Merz macht es wie Trump. Er lügt. Und er lügt nicht stringent.
Er bleibt nicht bei einer Linie, sondern tönt voller Emphase und Empörung immer das, was gerade beim aktuellen Auditorium am besten ankommt. Im Gespräch mit westdeutscher Presse, pfeift er seinen nördlichsten Rivalen Daniel Günther zurück, nachdem dieser verlangte, die deutschen Kernkraftwerke dauerhaft weiterlaufen zu lassen.
[….] Günther erhielt direkt Gegenwind von seinen grünen Koalitionspartnern. Und auch vom eigenen Parteichef gibt es keine Rückendeckung: Laut „Bild“ soll Friedrich Merz das „endgültige AKW-Aus im April 2023 für unumkehrbar“ halten. Als Grund gab er fehlende Brennstäbe an, die nicht bestellt wurden. Somit gebe es keine Voraussetzung für den Weiterbetrieb der Meiler über den April hinaus. [….]
Man staunt. Ein seriöser Merz, der auf technische Fakten verweist?
Aber es ging darum, Ministerpräsident Günther einzunorden. Noch vor wenigen Wochen machte Merz selbst massiv Propaganda für den Weiterbetrieb der AKWs. Und zwar völlig ohne Rücksicht auf Fakten.
[….] Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat mit einer Aussage zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken für Verwirrung gesorgt. Kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen warb Merz für einen Weiterbetrieb des Atomkraftwerks in Lingen. Das Problem: Der Betrieb wurde bereits im Januar 1979 eingestellt.
„Die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in Niedersachsen am Sonntag ist auch eine Volksabstimmung über einen Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Lingen“, twitterte Merz kurz vor der für CDU und SPD entscheidenden Wahl am Sonntag. Der Weiterbetrieb sei einer von drei Bausteinen, damit zehn Millionen Haushalte weiter sicher mit Strom versorgt werden könnten. [….]
(Kölnische Rundschau, 07.10.2022)
Der CDU-Chef pöbelt wider die Schwachen und Notleidenden, wenn er (leider zu Recht) annimmt, das komme bei den Wählern gut an.
Befeuert von Springer, werden derzeit die „Klimakleber“ gehasst, wie die Pest.
Keine Talkshow, in der man sich nicht über die Aktivisten empört. Und so wettert auch Merz völlig überzogen gegen die „Klima-RAF“, während er die faschistische AfD schont und umschmeichelt.
Die AfD ist im Osten bis weit in die CDU-Kernwählerschaft sehr beliebt. Merz ist nicht interessiert an Anstand, Moral oder der Erhaltung der Demokratie, sondern nur an vielen Stimmen und seiner eigenen Macht. Da blinkt er immer wieder rechts-braun.
Als der sächsische Ministerpräsident den inzwischen berüchtigten xenophoben CDU-Landrat Udo Witschas verteidigte, rief Merz ihn demonstrativ nicht zur Raison.
Schelte an den Sachsen kam nur in mildem Ton vom CDU-Generalsekretär.
Denn offiziell, für die Westmedien, hatte Merz eine „Brandmauer“ gegen die AfD installiert.
[….] Im Landesvorstand der sächsischen CDU gibt es Kritik am Bundesgeneralsekretär Mario Czaja. Hintergrund ist dessen klare Distanzierung von den flüchtlingsfeindlichen Aussagen des Bautzner Landrats Udo Witschas. »Ich sage im Namen des Parteivorsitzenden, des Parteivorstandes und der Christdemokratinnen und Christdemokraten in Deutschland: Wir distanzieren uns mit Nachdruck von der Wortwahl des Bautzener Landrats«, schrieb Czaja auf Twitter. »Menschen, die in unserem Land Schutz suchen, verdienen unsere Hilfe, unsere Fürsorge und werden mit Respekt und Anstand behandelt. Wir sind Demokraten und Christen und stehen zu unserer Verantwortung.« [….] Im sächsischen Landesvorstand sorgt die Distanzierung Czajas von Witschas’ Aussagen für Unmut. Ein entsprechender Screenshot des Gruppenchats der Landesführung liegt dem SPIEGEL vor. »Was soll man von einer CDU halten bei den Äußerungen aus Berlin zu unserem Landrat aus Bautzen? Nicht alles gelesen, nicht zugehört, dem Volk nicht aufs Maul geschaut«, schreibt in dem Chat etwa Klaus Leroff, der frühere Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion. [….] Ebenfalls deutlich im Chat des Landesvorstands wird Matthias Grahl, Mitglied im Landespräsidium, enger Freund des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Vorsitzender der Bautzener Kreistagsfraktion. »Zumindest wäre es klug gewesen, wenn man sich aus Berlin mal die Mühe gemacht hätte und eine klitzekleine Nachfrage bei den Delinquenten riskiert hätte zu Hintergründen und Tatsachen«, schreibt Grahl im Chat. [….]
Aber diese Brandmauer ist eben nur eine der Merz-Lügen. In Wahrheit kooperiert die CDU dauernd mit der AfD. Und genau das kommt in Ostdeutschland gut an.
Deswegen pestet Merz gegen Günther und läßt Kretschmer Spielraum, um mit den Füßen im faschistischen Sumpf zu plätschern.
[….] Es ist mehr als überfällig, dass sich die Bundesspitze der CDU jetzt von ihren Parteikollegen in Bautzen distanziert. Besser spät als nie, aber deshalb noch lange nicht gut genug. Unter dem Kommando von Parteichef Friedrich Merz gibt es angeblich eine Brandmauer, die dort steht, wo die Grenzen zwischen konservativen und rechtsextremen Positionen verläuft. Das sollte eigentlich auch eine unverhandelbare Grenze zwischen der CDU und der AfD sein. Vor allem im sächsischen Bautzen wird sie aber mutwillig übertreten. [….] Für die CDU ist das aber mit mindestens zwei gravierenden Problemen verbunden. Erstens spielt sie mit ihrem Ruf als christliche, humane Partei, wenn sie das Bautzener Modell duldet und sich dem Verdacht aussetzt, im rechtkonservativen Lager auf Stimmenfang gehen zu wollen. Zweitens haben führende Köpfe der Union eigentlich längst begriffen, dass sie sich damit in eine strategische Sackgasse begeben würden. CSU-Chef Markus Söder brachte diese Erkenntnis einst auf die griffige Formel: Man kann das Stinktier nicht überstinken. Daran sollte sich auch Friedrich Merz jederzeit erinnern. […..]