Mittwoch, 26. Juli 2023

Wieder sinkt die GOP eine Etage tiefer in den moralischen Abgrun

Es gibt beim Nachrichtenkonsum nichts besseres, als irgendeinen Yellowpress- oder Sport-Hype, mit dem sich alle Medien beschäftigen. Ein deutscher Sieg beim Junioren-Damen-Curling, die Trennung eines Instagrampaares, Thomas Gottschalck-Comeback, der Tod eines Schlagersängers, ESC, Fußball, Karneval.

Denn der Mist interessiert mich nicht die Bohne und je mehr Zeitungsseiten mit so einem irrelevanten Unsinn angefüllt werden, desto größer die Wahrscheinlichkeit, die Meldungen über die wichtigen Dinge zu bewältigen.

Seit ein paar Wochen tauchen KI-generierte Bildchen amerikanischer Politiker in rosa Kleidchen und Barbie-Memes in meiner Timeline auf. Offenbar ein Trend, der sich auf ein mir nicht bekanntes kulturelles Ereignis bezieht. Obwohl ich den Quatsch selbstverständlich ignorierte, bekam ich irgendwann mit, daß Hollywood einen großen Film über Barbie mit erheblichen Werbebudget in die Kinos brachte.

Wunderbar; nun wußte ich erstens worum es geht und brauchte gar nicht erst rätseln, was all die pink Bildchen sollen und zweitens war klar, daß ich jede Meldung zu diesem Thema beruhigt ignorieren kann.

Ärgerlicherweise promovierte sich diese pinke Nonsens-Causa selbst in die politisch-relevante Welt, die ich nun nicht mehr links liegen lassen kann.

Die Rechtsextremen der USA, die anti-woken radikal menschenhassenden Trumpisten, machen diese Film nämlich zu ihrem neuen „Anheuser-Busch/Bud-Light“. Also einem kulturfaschistoiden Popanz, um den sie hysterisch herumtanzen, um ihrem Hass gegen Linke, Schwule, Hollywood, Transsexuelle und Demokraten zu frönen.

(…..) Den rechtsradikalen Trumpublikanern spendete Anheuser-Busch allein im Jahr 2023 bereits 500.000 Dollar. Als Teil des weltgrößten Brauerei-Konzern, giert man natürlich nach möglichst großen Absatzmärkten. Der Mammon ist noch wichtiger als die politische Überzeugung.

So kam es zu der ledigen Causa Bierdose, nachdem AB ein Bild der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney auf eine Dose druckte und ihr die Dose schickte.

Die Megabrauerrei, die gerade mit einer halben Million Dollar die radikal transfeindlichen Republikaner gestützt hatte, wollte sich nun gleichzeitig an die Opfer der GOP-Hetzkampagnen heranwanzen.

Blöderweise wurde das auch Redneck-America bekannt und schon ratterte die GOP-Empörungsmaschinerie los, forderte einen AB-Boykott und vernichtete wie im Wahn Budweiser-Dosen. Floridas Transhass-Gouverneur Deathsantis natürlich an der Spitze der Bud-Vernichter.

 

  [….] Kid Rock war einer von vielen Rechten, die wütend waren. Bud Light ist – im Wortsinn – zur Zielscheibe in einem amerikanischen Kulturkampf geworden. Das Unternehmen zog den Furor der republikanischen Rechten auf sich, nachdem es am 1. April eine Zusammenarbeit mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney lanciert hatte. [….] Bald schon forderten konservative Stimmen zu einem Boykott von Bud Light. Neben Kid Rock, der bereits in der Vergangenheit mit Angriffen auf die Transgender-Gemeinschaft auffiel, gehörte auch Ron DeSantis, der Gouverneur von Florida, dazu. Die Aktion sei Teil einer grösseren Sache, mit der «Corporate America» versuche, das Land, die Politik und die Kultur der Leute zu verändern. Es kam zu persönlichen Angriffen auf Alissa Heinerscheid, die Vize-Marketingchefin von Bud Light. [….] Die Kontroverse machte sich auch in den Verkaufszahlen von Bud Light bemerkbar. Der Umsatz der Marke fiel in der zweiten Aprilwoche um 17 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Anheuser-Busch hat reagiert und Alissa Heinerscheid sowie einen weiteren ranghohen Marketingmanager beurlaubt. [….]

(NZZ, 26.04.2023)  (….)

(Pinkwashing für Erzkonservative, 14.07.2023)


Die Republikaner erleben gerade wie ihr oranger Messias in einem Strudel von Kriminalität, Anklagen und Gerichtsverhandlungen untergeht, haben sich aber alle so gründlich das Rückgrat entfernen lassen, daß sie unfähig sind, sich von dem 30.000-fachen Lügner, Verbrecher, Rassisten und Verfassungsfeind loszusagen.

Also brauchen sie eine Ablenkungsstrategie und die besteht gegenwärtig darin, den Barbie-Film zur absoluten Monstranz zu erheben und dagegen wetternd durch die Nazi-Medienlandschaft zu ziehen.

[…..]  Everyone’s got Barbie fever these days — even the ladies of The View. The morning talk show kicked off today’s episode with a takedown of the right wing critics who are decrying Barbie‘s “woke-ness” and anti-patriarchy message.

Whoopi Goldberg tore right into the detractors, with a particularly cutting diss aimed at commentator Ben Shapiro, who posted a widely mocked video titled “Ben Shapiro DESTROYS The Barbie Movie For 43 Minutes” on Saturday (July 22). Shapiro said at one point in his review, “I find it upsetting when material that’s based on children’s IP and marketed to little girls actually ends up being angry, feminist claptrap that alienates men from women, undermines basic human values and promotes falsehood all at the same time.” 

After playing a clip of Shapiro’s words, Goldberg exclaimed, “It’s a movie! It’s a movie about a doll! I thought y’all would be happy. She has no genitalia, so there’s no sex involved. Ken has no genitalia! It’s a doll movie.”

Goldberg continued, “The kids know it’s colorful and it’s Barbie. They haven’t lived through what the adults have lived through. So when they’re seeing this movie, that’s not how they’re looking at it. The kids are looking at it as a Barbie movie.”  […..]

(Greta Bjornson, 26.07.2023)

Der prominente rechtsradikale trumpistische Kolumnist und Aktivist Ben Shapiro, 39, vier Millionen Youtube-Abonnenten, fast eine Million Zuschauer pro Tag und einer Gesamtzahl von über 1.000.000.000 Aufrufen postete Barbie-Hassvideos mit einer Gesamtlaufzeit deutlich über der Länge des Spielfilms, raste nach dem Kino in Spielzeugwarenläden, kaufte Barbie-Puppen, um diese anschließend hasserfüllt zu verbrennen.

Die gesamte Führungsriege der erzkonservativen GOPer tingelt nun mit wütend wetternden Barbie-Verdammungen durch die US-Medienlandschaft.

Ob Cruz und Shapiro den Streisand-Effekt gar nicht kennen und somit nicht wissen, daß sie dem verhassten Film enorme Werbung verschaffen, ist unbekannt.
Ich mutmaße aber, es ihnen schlicht egal. Daß ihnen der Umsatz und die Zuschauerzahlen egal sind, daß ihnen der ganze Film völlig egal ist. Er ist nur ein willkommenes Vehikel, um Hass und Hetze zu verbreiten.

Und von ihrem Trump-Verbrecherproblem abzulenken.