Donnerstag, 3. Mai 2018

Halt du sie arm, ich halt sie dumm…


….sprach der Bischof zum König.

 Dieser uralte Aphorismus zeigt sehr schön was die christlichen Kirchen über viele Jahrhunderte waren: Ein Herrschaftsinstrument, welches einerseits autokratische Regime rechtfertigte und stabilisierte. Und andererseits eine gigantische Ausbeutungsmaschinerie, die durch Ablasshandel und Reliquienwahn steinreich wurde.

Als im Zuge der Reformation Bauern aufmüpfig wurden und gegen Leibeigenschaft aufstanden, tobte Martin Luther vor Wut, weil er ein radikaler Obrigkeitsdenker war. Die feudale Fürstenherrschaft war schließlich gottgewollt.
Obrigkeitshörigkeit wurde so sehr zum Markenzeichen der evangelischen Christen, daß sie auch 450 Jahre später wesentlich fester und kompromissloser an der Seite Adolf Hitlers standen, als die Katholiken.


Die Amtskirchen standen dabei stets auf der Seite der Reichen und Mächtigen und sorgten dafür, daß die Armen, Sklaven und Rechtlosen weiter ausgebeutet werden konnten. Kaiser und Könige wurden von höchsten Geistlichen gekrönt und ihr Herrschaftsanspruch mit „von Gottes Gnaden“ besiegelt.


Bis ins Jahr 2018 stehen die Kirchen an der Seite von konservativen Parteien und gegen soziale Parteien, die womöglich den Besitz nach unten umverteilen könnten.
Die Kirchen unterstützen auch nach dem Ende der europäischen Monarchenherrschaft die rechtesten Gruppen, standen fest an der Seite der Faschisten in Italien, Spanien und Deutschland. Der slowakische Nazi-Diktator Jozef Tiso, der als glühender Hitler-Fan stolz verkündete alle slowakischen Juden ins Vernichtungslager geschickt zu haben, war selbst katholischer Priester.
Nach 1945 stand die RKK Spanien fest zum faschistischen Diktator Franco, bekämpfte demokratische Bestrebungen und verdiente sich durch den Verkauf hunderttausender Babys etwas dazu.
Auch in Lateinamerika waren die Kirchen bis ins 21. Jahrhundert die engsten Verbündeten der faschistischen Rechts-Diktaturen. Die wenigen einzelnen Bischöfe, die sich als „Befreiungstheologen“ auf die Seite der Armen stellten, wurden von Karol und Ratzi exkommuniziert oder abgesetzt.
Es ändert sich kaum etwas. Evangelikale Christen sind die wichtigste Machtbasis des rassistischen Rechtsradikalen Donald Trump.

Und auch in Europa steht die Kirchen besonders unterstützend an der Seite der Regierungen Ungarns, Polens und Russlands, weil sie dort Macht, Geld und Privilegien zurückbekommen, während lästige Bürgerrechte für Schwule oder dieser ganze demokratische Unsinn wie Pressefreiheit oder unabhängige Justiz konsequent abgeschafft werden. Das gefällt den Bischöfen, die nicht nur Putin und Orban lobpreisen, sondern auch die stärkste Stütze des Syrischen Diktators Assad sind.

„Der Islam“ ist da weiter. Dort werden Reichtum und Verteilungsungerechtigkeit nicht in dem Maße unterstützt. Jeder Muslim muss fünf Mal am Tag beten – auch Könige und Emire. Bei der höchsten Pflicht, der Haddsch in Mekka, tragen Multimilliardäre und Wanderarbeiter, Hochadelige und Putzfrauen das gleiche schlichte weiße Gewand. Für alle gelten die gleichen Regeln, weil niemand vor Allah mehr wert ist als ein anderer.

(….) Während es im Islam heute noch  Zakat und Zinsverbot gibt, ist völlig in Vergessenheit geraten, daß die  Katholische Kirche die längste Zeit ihrer Existenz kein Herz für Kredithaie und Wuchergeschäfte hatte.

Im Gegenteil; die Bibel verbietet dies.

35 Wenn dein Bruder verarmt und sich neben dir nicht halten kann, sollst du ihn, auch einen Fremden oder Halbbürger, unterstützen, damit er neben dir leben kann. 36 Nimm von ihm keinen Zins und Wucher! Fürchte deinen Gott und dein Bruder soll neben dir leben können. 37 Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben.
(Levitikus 25)  (……)

24 Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Wucherer benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Wucherzins fordern.
(Exodus 22)

(…..)   Insbesondere ab dem 12. Jahrhundert hat eine Vielzahl unfehlbarer Päpste das Zinsverbot als „unveränderliches kirchliches Gebot“ bestätigt.

[…] Noch 1745 wandte sich Papst Benedikt XIV. in der an die hohe Geistlichkeit Italiens adressierte Enzyklika Vix pervenit entschieden gegen den Zins. In § 3, Absatz I heißt es: Die Sünde, die usura heißt und im Darlehensvertrag ihren eigentlichen Sitz und Ursprung hat, beruht darin, dass jemand aus dem Darlehen selbst für sich mehr zurückverlangt, als der andere von ihm empfangen hat […] Jeder Gewinn, der die geliehene Summe übersteigt, ist deshalb unerlaubt und wucherisch.
(Wiki)

In den nächsten Jahrhunderten fand man allerdings auch im Vatikan heraus wie wunderbar einfach man sich mit Geldverleih eine goldene Nase verdienen kann.
Insbesondere katholische Ritterorden waren extrem kreativ dabei die biblischen und Vatikanischen Regeln zu umgehen.
Im 19. Jahrhundert waren Zinsen dann inzwischen so alltäglich geworden, daß es überhaupt keinem mehr auffiel als Papst Pius VIII. am 18. August 1830 alle vorherigen Zins-Gesetze aufhob. (……)

Auf allen Kontinenten der Erde rafften christliche Geistliche auf diese Art und Weise ungeheure Schätze und Geldmittel zusammen. Die Kirchen sind heute der größte Grundbesitzer des Planeten.

Allein die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland sitzen auf einem Vermögensberg von geschätzten 700 Milliarden Euro.
Bis heute werden Bischöfe üppig bezahlt; in etwa so wie Ministerpräsidenten.
Bezahlt aus den Haushalten der Bundesländer; also nicht etwa nur von Kirchenmitgliedern, sondern unter anderem auch von Konfessionslosen und Muslims.

Das Bestreben das Volk dumm und arm zu halten kommt den Interessen einer reichen Besitzenden-Klasse und den christlichen Kirchen gleichermaßen entgegen.
Nicht nur, weil sie beide finanziell profitieren, sondern weil Dummheit und Armut ihrer beider Herrschaft stabilisiert.
Wer dumm ist begehrt nicht auf, organisiert sich nicht.
Wer arm ist, leidet mehr an Krankheit und Sorgen – und je mehr Sorgen und Ungewissheit es gibt, desto größer der Glaube an Gott und die Unterwerfung unter kirchliche Autoritäten.

Übertragen auf das 21. Jahrhundert bedeutet das: Je schlechter das soziale Netz und je weniger Verlass auf den Staat ist, desto notwendiger ist Gott.
Also ist es nur konsequent von Christen sich an die Seite von Politikern wie Trump oder Merkel zu stellen – beide bauen Sozialleistungen und Bildungschancen kontinuierlich ab und sorgen mit on Lobbyisten maßgeschneiderten Steuergesetzen dafür, daß Superreiche superschnell noch superreicher werden.
„Halt du sie arm, ich halt sie dumm“ führt zu mehr Religiosität. Wer keine staatliche Absicherung, keinen Krankenversicherung, kein soziales Netz kennt, ist weniger aufgeschlossen für Atheismus und Säkularität, weil er den Beistand Gottes umso mehr benötigt.
Gebildete, selbstständig denkende und sozial grundversorgte Menschen sind hingegen der Alptraum für die Amtskirchen, denn so einer braucht keine Gebete und folgt weniger leicht den Anweisungen des Pastors.

[….] Eine aktuelle Studie hat den Zusammenhang zwischen Religiosität und staatlicher Fürsorge untersucht.
    Ergebnis: Je weniger Sicherheit säkulare Instanzen bieten, desto attraktiver erscheint den Menschen der Beistand eines Gottes.
    Andersherum bedeutet das allerdings auch: Wo es einen Wohlfahrtsstaat gibt, sinkt der Bedarf an religiösem Beistand. [….]

Dieser Zusammenhang ist in sich logisch und wird seit Jahrzehnten postuliert und empirisch dokumentiert. Wenn der Sozialstaat gut funktioniert und Bildung kostenlos ist, sich die Menschen vergleichsweise wenig Sorgen um Krankheiten machen müssen, passiert das was wir zum Beispiel in den Skandinavischen und Benelux-Staaten beobachten:
Die Bürger werden massenhaft zu Atheisten.
Das ist nicht nur eine Frage der Bildung, sondern auch eine Sozialpsychologische.

[….] Weshalb sind so viele Menschen in den USA so tief religiös, während in weiten Teilen Europas die Kirchen leer bleiben?
Die letzte Frage könnte ein Studie von Psychologen um Miron Zuckerman von der University of Rochester und Ed Diener von der University of Virgina zum Teil beantworten: Wie sie im Fachblatt Personality and Social Psychology Bulletin berichten, besteht ein Zusammenhang zwischen dem Glauben an einen Gott und der Fürsorge, die ein Staat seinen Bürgern erteilt: Je weniger Sicherheit säkulare Instanzen bieten, desto attraktiver ist der Beistand eines Gottes für die Menschen. Andersherum formuliert bedeutet das: Wo es einen Wohlfahrtsstaat gibt, sinkt der Bedarf an religiösem Beistand; und in den USA lässt der Staat seine Bürger - im Vergleich zu Europa zumindest - im Zweifelsfall selbst wieder aufstehen (oder auf dem Boden liegen), wenn sie einmal gestürzt sind.
Wo die Lebensqualität vergleichsweise hoch ist, wirkt Religion weniger attraktiv.
Die Wissenschaftler um Zuckerman werteten Daten aus, die zwischen 2005 und 2009 für die Gallup World Poll weltweit erhoben wurden. Mehr als 455 000 Personen aus 155 Nationen wurden dafür befragt, darunter waren Nationen, in denen Christen, Muslime, Hindus oder Buddhisten die Mehrheit der Gläubigen stellten. Aber egal welcher Religion die Menschen anhingen, ihr Glaube war dort im Durchschnitt stärker ausgeprägt, wo staatliche Leistungen eher mäßig ausfielen.
[….] Wo sich weltliche Behörden hingegen halbwegs vernünftig um das Wohlergehen der Bürger kümmerten, suchten weniger Menschen Halt und Hoffnung im Glauben an eine übernatürliche Wesenheit. Zudem wirkte Religion dort weniger attraktiv auf die Menschen, wo die Lebensqualität vergleichsweise hoch ist.[…..]