Samstag, 11. Juli 2020

Rock bottom?

Gäbe es auch ein noch so kleines, rudimentäres, winziges, latentes Restvertrauen in die Verfassungstreue des US-Präsidenten, müsste man sich heute sehr wundern.

Trump holte den Strippenzieher des Impeachmentsverfahrens, den Mann, der die Kontakte mit Russland zur Manipulation der amerikanischen Präsidentschaftswahlen von 2016 koordinierte und damit den innersten Kern der US-Verfassung sabotierte aus dem Knast.

  […..] Trump pfeift auf die Justiz
Mit dem Straferlass für seinen alten Kumpel zeigt der US-Präsident einmal mehr, dass für ihn das Gesetz nur gilt, wenn es ihm nutzt. Dass die Republikaner Trump das durchgehen lassen, ist der eigentliche Skandal dieser unwürdigen Präsidentschaft.
Roger Stone wird keinen Tag seiner Strafe im Gefängnis verbringen müssen. Er war wegen Meineides gegenüber dem Kongress, Justizbehinderung und Zeugenbeeinflussung zu 40 Monaten Haft verurteilt worden. Alles stand im Zusammenhang mit den Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre.
Am kommenden Dienstag hätte Stone seine Strafe antreten müssen. Aber Stone hat anders als andere Verbrecher einen mächtigen Verbündeten: seinen langjährigen Kumpel und Geschäftspartner, den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald J. Trump.
Es klingt wie eine dieser üblichen Geschichten aus einer mittelmäßigen Diktatur. Das Staatsoberhaupt erlässt einem verurteilten Kriminellen die Haftstrafe, einzig weil er ein Freund ist, ein über Jahrzehnte loyaler Vasall.
[…..] Trumps Entscheidung, Stone die Strafe zu erlassen, ist aber vor allem ein ausgestreckter Mittelfinger für den Supreme Court, das Oberste Gericht der USA. Dieses hatte diese Woche entschieden, dass der US-Präsident nicht über dem Gesetz steht. Dass die US-Verfassung dem Amt keine unbegrenzte Macht und Immunität vor dem Gesetz zubilligt. Aber Trump pfeift auf die Justiz. Seine mehrfach öffentlich bekundete Amtsauffassung ist es, dass er als Präsident machen könne, "was immer ich will". […..]

Müsste ein Thriller-Autor ein Blockbusterszenario ausdenken, in dem der Rechtsstaat und das Vertrauen in denselben möglichst effektiv zerstört wird, könnte er nichts Perfideres ausdenken als genau das was Barr, Trump und Stone bieten.


Allerdings wären es in einem Hollywood-Actionkracher sinistere Genies, die gezielte Schritte unternehmen, um zu Gunsten einer anderen Macht ihr Zerstörungswerk anrichteten.


Die Causa Trump ist noch grotesker, weil er in seiner unendlichen Borniertheit die US-Verfassung gar nicht kennt, noch weniger versteht und auch gar nicht dran denkt sich die elementarsten Prinzipien wie „freie Wahlen, „Gewaltenteilung“, „Pressefreiheit“, „unabhängige Justiz“ erklären zu lassen.


Ein US-Präsident, der aktiv die US-Verfassung zerstört und die selbsternannte „Law and Order“-Partei GOP unterstützt ihn offensichtlich bedingungslos, auch wenn man sich keinen „eklatanteren Fall von Amigowirtschaft“ denken kann:

[…..] Dass der US-Präsident seine Macht zur Begnadigung von verurteilten Straftätern ausgerechnet dazu einsetzt, um einen seiner ältesten Kumpels vor dem Gefängnis zu bewahren, erscheint wie ein groteskes Lehrbeispiel von Amtsmissbrauch und Korruption an höchster Stelle.
Die Reaktionen bei Trumps politischen Gegnern sind entsprechend: "Mit dieser Entscheidung macht Trump deutlich, dass es zwei Justizsysteme in den USA gibt, eins für seine kriminellen Freunde und eins für alle anderen Straftäter", sagte Adam Schiff, der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus.
Andere Demokraten legten den Verdacht nahe, Trump könnte Stone nur deshalb geholfen haben, um so sein Schweigen zu erkaufen. "Kein anderer Präsident hat seine Macht jemals für so persönliche und eigennützige Zwecke eingesetzt", urteilten die Abgeordneten Jerry Nadler und Carolyn Maloney. […..]