Samstag, 8. September 2012

Hüben wie drüben: Nicht geliefert.



Barack Obama beklagte vorgestern bei seiner großen Nominierungsrede es sei Zeit „some nation-building“ zu Hause in den USA zu betreiben, statt „Trillion Dollar“ in Kriegen zu wasten, wie es die Republikaner wollten.
My opponent said it was “tragic” to end the war in Iraq, and he won’t tell us how he’ll end the war in Afghanistan. Well I have, and I will. And while my opponent would spend more money on military hardware that our Joint Chiefs don’t even want, I will use the money we’re no longer spending on war to pay down our debt and put more people back to work rebuilding roads and bridges and schools and runways.
Because after two wars that have cost us thousands of lives and over a trillion dollars, it’s time to do some nation- building right here at home.
Wer würde ihm da widersprechen?
Das wäre schon eine gute Idee endlich mal die völlig marode Infrastruktur der USA zu modernisieren. Brücken, Dämme, Tunnel - alles rottet vor sich hin. 
In Deutschland werden jedes Jahr zig Milliarden Euro in den Straßenbau gesteckt. Manche behaupten daher auch, das deutsche Kapital läge buchstäblich auf der Straße. 
Eine voll funktionsfähige Stromversorgung, Internetanbindung, schnelle Verkehrsanbindungen sind ein enormer Wettbewerbsvorteil für alle in Deutschland ansässigen Unternehmen.
Nun ja, wie ich diese Bundesregierung kenne, wird sie auch dieses „Kapital“ kontinuierlich verplempern.
Schon vor Jahren hatte Merkel eine deutschlandweite Versorgung mit Highspeed-Internetverbindungen versprochen. 
Wie so ziemlich jede ihrer Versprechungen - man erinnere sich nur an Klimaziele und Bildungsgipfel  - ist daraus nie was geworden. Die zuständigen Minister schlafen und das Thema wurde still und heimlich beerdigt.

Obamas „nation-building at home“ hat auch nicht geklappt. 
Nach wie vor genügt ein Stürmchen, das in Deutschland gar nicht erwähnenswert wäre, um in Amerika so viele uralte rostige über-Land-Strommasten umzuknicken, daß Millionen Menschen ohne Strom sind.
Ich habe versucht herauszufinden, wieso Obama „nicht geliefert“ hat. 
Eine Antwort habe ich nicht gefunden. Natürlich, die komplett fanatisierten republikanischen Gouverneure nehmen keine staatlichen Gelder und der Kongress blockiert sowieso alles, das aus dem Weißen Haus kommt. 
Ob Obama sich mit mehr Druck aber dennoch hätte durchsetzen können? Da scheiden sich die Geister.
Es mag ein Trost sein, daß der amerikanische Infrastruktur-Nachteil gegenüber Deutschland bald aufgehoben sein könnte.
 Immerhin stümpern hierzulande einige der unfähigsten Minister der letzten 100 Jahre - Aigner und Rösler - an der sogenannten „Energiewende“, die sie nach Herzenslust sabotieren. 
Von Leitungsausbau kann unter solchen Typen keine Rede sein.

Einen anderen Punkt, den Obama in seiner Nominierungsrede ausführlich beleuchtete, waren seine Anstrengungen in der Bildungspolitik.
Millionen Jobs wären nicht besetzt, weil sich keine genügend qualifizierten Amerikaner dafür fänden. US-Firmen wären im großen Stil gezwungen sich Fachkräfte im Ausland zu suchen.
We can gut education, or we can decide that in the United States of America, no child should have her dreams deferred because of a crowded classroom or a crumbling school. No family should have to set aside a college acceptance letter because they don’t have the money. No company should have to look for workers overseas because they couldn’t find any with the right skills here at home. That’s not our future. […] Help me recruit 100,000 math and science teachers within ten years, and improve early childhood education.
Help give two million workers the chance to learn skills at their community college that will lead directly to a job. Help us work with colleges and universities to cut in half the growth of tuition costs over the next ten years.
Neu ist auch das nicht. Der große Soziologe  Richard Sennett beklagte 2008 im SZ-Interview die Verblödung seiner US-Landsleute.
Sennett: Die USA haben eine effektive Analphabeten-Quote von 28 Prozent.

SZ: Ist das Ihr Ernst?

Sennett: Es geht um effektiven Analphabetismus, und der liegt dann vor, wenn jemand einen einfachen Vertrag oder einen längeren Text nicht lesen kann. Das Ausbildungsniveau ist sehr niedrig. Die USA importieren Ingenieure und Programmierer, weil es die entsprechenden Fertigkeiten hier nicht gibt. Ich weiß, dass das merkwürdig klingt: Amerika ist ein reiches Land und befindet sich doch im Niedergang.

Es ist schwer einheitliche Zahlen zu finden - während Wikipedia von 44 Millionen Analphabeten in den USA schreibt (das National Institute of Literacy zitierend), gibt es andere Studien, die auf etwas weniger Lese-Unfähige kommen.
Das US-Bildungsministerium gab eine Studie in Auftrag, die die Verbreitung des Analphabetentums bei Erwachsenen in der US-amerikanischen Gesellschaft untersuchen sollte.
 Das Ergebnis der Studie, für die 19.000 Menschen untersucht wurden, ist erschreckend: 32 Millionen Erwachsene in den USA, also jeder Siebte, können nicht richtig lesen und schreiben.    Besonders schwer wiegt die Lage in den Bundesstaaten Kalifornien, New York und Florida, wo sich die Lese- und Schreibfähigkeit der Erwachsenen seit der letzten Studie im Jahr 1992 weiter verschlechtert hat.
 Für die Zukunftsfähigkeit eines Landes ist das nicht gerade ideal. 
 Insbesondere nicht, wenn mit China und Indien zwei Giganten als Konkurrenz heranwachsen, die gewaltige Bildungsanstrengungen unternehmen.
Schon heute unterhalten alle großen Software-Unternehmen ihre wichtigsten Entwicklungszentren in Indien.

Gastmann geht unter anderem der Frage „Was ist ein Computer-Inder?“ nach - [watch 11.00- 16.00
In Bangalore, dem „silicon valley“ Indiens, besucht er das „IIIT-B“.
The International Institute of Information Technology, a Deemed University, popularly known as IIIT-B, was established in 1999 with a vision to contribute to the IT world by focusing on education and research, entrepreneurship and innovation.
Jedes Jahr werden in Indien 400.000 „Computer-Inder“ ausgebildet, wovon 90% für ausländische Firmen arbeiten. 
Siemens, Robert Bosch und SAP - sie alle hocken in Bangalore und lassen dort die hightech-Arbeit machen, die zu Hause keiner mehr kann.

Die Indische Firma “Tutor Vista” gibt Online-Nachhilfe in der ganzen Welt. 
80-90 % ihrer Schüler sitzen in Amerika, der Rest kommt aus Europa. 
2000 indische Professoren unterrichten amerikanische Schüler in ENGLISCH, Mathe und Naturwissenschaften, weil deren eigene Lehrer nicht qualifiziert genug sind.

Auf Gastmanns Frage, ob die amerikanischen Schüler eigentlich sehr dumm wären, antwortet man in Indien mit einem entschiedenen „Nein“. Immerhin 2 bis 3 von zehn Amerikanischen Schülern wären talentiert.

Zurück nach Deutschland. 
Da haben wir die ewige Bildungsministerin Annette Schavan, die auf etwas dubiose Weise ihren Doktortitel erlangte (Direkt-Promotion ohne vorherigen akademischen Abschluß und Verwendung jeder Menge nicht gekennzeichneter Eigenplagiate) und leider keine Zeit für Bildungspolitik hat, weil sie Dutzende religiöse Bücher schreibt und täglich das Stundengebete praktiziert.

Wenig verwunderlich, daß Deutschlands völlig verfehlte Schul- und Hochschulpolitik (Zugangsbeschränkungen, Studiengebühren, selektions-Schulsystem) PISA-Krüppel und keine Fachleute hervorbringt.
[Der Bundesbildungsbericht, den Bund und Länder bei unabhängigen Wissenschaftlern unter Leitung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF)in Auftrag gaben zeigt], dass eine Schicht von 15 bis 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen von diesen Chancen dauerhaft ausgeschlossen bleibt. Sie können nicht richtig lesen oder Texte verstehen, brechen die Schule oder die Lehre ab und nehmen auch nicht an Weiterbildungskursen teil.
"Es gibt eine Gruppe, die unten hängt und da nicht mehr rauskommt", fasste Thomas Rauschenbach, Präsident des Deutschen Jugendinstituts zusammen. Sein Kollege Martin Baethge vom Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut aus Göttingen ergänzte: "15 bis 20 Prozent der Jugendlichen befinden sich im Abstiegsstrudel".
 Dafür aber immerhin 13 Millionen Leser der BILD-Zeitung.

Deutschland hat nicht nur eine bildungsferne Schicht, einen geistigen Bodensatz, sondern ein stabiles, festes und tiefes Fundament aus Idioten.
Bei einer Reichweite von 13 Millionen Lesern kann man bei der BILD nicht von einer überschaubaren Schicht sprechen; nein es wird in gewaltigem Ausmaß systematisch verblödet.

Neben diesen 13 Millionen partiellen geistigen Analphabeten, gibt es in Deutschland zusätzlich noch 7,5 Millionen reale Analphabeten, die tatsächlich nicht schreiben und lesen können.
In Deutschland können etwa 7,5 Millionen Erwachsene keine einfachen Texte lesen oder schreiben. Damit zählten mehr als 14 Prozent der Erwerbsfähigen zu den sogenannten funktionalen Analphabeten, heißt es in einer Studie der Universität Hamburg. Diese können nur einzelne Sätze, nicht aber zusammenhängende Texte lesen und schreiben.
Damit sind hierzulande doppelt so viel Menschen vom funktionalen Analphabetismus betroffen als bislang gedacht. Zwei Millionen von ihnen scheitern der Studie zufolge schon an Sätzen, 300.000 Menschen sogar an einzelnen Wörtern. Analphabetismus im engeren Sinne zeigt sich damit bei etwa vier Prozent der Bevölkerung.
Die Hamburger Professorin Anke Grotlüschen hatte für die Studie mehr als 8000 Erwachsene befragt. Damit lägen nun erstmals umfassende Zahlen über den Analphabetismus vor, sagte die Wissenschaftlerin. Bisher gingen Schätzungen von etwa vier Millionen Menschen mit funktionalem Analphabetismus aus. 60 Prozent sind Männer, 40 Prozent Frauen. Menschen mit höherer Bildung stellen 12 Prozent der funktionalen Analphabeten.
(Zeit 28.02.2011)
Sechs Millionen der insgesamt 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten haben in Deutschland einen regulären Schulabschluß erworben.

Zusammen mit den BILD-Lesern sprechen wir also von mindestens 20 Millionen Verblödeten.


Genaues weiß man aber auch in Deutschland nicht.
 Frau Schavan hat das nie prüfen lassen. So gibt es auch Untersuchungen, die auf an die zehn Millionen „funktionale Analphabeten“ in Deutschland hinweisen.

Die SZ verweist auf neuere Studien, wie sie unter anderem die Hamburger Professorin für Erwachsenenbildung Anke Grotlüschen erarbeitet.
Während Länder wie Frankreich und England seit Jahren mit aussagekräftigen Daten das Problem Analphabetismus angehen, wird in Deutschland kaum darüber geredet. 'Im Land der Dichter und Denker darf es das wohl nicht geben', sagt Anke Grotlüschen.
(SZ, 14.08.10)
2011 wurde die Studie der Uni Hamburg fertig.



Demnach können gut 14 Prozent der Erwerbstätigen (18 bis 64 Jahre) in Deutschland nur einzelne Sätze lesen und schreiben. Selbst kurze Texte verstehen sie nicht.

Die Studie wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellt. Ausgangspunkt war die Frage, wie gut die erwachsene deutsch sprechende Bevölkerung tatsächlich liest und schreibt.

Fast doppelt so viele Betroffene wie geschätzt

Mehr als vierzehn Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung sind sogenannte funktionale Analphabeten und Analphabetinnen – das entspricht 7,5 Millionen Deutschen. Die Ergebnisse liegen weit über dem Schätzwert von etwa vier Millionen. Die Personen können einzelne Sätze lesen oder schreiben. Kurze Texte bewältigen sie aber nicht, was negative Auswirkungen auf ihre Teilhabe am sozialen Leben hat. Mit einem Anteil von rund 60 Prozent sind deutlich mehr Männer als Frauen betroffen. Für die Forschenden besonders überraschend: Mehr als ein Zehntel der funktionalen Analphabeten und Analphabetinnen verfügt über höhere Bildung, wie z. B. ein Studium
(Uni HH März 2011)
 
Vermutlich 9,5 Millionen erwachsene Menschen in Deutschland sind funktionale Analphabeten. 13 Millionen Deutsche lesen nur sehr langsam und fehlerhaft.

Das heißt, sie erkennen zwar einzelne Buchstaben, können aber nur bekannte Worte mühsam entziffern, so gut wie gar nicht schreiben und scheitern vor ganzen Sätzen.
Man braucht eine Menge Intelligenz, um sich dieses Problem im Alltag nicht anmerken zu lassen, stets Ausreden parat zu haben (Brille vergessen, Hand verletzt,…) und sich ohne Email, SMS, Fahrplan, Zeitung, Straßenschilder etc durchs Leben zu kämpfen.

Wie kann das angehen?
Wie kann Deutschland sich 15 - 20 % funktionale Analphabeten leisten, wie konnten die alle unser Schulsystem passieren?

Bei der Ursachenforschung verweist Frank auf die Berliner Psychologin Ute Jaehn-Niesert, die Expertin auf diesem Gebiet ist.

Wenn sie über die spricht, beschreibt sie eine Welt ohne Bücher und Briefe; eine Welt, in der Bildung einen geringeren Stellenwert hat als das tägliche Fernsehprogramm. 'Die Betroffenen haben von ihren Eltern nie gelernt, dass Lesen und Schreiben wichtig sind', sagt Jaehn-Niesert. Sie haben oft nicht mal gelernt, dass sie selbst wichtig sind. Analphabetismus trifft vor allem Menschen, die schon als Kinder wegen ihrer schlechten Sprachentwicklung auffallen - oft, weil in den Familien schlicht zu wenig gesprochen wird. Weil es Probleme gibt, Armut oder Arbeitslosigkeit oder Gewalt. Oder alles zusammen. Sorgen, die sprachlos machen. Die Lehrer allein aber können das nicht alles abfangen, und so brechen jährlich 70000 Jugendliche die Schule ohne Abschluss ab. Sie sind besonders gefährdet. Aber gerade Jüngere, die noch leicht lernen, kommen zu selten in die Abendkurse. 'Die negative Schulerfahrung ist zu frisch', sagt Ute Jaehn-Niesert.
(SZ, 14.08.10)
Es tut sich diesbezüglich leider gar nichts. 
Im September 2012 werden wieder einmal die gleichen Zahlen von der EU in den Raum geworfen.

Es bedeute einen massiven wirtschaftlichen Schaden, daß in den großen EU-Ländern an die 20 % der Menschen nicht ausreichend lesen und schrieben können. [Überraschung!!!]
Es ist die zentrale Fähigkeit für den Erfolg in Schule, Ausbildung, Job, Alltag: das Lesen. Jetzt zeigt ein neuer Bericht der EU-Kommission, dass gerade diese Kompetenz etwa einem Fünftel der Europäer entweder ganz fehlen soll oder dass sie das Lesen und Schreiben zumindest nicht ausreichend beherrschten, um ihren Alltag zu bewältigen.
Die Autoren der Studie bezeichneten diesen hohen Anteil als "Alarmsignal" angesichts der in Europa herrschenden Wirtschaftskrise. Nur gut ausgebildete Schulabsolventen könnten einen Job finden und zum Wachstum der Wirtschaft beitragen.
Nach Berechnung der Experten würde sich die Unterstützung von Schülern direkt auszahlen: Würde der Staat die Kompetenz von Schülern im Lesen, Schreiben, der Mathematik und den Naturwissenschaften besser fördern, könnte das Bruttoinlandsprodukt Europas um mehrere Billionen Euro steigen.
Nicht für alle Länder lagen den Experten präzise Zahlen vor, heißt es auf den Internetseiten der EU-Kommission, aber für Deutschland, Frankreich und Großbritannien liege der Anteil derer, die nicht ausreichend lesen können, bei 20 Prozent.
Frau Schavan liefert nicht. Warum sollte sie auch. 
Die Bundeskanzlerin veranstaltete drei „Bundesbildungsgipfel, die allesamt scheiterten. Anschließend wurde das Thema „Bildung“ von dieser Bundesregierung offiziell beerdigt und das Volk der fortschreitenden Verdummung überlassen.
Wie sollte man auch etwas an der Situation ändern, wenn man dringend der Pharmalobby oder den Hoteliers Milliardengeschenke machen muß?

Nur lau springt die Opposition auf die Kritik der EU an.
Deswegen fordert die SPD-Bundestagsfraktion eine Alphabetisierungsdekade in
Deutschland: eine gemeinsame Kraftanstrengung aller relevanten Akteure aus
Politik, Wirtschaft, Medien und Verbänden, um schrittweise die Zahl der
Menschen mit Lese- und Rechtschreibschwäche zu verringern.
Anfang 2011 hat Bundesbildungsministerin Annette Schavan angekündigt, einen
gesellschaftlichen Pakt für Alphabetisierung und Grundbildung zu initiieren.
Geschehen ist wenig. Zwar gibt es inzwischen eine gemeinsame Vereinbarung mit
den Ländern, doch diese weisen kaum konkrete Ziele auf. Statt auch
finanziell eine Vorreiterrolle einzunehmen, schiebt die Bundesregierung die
Verantwortung über wesentliche Maßnahmen auf die Länder und Kommunen ab.
Dies ist keine wirksame Hilfe für die 7,5 Millionen funktionalen
Analphabeten in Deutschland.


Frau Merkel versündigt sich an Deutschlands Zukunft!