Montag, 18. Februar 2013

Vorvorgestern


Heute habe ich einen alten Ami im Krankenhaus besucht. 
Im Hamburger UKE, dem riesigen Universitätskrankenhaus, welches auf seiner Website die Angebote auch in arabisch, russisch und englisch bewirbt.
Gezielt werden reiche Patienten aus aller Welt angelockt.
Ich finde es gut, wenn dadurch mehr Geld für Personal und Pflege ausgegeben werden kann.
Der Typ, den ich besuchte, ist zwar so gar nicht reich, profitiert aber davon, daß alles auch in Englisch angeboten wird. 
Natürlich gibt es auch die entsprechenden Fernsehprogramme.
Als ich rein kam, guckte er gerade CNN und sagte als erstes (auf Deutsch) zu mir:
 „Für meinen Geschmack sind auf CNN ja viel zu viele Neger!“
Ob meiner entglittenen Gesichtszüge, kam ich gar nicht mehr dazu zu erklären was ich von so einer Ausdrucksweise halte. 
(Das entsprechende amerikanische N-Wort, das ganz Schlimme, schreibe ich erst gar nicht.)
„Ja, was denn? Das sind doch NEGER. Die waren alle slaves. Seit Obama Präsident ist, sind überhaupt nur noch Neger im Fernsehen! Da schon wieder einer!“
(Nebenbei bemerkt, war es da gerade kurz vor sechs und es lief „African voices.
Ich muß zugeben, in diesem Afrika, gibt es ja wirklich eine Menge Schwarze…)

Was soll man dazu sagen?
Später hatte ich Gelegenheit die Frau des Patienten kennenzulernen und sie versicherte mir, daß er früher nie so geredet hätte, sonst hätte sie ihn selbstverständlich nicht geheiratet. 
Erst mit dem Einsetzen der Senilität kämen diese Sprüche, die offenbar ein verschüttetes Rudiment aus seiner Kindheit in den 1930er Jahren in Michigan waren.
Der US-Rassismus ist offensichtlich, wenn man sich mit dem Land beschäftigt. 
Aber irgendwie bilde ich mir immer ein, das sei eins der negativen Charakteristika der religiösen Fundis und fanatischen Rechten.
Die Teebeutler hat man schließlich im Wahlkampf 2012 ausführlich erleben können und sollte sich über gar nichts mehr wundern. 

Die politische Rechte der USA ist bis hinauf in den Senat moralisch völlig verkommen.
Republikaner treibt eine verklemmte Polit-Naivität um, wie man sie bestenfalls in einem religiösen Zwergstaat erwarten würde.
 Mächtigste Nation der Erde?
In North Carolina beispielsweise steckt die GOP ihre ganze Energie in den Kampf gegen „Nippelentblößung.“ 
Rep. Rayne Brown introduces Bill Criminalizing Nipple Exposure!
Endlich werden die wahrhaft drängenden Probleme der Welt erkannt!
They get elected by talking up fiscal conservatism and reduction of government. The first thing they do when they take power is to legislate their morality and increase the power of government.
North Carolina state representatives have introduced a bill that would "clarify" state law to specifically prohibit the baring of women's breasts. Women worried about showing too much of their "private area" should use pasties, or perhaps duct tape.
Die haben Sorgen.
 Aber während man über North Carolina lachen kann, ist es gefährlich, wie die verkommenen Repse auch auf Bundesebene die US-Politik debilisieren.
Gerade machen sie sich damit lächerlich den designierten Verteidigungsminister Chuck Hagel zu blockieren. Der Mann sitzt nun in Washington fest und muß wichtige internationale Treffen absagen, weil die bekloppten GOPer im Senat behaupten sie könnten ihn nicht bestätigen, da sie ihn in der Kürze der Zeit nicht kennenlernen konnten.
 Hagel, selbst Republikaner, ist übrigens selbst Senator und sitzt seit zehn Jahren Seit an Seit mit den Irren. 
Es geht nur darum Obama und dem Land zu schaden.
 Pure Obstruktion. 
Damit der Rest der Welt etwas zu lachen hat.
Vor zwei Wochen hat [Chuck Hagel] in einer Anhörung, die einem Polizeiverhör ähnelte, alle Fragen beantwortet. Trotzdem wird es mindestens bis Monatsende dauern, bis das Pentagon einen neuen Chef bekommt. Anders als früher ist nun sogar die nationale Sicherheit ein Spielplatz für Parteitaktiker. […]

Das Senatsverfahren Hagel ist zu einer Oppositions-Show ausgeartet. […] Die Republikaner galten immer als Partei der außen- und sicherheitspolitischen Kompetenz. Dieser Ruf hat in den Jahren nach dem 11. September 2001 gelitten, als Präsident und Partei ihre Agenda von kriegslüsternen Neokonservativen kapern ließen. Nun inszenieren die Republikaner ein erbärmliches Spektakel im Senat, der letzten Institution Washingtons, die noch im Ruf stand, über dem alltäglichen Gezänk zu stehen. Anführer der Anti-Hagel-Kampagne ist der Jungsenator Ted Cruz, ein Mann der Tea Party. Er hat Hagel unterstellt, von ausländischen Regierungen bestochen worden zu sein. Er hat auch gegen John Kerry gestimmt, den allseits gelobten Außenminister. Cruz offenbart einen ideologischen Eifer, der selbst rechte Kollegen an den McCarthyismus erinnert, die dunkle Zeit der Kommunistenverfolgung.

Die Republikaner gelten längst als Partei des Neins, die Präsidentschaftswahl haben sie deswegen verloren. Ihre Politik der ewigen Obstruktion aber schadet nicht nur ihnen, sondern dem Ruf der Politik insgesamt. Einer neuen Umfrage zufolge ist der Kongress inzwischen unbeliebter als Küchenschaben oder Darmspiegelungen.
(Nicolas Richter, SZ, 18.02.2013)
Soll ich mich darüber wundern, daß in einem  Land, welches beständig so einen Wahnsinn hervorbringt auch die eigentlich eher vernünftigen Menschen unter der Oberfläche allerlei ethisch Fragwürdiges mit sich rumschleppen und sich über all die „Neger“ ärgern, die man jetzt sogar im Fernsehen zeigt?

Amerika hat eine lange Geschichte der Sklaverei hinter sich. 

Als die US-Army dankenswerterweise Hitler niederrang, durften schwarze Soldaten noch nicht in die Offiziersclubs. Eine streng rassistische Armee besiegte das rassenwahnsinnige Hitlerdeutschland.

Die Ehe von Obamas Eltern war noch in vielen US-Staaten illegal, weil eine weiße Frau keinen „Neger“ heiraten durfte.

Die Bürgerrechte kamen erst Ende der 1960er. Bis dahin saßen die Schwarzen noch hinten im Bus.
In den Südstaaten dauerte dieses Denken noch lange an.

Und dann gibt es noch den Bundesstaat Mississippi, wo die Sklaverei im Jahr 2013 (!!!!!!!!!!!!!!) beendet wurde.
Dass er einmal Geschichte schreiben würde, hätte sich Dr. Ranjan Batra wohl nicht gedacht, als er sich im November 2012 eine Kinokarte für das Historien-Drama "Lincoln" kaufte. Nachdem er den Film gesehen hatte, recherchierte der indische US-Einwanderer im Internet und machte eine erstaunliche Entdeckung: die Sklaverei im US-Bundesstaat Mississippi war rein rechtlich noch nicht abgeschafft.

148 Jahre nach der Verabschiedung des 13. Zusatzartikels der Verfassung sei Mississippi der letzte amerikanische Bundestaat, der diesen noch nicht ratifiziert hatte, berichtet die Nachrichtenplattform The Atlantic Wire.

[…] In der ersten Ratifizierungsrunde 1865 lehnte die örtliche Gesetzgebung die Befreiung der Sklaven zwar ab, im Jahr 1995 wurde die Unterzeichnung aber nachgeholt. Weil man vergessen habe, den US-Archivar zu verständigen, sei diese jedoch unwissentlich ungültig gewesen.

Dieser Fehler konnte nun durch den aufmerksamen Dr. Batra behoben und Mississippi somit offiziell von der Sklaverei befreit werden.
America, land oft he free.