Es setzt
sich selbst unter Republikaner offensichtlich die Erkenntnis durch, daß man mit
purer Obstruktion zwar den Demokraten das Leben extrem schwer machen kann und
sogar Wahlen gewinnt, daß man damit aber nicht regieren kann.
Viele
Trump-Skeptiker unter den GOP-Parlamentariern haben lange geschwiegen, weil sie
Angst vor Trumps fanatischer Wählerbasis hatten und außerdem anerkannten, daß
der Mann ein Wahlsieger ist.
Aus
ihrer Sicht hatte der erratische Ahnungslose im Oval Office auch einen Vorteil.
Da ihn inhaltlich eigentlich nichts interessiert, seine Aufmerksamkeitsspanne
viel zu kurz ist, um Gesetzestexte zu lesen, ja, er noch nicht mal zu briefen
ist, weil er nicht zuhört, könnte man ihm doch die gesamte republikanische
Agenda unterjubeln. Trump würde alles unterschreiben und als seinen Erfolg
ausgeben.
Den
rechten lawmakern würde damit zwar die Show gestohlen, aber wäre das nicht
zweitrangig, wenn man dafür alle Lieblingsprojekte (Abschaffung von Umweltschutzregeln
und Obamacare, radikale Taxcuts, generelles Abtreibungsverbot, generelle
Waffenerlaubnis) in Gesetze gießt?
Blöderweise
ging der Plan nicht auf, da Trump erstens so ein unfassbares Chaos verbreitet,
daß normale Regierungsarbeit kaum möglich ist und zweitens stellte sich raus,
daß die GOPer viel zu zerstritten sind, um sich auf gemeinsame Vorhaben zu
einigen
Außerdem
ahnte niemand wie bekloppt Trump tatsächlich ist.
Man
erinnere sich nur an seinen Ausspruch „Nobody knew health care could be
so complicated”
und seine wirre Nonsens-Attacke auf die GOP-Senatoren, nachdem das Gesetzesvorhaben
gescheitert war.
[….] Trump reagierte darauf mit einer Serie von
Twitter-Attacken gegen die eigene Partei, er nannte die Senatoren
"Deppen" und forderte sie auf, sofort den Filibuster komplett
abzuschaffen. Dieses Verfahrensinstrument erlaubt es den Demokraten, Gesetze zu
blockieren, weil dann für die Verabschiedung 60 Stimmen nötig sind. Aber es
spielte bei der Abstimmung über Obamacare überhaupt keine Rolle. Die
Republikaner waren in diesem Fall schlicht unfähig, im 100-köpfigen Senat, in
dem sie 52 Sitze halten, eine eigene Mehrheit zu erreichen, weil drei ihrer
Leute absprangen. "Es scheint mir offensichtlich zu sein, dass nicht die
Demokraten unser Problem waren", sagte der republikanische Fraktionschef
Mitch McConnell nach der Niederlage mit galligem Unterton.
Das hätte auch der
Präsident wissen können. Doch Trump kümmerte sich nicht darum, sondern gab den
Parteifreunden via Twitter absurde Ratschläge. Erstens: Filibuster abschaffen.
Zweitens: Keine Abstimmungen mehr im Senat über andere Gesetze, bis Obamacare
vernichtet ist. [….] Der republikanische Senator Orrin Hatch [….] warf Trump offen vor, die Abstimmungsregeln
im Senat schlicht nicht zu verstehen. "Er kapiert es einfach nicht",
ätzte Hatch. […..]
Willkommen
in Schilda.
Die
GOPer haben immerhin kapiert, daß sie ohne, möglicherweise sogar gegen das
Weiße Haus arbeiten müssen.
Das ist
teilweise möglich, insbesondere wenn der Amtsinhaber nicht so klug ist wie
Barack Obama.
Aber was
will man eigentlich gegen Trump durchsetzen?
Die
Republikaner stecken in einer tiefen Krise, weil sie sich seit vielen Jahren
von immer rechteren und radikaleren Hassmedien antreiben lassen, sich an der
Demontage der Demokraten ergötzen, aber jeden konstruktiven Gedanken darüber
vergaßen.
[….]
Das sieht auch Peter Wehner so, der unter
drei republikanischen Präsidenten gearbeitet hat, unter anderem
als Redenschreiber von George W. Bush, und der 2012 den Präsidentschaftskandidaten
Mitt Romney beraten hat. Wehner hat Donald Trump abgelehnt und bekämpft.
Nun ist er enttäuscht von seiner Partei. Er sagt, sie sei „zutiefst unseriös“
geworden. „Politische Ideen haben keinen Wert mehr für sie, das Regieren
hat keinen Wert mehr für sie.“ Viele Republikaner und insbesondere
die konservativen Medien seien vor allem an Effekten interessiert.
Spätestens
seit Trump weiß kaum jemand noch, was die Partei im Innersten zusammenhält.
Wehner fragt: „Ist sie eine Freihandels-Partei oder eine Protektionismus-Partei?
Ist sie eine Partei, die für einen schlanken oder für einen umfassenden
Staat steht? Glaubt sie an Internationalismus oder an ,America first'?
Glaubt sie an die Bedeutung der Nato oder nicht? Hält sie Russland für einen
Gegner oder nicht?“
Eine gemeinsame Philosophie gebe es nicht mehr,
die Partei befinde sich in einem Übergangsstadium. „Es kann einige
Zeit dauern, bis sich etwas Neues herausgebildet hat.“ […..]
(DER
SPIEGEL, 05.08.2017)
Es kommt
in den USA so gut wie nie vor, daß eine regierende Partei den Präsidenten nach
einer Amtsperiode nicht erneut nominiert.
Trump
ist aber so unfassbar schlecht, daß sich jetzt schon mehrere Top-GOPer um die
Kandidatur 2020 bemühen. An erster Stelle der ultrafundamentale Christ Pence,
der in der Partei sehr beliebt ist, aber auch die runner-up von 2016, Cruz und
Rubio wollen noch mal.
Sie
träumen davon eine von Trump demoralisierte und verwirrte Partei zu übernehmen
und sie nach Belieben formen zu können.
Abgesehen
davon, daß ich es erschreckend finde eine radikalen Homohasser und Taxcutter
und Waffennarren wie Marco Rubio inzwischen als „gemäßigt“ tituliert zu sehen,
hoffe ich natürlich auf Trumps Durchsetzungsvermögen.
Das ist
genau wie mit den Horrorklerikern TVE und Müller,
die von ihrer eigenen Institution (vorerst) gestoppt wurden.
Als
Atheist kann man sich solche Kirchenschrecks nur wünschen, weil sie
ausgesprochen effektiv dabei helfen die Austrittszahlen in die Höhe zu treiben.
Ebenso
ist es mit Trump und der Grand Old Party. Je schlimmer der Präsident, desto
schlechter für die Partei – und umso besser für die Demokraten.
Ich
wünsche mir eine sehr viel linkere und liberalere Regierung in den USA und da
kann ein halbwegs vernünftiger GOP-Präsident, der womöglich auch noch versteht
was er tut und sich durchsetzen kann, nur schaden.
Es lebe
das Trump-Chaos.
Seine
fanatische Basis muß erst auf die harte Tour lernen in welche ökonomischen und
politischen Abgründe sie geführt werden. Je früher Trump durch eine etwas
weniger geistesgestörten Republikaner ersetzt wird, desto größer die Chance,
daß sich eine Dolchstoßlegende entwickelt und diese 30 bis 50 Millionen
radikalen Morons weiter die Politik bestimmen.