Jetzt erscheinen wieder die Artikel, die darauf hinweisen, daß Umfragen zur Bundestagswahl lediglich augenblickliche Stimmungen einfingen. Die Wahl sei aber noch lange nicht entschieden. Online gewonnene, möglicherweise nicht sehr repräsentative Daten, die nichts mit Wahlprognosen zu tun hätten.
Jede Partei, die von den Demoskopen böse Nachrichten bekommt, verbreitet mit größtmöglicher Ruhe, sich davon nicht nervös machen zu lassen.
„Wir wollen keine Umfragen gewinnen, sondern Wahlen“.
Man verweist, je nachdem, ob man gerade auf der demoskopischen Gewinner- oder Verliererseite steht, wie grandios die Institute sich irrten (zB Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2021), oder aber wir präzise die Zahlen tatsächlich waren (zB. Landtagswahl Baden-Württemberg 2021, Bund 2013).
„Umfragen sind keine Wahlergebnisse“ – diese Binsenweisheit ist natürlich absolut richtig.
„Ich interessiere mich nicht für Umfragen, sondern nur für Wahlergebnisse“ – diese Schutzbehauptung ist natürlich immer gelogen.
Umfragen sind die Drogen der Politiker. Man kann sich ihnen kaum entziehen; wer erliegt nicht dem Reiz, vermeidlich in die Zukunft sehen zu können?
Ich bekenne, ebenfalls ein Junkie zu sein und neue Umfragen stets aufmerksam zu verfolgen, ohne mir genügend bewußt zu machen, wie wenig aussagekräftig sie sind.
Unter prominenten Politikern findet man kaum einen, der zugibt, sich immer auf der Jagd nach dem nächsten demoskopischen Schuss zu befinden. All die Smombies, die rund um die Uhr auf ihre Klugtelefone starren, um ihre Likes in den Social Media zu checken, sollten nicht allzu überheblich auf Umfrage-verrückte Wahlkämpfer gucken.
[…..] Im Leben von Dietmar Bartsch ist fast immer Sonntag. Da draußen in der Realität kann es noch so sehr Montag, Mittwoch oder Freitag sein, ein Spitzenpolitiker wie Bartsch muss sich permanent mit der Frage herumschlagen, wie viel Prozent der Wahlberechtigten seine Linkspartei wählen würden, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre. Wahrscheinlich gibt es keine Frage, die den Deutschen häufiger gestellt wird als die nach diesem fiktiven Tag. Es existiert ja nur alle vier Jahre ein Sonntag, an dem tatsächlich eine Bundestagswahl stattfindet, das nächste Mal am 26. September. Aber Deutschland ist inzwischen auch ein Land, in dem im Rhythmus der aufgehenden Sonne simuliert wird, der 26. September sei schon angebrochen. Bartsch sagt: "In manchen Wochen kriege ich sieben Sonntagsfragen." Mittwochs ist traditionell Forsa-Tag. Donnerstags vermelden die Forschungsgruppe Wahlen und Infratest Dimap ihre Ergebnisse. Die Zahlen von Kantar erfährt Bartsch am Freitag. Das Institut Insa ist inzwischen zweimal die Woche mit einer frischen Sonntagsfrage auf dem Markt, sonntags und dienstags. Dazu kommen noch die tägliche Civey-Umfrage sowie die etwas seltener erscheinenden Erhebungen von Allensbach, GMS, Yougov und Ipsos. Dieses demoskopische Dauerrauschen empfinden viele Politiker als lästig. Aber wahrscheinlich würden die wenigsten so offen wie Dietmar Bartsch zugeben, dass es sich auch um eine Art Rauschgift handelt. "Wir Politiker sind fast alle Umfrage-Junkies", sagt er. "Man muss sich davon lösen, aber das ist unmöglich." [….]
Umfragen sind aber nicht nur eine Droge für Politiker, die wiedergewählt werden möchten und diejenigen, die sich für Wahlen interessieren.
Umfragen sind auch selbst Politik, denn Umfragetrends beeinflussen das Wahlverhalten. Wähler kreuzen nicht gern die Partei an, die wie der sichere Verlierer aussieht, die sich über Monate und Jahre im demoskopischen Keller befindet.
Deswegen ist es so wichtig und durchaus relevant für die SPD, daß nach vier Jahren der permanenten Sonntagsfragen-Demütigungen Bewegung in den Zahlenwust kommt.
Etwas, das seit den frühen Tagen von Martin Schulz undenkbar war, passiert gerade: Die SPD Liegt in einigen Befragungen auf Augenhöhe mit der CDU/CSU.
Bessere Umfragedaten beeinflussen auch, wie Politiker medial dargestellt werden. Journalisten stellen ihnen anderen Fragen, nehmen sie subtil ernster.
Auch wer bisher nicht daran dachte SPD zu wählen, weil ihm die Stimme verschenkt vorkäme, kann sich das nun doch wieder vorstellen, weil er damit auf der Gewinnerseite stehen könnte und dazu beiträgt, den Katholiban-Trottel Armin Laschet aus dem Kanzleramt fern zu halten.
Wer hätte das gedacht? Endlich macht die SPD etwas richtig, endlich folgt sie dem was ich seit zehn Jahren auf diesem Blog schreibe: Linke Gremienkönige, die wie Saskia Esken oder Kevin Kühnert nie regiert haben und sich vor allem für die eigene Partei und Gerd Schröder schämen, halten endlich die Klappe und sitzen schweigend im Hinterzimmer.
Die Arbeit des Wahlkampfes überlassen sie dem Profi Olaf Scholz, auf dessen Rücken die alte Tante SPD an Fahrt gewinnt, während die Union mit dem ans Bein gebundenen Bremsklotz Laschet kämpft.
Ideal ist das immer noch nicht. Besser wäre es natürlich, wenn die Parteizentrale professionell und engagiert Scholz unterstützte, statt grummelnd abzutauchen. Es ist nicht die begeisterungsfähige SPD aus den späten 1990ern, die Schröder auf über 40% trug. Aber durch den Hamburger Olaf-Turbo sieht es schon mal viel besser aus, als man seit 2017 jemals hoffen konnte.
Jetzt nur nicht die Nerven verlieren, Willy Brandt-Haus und weiterhin die Jusos im Zaum halten.
Bei den Schwarzen erleben wir die spiegelbildliche Situation. Sie starren natürlich ebenfalls auf die Umfragen und schaffen es erkennbar nicht mehr, ruhig zu bleiben und Zuversicht auszustrahlen.
Eine 20%-CDUCSU bedeutet nämlich nicht nur, daß Laschet vermutlich nicht Bundeskanzler wird, sondern auch, daß sehr viele schöne Pöstchen verloren gehen, daß viele C-Abgeordnete demnächst arbeitslos werden.
Der ultrakonservative Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß versucht sich bereits in heller Aufregung von seinem Kanzlerkandidaten abzusetzen und setzt auf sein dreist lügendes Idol Friedrich Merz.
[…..] „Ich halte es für wichtig, dass in unserem Wahlkampf noch weitere Köpfe sichtbar werden, die die ganze Breite der Union darstellen und Strahlkraft für bestimmte Themen haben“, sagte Christoph Ploß in einem Interview mit „Die Welt“. […..]
Ein heftiger Absturz droht der Union in Bayern.
Die Partei, die noch unter Stoiber eine Zweidrittelmehrheit im Landtag bekam, dümpelt nun nur noch bei einem Drittel. Der Sonnenkönig Markus Söder, CSU-Chef, Ministerpräsident, feuchter Traum aller JU-Jungs und Beinahe-Kanzlerkandidat, steht auf einmal intern unter heftiger Kritik, weil er die konservativen Themen derzeit nicht mehr herausposaunt.
[…..] Markus Söder hat zwar nach eigenem Bekunden keinen Bock auf Opposition, doch inzwischen sieht es so aus, als ob immer weniger Menschen Bock auf eine unionsgeführte Bundesregierung haben. Die neuen Umfrageergebnisse vom Wochenende sind aus der Sicht der CSU niederschmetternd: Nur noch 34,5 Prozent der Befragten würden in Bayern bei der Bundestagswahl die CSU wählen. [….]
Auch der fromme Armin selbst wird nervöser und produziert schneller denn je Panne auf Panne, redet immer unsinniger daher.
[…..] »Ich werde kämpfen, damit nicht die Ideologen dieses Land übernehmen«, rief Laschet zuvor in den Saal, sehr zur Freude der Anwesenden. […..]
Eine hanebüchene Warnung, denn Olaf Scholz ist ganz sicher eins nicht: Der klassische linke Ideologe, vor dem man so eine Angst haben muss!
Peinlichkeit reiht sich an Peinlichkeit.
Der CDU-Mann, der bequem die antisemitische Ideologie des Kandidaten Hans-Georg Maaßen aussitzt, instrumentalisiert nun das Holocaust-Mahnmal in Berlin für Werbezwecke.
In einem Werbevideo imitiert Laschet die RTL-Reporterin Susanna Ohlen, die sich für mehr Dramatik bei der Flut-Berichterstattung mit Matsch eingerieben hatte, indem er sich bei einem Besuch einer Zeche kräftig die Bäckchen mit Ruß beschmierte.
Und nun kommt auch noch Rezo und mischt die Erstwähler auf.