Die gestrige Vize-Präsidentschaftskandidaten-Debatte
zeigte es mal wieder.
Es war eine metaphorische Blaupause für die
politischen Diskussionen in Westeuropa.
Eine extrem schwache CBS-News-Moderatorin Elaine
Quijano (41) stellte lediglich Fragen, auf die aber kaum jemals geantwortet
wurde. Insbesondere Gouverneur Pence ignorierte die unangenehmen Themen und
sprach stoisch auch bei den Themen Tax-Returns, Russland und Deportation von 14
Millionen Menschen Clintons Emails an. Quijano ließ die Kontrahenten völlig
desinteressiert gewähren.
Man kennt das aus den deutschen TV-Talks, in denen die
immer gleichen Gäste ihre immer gleichen Statements absondern, ohne daß Will
oder Jauch irgendein Interesse an der Beantwortung ihrer Fragen aufbringen
können.
Seit einigen Jahren gibt es immer mehr unabhängige „Factchecker“,
die überprüfen, ob das eigentlich stimmt, was die Kandidaten an eingeübten
Sätzen losließen.
Das Ergebnis der gestrigen Checks ist ebenfalls das
was man aus allen amerikanischen und westeuropäischen Debatten kennt: Die
Rechtsextremen lügen wie gedruckt.
PolitiFact evaluated 32 statements made by Kaine
and Pence last night during the VP debate. Of 19 Kaine statements checked by
PolitiFact, 15 were True or Mostly True (79%); Four of Pence's 13 statements
were True or Mostly True (31%) [….]
Trump said repeatedly in 2014 and 2015 that he would release his returns if he were to run for President. He
still has not released his tax returns.
Trump has called for a deportation force, and mass deportation is the centerpiece of his immigration “plan.”
Trump said there has to be “some form of punishment” for women who seek abortions, and later doubled down on that answer when
given the chance to clarify. [….]
Und auch das ist in Europa genauso wie in Amerika:
Lügen schaden einem nicht. Im Gegenteil. Die größten
Lügner in der deutschen Politik – Schäuble, de Maizière und von der Leyen –
sind allesamt hochangesehene Minister, die man für Kanzlertauglich hält.
Obwohl Mike Pence nicht auf die Fragen antwortete und
wenn er was sagte, meisten log, daß sich die Balken biegen, sehen ihn von links
bis rechts alle Medien als Sieger der Debatte.
Er sei präsidentieller rübergekommen, während Kaine
besserwisserisch wirkte und Pence außerdem mehrfach ins Wort gefallen wäre.
Der Republikaner Mike Pence trat souverän auf - und bescherte dem
Trump-Lager den Sieg. […]
Die Brexit-Ankündigung ließ das britische Pfund Sterling auf den tiefsten Stand seit 1985
abstürzen, die gesamte britische Wirtschaft trudelt.
Nach der Rede von Theresa May geht es bergab: Großbritannien gehört nicht
mehr zu den Top fünf der Weltwirtschaft. Nach Berechnungen der Financial Times
rutscht das Land auf Rang sechs hinter Frankreich. Grund dafür ist der Absturz
des britischen Pfunds nach dem Auftritt der britischen Premierministerin. May
hatte in ihrer Rede am Sonntag betont, als fünftgrößtes Land der Welt sei
Großbritannien in einer starken Verhandlungsposition.
Die Financial Times beruft sich auf die Schätzungen des Internationalen
Währungsfonds, wie groß die Wirtschaftsleistungen der Länder 2016 sein werden. [….]
Allein die englische Finanzbranche verliert nach einer neuen Studie 38 Milliarden
Euro.
Die Premierministerin geht ostentativ xenophob vor,
will in England arbeitende Europäer aus dem Land vertreiben.
Was ist die Folge des Kamikaze-Kurses der britischen Konservativen?
Die Regierungschefin May wird zur Heldin. Alle lieben
sie.
Mittlerweile stehen die Tories wieder prächtig da. Eine YouGov-Umfrage sah
sie im August sogar schon bei 42 Prozent, fünf Punkte mehr als beim Wahlsieg
2015. [….]
Ihre Ankündigung, den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU
spätestens im März 2017 einzuleiten, brachte ihr beim Parteitag viel Jubel ein.
Ihr Beharren auf eine Beschränkung der Zuwanderung war ein Geschenk an ihre
Kritiker vom rechten Rand. [….]
Rechts zu sein, rechts zu wählen ist zwar ganz schlecht für die Wirtschaft,
bringt aber Punkte ein beim Urnenpöbel.
Humanistische Werte wie Anstand, Ehrlichkeit und
Akzeptanz sind ohnehin auf der rechten Seite verkümmert. Dazu muß man nicht bis
ins faschistische Lager gucken, sondern es reicht ein Blick auf die „normalen“
Konservativen: Sarkozy, Berlusconi, Seehofer, Bush.
Berührungsängste mit den faschistisch denkenden
Populisten werden immer mehr abgebaut.
Es bildet sich eine medial-konservativ-rechtsextreme Querfront.
Einst sorgte Nicolaus Fest mit einem islamkritischen Kommentar für
Aufsehen, nun ist der frühere Vizechefredakteur der "Bild am Sonntag"
der AfD beigetreten. Dort ist die Freude über den Mann groß. […..]
[….] CDU-Abgeordneter
fordert Koalitionen mit AfD
[….] Der
CDU-Europaabgeordnete Hermann Winkler hat sich für Koalitionen mit der AfD auf
Landes- und Bundesebene ausgesprochen. "Wenn es eine bürgerliche Mehrheit
gemeinsam mit der AfD gibt, sollten wir mit ihr koalieren. Sonst steuern wir
auf eine linke Republik zu", sagte Winkler der Zeitschrift "Super
Illu".
Wenn die SPD Bündnisse mit der Linkspartei eingehe, könne dies die CDU
künftig auch mit der AfD. "In Sachsen-Anhalt hätte das schon Sinn
gemacht", fügte Winkler mit Blick auf die Landtagswahl vom März hinzu. Der
53-Jährige stammt aus Sachsen und ist Sprecher der ostdeutschen
CDU-Abgeordneten im Europaparlament. [….]
Unionspolitiker wollen mehr Patriotismus
In einem Papier plädieren die CSU und die sächsische CDU für eine
Wiederbelebung der Leitkulturdebatte. Für sie sind Heimat und Patriotismus
Kraftquellen der Gesellschaft. [….]
Mir erscheint es illusorisch konservative Populisten für
die Einhaltung von Menschenrechten zu begeistern.
Der normale menschliche Anstand,
daß man keine Arbeiter ausbeutet, daß man keine
Schwulen diskriminiert, daß man Menschen in Not hilft, daß man Kranke versorgt,
daß man Alte nicht hilflos in Windeln sitzen läßt, daß man keine Waffen in
Kriegsgebiete exportiert, daß man Dunkelhäutige nicht bepöbelt, daß man Konfessionsfreie
nicht von Jobs ausschließt, daß man sich nicht der Steuerpflicht entzieht, daß
man Frauen absolut gleichberechtigt behandelt, daß man Säuglingen nicht Teile
des Penis abschneidet, daß man Rücksicht auf die Umwelt und nicht auf Großindustrielle
nimmt, daß man großzügig bei der Entwicklungshilfe ist, daß man Fremde
willkommen heißt, daß man sich gastfreundlich gibt, daß man an nachfolgende
Generationen denkt, daß man keine 40 Millionen Küken aus Profitgier schreddern
läßt, daß man keine Tiere für Kosmetikversuche missbraucht, daß man Schweinen nicht
den Schwanz abschneidet, daß man anderen nicht seine eigene Kultur aufdrängt,
daß man nicht die Augen zudrückt, wenn eine globale Organisation myriadenfach
Kinder missbraucht, daß man überhaupt niemand ausgrenzt und daß man auseinander
gerissenen Flüchtlingsfamilien ermöglicht wieder zusammen zu leben,
dieser eigentlich im 21. Jahrhundert selbstverständliche
Anstand ist offensichtlich nicht von rechts tickenden Typen zu erwarten.
Aber vielleicht bekommt man sie doch mit der
ökonomischen Klatsche.
Das Rückbesinnen auf das Nationale, das Abschotten,
die Grenzen-dicht-Mentalität, das Ausgrenzen, das Hetzen und die allgemeine
Abwehr gegen alles Ungewöhnliche schadet der Wirtschaft, schadet dem Standort
und schadet letztendlich dem Portemonnaie der Rechten selbst.
Populisten würden die Welt in Rezession und Arbeitslosigkeit stürzen
[….] Mehr
Abschottung hilft nicht - im Gegenteil, es braucht mehr weltwirtschaftliche
Zusammenarbeit.
[….] In politisch unsicheren Zeiten stellen Firmen
Investitionen zurück, verschieben Neueinstellungen und überarbeiten
Expansionspläne. Ein Blick auf die Konjunkturprognose für Großbritannien sollte
reichen: Obwohl der Austritt aus der EU noch nicht einmal vollzogen ist, dürfte
er das Land allein im nächsten Jahr fast 30 Milliarden Euro an
Wirtschaftsleistung kosten.
[….] Die
weltwirtschaftliche Ordnung basiert heute auf Arbeitsteilung und dem freien
Austausch von Waren, Dienstleistungen und Kapital. Die grandiosen Maschinen
etwa, die deutsche Firmen so erfolgreich in alle Welt verkaufen, wären nichts
mehr wert, wenn andere Staaten ihre Märkte plötzlich abschotteten. Umgekehrt
wären in Südeuropa notwendige Investitionen kaum noch finanzierbar, wenn die
Deutschen ihr Erspartes nicht mehr im Ausland anlegten. Diese Zusammenhänge
unterschlagen Kritiker oft.
Noch weitaus heikler allerdings sind die Versuche rechter wie linker
Populisten, die Uhr zurückzudrehen. Wer glaubt, Wohlstand und Wirtschaftskraft
daheim ließen sich dadurch steigern, dass Mauern gebaut, Zölle wiedereingeführt
und Jobs "nach Hause geholt" würden, wird eine Abwärtsspirale aus
Aktion und Reaktion in Gang setzen, die weltweit in Rezession und Arbeitslosigkeit
enden muss. [….]