Laut der Militärexperten müssen Angriffsarmeen mindestens 3:1 überlegen sein, um die Verteidiger zu überrennen. Handelt es sich um einen Häuserkampf, erfordert es sogar eine 7:1-Überlegenheit.
Nicht nur Ausrüstung und Erfahrung sind maßgeblich, sondern auch Motivation und Skrupellosigkeit.
Bekanntlich konnte die USA die Kriege in Vietnam, dem Irak und Afghanistan trotz haushoher technischer Überlegenheit nicht gewinnen.
Es reicht also kaum, sich auf der Karte die Größenverhältnisse
anzusehen:
Russland: 140 Millionen Einwohner, 17.100.000 km² Fläche
versus Ukraine: 40 Millionen Einwohner, 603.700 km² Fläche.
(Zum Vergleich Deutschland: 84 Millionen Einwohner, 357.588 km² Fläche)
Nach einem Jahr Krieg ist nur sicher, daß Putin die Ukraine eben nicht handstreichartig überrollen konnte, sondern viel mehr Truppen braucht, als er zunächst einplante.
Im Moment scheint die gefürchtete russische Jubiläums-Offensive anzurollen; Putin wirft skrupellos schlecht ausgebildete und demotivierte Soldaten in die Schlacht. So viele, daß die Russen tatsächlich vorankommen. Aber eben nur minimal; um wenige hundert Meter am Tag und unter irrsinnigen Verlusten. Östlich der Frontlinie gelang es Putin, weitere rund 150.000 Soldaten zu sammeln, aber so schnell, wie derzeit gestorben wird, dürften auch die in wenigen Monaten alle tot sein.
Homo homini lupus.
Man muss wahrlich kein Wagenknecht-Schwarzer-Freund sein, um tiefste Verachtung für das Massensterben zu empfinden.
Gut: Die Ukraine verfügt mittlerweile über modernere Waffen, Solidarität der westlichen Welt und zu allem entschlossene Soldaten.
Schlecht: Das nützt alles nichts, wenn es keine Munition gibt.
[….] Die Ukrainer sind von der westlichen Unterstützung abhängig und die Hilfe kommt gerade zu langsam. Dabei geht es nicht um den nächsten Panzer, sondern um die Durchhaltefähigkeit an sich. Von allem etwas und davon mehr: Munition, Ersatzteile, Ausrüstung, Ausbildung. Die westlichen Staaten fahren zum Beispiel jetzt die Munitionsproduktion hoch, wenn es gut läuft, hilft das in sechs bis zwölf Monaten. Aber was machen wir bis dahin? (Claudia Major) [….]
Russland verfügt über viel größere Kapazitäten, selbst Munition herzustellen, kann bei Rohstoffen und Energie aus dem Vollen schöpfen. Die russische Wirtschaft wird aber durch die westlichen Sanktionen schwer getroffen.
Da aber die gigantischen asiatischen Nationen einspringen, wird Moskau keineswegs ökonomisch so in die Knie gehen, wie sich das mancher in Brüssel oder Washington wünscht.
[….] Russland schlägt sich trotz der Sanktionen nach dem Überfall auf die Ukraine besser als erwartet. Anders als bislang angenommen, erwartet der Internationale Währungsfonds in diesem Jahr ein Wachstum. Es dürfte sogar höher ausfallen als in einigen Ländern Europas. Die russische Wirtschaft schlägt sich besser als von Experten zunächst erwartet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöhte seine Wachstumserwartungen für 2023 und 2024 deutlich. Die russische Notenbank warnte, die Inflationsrisiken könnten weiter zunehmen. Nachdem die Wirtschaft im vergangenen Jahr noch um 2,2 Prozent geschrumpft war, prognostiziert der IWF nun Plus-Raten von 0,3 Prozent in diesem Jahr und 2,1 Prozent im nächsten Jahr. Die Schätzung für 2023 wurde um satte 2,6 Punkte nach oben gesetzt, für 2024 um 0,6 Punkte.
Russland dürfte sich damit dieses Jahr besser schlagen als etwa Deutschland oder Großbritannien. Für die größte Volkswirtschaft des Kontinents sagt der IWF für dieses ein Plus von lediglich 0,1 Prozent voraus. Die britische Wirtschaft wird der Prognose zufolge sogar deutlich um 0,6 Prozent nachgeben. [….]
Wladimir Putin wird nicht aufgrund politischer Bitten oder moralischer Einsicht von der Ukraine ablassen. Die mächtigen Oligarchen leiden nicht so, daß sie gegen ihn aufstünden. Eher bröckelt die westliche Entschlossenheit.
Die Sunak-Regierung schont Russland, weil in "Londongrad" - Hauptstadt der Oligarchen, seine wichtigsten Parteispender sitzen. Belgien sperrt sich gegen ein Importverbot von russischen Edelsteinen. Und dann sind da noch Ungarn, Italien und die Türkei, die echte Putin-Fans in der Regierungsspitze haben.
Die Ukraine profitiert dafür von der Unfähigkeit der russischen Armee, die überhaupt nur vorankommt, weil der Führung die eigenen Verluste völlig egal sind.
[….] Wenn man sich die Bilder und Videos anschaut von den Panzern in den Minenfeldern in Wuhledar, dann fällt auf, dass die russischen Soldaten alle nicht gut ausgebildet sind. Die Marineinfanterie, die dort eingesetzt wurde, ist dreimal neu aufgefüllt worden und dreimal von den Ukrainern vernichtend geschlagen worden. Das zeigt, dass die Qualität derjenigen, die jetzt an die Front gekarrt werden, für eine vernünftige, taktisch-operative Gefechtsführung nicht ausreicht. (Carlo Masala) [….]
Gut für die Ukraine: Die russischen Munitions- und Waffenvorräte taugen also weniger als die der Ukrainer, weil sie viel schneller verbraucht und verschwendet werden.
Schlecht für die Ukraine: Russland bekommt Shahed-Drohnen aus dem Iran. Außerdem bauen Teheran und Moskau inzwischen zusammen Raketen und Drohnen.
[….] In den vergangenen Monaten hat Russland militärische Drohnen aus dem Iran im Ukraine-Krieg benutzt. Eine neue Vereinbarung zwischen Russland und Iran ist offenbar nun final entschieden: Die Fertigung von Hunderten Drohnen nach iranischem Design auf russischem Boden. Beamte der Sicherheitsdienste der USA und weiteren westlichen Ländern sprechen laut einem Bericht der Washington Post von einem weiter wachsenden Bündnis von Russland und dem Iran. Demnach hat Russland allein seit August 400 im Iran produzierte Drohnen gegen die Ukraine eingesetzt. Dabei handelt es sich um Waffen, die vor allem zur Zerstörung von ziviler Infrastruktur verwendet werden. Angriffe kappen die Versorgung mit Strom und Wasser. [….]
Gut für die Ukraine: Die Waffen iranischer Bauart taugen offenbar nicht viel.
Ganz ganz schlecht für die Ukraine und den Westen:
Möglicherweise wirft sich China, unter anderem aus Verärgerung über die Taiwan-Politik des Westens, ganz auf die Seite Russlands und liefert moderne Waffen.
[….] Russland verhandelt offenbar mit China über die Lieferung von Kamikaze-Drohnen. Die USA und Deutschland haben China vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt. Nach SPIEGEL-Informationen sollen Peking und Moskau aber bereits über den Kauf von 100 Drohnen verhandeln, die bis April geliefert werden könnten. [….]
Wenn der ökonomische Gigant China Russland militärisch unter die Arme greift, könnte die Lage für die Ukraine hoffnungslos werden, weil China nicht sanktionierbar ist. Dann blieben nur noch zwei Optionen: Entweder Russland besiegt die Ukraine vollständig, oder Weltkrieg.