Dienstag, 18. November 2025

Rechts bröckelt es.

Es ist doch eigentlich sympathisch; wie die US-Demokraten und deutsche Sozis, keine obrigkeitshörige Kaderpartei zu sein. Sie kontrollieren ihre eigenen Chefs genau und stellen das Wohl des Volkes vor Macht- und Partei-Interessen.

Unglücklicherweise können die sehr viel skrupelloseren Rechten, die nach dem Allgemeinwohl ausgerichtete Orientierung der Linken immer wieder ausnutzen. So wurden Merkel und Merz mit SPD-Stimmen zu Kanzlern gewählt – „staatspolitische Verantwortung“. Trump obsiegte im Lockdown-Poker über die Demokraten, weil sie angesichts der Not der Menschen, die auf Lebensmittelspenden angewiesen in endlosen Schlangen in der Kälte bibberten, natürlich eher einknicken, als die Republikaner, die über keinerlei Empathie verfügen.

Innerhalb der CDU oder GOP brodelt es viel seltener und dementsprechend viel Wut muss sich angestaut haben, wenn einige wider des Corpsgeistes gegen die großen Führer aufbegehren. Merzt hat gerade ein echtes Problem mit den Jungen in der Fraktion, die offenkundig damit liebäugeln, die Koalition platzen zu lassen.

[…] Im engeren Sinne ist das keine Koalitionskrise. Der Streit über die Rentenpolitik ist schließlich einer, der, Stand jetzt, zur Abwechslung nicht zwischen den Parteien, sondern innerhalb der Union geführt wird. Es ist eine Merz-Krise. […] Merz ist damit an einem entscheidenden Punkt seiner Kanzlerschaft angelangt. […]

Merz hat vollkommen recht: Die Vorstellung, Deutschland könne nach einem Koalitionsbruch vernünftig regiert werden, ist abwegig. Als Kanzler einer Minderheitsregierung wäre Merz abhängig von eben jener AfD, die er eben erst als politischen Hauptgegner identifiziert hat. Die Vorstellung, die Rechtsextremen würden weniger gefährlich für die Demokratie, wenn man sie mit mehr Macht ausstattet, ist absurd und geschichtsvergessen.

Ebenso abwegig wäre die Vorstellung, die Union könnte gestärkt aus einer solchen Konstellation hervorgehen. Vielmehr würde sie Suizid begehen aus Angst vor dem Tod. Die Verantwortung liegt hier bestimmt nicht nur bei Merz. Alle, die nun in der Rentenfrage als selbsterklärte Anwälte der Jungen das Ende der schwarz-roten Koalition riskieren, sollten sich fragen, ob es der Zukunft der jungen Generation dient, wenn das Deutschland der Gegenwart ins politische Chaos schlittert. […]

(Daniel Brössler, 17.11.2025)

Noch viel seltener sind 2025er GOPer, die sich gegen Trump stellen, weil der rachsüchtige Diktator alle drei Staatsgewalten kontrolliert und über eine messianisch treue Basis verfügt, die auf sein Geheiß, jeden noch so verdienten Republikaner (Liz Cheney) abschießt, wenn Widerworte gewagt werden.

Aber Trumps erratischer Zickzack-Kurs gegenüber der Veröffentlichung der Epstein-Dokumente scheint tatsächlich dieser eine seltene Ausnahmefall zu sein, in dem seine Jünger ihm nicht zustimmen. Zu dreist war der Gegensatz von Trump vor seiner Wiederwahl, als er vollmundig versprach die „Epstein files“ zu veröffentlichen, die nur deswegen unter Verschluss wären, weil Demokraten etwas zu vertuschen hätten; und dem Präsidenten #47, der sich verzweifelt gegen die Veröffentlichung wehrt.

Es nahm selbst nach Trump-Maßstäben vollkommen abstruse Formen an, wie er Parlamentarier unter Druck setzte, die Veröffentlichung nicht zu erzwingen. Monatelang schwor Mike Johnson die gewählte Demokratin Adelita Grijalva nicht in den Kongress ein. Während Trump und Vance im hochgeheimen White House-Situationroom auf Abtrünnige, wie Bobo Boebert eindrosch und sogar sein glühendes Fangirl MGT verdammte.

Die ultrarechten Abgeordneten Boebert, Massie und Greene entwickelten Rückgrat.  


Natürlich nicht, weil sie plötzlich mutig oder ehrlich geworden wären, sondern weil sich die Basis in diesem Punkt von Trump abwendet und droht, sich gegen die Epstein-Vertuscher zu stellen.

Wir erinnern uns, als Trump nach seiner ersten Amtszeit hochgeheimes Material Kistenweise in Mar-A-Lago-Klos lagern ließ, prahlte er, als Präsident könne er alles „declassyfied“ erklären. Er könne sogar die Geheimhaltungspflicht aufheben, indem er nur daran denke.

Er hätte also als #47 jederzeit die Epstein-files veröffentlichen lassen können, ohne den Kongress zu involvieren. Er wollte aber nicht.

[….] Donald Trump hat alles versucht, um die Veröffentlichung aller Ermittlungsakten über den verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein zu verhindern. [….] Aber auch das hat nicht geholfen.

Darauf hat der Präsident mit einer Kehrtwende reagiert: Die Abgeordneten sollten für die Veröffentlichung stimmen, sagt er nun plötzlich. Es sei ihm egal, denn er habe nichts zu verbergen. Das ist offensichtlich ein Versuch, der Niederlage im Repräsentantenhaus zuvorzukommen und deren Schaden für den Präsidenten zu mildern. Die Botschaft vom späten Sonntagabend wirkt aber eher trotzig und verzweifelt als souverän.

Wer in Großbuchstaben schreibt „Es ist mir egal!“, erweckt den gegenteiligen Eindruck. Dass Trump die Veröffentlichung der Akten egal ist, glaubt ihm nach Monaten des Widerstands niemand. Überdies ist es absurd, die Abgeordneten dazu aufzufordern, die Regierung mit der Freigabe der Akten zu beauftragen: Trump könnte diese jederzeit veröffentlichen lassen. Dazu benötigt er keinen Befehl des Kongresses. [….]

(Charlotte Walser, 17.11.2025)

Trump ist nervös, weil er zur Kehrtwende gezwungen wurde.

Selbst für sein unterirdische Sprachniveau reagiert er besonders garstig auf Nachfragen zu dem Thema.

[….] Kurz vor Toresschluss Aufklärungswillen zu demonstrieren, nachdem man über Monate das genaue Gegenteil praktiziert hat, muss Misstrauen wecken. Besonders bei US-Präsident Donald Trump. Seine Kehrtwende im Fall Epstein ist ein falscher Fuffziger. Viel spricht dafür, dass der US-Präsident einem demütigenden Misstrauensvotum entgehen wollte. [….] Um vor die Welle zu kommen, hat sich Trump selbst zum Transparenz-Messias ausgerufen; mit angezogener Handbremse. [….] Und es gibt noch eine zugegeben kriminell klingende Variante für Trumps Sinneswandel: FBI & Co. hatten zehn Monate Zeit, die Epstein-Akten (nicht zu verwechseln mit der jüngsten E-Mail-Flut) nach für Trump inkriminierenden Details zu durchforsten. Wer will bei diesem Präsidenten drei Finger dafür heben, dass belastende Informationen nicht geschwärzt oder gelöscht wurden?  [….]

(Dirk Hauptkapp, FUNKE, 18.11.2025)

In der Tat, dafür muss man kein Verschwörungstheoretiker sein: Daß Patel und Bondi seit Januar die Akten in ihren Händen hatten, ohne sie zu manipulieren, ist bei der kriminellen Regierung höchst unwahrscheinlich.

Das House stimmte heute mit 427 zu 1 für das Transparenzgesetz, welches die Epstein-Akten offen legen soll. Ob der Senat zustimmt, ob Trump unterschreibt, ist noch unklar. Die Hintertür könnte die von Trump beauftragte Epstein-Untersuchung gegen Bill Clinton sein. Ein offenkundiges Ablenkungsmanöver, das aber auch dazu dienen könnte, die allgemeine Veröffentlichung mit Hinweis auf ein „laufendes Verfahren“ zu blockieren.