In der DDR waren es mit Willi Stoph, Heinz Hoffmann, Heinz Keßler, Theodor Hoffmann (alle SED) und Rainer Eppelmann (DA) nur fünf Minister für Nationale Verteidigung der DDR.
Die BRD bringt es seit 1955 auf immerhin 20 Namen:
Heinrich Krone CDU, Theodor Blank CDU, Franz Josef Strauß CSU, Kai-Uwe von Hassel CDU, Gerhard Schröder CDU, Helmut Schmidt SPD, Georg Leber SPD, Hans Apel SPD, Manfred Wörner CDU, Rupert Scholz CDU, Gerhard Stoltenberg CDU, Volker Rühe CDU, Rudolf Scharping SPD, Peter Struck SPD, Franz Josef Jung CDU, Karl-Theodor zu Guttenberg CSU, Thomas de Maizière CDU, Ursula von der Leyen CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer CDU, Christine Lambrecht SPD.
Die Aufgabenstellungen lassen sich selbstverständlich überhaupt nicht vergleichen.
Stoph und Krone hatten aus den Trümmern der Nazi-Wehrmacht irgendetwas Defensives zu formen, das sich innerhalb des Warschauer Pakts, bzw der NATO einsetzen ließ. In den 1970ern ging es um die Rolle als zentraler Schauplatz eines Atomkrieges zwischen den jeweils großen Brüdern. 1990 waren es viel zu viel Soldaten und Kriegsgerät; nun hieß es Schrumpfen. Zehn Jahre später war zu viel geschrumpft und man sollte für internationale Spezialeinsätze zur Verfügung stehen. Von den 20 West-Namen stechen nur drei hervor, die den Job konnten: Schmidt, Leber und Struck. Eine verdammt miese Quote von 15%! Das sind immerhin 85% Totalausfälle.
Möglicherweise tue ich Rudolf Scharping etwas Unrecht, der diesen extrem unrühmlichen Abgang hatte, als er der liebestollen Gräfin verfiel und sich nicht mehr kümmerte. Die ersten zwei, drei Jahre seiner Amtszeit (27. Oktober 1998 bis 19. Juli 2002) hatte er sich immerhin bemüht und war wegen seiner unprätentiösen Art bei den Soldaten sehr beliebt.
Seine Rüstungsentscheidungen gegen die russischen Migs und Iljuschins, für die 100 mal so teuren Europäischen Eigenentwicklungen, die bis heute nicht funktionieren, waren selbstverständlich völlig falsch. Aber ich wage sehr zu bezweifeln, daß er frei war zu entscheiden. Da wird es extrem Druck aus Brüssel und Washington und der Rüstungsindustrie gegeben haben.
Erst 2005 unter Angela Merkel brach allerdings die Unsitte an, den Chefsessel auf der Hardthöhe aus reinen Proporzgedanken an politische Gestalten zu vergeben, die nicht nur völlig fachfremd waren, sondern auch gar kein Interesse an dem Job hatten. KTGs Ehrgeiz sollte gezügelt, von der Leyens Ambitionen auf die Kanzlerschaft eingedampft werden. Annegret Kramp-Karrenbauer, Merkels Nachfolgerin im Amt der Parteivorsitzenden und mutmaßliche Wunschnachfolgerin als Kanzlerin, hatte sich bewußt gegen einen Ministerposten entschieden, um nicht in die Kabinettsdisziplin eingebunden zu sein. Sie sollte sich außerhalb Merkels Machtbereich profilieren, um nicht weiter als „Merkels Kammerzofe“ (Naziblog PP) verspottet zu werden. Eigentlich eine gute Idee, die allerdings in der Praxis nicht funktionierte, da die extrem fromme ehemalige ZdK-Frau AKK zu charismafrei und zu doof war, um sich auch nur in ihrer eigenen Partei durchzusetzen. Sie schrumpfte sich selbst zur Witzfigur, der die Mini-CDUler in der ostdeutschen Provinz ungeniert auf der Nase tanzten. Merkel musste zu AKKs Rettung einschreiten und ihr irgendeinen Machtposten zuschieben. Da sich die große Versagerin und Lügnerin von der Leyen gerade endgültig blamiert aus der Bundespolitik nach Brüssel rettete, war ihr alter Job der einzige, der gerade frei war. Die Bundeswehr sollte AKK retten und nicht etwa umgekehrt, AKK die Bundeswehr. Wie ihre zweieinhalb Jahre, vom 17. Juli 2019 bis zum 8. Dezember 2021 als Bundesministerin der Verteidigung ausgingen, ist genauso bekannt wie es zu erwarten war: Als Vollkatastrophe. Bundeswehr in Lyse, Truppen demotiviert, alle Waffensysteme und Ausrüstungsgegenstände totaler Schrott, Beschaffungswesen nach wie vor hoffnungslos verkrustet und bürokratisiert.
Selbstredend gibt es keine funktionierende schweren Kriegsgeräte, kein Hightech. Aber nach den 16 CDU-Merkel-Jahren ist die Bundeswehr noch nicht mal mehr in der Lage simpelste fehlende Artikel wie Ferngläser, Stiefel oder gar ein Gewehr zu kaufen. Finanzminister Scholz hatte den Verteidigungsetat 2018 bis 2021 im Gegensatz zu seinen Unionsvorgängern, schon deutlich erhöht, aber von der Leyen und Kramp-Karrenbauer waren noch nicht mal fähig, die Mittel abzurufen. Sie schoben lediglich gewaltige Summen an CDU-affine Beraterfirmen, deren Mitarbeiter Tagessätze von mindestens 1.000,- Euro abrechneten, durch die Flure des Ministeriums spazierten und selbstverständlich nichts erreichten, außer leidenschaftlich von den Militärs gehasst zu werden.
Auch Christine Lambrecht ist nicht „vom Fach“, erfüllte aber die Quotenvorgaben „Frau, SPD, Minister-Erfahrung“ und kam so zum Zug. Ein Amt, das sicher eine Strafe, statt einer Belohnung für sie war.
Verglichen mit den Skandalen Spahns, Lindners, von der Leyens, Seehofers, de Maizières oder Scheuers, hat Lambrecht eine reine Weste. Falsche Schuhe in Mali, der Sohn im Helikopter, Weihnachtsvideo mit Tonproblemen – all das sind Petitessen. Ihr Unglück war aber, die marode Trümmertruppe ausgerechnet ein paar Wochen bevor wirklich ein großer Krieg in Europa ausbrach, zu übernehmen.
Nun waren hohe Kompetenz und schnelle, unkomplizierte Militärhilfe gefragt.
Aber „schnell“ und „unkompliziert“ sind die klassischen Antonyme der Bundeswehr. Genau das kann sie nicht. Um das zu leisten, bedürfte es einem politischen Jahrhunderttalent mit übermenschlichen organisatorischen Fähigkeiten. Das ist Lambrecht nicht und immerhin ist sie im Gegensatz zu den vielen unfähigen Unions-Amtsvorgängern zur Selbsterkenntnis fähig und gibt ihren Job ab.
Und nun?
Man möchte nicht in der Haut von Olaf Scholz stecken. Er braucht nicht nur einen kompetenten Minister, der möglichst keinen Penis und dafür ein SPD-Parteibuch hat, sondern Superwoman.
Naheliegend wäre Eva Högl, die immerhin vom Fach ist, aber noch nie Ministerin war.
Für die SPD wäre eine Rochade schöner:
Lambrecht wirft nun hin – die SPIEGEL-Titelgeschichte von gestern, gab ihr offenbar den Rest – aber die Schuld an der Misere der Bundeswehr tragen eindeutig ihre CDUCSU-Vorgänger Kramp-Karrenbauer, von der Leyen, de Maizière, Guttenberg und Jung.
Viel dringender als Lambrecht, müssten Wissing und Lindner aus dem Kabinett verschwinden. Lindner ist aber wegen seiner Stellung als Parteichef unkündbar. Daher schlage ich eine Rochade vor:
Wissing weg, Lambrecht weg, Özdemir weg.
Dafür: Strack-Zimmermann Verteidigung, Özdemir Verkehr und irgendein guter jüngerer Sozi, Hakverdi?, Landwirtschaft/Ernährung.
Ob das für die Bundeswehr gut wäre, wage ich zu bezweifeln.
Das ist Problem ist – 85% unfähige Fachminister zeigen es: Deutsche können das offenbar nicht. Das ist so wie mit dem Eurovision Song Contest, Mode, Digitalisierung, Mobiltelefonherstellung, oder Groß-Bauprojekten. Dafür ist das Deutsche Volk nicht talentiert. Da muss man sich Hilfe von anderen suchen.
[….] Deutschland kann alles, außer die eigene Verteidigung.
Mit ihrem Silvestervideo hat Christine Lambrecht dem Land doch noch einen Dienst erwiesen. Sie hat veranschaulicht, wie marode die Bundeswehr und wie verwahrlost die deutsche Verteidigungspolitik sind. Auf den ersten Blick sieht man eine Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt, die nicht unterscheiden kann zwischen gut gemeint und gut gemacht. Doch das Video lässt sich auch als Metapher betrachten für die Bundesrepublik in einer gefährlichen Welt: Es ist dunkel, windig, es knallt. Aber die Person im Vordergrund freut sich über "ganz viele besondere Eindrücke", als besuche sie eine Ausstellung. Deutschland als Zuschauer des Weltgeschehens. [….] Seit dem Kalten Krieg hat das Land seine Streitkräfte vernachlässigt - auch dann noch, als US-Präsident Barack Obama seine Verbündeten 2014 gewarnt hatte, die USA könnten die Verteidigung des Westens nicht alleine schaffen. In Berlin wurden nicht einmal strategische Gedanken entwickelt zu einer möglichen Gefahr aus Russland. Die deutsche Strategie bestand darin, Geschäfte mit Diktaturen oder Autokraten zu einer Art Friedensgarantie zu erklären und sich ansonsten auf die USA zu verlassen. Die Deutschen können folglich alles, außer die eigene Verteidigung. Warum ausgerechnet die Bundesrepublik nun immer wieder aufgefordert wird, eine militärische Führungsrolle zu übernehmen, ist insofern rätselhaft, als das Land dafür weder die materiellen noch die strategischen Grundlagen besitzt, von den personellen ganz zu schweigen. [….]
(Nicolas Richter, SZ, 15.01.2023)
Es wäre ein Zeichen von Stärke und Größe, wenn der Bundeskanzler die Erkenntnis formulierte:
„Sorry, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, es ist wie es ist, wir sind einfach zu doof dafür ein Verteidigungsministerium zu leiten. Wir haben es nun seit 1955 immerhin fast 70 Jahre lang versucht und fielen meistens auf die Nase. Wir könnten theoretisch weiter Parteipolitiker reihum ihr Glück versuchen lassen und vielleicht wäre auch irgendwann mal wieder einer dabei, der das Zeug von Peter Struck hat. Aber wegen der Ukraine und Putin pressiert es doch gerade so sehr, daß wir die Zeit nicht mehr haben. Daher muss ich das Amt jetzt mit einem Gastarbeiter aus den USA oder Israel besetzen.“