Dienstag, 24. April 2018

Neben-Stream Anmerkungen zur SPD-Vorsitzenden.



Seit elf Jahren schreibe ich täglich diesen Blog und zu meinen Konstanten gehört es von Anfang Andrea Nahles von Anfang mit Herz und Seele verachtet zu haben.
Stopp; ich muss präziser sein: Sie als Person ist mir egal. Ich habe keine Meinung zu ihrer Familie, ihrer Herkunft, ihrer Frisur, ihrem Gemüt, ihrem Aussehen, ihren Hobbys, ihrem Charakter, ihrem Naturell.
Mir ist sogar egal welcher Religion sie privat nachgeht.

Aber ich halte sie für eine geradezu fatale Fehlbesetzung in der Parteispitze, für eine miserable Politikerin, unfähige Taktikerin, ungenügende Kommunikatorin und zudem für ein intellektuelles Leichtgewicht.

Ich muss nicht an dieser Stelle alle Vorwürfe wiederholen, die ich seit elf Jahren öffentlich über ihr ausschütte.

Nehmen wir nur mal als Beispiel ihre radikale Religiosität. Ja, sie soll natürlich so fühlen dürfen; für diese Freiheit trete ich ausdrücklich ein.
Aber wenn sie ihre persönliche beschränkte Weltsicht auf die Partei überträgt, treibt es viele Menschen von der SPD weg.

Als Humanist, der länger Parteimitglied ist als Andrea Nahles, sehe ich mich von dieser Religiotin, aus der Partei gedrängt.
Nahles,
die im Bundestag einen Pädophilenförderer bejubelte, dann in die Kamera jubelt Papst Benedikt habe mit seinen Anmerkungen zum „Naturrecht“ für die Umwelt Partei ergriffen und damit ihre grenzenlose Ungebildetheit zu erkennen gab (offensichtlich hat sie nicht den geringsten Schimmer was „Naturrecht“ im katholischen Zusammenhang bedeutet). als Generalsekretärin den säkularen Arbeitskreis in der SPD verbot (dafür aber Thilo Sarrazin in der Partei hielt) und schließlich auch noch im Bundestag für die Genitalverstümmelung an Kleinkindern und gegen das Recht auf einen selbstbestimmten Tod votierte.

Nahles zeigt nach wenigen Wochen Merkel-Groko III bereits, daß sie eben nicht in der Lage ist der Partei zu helfen.
 


Inzwischen gab es wieder so viele Vorlagen.
Die AfD-Fraktion im Bundestag beschäftigt rechtsradikale Terrorhelfer?
Nahles und das Willy Brandt Haus verschlafen es.
Die AfD-Fraktion im Bundestag hetzt gegen Behinderte, lässt Gedanken von „unwertem Leben“ anklingen?
Nahles und das Willy Brandt Haus lassen die dagegen protestierenden Sozialverbände im Stich.

So geht das jeden Tag. Nahles beweist immer wieder, daß sie ihren Ämtern nicht gewachsen ist.


Für mich ist Nahles der GAPU, der Größte Anzunehmende Partei-Unfall.

Mich wundert in diesem Fall aber insbesondere die einheitliche Bewertung, die Nahles in der Presse von links bis rechts erfährt.

Müßte es da nicht ein paar mehr abweichende Stimmen geben?

Beispiele:

1.)

66% bekam Nahles gestern, 27% Simone Lange.
Sofort deuteten alle Journalisten und Nahles selbst das Ergebnis als Wiederholung des Mitgliedervotums zur Groko. Da hätten ja schließlich auch ein Drittel gegen die erneute Große Koalition gestimmt und dieses Drittel wäre jetzt immer noch gegen die Befürworterin Nahles.

[….] Andrea Nahles ist mit 66,35 Prozent der Stimmen zur neuen Vorsitzenden und zur ersten Frau an der Spitze der SPD gewählt worden, die Flensburger Bürgermeisterin Simone Lange unterlag klar. Das ist zwar beispielsweise im Vergleich zu den 100 Prozent ihres Vorgängers Martin Schulz vor rund einem Jahr eher wenig. Damals gab es aber auch nur einen Kandidaten. Und zudem - darauf verweisen die SPD-Größen - spiegelt sich in dem Wahlergebnis auch relativ genau das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums zum erneuten Eintritt in die große Koalition wider. [……]

Das halte ich für höchstens halbzutreffend.
Der radikalste Groko-Gegner Kevin Kühnert stimmte für Andrea Nahles und gerade die unideologischen Realpolitik-Orientierten wie ich, die sich für die Groko engagierten, sind harte Nahles-Gegner, weil sie einfach keine intellektuelle Substanz bietet und mit ihrer „Bätschi-Kacke-Fresse“-Sprache seriöse Beobachter abschreckt.

2.)

Endlich eine Frau an der Parteispitze, das wäre ein Aufbruchssignal, weil nun die „gläserne Decke“ durchstoßen sei.
Fast 20 Jahre nachdem die deutschen Konservativen eine Frau an der Spitze haben und nachdem 13 Jahre eine Frau Regierungschefin ist, will sich Nahles ernsthaft dafür feiern Zeichen zu setzen als Frau?
Das gab es schon im letzten Jahrtausend bei anderen Parteien.
Als Heide Simonis 1993 endlich die erste Ministerpräsidentin Deutschlands wurde, war das ein Durchbruch.

3.)

Keiner kennt die Partei so gut wie Andrea Nahles – auch das lese ich in Varianten immer wieder.

[….] Nahles kennt die SPD gut. Hat die Partei Fieber, fängt auch die ehemalige Juso-Chefin an zu glühen. [….]

Das ist großer Unsinn. Ja, Nahles ist extrem gut vernetzt auf Funktionärsebene, aber ihre seit 25 Jahren sehr schlechten Wahlergebnisse zeigen eben auch, daß sie für vieles in der Partei gar kein Gespür hat.

In jüngster Zeit bewies sie das noch, als sie nach dem Ja zu Groko noch eben per order di mufti ansagte Martin Schulz würde neuer Außenminister und sich anschließend zum Feiern in die Eifel zurückzog.

Da wurde sie dann völlig überrascht von dem Partei-internen Shitstorm gegen Schulz und die Parteispitze ob dieser radikalen Wortbruchs.
Sie hatte eben keinerlei Gespür dafür was sie in der Situation der Partei noch zumuten konnte und was nicht.

(….) Binnen einer Woche zeigt sich erneut wie erodiert das Vertrauen in die Parteispitze ist.
Vor sechs Tagen hatten Schulz, Nahles und die Stellvertreter so schön ausbaldovert, daß Schulz den Job als Partiechef gegen das Außenamt eintauscht und Gabriel abserviert wird.
Die fanatisch fromme Närrin Nahles war sich ihrer Sache so sicher, daß sie beruhigt nach Hause fuhr, beim Möhnenumzug in ihrem Heimatort Weiler in der Eifel zu feierte. Und sich zur Weiberfastnacht auch äußerlich zur Lächerlichkeit preisgab

Wie so oft in ihren 23 Jahren in der Parteispitze unterlag sie aber einer katastrophalen parteipolitischen Fehleinschätzung.
Die Basis nahm nämlich gewaltig übel:

·        Daß das Amt als Parteichef offensichtlich als minderwertig und dem schönen Außenministerjob nachranging eingeordnet wurde.
·        Daß wieder in einem Hinterzimmerdeal entschieden wurde.
·        Daß der beliebteste deutsche Minister gefeuert werden sollte.
·        Daß Schulz das gerade erst erfolgte 82% Vertrauensvotum des Parteitages in die Tonne trat.
·        Daß Schulz sein ausdrückliches Versprechen (erneut) brach.

Binnen Stunden brach ein Shitstorm der Basis über die Abgeordneten herein. Schulz mußte die Notbremse ziehen, weil selbst er, der Mann mit der längsten Leitung, begriff wie es um das Groko-Votum stand. (….)

Anschließend glaubte Nahles sich in einem Hinterzimmerdeal per Akklamation zur kommissarischen SPD-Vorsitzenden bestimmen lassen zu können.
Auch das scheiterte, weil sie die Statuten offenbar gar nicht kannte und nicht wußte, daß den kommissarischen Vorsitz nur ein regulärer Stellvertreter übernehmen kann. Wieder schätzt Nahles die Partei völlig falsch ein.

(….) In Rekordzeit meldeten mehrere Landesverbände (Berlin, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) Nahles nicht unterstützen zu wollen.
Sofort fand sich eine Gegenkandidatin, mit der – wie zu erwarten – im Parteivorstand niemand gerechnet hatte.
Das Parteipräsidium entwickelt sich unter Schulz und Nahles zum Dresden der SPD, dem Tal der Ahnungslosen.

[….] In der SPD regt sich Widerstand gegen einen schnellen Wechsel an der Parteispitze - ohne Beteiligung der Basis. Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange hat in einem Brief ihre Kandidatur für den Bundesvorsitz der Sozialdemokraten angekündigt. [….]  [….]

Was für ein kapitaler Fehlstart der Partei nach dem Schulz-Aus.
Ein erneuter Hinterzimmerdeal, den die Vorständler gestern noch ganz selbstverständlich planten, ist erst mal vom Tisch.
Scholz muss einspringen. (….)

Gestern erneut der Beweis für die fehlende Parteikenntnis der Vorsitzenden.
Gegenkandidatin Lange müsse man gar nicht ernst nehmen. Die bekäme ohnehin kaum Stimmen, ließ Nahles ihre Vertrauten streuen. Schlechter als Gabriel mit 75% werde Nahles keineswegs abschneiden. Nach Simone Langes zugegeben schwacher Rede, waren sie noch gewisser.

[….] Zu diesem Zeitpunkt hoffen Nahles und die Parteispitze noch, dass ihr Kalkül aufgegangen ist, Lange werde sich mit jeder Minute ein Stück weit selbst entzaubern. Auch Franz Müntefering sieht das so. Ein kleiner Spaziergang mit dem Meister der kurzen Sätze und Analysen über den Flur neben dem großen Saal: „Das war Bundesliga gegen Landesliga. Das ist gar nicht böse gemeint“, sagt der langjährige Vorsitzende aus dem Sauerland über Langes Auftritt. Die tapfere Kommunalpolitikerin würde in Berlin nicht bestehen können. „Wenn du so auf der Lichtung stehst, wirst du abgeknallt.“ Er sei aber befangen, weil er ja für Andrea sei, betont „Münte“, der mit Nahles seinen Frieden gemacht hat.
So scheint Nahles leichtes Spiel zu haben. [….] Um 14.14 Uhr passiert es dann. Die 66 Prozent brechen über Nahles herein. [….]

4.)

Die frühere Linke und leidenschaftliche Pfälzerin sei so beliebt an der Basis.

[….] Deutschlands nächste Kanzlerin?
Sie ist beliebt an der Basis und gut vernetzt. Sie ist links, kann auch mit der Union. [….]

In meiner Filterblase, die aus eher Erwachsenen, besser Gebildeten und insbesondere aus vielen Atheisten besteht – und Atheisten sind die relative Mehrheit der Deutschen – ist Andrea Nahles neben Kerstin Griese die bestgehasste SPD-Politikerin überhaupt.
Die Parteiältern sind ohnehin von ihrem derben Mundwerk abgestoßen.
Ihre katastrophalen Wahlergebnisse als Generalsekretärin scheinen meine Sicht aber ein Stück weit zu bestätigen.
[…..] Nahles wurde auf Parteitagen bisher nicht mit herausragenden Wahlergebnissen verwöhnt: Bei ihren drei Kandidaturen als Generalsekretärin in den Jahren 2009 bis 2013 erzielte sie Ergebnisse zwischen rund 67 und 73 Prozent. [….]
(Reuters, 18.04.2018)

5.)

Nahles musste so sehr unter den Machos an der Parteispitze leiden. Müntefering, Schröder und Gabriel hätten ihr das Leben schwer gemacht.

[….] Ob sich mit dieser Personalie auch die lange versprochene Erneuerung verbindet, wird sich zeigen. Die Machos in der Partei haben jedenfalls Sendepause. [….]
(Mike Szymanski, SZ, 22.04.2018)

Was für ein Unsinn. Nahles ist selbst der größte Macho und kann sich auf die Fahne schreiben schon zwei Parteivorsitzende mit ihren brutalen Methoden aus dem Amt gemobbt zu haben.

 [….] Zu stark klebten an ihr alte Bilder. Wie sie Franz Müntefering in den Rücktritt trieb oder schon 1995 in Mannheim als Juso-Chefin herumhüpfte, nachdem auch mit ihrer Hilfe Rudolf Scharping von Oskar Lafontaine gestürzt wurde. Der revanchierte sich mit dem ultimativen Lob, Nahles sei ein „Gottesgeschenk“ für die SPD. [….]

6.)

Nahles könne nun die Partei in der Regierung erneuern.

[….]"Man kann eine Partei in der Regierung erneuern", sagt Nahles 22 Jahre nach Mannheim in Wiesbaden. "Diesen Beweis will ich ab morgen antreten." Aber die Ministerinnen und Minister müssten sich auch auf die SPD verlassen können. "Es gibt nur eine Partei." Später in der Fragerunde wird sie noch einmal auf diesen Punkt eingehen, der in der Partei so große Skepsis hervorruft, auch weil Nahles als Fraktionschefin Teil der Koalitionsführung ist, als SPD-Chefin aber Neues, anderes schaffen soll. Man könne die Regierung stützen und dennoch in der Partei einen Ideenvorrat anlegen, sagt sie. "Manchmal beißt sich das", ruft Nahles, "dann ist es eben so." Dann müsse man diskutieren und Kompromisse finden. "Aber ich bin nicht schizophren."
Die Aufgabenstellung, die Nahles da beschreibt, kennt die SPD seit der ersten großen Koalition unter Angela Merkel. […..]
(Niko Fried, SZ, 22.04.2018)

Ich kann nur staunen. Nachdem Nahles in verschiedenen Positionen, insbesondere in den vier Jahren als Generalsekretärin, gezeigt hatte, daß sie eins ganz sicher nicht kann, nämlich die SPD inhaltlich zu erneuern, soll ihr das nun nach 13 Jahren auf einmal gelingen?

Nahles, die Gerüchten zu Folge Maas ins Außenamt drängte, obwohl er lieber Justizminister bleiben wollte, weil sie unter allen Umständen verhindern wollte, daß mit Katarina Barley als Außenministerin eine SPD-Frau beliebter als sie selbst würde und ihr somit die Kanzlerkandidatur 2021 streitig machen könne?

Nahles, die aus dem unterirdischen Wahlergebnis von 2017 immer noch nicht gelernt hat, daß es der SPD an den Wahlurnen absolut gar nichts nützt, wenn man wie von 2013 bis 2017 geschehen still und akribisch den Koalitionsvertrag abarbeitet?

[…..] "Vertrag ist Vertrag. Wir wissen, was wir verhandelt haben. Und wir werden auf die Umsetzung dieses Kapitels Buchstabe für Buchstabe dringen", sagte Nahles. [….]

Nahles war nicht nur immer eine schlechte Politikerin, sie scheint sogar kontinuierlich noch schlechter zu werden.

Jeder SPD-Minister (OK, außer Heil vielleicht) wäre besser als SPD-Chef.
Insofern sehe ich schwarz, und zwar dunkelschwarz für die Zukunft der SPD.
Die gute Nachricht ist, daß es noch viele andere Leute in der SPD gibt.
Bessere. Viel Bessere.