Samstag, 9. April 2022

Deutscher Rassismus.

Meine xenophobe Nachbarin hetzt jetzt noch mehr gegen syrische Flüchtlinge; man sehe, was für Feiglinge die wären; alles Männer, die ihre Kinder zu Hause im Bombenhagel ließen, während die tapferen Ukrainischen Männer für ihr Land kämpften und erst mal ihre Kinder und Frauen in Sicherheit brächten.

So kann man sich natürlich auch die Nachrichtenlage zusammen lügen, wenn man alles ausblendet, das dieser absurden Theorie widerspricht.

1.) Ukrainische Männer dürfen gar nicht ausreisen.

2.) In der Ukraine wird an der Seite der eigenen Regierung gegen einen Feind von außen gekämpft. Man steht maximal zusammen, während es in Syrien der eigene Präsident Assad ist, der sein Volk massakriert.

3.) Ukrainische Flüchtlinge sind in der EU willkommen, dürfen sich hier frei bewegen und ihre Familien zu sich holen.

4.) Der Ukrainische Fluchtweg nach dem Verlassen des Landes geht mit dem eigenen Auto oder kostenlos per Bahn, ist vergleichsweise ungefährlich, während Syrer ungeheuerliche Strapazen erleben, im Mittelmeer ertrinken oder durch grausame Pushbacks gequält werden.

5.) Ukrainer haben selbst eine EU-Grenze, die sie nur übertreten müssen, während Syrer möglicherweise über Jahre in Elendslagern feststecken.

6.) Ukrainer haben aber den Doppelvorteil, weiß und christlich zu sein; die Ossis waren ja ziemlich durchsäkularisiert und die Flüchtlinge von 2015/16 überwiegend mit dunklerem Teint gesegnet, als der von Kalkweiß bis Schweinchenrosa changierende Merkelbürger.  Deswegen gibt es nun erneut große Hilfsbereitschaft. Viele in Deutschland ankommende Ukrainer bekommen schnell private Wohnungen vermittelt. Für die auf Lesbos gestrandeten Kriegsflüchtlinge, die dort seit Jahren in elenden Verhältnissen vegetieren müssen, ohne daß ihnen eine einzige Wohnung in Deutschland angeboten wird, dürfte nun endgültig klar sein, welches das ausschlaggebende Kriterium für europäische Asylpolitik ist: Rassismus. Die Dunklen wollen wir nicht.  (Die europäische Flüchtlingspolitik ist ohnehin rassistisch geprägt).

Wie unter christlicher Ägide mit Flüchtlingen verfahren wird, zeigt sich insbesondere im katholischen Polen, welches von der streng katholischen PiS-Partei regiert wird.

[…..] An der polnischen Grenze sterben Menschen auf der Flucht - an Erschöpfung, Kälte, Hunger, Durst. Wer sich durch die sumpfigen Urwälder von Belarus nach Polen kämpft, ist dem falschen Versprechen des Diktators Alexander Lukaschenko aufgesessen, dass über Minsk ein vergleichsweise sicherer Weg in die EU führt - die Menschen aus dem Irak, Jemen, Syrien oder Afghanistan sowie vielen afrikanischen Ländern hoffen, in Europa ein besseres Leben führen zu können. Stattdessen erwartet sie oft die Brutalität der polnischen Grenzbeamten.  Diese Tragödie geht nicht allein auf Kosten der nationalpopulistischen polnischen PiS-Regierung. Mit ihrem Gerede von einer "hybriden Attacke" durch den belarussischen Diktator gab die EU der stramm rechten Regierung in Warschau den willkommenen Vorwand, mit aller Härte gegen Flüchtlinge aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika vorzugehen. Die Grenzschützer behandeln die Frauen und Männer, Kinder und Alten wie Angreifer und Staatsfeinde, die brutal abgewehrt werden müssen - und drängt viele von ihnen in illegalen Pushbacks auf die belarussische Seite.  Es sind ein paar Dutzend täglich, die kommen, im Vergleich zu den Hunderttausenden an der ukrainischen Grenze. Der Gegensatz könnte krasser nicht sein. Die polnische Regierung unterscheidet klar in Freund und Feind. […..]

(Viktoria Großmann, SZ, 02.04.2022)

Obwohl gerade Deutschland dringend auf Migranten angewiesen ist, wir brauchen viel mehr Immigration, sortieren wir nach Hautfarbe aus.

Die Prinzipien des Grundgesetzes – Menschenwürde, Familie – treten wir mit Füßen, wenn es sich nicht um Weiße handelt.

In der aktuellen Situation gibt es die rassistische Flüchtlingsauslese aber nicht etwa nur an den EU-Außengrenzen Osteuropas, sondern auch in Berlin.

[…] Am 3. März kam eine Frau ins Zuhause von Marwa Barakzai und forderte sie auf, es innerhalb eines Tages zu verlassen. Barakzai, ihr Mann und ihre beiden Kinder sollten ihre Sachen packen und ausziehen. Bis zum nächsten Tag, um zwölf Uhr. Ihre Wohnung werde benötigt, um Flüchtlinge aus der Ukraine unterzubringen. So erzählt es Barakzai heute. Ihre Stimme überschlägt sich fast am Telefon, als sie von dem Tag berichtet. »Anschließend ist das totale Chaos ausgebrochen.«  Barakzai lebte im Norden Berlins, in Reinickendorf, in einer Unterkunft für Geflüchtete. Ihren echten Namen möchte sie nicht veröffentlicht sehen, aus Angst vor Konsequenzen; er ist dem SPIEGEL bekannt. In der Unterkunft sei sie mit etwa 200 anderen Menschen untergebracht gewesen, vor allem aus Syrien und Afghanistan, sagt sie. Barakzai war erst seit diesem Jahr dort, sie war mit ihrer Familie Ende Januar aus Afghanistan angekommen. Andere Familien lebten dort schon seit Jahren. […] Es dauerte nicht lange, bis Flüchtlingshelfer in Berlin von den Verlegungen erfuhren. Auf Twitter machte Tareq Alaows, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats Berlin, darauf aufmerksam. »Das ist menschlich mehr als verwerflich und muss von der zuständigen Senatsverwaltung sofort gestoppt werden!« […]

(SPON, 09.04.2022