Montag, 6. März 2023

Die Wagenknecht-Sackgasse

Natürlich bestreite ich nicht Sahra Wagenknechts politisches und rhetorisches Talent. Sie ist insofern eine starke Frau, als sie sich nicht anpasst, nicht einnorden lässt und durch eigenständiges Denken zu ihren Schlüssen kommt. Sie ist so selbstbewußt, sich immer wieder öffentlich zu inszenieren, in den Vordergrund zu drängen. Unbeirrt glaubt sie an sich, hält sich für die auserwählte Gallionsfigur der unterdrückten Massen.

Sie ist auch optisch eine Ikone, wird erkannt, bewundert und garantiert nicht verwechselt. Daher reißen sich nach wie vor die Talkshowredaktionen um sie: weil sie über mehr Charisma verfügt, als alle anderen Gäste zusammen. Sahra Sarrazin verspricht Einschaltquote.

Meines Erachtens ist es keine sympathische Charaktereigenschaft, immerzu im Mittelpunkt stehen zu wollen und sich für viel schlauer als alle anderen zu halten.

Also Politikerin ist es aber immerhin eine nützliche und bis zu einem gewissen Grad notwendige Eigenschaft.

Sehr viel problematischer ist aber Wagenknechts eiskalte Mitleidslosigkeit, die schon seit ihren Tagen als Sprecherin der „kommunistischen Plattform“ sichtbar wird.

So konnte sich nicht in die Opfer hineindenken. Für sie war die DDR ein politisches System mit Stärken und Schwächen. Tatsächlich war schon die jugendliche Wagenknecht so unangepasst, daß sie anders als viele bekannte Ost-CDU-Größen (wie Angela Merkel) früh den Konflikt mit „dem Regime“ suchte, nicht zur FDJ ging, bestraft wurde, indem sie nicht zum Studium zugelassen wurde, während sich die gesamte CDU-Promiklasse widerspruchslos mit Mauer und Schießbefehl arrangierte. Wagenknecht dachte in Blöcken; in ideologischen Großauseinandersetzung. Nicht in humanistischen Kategorien. Sie fühlte nie, daß die DDR auch etwas war, das Dschungelkönigin Djamila Rowe widerfuhr. Rowe, geb. 1967, wuchs in Berlin Lichtenberg auf, ihre Mutter war „Republikflüchtling“. Die Stasi rächte sich an der 13-Jährigen Djamila, die in Umerziehungsheime gesteckt wurde, so gefoltert wurde, daß sie mehrere Suizidversuche unternahm und ihre Teenagerzeit in einer Isolationszelle verbrachte. Sippenhaft für ihre Mutter, die nicht in der DDR bleiben wollte. Aber Wagenknecht kann offenbar nichts empfinden für solche persönlichen Leidenswege. Ihr fehlt jegliche Empathie. Das muss man wissen, um zu verstehen, wieso sie bei ihrem weiteren Eindringen in die Verschwörungstheorien, niemals Empathie für die jeweilige Opfer aufbringen konnte.

Die Juden waren ihr egal, als sie sich mit den antisemitischen Gelbwesten einließ, die Queeren waren ihr egal, als sie gegen die „skurrilen Minderheiten“ wetterte, die bei Dürren und Missernten verhungernden Menschen sieht sie gar nicht, wenn sie die Maßnahmen gegen den Klimawandel ablehnt und die in Pflegeheimen sterbenden Senioren waren ihr egal, als sie gegen Corona-Impfungen Position bezog.

(….) Bei Sahra Sarrazin begann es mit der Übernahme der völkischen Ansichten ihres zweiten Mannes Oskar Lafontaine. Pegida? Eine legitime Protestbewegung, befand Wagenknecht im Januar 2015 und wollte mit ihnen reden. Nachdem sie einmal Multikulti und Migranten zu hassen gelernt hatte, ihre Liebe für den deutschen, weißen, nationalen, heterosexuellen Arbeiter entdeckte, posierte sie 2018 nur zu gern mit dem stramm antisemitischen Mouvement des Gilets jaunes, ließ sich demonstrativ auch in gelber Weste ablichten. Nun ging es Schlag auf Schlag: Covidiotie, Gender-Gegnerin und sie distanzierte generell sich von der Queer-Freundlichkeit der Linken, wollte nicht mehr jede „noch so skurrile Minderheit“ unterstützen.

(…) Ein sehr trauriger Fall einer schon seit Jahren auf der rechten schiefen Bahn wegrutschenden Frau ist Sahra Wagenknecht, die erst von ihrem Mann Oskar Lafontaine die xenophob-populistischen und völkischen Töne übernahm, dann aber auch bei den offensiv antisemitischen Gelbwesten mitmischte, sich gegen Homosexuelle positionierte, die US-Demokraten bekämpfte und Trump lobte, egoistisch gegen RRG agitierte, zur Freude der AfD migrantenfeindliche Mythen verbreitete und folgerichtig auch covidiotisch-populistisch gegen die „Inzidenz-Willkür“ wettert.

Wagenknecht ist lange verloren gegangen. Eine intelligente und gebildete Frau, die so tief im braunen Sumpf steckt, daß sie keine AfD-Trigger mehr auslassen kann. Kaum ein Nazi-Lieblingsthema, das sie nicht übernommen hätte. Zuletzt erwischt es eine der letzten Minderheiten, gegen die sie noch nicht gepoltert hatte:

[….] Wagenknecht warnt vor "immer skurrileren Minderheiten"   [….] Sahra Wagenknecht will offenbar Wählerstimmen ergattern, indem sie die Minderheitenpolitik der AfD übernimmt.  "Dieses Buch ist durchzogen von Menschenverachtung." Dieses Urteil über Sahra Wagenknechts neuestes Werk "Die Selbstgerechten", das nächste Woche erscheinen soll, stammt nicht von einem politischen Gegner der ehemaligen Oppositionsführerin im Bundestag, sondern von einem Parteifreund: Frank Laubenburg, der Bundessprecher der parteiinternen Vereinigung Die Linke.queer, ist empört über die Äußerungen der wohl prominentesten Politikerin seiner Partei. [….] Wörtlich schrieb Wagenknecht: "Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu lenken, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden, durch die sie sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und aus der sie den Anspruch ableiten, ein Opfer zu sein." Als Beispiel für solche "Marotten" nennt sie sexuelle Orientierung, Hautfarbe und Ethnie. Arme Menschen, die lediglich "weiß und hetero" seien, würden dagegen den angeblich begehrten Opferstatus nicht erhalten. [….]

(Queer.de, 08.04.2021)

Bei solchen Wagenknecht-Tiraden bekommen Hedwig Beverfoerde und Gabriele Kuby vor Glück einen Eisprung. (…)

(Auf der rechten, schiefen Bahn, 08.04.2021)

Inzwischen wurde bei Sahra Sarrazin Morbus Aluhutus im Endstadium diagnostiziert. Da gibt es keine Hoffnung auf Heilung mehr. Selbstverständlich schlägt sie sich beim Ukraine-Krieg auf Putins Seite und wird auch dafür von allen Rechtsextremen gelobt.  (….)

(Endlich Klassenkloppe, 03.08.2022)

Die Nazi-Opfer sind ihr egal, wenn sie völkisch daher redet, die sterbenden Bürgerkriegsflüchtlinge lassen sie kalt, wenn sie in Höcke-Diktion gegen Migranten agitiert und für sie sind auch die Ukrainischen Vergewaltigungsopfer offenkundig irrelevant, wenn sie dafür plädiert, Putin für seinen Angriff mit Gebietsgewinnen zu belohnen.

Es ist ein Muster. Die Frau ist eiskalt.

Ich mutmaße, daß sich ihre Charakterdefizite auch in ihren persönlichen Beziehungen wiederfinden. Wagenknecht, die kurioserweise wie die fast gleichalte Rowe ebenfalls einen iranischen Vater hat und ebenfalls in Ostberlin aufwuchs, heiratete früh. Ihr erster Ehemann Ralph Niemeyer, mit dem sie von 1997 bis 2013 verheiratet war, ist eindeutig ein Fall für die Klapsmühle. Der Reichsbürger-, DieBasis-, Querdenker-Covidiot gründete letztes Jahr eine deutsche Exilregierung in Wladiwostock und hält sich für den rechtmäßigen Bundeskanzler. Als solcher verhandelt er mit Putin und Gazprom-Chef Miller über die Wiederinbetriebnahme der Nordstream-Pipelines.

Ihr zweiter Ehemann Oskar Lafontaine steht dem kaum nach, wittert eine US-amerikanische Weltverschwörung und dürfte der einzige Deutsche sein, der Bundesvorsitzender von zwei Partien war, aus beiden austrat und fortan seine ganze Energie darauf verwendete, die eigene Partei zu zerstören.

Auch Wagenknechts neue Verbündete, die 80-Jährige Emma-TERF Schwarzer, zeigte letzte Woche auf ihrer Putinisten-Demo echte kognitive Ausfallerscheinungen.

Auch ihre wenigen verbliebenen politischen Verbündeten aus ihrem Landesverband NRW, scheinen geistig schwer angeschlagen zu sein. Beispielsweise Isabelle Casel, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft »Frieden und Internationale Politik« der Linken, verteidigt Wagenknecht enthusiastisch.

[….] Casel schreibt von einer »scheinheiligen Solidarität« mit der Ukraine. Wenn Russland besiegt werden solle, würde das bedeuten, »dass dann mindestens auch die Ukraine, möglicherweise ganz Europa oder die ganze Welt in Schutt und Asche liegt und ruiniert ist«. Dann kommt sie auf den Zweiten Weltkrieg zu sprechen, in dem die Alliierten Nazideutschland besiegten. »Und wer da nun wieder mit Hitler kommt. Nein es war nicht richtig ganz Deutschland mit seiner Zivilbevölkerung in Schutt und Asche zu legen mit den Bombardierungen der Alliierten sogar noch nach Kriegsende«, schreibt Casel. Es habe »Kriegsverbrechen auf ALLEN Seiten« gegeben, so die Linkenpolitikerin. Gewalt führe nie zu einer Lösung. [….] Weiter fragt Casel, wo »die Solidarität mit den Menschen im Donbass« oder den Palästinensern sei. Russische Interessen würden »nicht ernst genommen oder ignoriert«. [….]

(SPON, 06.03.2023)

Wer solche Linken hat, braucht keinen Bernd Höcke mehr.

Also, ja, Sahra Wagenknecht begeistert tatsächlich viele Menschen.

Das Problem ist nur; die meisten davon sind absolute Spinner oder Vollidioten.

Letzte Woche erklärte sie erstmals offen, im Jahr 2025 nicht mehr für die Linke für den Bundestag zu kandidieren. Zu viel trenne sie inzwischen von der Parteilinie.

Ihre Epigonen halten das für mutig und konsequent.

In Wahrheit ist das a) nicht überraschend, weil der Dauerstreit mit Wagenknecht  (es gibt ein Parteiausschlussverfahren gegen sie!) seit Jahren ein großes Thema in der Presse ist, und b) bleibt ihr gar nichts anderes übrig, da die Partei sie niemals wieder aufstellen würde.

Sahra Neroknecht passt nicht in die Linke, weil sie in keine Partei passt. Sie ist unfähig, sich einzugliedern und demokratische Beschlüsse zu akzeptieren. Sie passt nur eine monothematische Pseudopartei, die sich voll und ganz dem Wagenknecht-Personenkult verschreibt. So wie die Peronisten oder die Gaullisten. Sie stünde sicher gern an der Spitze der Wagenknechtisten, in denen sie als unangefochtene Göttin allmächtig schalten kann.

Blöd für sie: Das wird nicht klappen. Ohne eine Partei, ohne „Die Linke“, könnte es sehr ruhig werden um sie.

[….] Zweitens stellt sich die Frage, ob ihre mediale Omnipräsenz ausschließlich mit ihrem unbestrittenen Charisma oder auch mit ihrer Rolle als innerparteiliche Oppositionsführerin zu tun hat. Ob die private Publizistin Wagenknecht noch so oft bei Lanz und Klamroth säße wie die Parteilinienabweichlerin Wagenknecht, ist jedenfalls zu bezweifeln. Und drittens hat sie mit dem Versuch, ihr eigenes Ding zu gründen, schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Ihre 2018 initiierte Sammlungsbewegung "Aufstehen" endete im Desaster und nicht zuletzt mit Wagenknechts Burn-out sowie ihrem Rückzug vom Fraktionsvorsitz. […]

(Boris Herrmann, 04.03.2023)