Wie sich Europa gegenüber den großen globalen Playern USA und China, sowie in militärischer Hinsicht auch Russland, behaupten soll, weiß ich nicht.
Natürlich, die addierte Bevölkerungszahl und die addierte Wirtschaftsleistung sollte uns zu einem wichtigen Faktor machen.
Wir sind viel weniger als die Chinesen, aber mehr als die USAner. (Russland 144 Millionen Einwohner)
Beim Bruttoinlandsprodukt liegt die EU mit 17 Billionen Dollar nur noch auf Platz drei hinter den USA (27,4 Billionen) und China (17,8 Billionen), aber wir sind immerhin noch eine relevante Größe. Im Gegensatz zu Russland mit zwei Billionen US-Dollar.
Flächenmäßig sind wir lütsch mit gerade mal 4.500.000 km². China (9.600.000 km²) und die USA (9.800.000 km²) sind mehr als doppelt so groß. Russland ist der Riese mit 17.100.000 km².
Die wahren Kraftverhältnisse kann man nicht anhand der genannten Kennzahlen beziffern, da die Softpower eine große Rolle spielt. Weltweit führt die USA dort mit enormen Abstand. Die Kinder in Ruanda oder Chile oder Tibet eifern US-amerikanischen Stars und Marken und Ideen nach. Da spielt China fast gar keine Rolle.
Relevant ist unbedingt die militärische Stärke, bei der die EU mit den anderen drei Großen nicht im Entferntesten mithalten kann.
Schließlich hemmt die EU ganz entscheidend ihr fragiles föderales Machtsystem.
Xi und Putin sind Diktatoren, die allein herrschen. Ihr Wort ist Gesetz. Die USA sind nur noch formal eine Demokratie. De facto regiert Trump bereits autokratisch. Laut Verfassung könnte er zwar sein Amt verlieren, aber dazu müssten Teile seiner Partei mitspielen und die Fanatiker hielten selbst nach dem Kapitolsturm und dem zweiten Impeachment eisern zu ihm.
Wenn man sich Trump, Putin und Xi als voll armierte Elitesoldaten vorstellt, steht von der Leyen daneben, wie ein mageres Kleinkind im Lendenschutz mit bloßen Fäusten.
Die EU wurde 2008, 2014, 2017, 2022 und 2025 eindringlich gewarnt und wußte, was zu tun ist, weil es ihre einzige Überlebenschance ist: Zusammenrücken, nationale Egoismen aufgeben, Kompetenzen nach Brüssel geben, Einstimmigkeitsprinzip abschaffen, außenpolitisch mit einer Stimme sprechen, massiv in eine gemeinsame Armee investieren.
Wir sind aber bisher an diesen Aufgaben nicht nur gescheitert, sondern sind erheblich weiter ins Hintertreffen geraten. Der Brexit, Orbán, Fico und die Rechtsextremisten im EU-Parlament sind allesamt Selbstkastrationen im Ringen mit China, Russland und den USA.
Wir, die EU-Bürger, die Wähler sind dabei eindeutig die Schuldigen, da wir uns mit unserer sagenhaften Bräsigkeit und Borniertheit selbst ins europäische Knie schießen. Niemand hat 51,89 % der britischen Wählenden gezwungen, beim EU-Mitgliedschaftsreferendum am 23. Juni 2016, für den Austritt und den daraus zwingenden ökonomischen Niedergang zu stimmen.
Aus eigener Kraft können wir uns nicht aufraffen, die EU fit für die Globalisierung zu machen. Dazu ist der Urnenpöbel einfach zu dämlich.
Unsere letzte Chance liegt im US-Urnenpöbel, der noch viel dämlicher ist und am 05.November 2024 Project25-Trump zum zweiten mal nicht nur ins Weiße Haus wählte, sondern ihm in beiden Parlamentskammern dazu jeweils eine absolute Mehrheit bescherte.
Die Dämlichkeit ihres orangen Messias übertrifft die EU-Dämlichkeit so deutlich, daß wir durch tumbe Passivität an relativer Stärke gewinnen. Mit dem irren Peter Navarro und seinem Zollwahn schwächt Trump die USA, wie es kein Konkurrent von außen könnte.
[….] Zugegeben, Liz Truss ließ kein Pappschild anfertigen, um ihre waghalsige Wirtschaftspolitik zu erklären. Sie erhob auch keine Zölle, sondern verkündete radikale Steuersenkungen auf Pump. Dennoch fühlen sich viele Briten beim Blick in die USA gerade an die verhängnisvollen Tage im Herbst 2022 erinnert, in denen sie die britische Wirtschaft zum Absturz brachte.
Kaum hatte Truss damals ihre Möbel in die Downing Street geschafft, zwang sie ihrem Land ein ähnliches riskantes Experiment auf, wie es nun der US-Präsident mit seiner radikalen Zollpolitik wagt. Der Versuch endete im Desaster. Die Märkte rebellierten. Truss entließ ihren Finanzminister und trat nach nur 45 Tagen im Amt schließlich selbst zurück. Die Boulevardzeitung »Daily Star« wettete auf dem Höhepunkt der Krise, dass Truss schneller zurücktrete, als ein Salatkopf welken würde. Der Spitzname »Lettuce Liz« war geboren.
Manche Beobachter in London fragen sich nun, welches Gemüse für Trump steht. Vielleicht ein Kürbis, witzelte Journalist Lewis Goodall in seinem Podcast. Die Parallelen zum Drama in Washington sind frappierend. Donald Trump erlebt seinen Liz-Truss-Moment. [….]
(Steffen Lüdke, SPON, 11.04.2025)
Die EU gewinnt automatisch in dem Maße das Vertrauen der internationalen Anleger, wie Trump die US-Börsen talibanisiert und die Geldgeber der USA (China, Japan, Belgien) ihre Bonds auf den Markt werfen. Trump ist so extrem verblödet, daß er trotz seiner fast autokratischen Macht, im ökonomisch mit Abstand stärksten Staat der Welt, nun an seine Grenzen gerät. Zhou Bo, Oberst a. D. der Volksbefreiungsarmee, ist Senior Fellow am Zentrum für Internationale Sicherheit und Strategie der Tsinghua-Universität in Peking, sieht es pragmatisch.
[….] Die USA befinden sich im Niedergang. Nach dem Zweiten Weltkrieg machten sie 50 Prozent der Weltwirtschaft aus, heute ist es nur noch ein Viertel. Dieser Rückgang verläuft langsam und ist vor allem relativ. Doch wer glaubt am stärksten an den eigenen Abstieg? Nicht China, sondern die Amerikaner selbst. Trump wurde gewählt, weil er Amerika als „in der Krise“ bezeichnete und versprach, die USA wieder großzumachen. Vor der Pandemie hieß es, China würde die USA bald überholen. Heute wird weniger darüber gesprochen, aber es ist immer noch nicht unmöglich, insbesondere wenn China sein Potenzial besser nutzt, beispielsweise in den Bereichen KI und Robotik. Aber ob China Nummer eins wird, ist zweitrangig. Der Abstand schrumpft, und genau deshalb sollten die USA umdenken.
Sind die Zölle eine strategische Chance für China?
Natürlich sind sie das. Wie Napoleon sagte: Wenn dein Feind einen Fehler macht, störe ihn nicht. Die USA sind nicht unser Feind. Aber wer diesen Wettbewerb als strategisch sieht, könnte so denken. Trumps Kurs bringt China näher an andere Staaten. Trotz bestehender Probleme verbindet diese neue Bedrohung auch China und die EU. [….]