Freitag, 27. Januar 2017

Auf den Leim



Zumindest in meiner Facebook-Blase glüht die Luft vor Empörung über den Thüringer AfD-Chef Joseph Goebbels Junior.

Wenn man so wie ich in den letzten Tagen und Wochen intensiv nachts auf CNN US-Politik geguckt hat, ist man zwar in Versuchung zu glauben, es ginge nicht mehr unsympathischer als der Soziopath Trump und seine menschenhassenden GOPer Kumpanen, aber das stimmt nicht so ganz.
Bernd Höcke spielt in der 1A-Liga der weltweiten Top-Widerlinge.

Erst diese abscheuliche antisemitische revanchistische Hetzrede im Landtag, für die der braune Bernd angezeigt wurde; seine ekelhafte Dreistigkeit am Holocaustgedenktag in die KZ-Gedenkstelle Buchenwald zu marschieren, dann die förmliche Ausladung….

[….] Die Stiftung der KZ-Gedenkstätten in Thüringen hat den AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke vom Holocaustgedenktag ausgeladen. An dem bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am Freitag in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald sei er nicht willkommen, teilte ihm die Stiftungsleitung mit.
"Nach seiner Rede in Dresden ist eine Teilnahme von Herrn Höcke an der Kranzniederlegung im ehemaligen KZ Buchenwald nicht akzeptabel", sagte der stellvertretende Direktor der Stiftung Rikola-Gunnar Lüttgenau. [….]

… und schließlich Höckes Unverschämtheit, obwohl er ausdrücklich unerwünscht war, dennoch nach Buchenwald zu fahren.

[…..] Die KZ-Gedenkstätte Buchenwald hat dem umstrittenen Chef der Thüringer AfD-Landtagsfraktion, Björn Höcke, Hausverbot erteilt. Höcke wurde von einem Mitarbeiter bei der Zufahrt zur Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus gestoppt. Er händigte ihm das schriftliche Verbot aus. [….]
(dpa, 27.01.17)

Der Thüringer Moder-Faschist benimmt sich in dieser austabuisierten Zeit voller rechter Provokationen, Mordanschläge und brutalen braunen Banden so abscheulich, daß er heraussticht und man darüber nicht schweigen kann.
Es ist moralisch unmöglich sich ihm nicht entgegen zu stellen.

Das Dilemma bleibt aber, daß man somit Teil seines Planes wird.
So kam die AfD auf kontinuierlich zweistellige Zustimmungsraten; sie hält sich ganz wie ihr Idol Trump mit dauernden Lügen und rassistischen Ausfällen kontinuierlich im Gespräch.


Immer dasselbe Muster bei den ewig-gestrigen Rassisten mit Grammatikschwäche und small-penis-syndrome im Endstadium:
Einer provoziert mit einer alles zuvor übertreffenden Perfidie und wartet auf das Anschwellen der medialen Empörungsmaschine. Die braunen Kollegen raffen anschließend ebenfalls Sendezeit an sich, indem sie sich schwach und halbherzig distanzieren, oder aber das eben gesagte zu Missverständnissen umdeuten.
Schließlich folgen ein scheinbar zerknitterter Mea-culpa-Satz des Delinquenten, der sich gleichzeitig umso mehr über die linksgrün-versiffte Meinungsdiktatur empört und schließlich die Selbstglorifizierung als mutiger Tabu-Brecher.

So dominiert man billig die Schlagzeilen, steigert den Wert der Marke AfD und holt auch noch zusätzliche Ewiggestrige an die Wahlurnen.

Es funktioniert.
Höcke auf allen Titelbildern. AfD-Werbung total, AfD immer im Gespräch.


Ein Dilemma für die AfD-Gegner.
Wie soll man sich zu der NPD-Nachfolgepartei verhalten, wenn deren Fans so auf Krawall gebürstet sind, daß jede AfD-Kritik wie Werbung wirkt?

Der einzige Ausweg scheint mir zu sein, die AfD zwar nicht in Ruhe zu lassen, sie also kontinuierlich sachlich kritisiert und ihre Lügen entlarvt – aber das Thema auch schnell wieder fallen zu lassen. Es gibt keinen Grund die Partei zu hofieren und sie wie die ARD- und ZDF-Talkshows weit überproportional zu thematisieren.
Im Jahr 2016 waren mehr als die Hälfte aller ARD/ZDF-Polittalkshows mit AfD-Themen beschäftigt, boten Vertretern der braunen Bande Woche um Woche stundenlang kostenlose Sendezeit zur Selbstdarstellung an.

[….] Worüber wurde in den größten deutschen Politik-Talkshows im letzten Jahr gesprochen? Wir haben alle Sendungen des letzten Jahres von ARD und ZDF ausgewertet, insgesamt 141 Sendungen. Davon ging es in 40 Talkshows um das Thema Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik, 15-mal wurde über das Thema Islam, Gewalt und Terrorismus gesprochen. 21-mal über Populismus, vor allem Rechtspopulismus. Insgesamt machten diese Themen 54 Prozent aller Talkshows aus.
Prof. Claus Leggewie, Politikwissenschaftler: „Ich glaube, es gibt erheblich interessantere Themen in der politischen Öffentlichkeit, die durch diese vermeintlich aktuellen und dramatischen Themen immer wieder in den Hintergrund gerückt werden. Dadurch fokussiert sich Politik auf die Themen der Rechtspopulisten. Das sind nämlich ihre Themen, der Islam, die Flüchtlinge, der Terror.“
Andere Themen hatten keine Chance: Über Energie-Themen, wie die Zukunft der Kohle oder den Atomausstieg wurde nicht gesprochen. Auch das Thema Bildungspolitik war kein Thema. Und selbst der viel diskutierte Abgasskandal war keiner der Talkshows eine Sendung wert. Klar, die Flüchtlingspolitik war das Megathema des letzten Jahres. Aber stimmt das Verhältnis noch? [….]

So lange die Illner-, Will- und Plasberg-Redaktionen diese Einladungspraxis nicht ändern, muß man diese Sendungen mit Quotenschwund bestrafen.