Dienstag, 25. Dezember 2012

Eine schreckliche Familie




 Joseph Martin Kardinal Schröffer (* 20. Februar 1903 in Ingolstadt; † 7. September 1983 in Nürnberg) war einer der Vorgängerbischöfe Walter Mixas. Im Dom zu Eichstätt befindet sich auch der Sarkophag Schröffers.
Das Bayerische Bistum Eichstätt ist ein zur Kirchenprovinz des Erzbistums Bamberg gehörendes Suffraganbistum und wurde nach dem Krieg mit Vertriebenen regelrecht überflutet. In der Amtszeit Schröffers, 1948–1967, verdoppelte sich die Anzahl seiner Schäfchen.

Bayern ist seit 50 Jahren zwar nicht der Hort der Vertriebenen, aber dennoch der Hort der ewig-gestrigen reaktionären Ansichten, welche die Vertriebenen-Funktionäre bis heute kultivieren.
Die meisten Nachfahren der im Zuge der Kriegsereignisse nach Westen Geflohenen machen sich heute nicht tatsächlich mit den reaktionären Kriegstreibern Erika Steinbach oder Bernd Posselt gemein. Diese braunen Ausgeburten der schlimmsten Aspekte des Menschen dürfen für CDU und CSU in den Parlamenten sitzen, um die Revanchisten an die Wahlurnen zu holen. 
Daher geht auch jeder Bayerische Ministerpräsident zu den grotesken Trachtenversammlungen der Ostpreußen und Sudetendeutschen.

Es handelt sich bei ihnen um eine „imagined community“ – eine erfundene oder eingebildete Gruppe. Denn einen sudetendeutschen Stamm hat es niemals gegeben. Begriff und Sache der Sudetendeutschen sind erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erdacht worden. Verantwortlich dafür zeichneten deutsch sprechende Böhmen, die sich von ihren tschechischen Landsleuten unterdrückt fühlten. Die sogenannten Sudetendeutschen wurden dann im Herbst 1938 von einem Mann namens Adolf Hitler „befreit“. Zum Dank dafür haben sich viele von ihnen an der Unterdrückung und Verfolgung der Tschechen und Slowaken während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg beteiligt. Deshalb haben sich die Tschechen 1945 von den Sudetendeutschen befreit und sie nach Deutschland vertrieben.
Dort wurden sie mit offenen Armen aufgenommen und für den Verlust ihrer Heimat mit reichlich Geld entschädigt, aufgebracht bis heute vom deutschen Steuerzahler. Die Funktionäre der Sudetendeutschen Landsmannschaften nutzen die staatliche Alimentierung, um Jahr für Jahr zu Pfingsten rechte und revisionistische Kundgebungen zu veranstalten, auf denen von Tschechien die Rückgabe des Sudetenlandes verlangt wird. Das verstößt zwar gegen nationales und internationales Recht, wird aber toleriert, nicht zuletzt auch von der Bundesregierung.


Ein Neffe Kardinal Schröffers sog dieses braun-reaktionäre Gedankengut mit der Muttermilch ein.
1933 im nordböhmischen Ústí nad Labem geboren, verschlug es Alfred Schickel zu seinem Bischofs-Onkel nach Ingolstadt. Dort wurde er ohne Lehramtsprüfung Geschichtslehrer am kirchlichen Gnadenthal-Gymnasium.
Als Hobby-Historiker erforschte er den zweiten Weltkrieg und fand bald heraus, daß die Polen den Krieg begonnen hatten, daß die USA die Schuld am WK-II tragen.

Er veröffentlichte verschiedene Aufsätze und Bücher, vorzugsweise zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Dass der 1939 ausgebrochen sei, dafür könne man nicht Hitler und die Deutschen verantwortlich machen. Vielmehr hätten das der US-Präsident Franklin D. Roosevelt und die Polen verschuldet. Roosevelt sei es gewesen, der die Republik Polen in ihren chauvinistischen „Großmachtplänen“ bestärkt habe, Deutschland zu teilen und die Deutschen im Osten aus ihren Siedlungsgebieten zu vertreiben – dies wohlgemerkt schon in den dreißiger Jahren. Hitler sei einem unmittelbar bevorstehenden polnischen Angriff am 1. September 1939 zuvorgekommen, um dann freilich am 5. Oktober 1939 ein „großzügiges Friedensangebot“ an die polnische Regierung zu machen. Wäre das von den Westmächten angenommen worden, wäre der Zweite Weltkrieg „vermeidbar“ gewesen.
Natürlich ist das alles historischer Unsinn. Dennoch war und bleibt so etwas politisch gefährlich. Die Kriegsschuld-Lüge gehört wie die Auschwitz-Lüge zum ideologischen Standardrepertoire (west-)deutscher Rechtsextremisten. Dadurch verwandeln sich deutsche Täter in bedauernswerte Opfer, wird eine Revision der europäischen Nachkriegsordnung verlangt.

 Die organisierten „Vertriebenen“ aus dem politischen Dunstkreis von CSU und CDU waren begeistert und beauftragten Schickel mit mehreren „Gutachten“.

Er erklärte das „Münchner Abkommen von 1938“ für immer noch geltend und befand die Gebietsabtretungen der Tschechoslowakei an Deutschland für rechtens. 
Ebenso leitete er einen deutschen Anspruch auf polnisches Territorium her.

Einmal in Fahrt, verschrieb sich Schickel nun endgültig der rechts-reaktionären Sache. 
Hitler-Deutschland als armes Opfer der aggressiven Tschechen und Polen wurde Forschungsobjekt eines 1981 eigens von Schickel gegründeten Instituts.
 Dort wurde munter der Holocaust in Frage gestellt. Der Bayerische Verfassungsschutz beobachtete.

Spätestens vor 30 Jahren wäre es also an der Zeit gewesen den braunen Bayern in eine Gummizelle zu stecken.

Ich zitiere ausnahmsweise Wikipedia: 

Die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt e.V. (ZFI) ist ein geschichtsrevisionistischer Verein in Ingolstadt. Sie wurde 1981 […] als Konkurrenz zum renommierten Institut für Zeitgeschichte in München gegründet. Nach Bernd Wagner (1994) gilt das ZFI in Deutschland als „geistiges Zentrum rechtsextremer Kreise für historische Forschung“. Auf Tagungen und Veranstaltungen werde eine systematische Verharmlosung des Nationalsozialismus und die Leugnung der Kriegsschuld betrieben. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit Zeitschriften wie Junge Freiheit, Europa Vorn, Nation und Europa und Deutschland in Geschichte und Gegenwart, die ähnliche Ziele verfolgen.  Der Leiter der ZFI, Schickel, schrieb beispielsweise 1980, dass die Zahl von sechs Millionen ermordeter Juden „heute in der zeitgeschichtlichen Wissenschaft nicht mehr ernsthaft vertreten“ werde. Die bis auf Schickel bereits verstorbenen Gründer der ZFI arbeiteten mit rechtsradikalen und geschichtsrevisionistischen Organisationen zusammen. […] Die SPD und andere kritisierten, dass Alfred Lehmann (CSU), Oberbürgermeister von Ingolstadt, mehrmals an ZFI-Tagungen teilgenommen hat und dass Horst Seehofer […], lobende Grußworte sandte
(Wiki)

 Was macht man mit so einem Irren und seinem ZFI?

Nun, die deutsche Bundesregierung unter Helmut Kohl und Angela Merkel fand Anfang der 1990er Jahre eine tolle Lösung.
Sie förderten das ZFI finanziell und zeichneten Schickel 1992 mit dem „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ aus.

Auch die Bayerische Landesregierung zog schnell den Verfassungsschutz ab und hofierte die Rechtsextremen. Anfragen des SPD-Rechtspolitikers Florian Ritter an die Staatsregierung (2006) blieben folgenlos.

Unterdessen wurde Schickel weiter mit Auszeichnungen überhäuft. 
Er schmückt sich mit dem Egon-Schwarz-Preis für Publizistik (1986), der Dr. Walter-Eckhardt-Ehrengabe für Zeitgeschichtsforschung (1986), dem Kulturpreis für Wissenschaft der Sudetendeutschen Landsmannschaft (1989), der Bismarck-Medaille und Bundesverdienstkreuz am Bande (1989).
 Das „Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ hatte der Bayerische Ministerpräsident Max Streibl beantragt.

Alt- und Neonazis mit bundesrepublikanischen Preisen zu überschütten ist so selten nicht. 

Nazi-Protagonisten und ausländische Diktatoren wurden mit dem handemaillierten Bundes-Blech geehrt:
* Hans Maria Globke, einer der Kommentatoren der Nürnberger Rassengesetze und Staatssekretär Konrad Adenauers;
* Heinrich Bütefisch, der mithalf, daß Auschwitz-Häftlinge Zwangsarbeit für die I.G. Farben leisten mußten und als Kriegsverbrecher verurteilt wurde;
* Felix Alexander Prentzel, im Reichswirtschaftsministerium Vizechef der Abteilung "Besetzte Ostgebiete" und später Bonner Ministerialdirigent;
* Alfred Schickel, der sich als rechtsradikaler Historiker um die Entschuldung des Nationalsozialismus müht;
* Manuel Fraga Iribarne, Informationsminister der Franco-Diktatur, und Vize-Präsident Luis Carrero Blanco, ausgewiesene spanische Faschisten.
Mal weniger, mal mehr Verdienste hatten kleine und große Irrlichter, die angeblich Leistungen vollbrachten, "die im Bereich der politischen, der wirtschaftlich-sozialen und der geistigen Arbeit dem Wiederaufbau des Vaterlandes dienten" (Ordenserlaß). So wurden der bayerische Bauunternehmer und Steuerflüchtling Eduard Zwick sowie der Sparkassendirektor Gerd Höllemann, der eine halbe Million veruntreut haben soll, staatlich dekoriert.

 Schickel „erhielt staatliche Gelder und das reichlich“ (Wolfgang Wippermann). 
So konnte er zahlreiche Rechtsextremisten und Revisionisten um sich scharen. Bis heute ist er mit seinem rechtsradikalen Netzwerk aktiv - mit freundlichen Grüßen von der CSU.
Man fragt sich instinktiv weshalb im Jahr 2012 nicht endlich auch die CSU-FDP-Regierung in München die Verbindungen zu den Altnazis kappt.

Die Antwort ist leicht: CSU und FDP sind Moral und Anstand vollkommen gleich. 
Ihnen geht es um Wählerstimmen und die generiert so ein schwarzbrauner Verein immer noch.
Im gemeinen Volk applaudiert man, wie Wippermann, 67, (Professor für Neuere Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut in Berlin und hält Lehraufträge an der Universität der Künste Berlin und der Fachhochschule Potsdam) feststellen mußte. 

Ich hatte die Ehre, aber nicht das Vergnügen, mit Schickel in Ingolstadt zu diskutieren, dies geschah vor einem großen und gutbürgerlich in Dirndl und Trachtenjanker gewandeten Publikum. Erfolgreich war das nicht. Schickel zeigte sich uneinsichtig und beharrte auf seinen Kriegsschuld-Lügen. Dafür erhielt er viel Beifall. Niedergeschrien wurde dagegen ein Ingolstädter Bürger, der sich erkühnte zu sagen, dass Hitler ein Verbrecher gewesen ist. Seitdem erschreckt mich nichts mehr.