Tornado-Bombern. [….] Nicht nur der deutsche Staat, auch die Zivilgesellschaft, auch die Kirchen sollen, müssen sich engagieren: Die reiche Diözese München könnte die Patenschaft für die Versorgung im Lager X, die reiche Diözese Köln im Lager Y übernehmen. [….]
(Prof. Dr. Heribert Prantl, 27.11.15)