Das
finde ich schon gut und richtig; die SPD setzt sich jetzt nachdrücklich in der
GroKo für die rechtliche Gleichstellung Schwuler und Lesben ein.
Ist ja
auch vollkommen absurd, daß Deutschland nicht nur in Europa weit
hinterherhinkt, daß stramm katholische Länder wie Malta, Brasilien,
Argentinien, Irland und Spanien seit Jahren voran gehen, daß sogar Trumps
Amerika Homorechte garantiert, von denen Merkel nichts wissen will.
Nicht
ganz so gut und richtig ist allerdings wann der SPD dieser Einsatz für
rechtliche Gleichstellung einfällt: Im Wahljahr, wenn nichts anderes mehr auf
der Agenda steht und die Koalitionsverhandlungen, in die so eine Forderung
hereingehört hätte, dreieinhalb Jahre zurückliegen.
SPD will die Ehe für
alle noch vor der Bundestagswahl
Die SPD will die Union
beim Koalitionsgipfel davon überzeugen, die Ehe für Schwule und Lesben zu
öffnen. Doch die hält die eingetragene Lebenspartnerschaft für genug. […..]
Es ist
wie mit meiner Doppelstaatsbürgerschaft – die SPD hält diese Themen offenbar
für minderwichtig; opfert sie auf dem Koalitionsaltar.
Wiedervorlage
im nächsten Wahlkampf.
Noch dringlicher
wäre ein sozialdemokratisches Eintreten für Schwule in der Außenpolitik.
In Ramsan
Kadyrows nordkaukasischem Reich wurden mehrere hundert mutmaßlich homosexuelle Männer verschleppt, gefoltert und ermordet.
[….]
Unter den Homosexuellen herrscht Panik.
Viele Nutzer sozialer Netzwerke löschen Beiträge, die Hinweise auf ihre
sexuelle Orientierung geben könnten, oder ziehen sich aus geheimen Gruppen zum
Austausch zurück. Nowaya Gaseta zitiert aus einer anonymen Nachricht im
Facebook-Klon Vkontakte, die mehrere Seiten weiterverbreitet haben: "Sie
haben nicht nur junge Leute getötet, sondern auch erwachsene Männer bis zu 50
Jahren. Unter ihnen sind auch berühmte Persönlichkeiten Tschetscheniens. [...]
Der Jüngste ist 16 Jahre alt. Er kommt aus unserem Dorf. In diesen Tagen haben
sie ihn völlig zusammengeschlagen hergebracht, er war nur ein Sack voller
Knochen. Sie haben ihn vor die Tür geworfen und gesagt, man möge ihn töten. Er
soll noch immer nicht ganz bei sich sein." […..]
Moskau fühlt
sich nicht zuständig. Schließlich ist Tschetschenien eine autonome Republik.
Und Kadyrows Regierung selbst reagiert zynisch, aber nicht mit der lustigen Art
des Zynismus:
[…..] Offizielle Stellen dementierten die Festnahmen. Sie seien auch gar nicht nötig, sagte Alwi Karimow der Nachrichtenagentur Interfax. Der Sprecher des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow sprach von "Lügen" und "Desinformation". Und fügte hinzu: "Man kann niemanden verhaften oder unterdrücken, den es in der Republik gar nicht gibt." Sollten solche Leute in Tschetschenien existieren, "müssten sich die Sicherheitsbehörden keine Sorgen um sie machen, denn ihre Verwandten würden sie schon an einen Ort geschickt haben, von dem sie nie wiederkehren könnten." […..]
Könnte Putin
da nicht etwas unternehmen; oder hat er keinen Einfluss auf Grosny?
Der
ehemalige SPON-Autor Stephan Orth bereiste letztes Jahr Tschetschenien und
beschreibt es in seinem grandiosen und empfehlenswerten Buch „Couchsurfing Rusland“.
Tschetschenien
ist nicht mehr der zerbombte Höllenpfuhl, den vermutlich viele Deutsche noch
vor ihrem geistigen Auge haben. Das Land wurde mit einer unfassbaren Geldflut
aus Moskau wieder aufgebaut. Bei Herrn Kadyrow sieht es aus wie geleckt, er
entfaltet Pracht und Luxus.
Das ist
der Preis für die Ruhe im Kaukasus.
Zugleich
ist es eine subtile Drohung aus Moskau: Wenn du nicht so willst wie wir, drehen
wir den Geldhahn auch wieder zu.
Autonome
Republik? Vielleicht ja, aber de facto besteht eine totale Abhängigkeit von
Russland.
Außenminister
Gabriel dürfte es schwer haben in dieser Gemengelage ein direktes Eingreifen
Putins zu Gunsten der Schwulen in Grosny zu erreichen.
Man muß
es klar sagen: Das Leben von „ein paar Tunten“ ist kein hochrangiges Kriterium
für die deutsche Außenpolitik. Anderenfalls könnten Kanzlerin, Außenminister,
Verteidigungsministerin und Wirtschaftsminister auch nicht fröhlich immer
wieder in Riad einschweben und mit dem dortigen Regime, welches Blogger
foltert, Frauen steinigt und Schwule köpft milliardenschwere Wirtschaftsdeals
einfädeln.
Deutsche
Rüstungsexporte haben allemal Vorrang vor Frauen, die nach einer Vergewaltigung
auch noch zu Tode gesteinigt werden und vor Männern, die getötet werden, weil
sie einen Mann lieben.
Wir
verhalten uns also extrem zynisch und amoralisch.
Dennoch
bleibt die Frage, ob es wirklich den Opfern der saudischen und
tschetschenischen Diktatur hülfe, wenn Berlin diese Länder boykottierte.
Würde im
21. Jahrhundert ein Boykott überhaupt treffen, wenn weniger skrupulöse Staaten
wie China als Handelspartner bereitstünden?
Eine
weitere, leider berechtigte Frage ist, ob man nicht viel mehr für die Opfer
dieser Regime erreicht, wenn man sich gut mit den Regierungen stellt.
Nach
dieser nicht von der Hand zu weisenden Theorie darf man König Salman nicht zu
sehr auf den Sack gehen, weil dieser dann bockig wird.
Besser
ist es, die Beziehungen zwischen Russen, Deutschen und Saudis so zu
intensivieren, daß die westliche Toleranz mit der Zeit von allein auf die
arabische und russische Gesellschaft abfärbt.
Dieser
Ansatz erfordert also gerade kein Zerschneiden der diplomatischen Kanäle, keine
öffentlichen Attacken.
Das
könnte aber nur dann funktionieren, wenn Berlin nicht gleichzeitig in
erbärmlicher Merkelei duckmäusert und wie in den Fällen
NSA/Selektorenliste/Snowden/Kanzlerinnenhandy/Erdoğan devot alles hinnimmt, was
andere Staaten sich herausnehmen.
Kanzlerin
und Außenminister müßten schon klar für ihre Europäischen Werte eintreten. Sie
müßten die freiheitlichen Prinzipien im eigenen Laden durchsetzen und sich
nicht von neodiktarorischen Regimen in Warschau und Budapest auf der Nase
tanzen lassen.
Selbstverständlich
gehörte auch dazu Schwulen aus kaukasischen Teilrepubliken und arabischen Monarchien
uneingeschränkt und unkompliziert sofortiges Asyl zu gewähren.
Für so
eine Politik müßte die Bundesregierung auch vor ihrer eigenen Tür kehren.
Es ist
indiskutabel weiterhin in Deutschland für die Beschränkung von Homorechten
einzutreten.
So kann
man jedenfalls kein leuchtendes Vorbild sein, wenn Riad und Grosny zur
Homo-Hatz blasen.
Shame on you, Wolfgang Schäuble.
[….]
Bei der Frage des Adoptionsrechts will
ich mir kein pauschales Urteil erlauben. Es geht also vor allem um den Begriff
"Ehe". Ich frage mich schon, ob dieser Begriff, der seit biblischen
Zeiten als Gemeinschaft zwischen Mann und Frau angelegt war, unbedingt auch auf
andere Formen der Partnerschaft angewandt werden soll. [….]
Shame on you, Volker Kauder.
[…..]
CDU blockt ab
Der Vorsitzende der
Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), hatte demgegenüber erklärt:
"Die Ehe besteht aus Mann und Frau. Davon geht auch das Grundgesetz aus."
Kurz vor dem Ende der Wahlperiode werde seine Partei das Thema nicht
aufgreifen. [….]
Die
Bundesregierung sollte vielmehr an der Seite der Demonstranten für die Tschetschenischen Opfer stehen.