Dienstag, 21. April 2020

Die Enttäuschung des Jahres


Man kennt sie aus zahllosen Endzeitserien und jedem zweiten Trash-Katastrophenfilm: Prepper!


Wenn die wenigen Überlebenden auf der Flucht vor apokalyptischen Zombies, Aliens, Werwölfen, Vampiren, Robotern, Mutanten oder auch Tremors, diesen Feuer-furzenden Raketen-Maden schon die Hoffnung auf Rettung verloren haben, treffen sie plötzlich auf diese typischen Redneck-Waldschrate, die in einem Bunker voller Waffen und Vorräte sitzen.


Ein schöner Plot; die Typen, die jahrelang als bizarre Sonderlinge ausgelacht wurden, haben Oberwasser. All ihre Befürchtungen haben sich als berechtigt herausgestellt. Nun kommt ihre große Stunde, weil nur sie vorbereitet sind.


 Die echten Prepper sind allerdings anders als ihre Hollywood-Version oft keine harmlosen Spinner, sondern bewegen sich geistig in völkisch-rechtsextremen Reichsbürgerwelten, oder eben ihren US-amerikanischen antiliberalen Brutalo-Varianten.

[….] Allein die von Mordphantasien besessene Mecklenburg-Vorpommersche Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ plante Myriaden Menschen zu töten, erstelle eine Liste mit 25.000 Namen.

[….] Bei den Betroffenen handelt es sich um Politiker von der Linken, von den Grünen und der SPD sowie Aktivisten aus der Zivilgesellschaft. Viele haben sich für Flüchtlinge engagiert. Der Verdacht der Ermittler: Diese Datensammlung, die sie bei Razzien in einem gelben Ordner und einem Umschlag gefunden haben, sind eine Feindesliste. Angelegt von zwei Männern, die geplant haben sollen, politische Gegner umzubringen.
  [….] Die Ermittler zeigen Böhringer eine Skizze. Es ist der Grundriss seiner Wohnung. Der Staatsschutz hatte sie angefertigt, damals, nach den Morddrohungen. Jetzt ist sie in die Hände von zwei Männern geraten, die das BKA für rechtsextreme Terroristen hält.
[….] Am 21. Mai 2015 zieht Holger Arppe in seinem Chat mit anderen AfD-Mitgliedern über einen Mann von den Grünen her, der sich gegen Rechtsextremismus engagiert. „Brauchen wir seine Adresse?“, fragt einer. „Da muss ich heute Nacht mal gleich meinen Dienstrechner mit seinen Daten füttern.“ [….]

Das gehört alles zu dem finsteren dunkelbraunen Mordor-Netz, in das auch Krankenarme aus AfD und Pipi-Blog hineinreichen.
Diese Listen kennen die entsprechenden Behörden seit acht Jahren, unternahmen aber nie etwas Durchgreifendes.

[….] Rechtsextreme der Gruppe "Nordkreuz" wollten "im Konfliktfall" linke Persönlichkeiten liquidieren. Nun fordert Linken-Parteichefin Kipping, die potenziellen Opfer zu informieren.
Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping fordert eine Information jener Menschen, deren Namen auf einer Liste der Prepper-Gruppe "Nordkreuz" gefunden wurden. "Opferschutz geht vor", sagte Kipping dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Ich fordere, dass die 25 000 Personen, die auf den Todeslisten des rechten Terrornetzwerkes stehen, umgehend informiert werden." [….]


Während andere Endzeitgläubige wie zum Beispiel die Zeugen Jehovas immer noch auf die Apokalypse warten, die sie als einzige zu überleben glauben; haben US-Prepper durch das SARS-Cov2 die seltene Chance auf eine Generalprobe.
Nun können sie zeigen wie gut ihre Vorbereitungen, wie durchdacht ihre Pläne sind. Wie sie als bevorratete Selbstversorger über all die arglosen Normalbürger triumphieren.


Endlich können sie beweisen was für knallharte Typen sie sind, wie richtig und wichtig das Horten von Schusswaffen war, wie sie in Krisen überlegen sind.


Allerdings, sowas Blödes, haben selbst die klügsten und knorrigsten Kerle unter ihnen einen entscheidenden Faktor vergessen:
Die Friseure sind geschlossen!



Offenbar bricht aber die Prepper-Ideologie zusammen, wenn sie länger als zwei Wochen nicht mehr ihre Haare hübsch gemacht bekommen.
Und so kommen sie, angefeuert von ihrem heldenhaften Idol Donald Trump, der nicht nur der klügste Denker ist, sondern auch die beste Frisur trägt, aus ihren Löchern und Bunkern geströmt und verlangen Dauerwelle und Spitzen-Schneiden.
Preppern ja, aber nicht mit schlecht sitzenden Haaren.


[…..]  Wie so oft in Amerika geht es so wieder einmal um einen politischen Kulturkampf und manch einer vergleicht die Anti-Lockdown-Truppe schon mit der "Tea-Party"-Bewegung. Viele Protestler halten die andauernden Lockdown-Maßnahmen wegen der Coronakrise für eine typische staatliche Zwangsmaßnahme liberaler Eliten und Wissenschaftler, auf selbst gemalten Schildern ist von "Tyrannei" die Rede. Einige rechtsradikale Milizen erscheinen sogar mit der Waffe in der Hand zu den Protesten. Und bei Trumps Lieblingssender Fox News berichten sie voll freudiger Erregung über die Aufmärsche.



Einige der neuen Protestkundgebungen werden von Trump-Unterstützern angeführt. In Michigan kommen sie zum Teil aus dem Dunstkreis der republikanischen Partei. In Texas wurden die Demonstranten am Wochenende von dem rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker Alex Jones angefeuert, der bereits im Wahlkampf 2016 ein Wegbereiter für Trumps Erfolg war.
Trump, der selbst ernannte Eliten-Kritiker im Präsidentenamt, trägt derweil lustvoll seinen Teil dazu bei, die Truppen in Schwingung zu versetzen. […..]